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Gast sei sich selbst einer Schwäche in seinen Ansprüchen bewußt. Aber bei einer Gelegenheit hatte Bree ihm zu verstehen gegeben, daß dies leicht zu erklären sei. Die beiden Herren rauchten mit einander im Schreibzimmer nach Tische bei einem Glase Punsch. Master Frank, wie Bree ihn immer nannte, befand sich im Salon bei den Damen. Der Advokat erwähnte zum zweiten Male einen Gegenstand, den Wylder seit der ersten Erwähnung desselben nicht mehr vergessen konnte. „Es ist deutlich zu sehen," begann Bree, „daß das glückliche Ereignis, aus das ich hoffte,, als ich zuerst von dieser Sache mit Ihnen sprach, Mister Wylder, in der That näher getreten ist." „Was meinen Sie?" sragte Wylder. „Ein glückliches Er eignis? Mir scheint, es sieht alles sehr düster aus." — „Mein werter Herr, es könnte alles noch viel düsterer sein. Sie sind immer noch Herr von Craglands, sitzenaufJhrem eigenen Stuhl und rühren Ihren Punsch mit Ihrem eigenen Löffel um." — „Ich verstehe Sie," meinte der andere bitter, „Sie meinen, ich sei in meinem eigenen Hause nur ge duldet." — „Natürlich müssen Sie sich die Frage vor legen, warum bin ich hier, so- gnr geduldet? And Ihre Ant wort wird, Ivie ich hoffe, sein: zum Teil in folge der guten Dienste meines Freundes Benjamin Bree. Und dieser hat in der That für Sie gethan, Was er konnte, und sogar eine, wie sie wissen, etwas kitzliche Sache beige- legt." Wylder zuckte zu sammen, denn er wußte, daß der Advokat auf die Hypo thek anspieite. — „Immerhin junger MaEi, hätte ihn dieses Arrangement in hohem Grade befriedigt« und deshalb hätte er sogar die Treulosigkeit des jungen Mannes gegen seine erste Liebe verteidigt. Jetzt aber war er weit entfernt, dieses einzige Mittel zu ergreifen And vielmehr nahe dabei, es mit Abscheu von sich zu werfen, denn bei all seinen Fehlern liebte Wylder seine Tochter zärtlich, und zehnmal täglich fühlte er sich versucht, diesen Verehrer mit eigenen Händen zu erwürgen. „Der Mensch, den Sie meinen Neffen nennen, Bree, ist ein Bär," war seine ausweichende Antwort. „Er ist niedrig denkend und gemein durch und durch und dabei hat eine bösartige Natur, er ist eifersüchtig, rachsüchtig und grausam." „O nein," rief der Advokat, „Sie gehen zu weit. Es mag ihm wohl an Gefühl fehlen, aber grausam kann inan ihn nicht nennen, sein Herz ist zarter Eindrücke fähig. Wie ost ko nun t es vor, daß ein an scheinend rauher Mensch, den die Welt einen Bären nennt, zuHause in ganz anderem Licht, als zärtlicher Gatte und Vater erscheint." — „Das glauben Sie selber nicht, Bree! Sie loben diesen Burschen nur, um mir die Zustimmung zu Ihrem Vor schlag zu er leichtern. Und, merken Sie wohl, was auch kommen mag, nichts wird mich veran lassen, meine Tochter nötigen zu wollen. Wenn Sie ihn nicht liebt, so soll sie ihn nicht haben." — „Mein werter Herr," sagte der Advokat mit philo sophischer Miene, „die Liebe, das heißt, die echte Zuneigung des menschlichen Herzens kommt mit der Zeit. Je öfter Ihre Lüder von der Insel Rügen. Sie sagen, Sic wissen nicht, von welchem glück- lichcn Ereignis ich spreche? Nun, glauben Sie etwa, daß er bisher über seine Rechte und über die einfache Frage von mein und dein nur aus Zartgefühl geschwiegen hat? Hokerein solches Lammesgemüt? Nein, mein werter Herr, Ihr Neffe läßt die Hauptsache nicht außer Acht, zugleich aber hat er auch gute Eigen- jchaften. Er ist nicht gierig und nimmt Vernunft an, und außer dem ist er weiblichem Einfluß sehr, sehr zugänglich. Es ist kein Zweifel, daß er in seine Cousine verliebt ist." Der alte Herr hatte wohl gewußt, was kommen werde, jetzt aber, wo es gekommen war, geriet er in tiefe Erregung. Früher war ihm der Gedanke an diesen Ausweg selbst gekommen, und vorausgesetzt, daß Frank zurückgekommen wäre, wie er das Vater haus verlassen hatte, nämlich als ein gutherziger, angenehmer, aber ruht die schließlicheEnt- fcheidung in anderen Händen. Ttubbenkammer mit dein Rönigsstahl, Tochter meinen jungen Klienten sieht, nachdem ihr gesagt worden ist — hier sprach er mit großem Nach druck — entweder von ihm selbst oder von einer anderen dazu ermächtigten Person, daß er die Absicht habe, sie zu seiner Frau zu machen, nm so mehr wird sie sich mit dem Gedanken daran befreunden. Ihre Einwendungen, welche, wie ich zugestehe, nicht unnatürlich sind, werden verblassen, und mit der Zeit wird die Sache ganz natürlich erscheinen." Wylder hörte auf dies glühende Gemälde von der Blüte und dem Wachstum einer ersten Mädchenliebe mit sehr wenig Aufmerksamkeit und machte sich auch nicht die Mühe, darauf zu antworten. „Und da ist noch ein anderer Punkt, Bree," sagte er scharf. „Ich habe meine Zweifel, ob er nicht eine Vorliebe für Helene hat und sie heiraten will, anstatt Grace." (Fortsetzung folg,.)