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„Einflüsse? Was für Einflüsse?" fragte Whlder, als der Advokat keine Miene machte, den Satz zu vollenden. „Nun, wirklich, ich sollte nicht davon sprechen,' antwortete er, „aber sie sind sichtbar genug. Ich bin ein alter Kerl, aber kein junger Mann, sollte ich meinen — selbst wenn er nicht so ein- druckssähig wäre — könne sich in Gesellschaft von Miß Grace Wylder befinden, ohne ihre Schönheit zu erkennen." — „Was, Sie meinen, ich solle meine Tochter diesem Burschen geben?" Nach den zornigen Flecken aus Wylders Wange zu ur teilen, schien cS, als ob der neu geschlossene Vertrag nur von kurzer Dauer sein sollte. — „Ach, Ihnen gefällt dieHeirat unter so nahen Ver wandten nicht," bemerkte der Advokat gleich- giltig. „Im allgemeinen sollte man das zu vermeiden suchen, wo es sich aber um ein großes Ver- mögen handelt, das sonst ge teilt werden müßte, ist es ein gewöhn- lichesAuShilss- miltel, um so mehr also dann, wenn das Gut der einen Partei ganz entgehen sollte. Doch, das steckt alles noch in den Wolken. Was ich für jetzt Ihrem Neffen zu sagen so glücklich sein werde ist, daß Sie Ihre kleine Uebereilung bedauern und sich freuen werden, ihn hier zu sehen, alsGast — das werde ich be tonen — in dem Hause seiner Väter. Ich denke, das wird allseitig unseren Wünschen ent sprechen. Und nun will ich michzu meinem Klienten be geben.' „Ich habe keine andere Wahl," sagte der Gutsher mit einem kläglichen Seufzer. „Versteht sich, die Notwendigkeit! — Ich meine," fügte Bree hastig hinzu, „es ist ein gewisser Zwang dabei, welchen Sie aber, wie ich überzeugt bin, schließlich nicht bedauern werden. In einer Stunde oder weniger werden Sie Mister Frank Wiedersehen. Guten Morgen, mein werter Herr! Guten Morgen! Bitte, be mühen Sie sich nicht, mich zu begleiten." Als Mister Bree den Kiesweg hinabschritt, steckte er sein weißes Taschentuch in die BrusttaWe, welches das Siegeszeichen bedeuten sollte, wenn er den „Gefleckten Hund" erreichte. IS. Nichts bietet dem Beobachter der menschlichen Natur mehr Interesse, als die Begegnung naher Verwandten, welche einander verabscheuen, aber durch die Notwendigkeit gezwungen sind, dies zu verbergen, während unter der Asche die GlutdesHasses weiter glüht. Derjenige, der seine Gefühle am meisten im Zaum zuhalten versteht, ist da bei im Vorteil, und je höflicher und heuchle rischer er ist, desto entschiede- neristseinSieg. Mister Wylder war schlechter Laune, er besaß keines jener Sicherheits ventile in Ge stalt salbungs voller Bered samkeit, welche sür die Er leichterung des Gemüts ebenso nützlich sind und viel vor teilhafter wirken, als grobe Auf richtigkeit. Und doch war es sür ihn äußerst wichtig, seinem Neffen gegen über nicht nur hö>flich,sondern auch herzlich zu sein. Es war ihm indes gelungen, einige Worte der Ver söhnung zu sammen zu bringen, und er würde sie mit der nötigen Gravität aus gesprochen haben, wenn nicht sein Gast, der jetzt an der Hausthüre stand, einen Begleiter gehabt hätte, der Vie Lage noch schwieriger machte. Dies Ivar niemand anders, als der Wirt des „Gefleckten Hundes," welcher seinen bisherigen Gast in seinem Wagen hinübergesahren hatte und jetzt bei dem Pferde stand und, wie dieses, die Ohren spitzte. Nichts beeinträchtigt eine schöne Rede mehr als ein unsympathischer Zeuge. Ich habe sogar einmal gesehen, wie durch die Gegen wart eines schweifwedelnden Neufundländers eine sehr schöne Rede in Stücke zerfiel. (Fortsetzung solgt.) Frische Fische, von D. Airberg. (Photographische Anstalt und Selbstverlag von Richard Feritke in Leipzig.) WMH «WM 24*