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Allgemeiner Anzeiger : 08.07.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-07-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189907087
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18990708
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-07
- Tag 1899-07-08
-
Monat
1899-07
-
Jahr
1899
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 08.07.1899
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Politische Rundschau. Teutsch land. * Wegen stürmischen Wetters am Montag hat der Kaiser erst am Dienstag früh von Eckernförde aus seine Nordlandreise an getreten. *Der Reichskanzler Fürst Hohenlohe ist in Privatangelegenheiten auf einige Tage nach Varis gereist und begibt sich von dort zu längerem Aufenthalt nach Wildbad im Schwarzwald. *Zur koburgischen Thronsolge frage wird aus Koburg gemeldet: Die Ver fassungskommission des Landtags beantragt einen Gesetzentwurf als Ergänzung zur Verfassung, wodurch die Thronfolgefrage gemäß den Verzicht urkunden geregelt wird und der Landtag sich das Recht der Genehmigung des Regierungs verwesers vorbehält. *Zu der Angelegenheit der unbefugten Aenderung der so vielfach erörterten Ge- schäftsordnungs - Bemerkung des Reichstagspräsidenten Grafen v. Ba lieft rem wird versichert, daß die neulich vom.Berliner Lokal-Anzeiger' gebrachte Nachricht, angeblich „aus dem Büreau des Reichstags", in jedem Punkte falsch ist. In den Kreisen der Reichstagsbeamten, die keine Schuld trifft an jenem Vorkommnis, herrscht die größte Ent rüstung über jene sie alle verdächtigende Mit teilung. Der Reichstagspräsident wird nicht um hin können, zur Rechtfertigung der schwergekränkten Beamten die nötigen Schritte zu thun. * Die Volkszählung im nächsten Jahre soll in erweitertem Maßstabe stattfinden, um ein möglichst genaues Abbild der Bevölkerungsver hältnisse des Mutschen Reiches am Ende des Jahrhunderts zu erhalten. Namentlich auf Nationalitäten und Sprachenver hältnisse soll diesmal mehr Rücksicht ge nommen werden als 1895. * Der Antrag Preußens betreffend eine Aende rung der Bestimmungen über die Bemessung der Ausfuhrvergütungen für Mehl ist von den zuständigen Ausschüssen des Bundes rats ausgenommen worden. In einer der nächsten Sitzungen wird er beim Plenum des Bundes rats zur Beratung und Beschlußfassung ge langen. Frankreich. *Das Kabinett Waldeck-Rousseau kann jetzt mit Ruhe in die Abwickelung der Dreyfussache eintreten: denn die Session der Deputiertenkammer ist am Dieiis- tag unter Widerspruch der Rechten und dem Beifall der Linken geschlossen worden. * Dem .Echo de Paris' zusolge werden die Verteidiger Dreyfus', Demange und Labori, verlangen, daß der Prozeß, falls es der Zustand Dreyfus' erlaube, auf den 17. Juli, andernfalls aber auf den 31. Juli anberaumt werde. Die Verteidiger glauben, daß der Pro zeß, wenn die Verhandlungen sich nur auf das Bordereau beschränken, drei Tage, andern falls aber drei Wochen dauern werde. *Der ,Figaro' veröffentlicht ein Schreiben des Fürsten von Monaco an Frau Dreyfus, in welchem er ihren Gemahl ein ladet, nach Beendigung des Prozesses zur Er holung auf seinem Schlosse Marchais im Departe ment Aisne Aufenthalt zu nehmen. * Kriegsminister Gallifet ordnete die Schließung aller Armeekasinos, in welchen politische Manifestationen vorgekommen waren, an. Italien. *Der Minister Sonnino schickte zu dem sozialistischen Abgeordneten Bissolati seine Kartellträger und ließ an fragen, ob der thätliche Angriff vom Freitag auf der Absicht einer Beleidi gung beruhte. Auf die Erklärung Bissolatis, daß er keinerlei persönliche, sondern nur eine politische Animosität gegen Sonnino hegte, erklärten sich Sonninos Kartellträger zu friedengestellt. (Nur immer höflich!) * Die äußersteLinke richtete infolge des Schlusses der Parlamentssesfion ein von 65 De putierten unterzeichnetes Manifest an das Her Börsrnkönig. Roman von Karl Ed. Klopfer.*) 1. Der Nachtzug nach der Residenz sollte eben den Bahnhof des Städtchens Berghausen ver lassen ; die Schaffner hatten bereits alle Thüren geschlossen und der Maschinist hielt die Hand am Zug der Dampfpfeife, um das Abfahrts signal zu geben. Da stürzte eine schlanke Männergestalt aus dem Bahnhofsgebäude her aus. Im flatternden Ueberzieher glich die Er scheinung fast einer riesigen Fledermaus, die da durch die Herbstnacht schwirrte. „Kann ich noch mit?" keuchte Her Herr, sich das schweißtriefende Gesicht wischend. Der Stationsvorsteher, der ihm zuerst ab wehrend entgegengetreten war, erkannte ihn jetzt in dem Lichte einer der Laternen auf dem offenen Bahnsteig. „Doktor Schwerdtner! Was Tausend, Sie fahren schon wieder zurück? Na, machen Sie rasch, ich will ein übriges thun!" Der Betreffende konnte nicht antworten; der wohlwollende Beamte riß mit der einen Hand die Thür des nächsten Wagens zweiter Klasse auf, mit der anderen half er, energisch zugreifend, dem verspäteten Reisenden hinein. In dem selben Augenblick ertönte der schrille Pfiff der Lokomotive und der Zug setzte sich in Be wegung. Der Eingestiegene, ein noch junger Mann, stolperte in den Wagen hinein und hätte fast *) Unberechtigter Nachdruck wird verfolgt. Land, in welchem sie über ihr^Arbeiten wäh rend der letzten Session des Parlaments Rechen schaft gibt. Auch die fortschrittlichen Fraktionen hielten eine Versammlung ab unter Zanardellis Vorsitz; ihr Beschluß rügt sowohl die Obstruktion .der äußersten Linken wie das antiliberale Vor gehen der Regierung und betont die Notwendig keit, alles zur Wahrung der Volksfreiheiten auf zubieten. Offiziöse Mitteilungen erklären, es sei noch unentschieden, ob die Kammerauflösung er folgen werde. Belgien. *Jn der Deputiertenkammer erklärte am Dienstag Ministerpräsident Vandenpeereboom, daß die Regierung damit einverstanden sei, alle Wahlvorschläge einer Kommission aus sämtlichen Parteien zur Prüfung überwiesen zu sehen. Auch die Linke schloß sich diesem Vorschläge an, welcher eine Zurück ziehung der Regierungs-Vorlage bedeutet. Spanien. * In Spanien gärt es noch weiter und hier und dort züngelt die Flamme der Empörung auf. In Valencia, Barcelona und Badalona ist es von neuem zu heftigen Zu sammenstößen zwischen den unzufriedenen Volks mengen und der Gendarmerie gekommen. In Valencia mußten die von den Aufrührern er richteten Barrikaden vom Militär genommen werden, wobei zahlreiche Personen verwundet wurden. Rustland. . *Wie aus Warschau gemeldet wird, beginnen die deutschenAns iedler in der Umgegend von Plock in größeren Trupps nach Amerika auszuwandern. Auch in vielen anderen Gegenden des Königreichs Polen macht sich unter den deutschen Kolonisten ein reger Trieb zur Auswanderung bemerkbar. Balkanstaaten. ^Prinzessin Jutta von Mecklenburg- Strelitz mit ihren Eltern kommt am 25. Juli inAntivari an, wo am 26. ihr Uebertritt zum griechischen Glauben stattfinden wird. Am 27. Juli ist die Ankunst in Cetinje fest- gestellt. * Der Notenwechsel zwischen Ser bien und der Türkei dauert fort. Beide Teile behaupten recht zu haben und die Türkei gibt nicht zu, daß sie in ihren Noten an die auswärtigen Mächte die Darstellung der That- sachen übertrieben habe. *Jn den nordbulgarischen Landstädten wur den mehrere Flugblätter verbreitet, welche die schärfsten Angriffe gegen den Fürsten Ferdinand enthalten und dessen Ent thronung fordern, da er von ausländischen Finanzgesellschasten 10 Mill. Frank sür die Preis- gebung der bulgarischen Staatshoheitsrechte an genommen habe. Afrika. * Ein von der Transvaal-Regie rung veröffentlichtes Grünbuch enthält eine Depesche Chamberlains vom 15. Dezember v., in der es heißt, die britische Regierung sei nicht in der Lage, den von Leyds ausgestellten Satz, daß es keine britische Suzeränetät gebe, und daß die Einleitung der Konvention von 1881, die sich mit der Frage der Suzeräne tät befaßte, durch die Konvention von 1884 auf gehoben sei, als richtig anzuerkennen. — Den .Times' wird aus Johannesburg vom 2. Juli gemeldet: Es herrscht hier ein voll ständiger Stillstand der Geschäfte, und die Ver armung nimmt infolgedessen in bedenklicher Weise zu. In der Bevölkerung gibt man allge mein dem Wunsche Ausdruck, daß der Spannung bald ein Ende gemacht werde. Asten. * Einer Londoner Meldung der" ,Polit. Korresp.' zufolge ist der Geisteszustand des Kaisers vonChina äußerst unbefriedigend und seine Abdankung daher wahrscheinlich. (Der unglückliche junge Mann ist ja ohnehin nur eine Gliederpuppe in den Fingern der alten Kaiserin-Regentin.) Preutzi q-r tond aa. Im Herrenhause interpellierten am Montag Graf Lenar und Gen. die Staatsregierung, was sie zu seinen Hut und die Reisetasche in seiner Rechten fallen lassen; in der Erregung des Augenblicks war er wie geblendet. Eine brummige Stimme stieß eine laute Ver wünschung aus. Schwerdtner stotterte eine Entschuldigung, denn er glaubte im Halbdunkel einem Passagier auf den Fuß getreten zu haben, grüßte und nahm den Hut ab, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen, während der Zug schon im vollen Laufe dahinrollte. Jetzt erst kam er zu einiger Umschau. Außer ihm befanden sich nur noch zwei Personen in dem Wagen. Soweit das schwache Licht der Lampe an der Decke und der Rauch aus zwei Zigarren eine genauere Untersuchung zuließen, konnte er vermuten, daß es Männer in mittleren Jahren waren. Sie saßen sich gegenüber an der einen Fensterseite. Der eine, der nach vor wärts fuhr, war wohlbeleibt, trug einen buschi gen Schnurrbart, und an seiner Hand, die die Zigarre an die Lippen führte, funkelten einige Prachtvolle Brillanten. Es schien ihm schwül zu sein; er atmete hörbar asthmatisch und hatte den Hut abgelegt, der Lampenschein spielte auf seiner glänzenden Glatze. Sein Gefährte, ihm gegenüber auf dem Rückplatz, schien sich dagegen vor der frischen Luft zu verwahren und das offene Fenster nur dem andern zuliebe zu dulden. Er trug einen langen dunkelgrauen Staubmantel, von oben bis unten zugeknöpft, und hatte ein schwarzes Tuch um Kinn und Wangengebunden. Ein großer, grauer Schlapp hut, tief in die Stirne gedrückt, beschattete sein Gesicht so vollkommen, daß nicht einmal zu er kennen war, ob er einen Bart hatte. thun gedenke, um das Spreegebiet, insonderheit die Gegenden des Ober- und Unter-Spreemaldcs, vor ferneren Schäden zu bewahren. Landwirtschafts minister Frhr. von Hammerstein verwies auf die technischen Schwierigkeiten, die sich der Ausführung des bekannten Regulierungsprojekts des Meliorations- Inspektors Wegner entgegenstellten. Die Kosten seien vorläufig auf 14 V» Millionen veranschlagt. Was die Kostenzuschüsse der Interessenten anlange, so könne er keinerlei Erklärung über ein Abgehen von dem bisher beobachteten Prinzip, den Adjazenten ein Kostendrittel aufznlegen, abgeben. Sodann wurden su bloo angenommen das in veränderter Fassung vom Abgeordnetenhause zurückgelangte Kommunal beamtengesetz und der Gesetzentwurf betr. die Kirchen verfassung der evangelischen Kirche in Frankfurt a. M. Darauf wurde eine Reihe von Petionen nach dem Antrag der Kommission erledigt. Das Herrenhaus erledigte am Dienstag zunächst Petitionen. Der Gesetzentwurf betr. Schutzmaßregeln im Quellgebiet der linksseitigen Zuflüsse der Oder in Schlesien wurde in der ursprünglichen Herren hausfassung bezüglich der Kostenfrage wiederhergestellt, so daß die Vorlage noch einmal an das Abgeord netenhaus zurückgehcn muß. In der Fassung des Abgeordnetenhauses wurden noch angenommen die Gesetzentwürfe betr. die Bewilligung von Mitteln zum Bau von Arbeiterwohnungen und betr. die Verteilung der öffentlichen Lasten bei Grundstücks teilungen sowie der Nachtragsetat. Eine Petition um Einführung einer Umsatzsteuer für Warenhäuser wurde der Regierung als Material überwiesen. Das Abgeordnetenhaus erledigte am Montag den Gesetzentwurf über die Gebühren der Rechtsanwälte und die Gerichtsvollzieher in zweiter und den über die freiwillige Gerichtsbarkeit in dritter Lesung. Unter den darauf erledigten Petitionen wurden mehrere, die eine Warenhaussteuer anstreben, auf Antrag des Abg. Hahn der Regierung zur Berück sichtigung überwiesen, statt, wie die Kommission vor- fchlug, als Material. Am Dienstag genehmigte das Abgeordnetenhaus den Gesetzentwurf über die Gebühren der Rechts anwälte und Gerichtsvollzieher in dritter Lesung un verändert. Unter den dann zur Erledigung kom menden Petitionen befanden sich viele von Beamten um Verbesserung ihres Einkommens ; das Haus ging über sie tast ausnahmslos zur Tagesordnung über. Einige Massenpelilionen um Belassung der König lichen Bibliothek in Berlin wurden der Regierung als Material überwiesen. Hierauf vertagte sich das Haus; die nächste Sitzung findet nicht vor dem 14. August statt. Die Thronfolqefrage i« Koburg- Gotha hat nach den dem Landtag gegebenen Erklä rungen eine Lösung gefunden, mit der man sich in Deutschland, wie die Verhältnisse einmal liegen, zufrieden geben muß. Bei der wieder holt hervorgehobenen Bedeutung, die der Domänensrage in der ganzen Angelegenheit zu kommt, war auf einen vollständigen Verzicht der englischen Agnaten nicht zu rechnen. Ebenso wenig kann davon die Rede sein, daß das Reich die Millionen, vermittelst deren gewisse Preß organe mit billiger Freigebigkeit die englischen Ansprüche abgekauft sehen wollten, daran wendet, um in einem einzelnen Kleinstaat den schwierigen Punkt der Erbfolge ausländischer Prinzen in verneinendem Sinne zu erledigen. Was nur zu verlangen war und erreicht werden mußte, die Gewähr, daß das deutsche Land künftig auch einen deutsch erzogenen und fühlenden Herrscher erhalte, ist durch die getroffenen Vereinbarungen gegeben worden. Nach den Vorlagen an den Gesamtlandtag fiedelt der nunmehrige Thron erbe, der Herzog von Albany, mit seiner Mutter nach Deutschland über und erhält eine deutsche Erziehung; er besucht eine deutsche Hochschule und tritt in die deutsche Armee ein. Aus den Erklärungen, die Staatsminister v. Strenge hierüber in der Sitzung des Land tages am Freitag abgab, ist solgendes hervor zuheben : „Ueber die Motive der Entschließung des Herzogs von Connaught habe ich meinen früheren Ausführungen nichts hinzuzufügen. Der Herzog erachtet auch seinerseits durch die Interessen der Herzogtümer geboten, daß der künftige Thron folger eine deutsche Erziehung gnieße und erkennt den Wunsch als berechtigt an, daß derselbe Land und Leuten näher trete, kann sich aber bei dem noch sehr jugendlichen Alter seines einzigen Sohnes zur Trennung von demselben nicht ent- Jn dem halblauten Geplauder, das dieser Mann mit seinem Gegenüber pflog, erkannte Schwerdtner an ihm die brummige Stimme, die ihm einen so unfreundlichen Willkomm geboten hatte. Während er auf dem andern Fenster platz, am Ende der von dem Dicken besetzten Volsterbank, es sich bequem machte, fühlte er sich zu einer nochmaligen Entschuldigung über seinen notgedrungen etwas stürmischen Eintritt bewogen. „Ich kam so spät, ich fürchtete schon, nicht mehr mitfahren zu können. Verzeihen Sic mein Ungestüm!" Diese Höflichkeit schien den Mantelträger etwas freundlicher zu stimmen. „Es war nur wegen des Windstoßes durch die Thür," warf er halblaut hin, „und mein verwünschter Rheumatismus —" „Es wundert mich eigentlich, daß du so empfindlich bist," meinte der Kahlköpfige mit einem gewissen Spott in der verfetteten Stimme. „Ich dächte doch, du hättest dir in deinem Leben dergleichen längst abgewöhnen müssen. Wenn man wie du —" „Dummes Zeug!" fiel ihm der andere rasch ins Wort. „Gegen hohle Zähne ist niemand gefeit." Er warf den Rest seiner Zigarre aus dem Fenster und wandte sich mit einer halben Kops- Wendung an den neu zugestiegenen Passagier, der da drüben sein Haupt in die gepolsterte Ecke drückte und nachdenklich vor sich hinsah. „Wohin fahren Sie, mein Herr, wenn man fragen darf?" „Nach der Residenz," antwortete Schwerdtner, schließen und die Verantwortung für persönliche Aufsicht und Erziehung nicht aufgeben. Da er nun durch seine eigene Stellung genötigt ist, den Wohnsitz in England beizubehalten, so sieht er sich in Wahrung der Interessen des Landes ge nötigt, dem Thronfolgerecht zu entsagen. Die Herzogin von Albany, die Mutter des jetzigen Thronfolgers, wird demnächst mit ihrem eben falls jugendlichen, einzigen Sohn nach Deutsch land übersiedeln und seine Ausbildung und Er ziehung dortselbst fortsetzen und persönlich über wachen. Ich halte mich für verpflichtet, bei dieser Gelegenheit hier öffentlich zu erklären, daß ich bei allen Mitgliedern der englischen Königsfamilie, Ihrer Majestät der Königin voran, das vollständigste Verständnis und Ent gegenkommen gegenüber den Interessen und Wünschen unserer Herzogtümer und eine An hänglichkeit an das Stammland des verewigten Prinzen Albert gefunden habe, die mich zwar nicht überrascht, aber tief bewegt hat, und den engen Zusammenhang des Landes und der Dynastie gewährleistet." Dem Regentschaftsgesetz, das den Erbprinzen von Hohenlohe-Langenburg als Regenten in Aussicht nimmt, ist eine Begründung beigegeben, in der es u. a. heißt: „Die Mutter des künftigen Thronfolgers, die Herzogin Helene von Albany, entstammt einem deutschen Fürstengeschlecht und würde nach ihren vortrefflichen Eigenschaften an sich durch aus geeignet sein, die Regierung während der Minderjährigkeit ihres Sohnes zu verwesen, wenn sie nicht durch frühe Ueberfiedelung und viel jährigen Aufenthalt außer Deutschland den daselbst bestehenden öffentlichen Verhältnissen einiger maßen entfremdet wäre; sie hegt dem Vernehmen nach auch selbst nicht den Wunsch, an der Re gierung Anteil zu nehmen. Auch sür die näheren Agnaten des herzoglichen Hauses bestehen Schwierigkeiten bezüglich Uebernahme der Re gierungsverwesung. Außer dem Herzog von Albany haben sämtliche der Linie des Prinzen Albert angehörigen Agnaten der Thronfolge vorerst entsagt, die übrigen nach Art. 1 des Hausgesetzes für das herzogliche Haus demselben angehörigen Mitglieder aber sind nicht im stände, den Vorschriften des 8 20 des Staatsgrund gesetzes (d. i. die evangelische Konfession) im vollen Umfang zu genügen. Unter diesen Um ständen erscheint es zweckmäßig, das in 8 13 des Staatsgrundgesetzes zugelassene besondere Gesetz zu erlassen. Bei der Auswahl des Verwesers war ß 14 des Staatsgrundgesetzes in Rücksicht zu nehmen, der dem Regierungsverweser auch die persönliche Vormundschaft des Herzogs über trägt. Würde eine andere Persönlichkeit als der Vormund bestimmt, so wäre eventuell ein uner wünschter Wechsel in der Bevormundung un vermeidlich. Bei der Auswahl des Vor mundes ist daher bereits auf Vereinigung der Regierungsverwesung mit der Vormundschaft Rücksicht genommen worden. Als Vormund ist ein deutscher Prinz, der Gemahl einer in den Herzogtümern geborenen und er zogenen Tochter des regierenden Herzogs gewählt worden, welcher mit den Verhält nissen des Landes auf das eingehendste ver traut, und durch seine persönlichen Eigenschaften zur Führung der Regierungsgeschäfte besonders geeignet ist, treffen alle wünschenswerten Eigen schaften in seiner Person zusammen, so ist der selbe auch noch nach seiner Konfession befähigt, den Anforderungen des 8 20 des Staatsgrund gesetzes zu entsprechen." Kon Uah and Ferm Hamburg. Die Frauen Hamburgs hatten einen prachtvollen, künstlerisch ausgeführten großen Silberkranz für das Mausoleum Bis marcks in Friedrichsruh gestiftet. Die Annahme dieses Kranzes hat Fürst Herbert Bismarck ver weigert. Zur Aufklärung dieser Ablehnung teilt der betreffende Ausschuß folgendes mit: „Da einer späteren Bestimmung zufolge im Mauso leum zu Friedrichsruh keine Widmungskränze zugelassen werden sollen, haben die Damen des Komitees beschlossen, den silbernen Kranz einst weilen im Rathause unterzubringen, bis der Bau des geplanten Museums in Friedrichsruh fertiggestellt sein wird. ohne sich zu rühren. Er war bei aller Höflich keit nicht in der Laune, sich mit Fremden in ein Gespräch einznlassen. Der Frager schwieg, um sich nach einer Weile wieder in das leise unverständliche Geplauder mit seinem Genossen zu Verliesen. Jetzt erschien der Schaffner in der Thür, um die Fahrkarte des Neueingestiegenen zu durch lochen. Der Mann mit dem Schlapphut beugte sich zurück und schützte sich durch den Mantel» kragen vor dem eindringenden frischen Lust strom. Der Dicke nahm Schwerdtner gefällig die Karte ab und reichte sie dem Schaffner, der beim Schein seiner Laterne damit nach Vorschrift verfuhr. Währenddessen raunte ihm der Dicke in ärgerlichem Tone gedämpft, für Schwerdtners scharfes Ohr aber noch hörbar, zu: „Aber, zum Henker! Sagen Sie mal — ich habe uns doch ausdrücklich bedungen, daß wir allein und un gestört bleiben..." „Bitte, ich kann ja nichts dafür," entschuldigte sich der Schaffner flüsternd; „zufälligerweise und in der Eile hat der Stationschef selbst den Herrn eingelassen. Sie werden bemerkt haben, daß ich keine Zeit mehr hatte ..." „Schon gut, geben Sie aber fortan besser acht! Hoffentlich ist der Nachtverkehr nicht so rege, daß wir noch einen weiteren Zuwachs zu gewärtigen hätten." „Ich werde schon sorgen; Sie können sich darauf verlassen." Der Schaffner verschwand. Die Thür klappte zu. Schwerdtner drückte sich tiefer in seine Ecke,
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