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Allgemeiner Anzeiger : 03.05.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-05-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189905039
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18990503
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- Zeitungen
- Saxonica
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- Strukturtyp
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1899
-
Monat
1899-05
- Tag 1899-05-03
-
Monat
1899-05
-
Jahr
1899
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 03.05.1899
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Politische Rundschau. Deutschland. *Auf der Reise von Karlsruhe nach Wiesbaden hat Kaiser Wilhelm in Darmstadt am Freitag dem Großherzogs paar einen Besuch abgestattet. * Der ZwischenfallCoghlan ist er ledigt. Das Marinedepartement der Ver. Staaten hat folgende Erklärung erlassen: Kapitän Coghlan hat dem Departement geantwortet, daß die Blätter seine Worte nicht mit voller Ge nauigkeit wiedergegeben hätten; er habe weder eine Unehrerbietigkeit gegen die deutsche Flagge noch eine Mißachtung derselben beabsichtigt. Er bedaure es aufs tiefste, daß seine Aeußerungen eine derartige Auslegung erfahren haben. Kapitän Coghlan wird einen Verweis erhalten und die Angelegenheit in gebührender Weise erledigt werden. * lieber die geplante Beteiligung Deutschlands an der Flußschiffahrt in China ist zu melden, daß der Bau der drei Dampfer für die Fahrt auf dem „Blauen Fluß" zwischen Schanghai und Hankau so be schleunigt werden soll, daß die Dampfer schon nach einem Jahre in Dienst gestellt werden können. Bisher haben außer den Chinesen nur die Engländer die Flußschiffahrt auf dem Iantsekiang ausgeübt. *Auf Samoa haben nach den neuesten Meldungen neue Kämpfe zwischen den An hängern der beiden Könige stattgefunden, aber die Engländer schießen nicht mehr dazwischen. Dadurch wird größeres Unheil abgewendet. * Die Mitglieder der Kanalkommission des preuß. Abgeordnetenhauses wurden vom Mi nister Thielen zur Besichtigung des Dortmund- Kanals, derüberlastetenBahnhöfe rc. eingeladen. Die Reise soll Donnerstag, 4. Mai, morgens mit einem Sonderzug ange- treten werden und drei Tage beanspruchen. Am Sonntag sollen die Thalsperren besichtigt werden. Die Einladung wurde ohne Widerspruch dankend angenommen. Frankreich. * Zum FallDreyfus hat Kriegsminister Freycinet ein vernichtendes Urteil über den für den Prozeß 1894 so verderblichen du Paty de Clam gefällt. Freycinet will du Paty de Clam nicht die Ermächtigung gewähren, vor dem Kassationshofe als Zeuge auszusagen. Freycinet halte du Paty de Clam sür einen ganz unzu lässigen Zeugen, der vor einem Megsgericht demnächst als Angeklagter erscheinen könnte. Dem ,Figaro' zufolge beabsichtigen die Militär behörden sogar du Paty de Clam verhaften und gegen ihn die gerichtliche Verfol gung einleiten zu lassen. *Der Zu stand der Ex-Kaiserin Eu g eni e, die sich in Nizza aushält, ist b e - sorgniserregend. Die Kaiserin ist bett lägerig und teilweise gelähmt. Am Donnerstag empfing die Kaiserin den Besuch der Königin Viktoria. England. *Ueber die friedliche Gestaltung der Weltlage wissen sich neuerdings die englischen Staatsmänner kaum genug zu thun. Der erste Lord der Admiralität Goschen hielt auf dem Mittagsmahl der „Institution of mechanical Engineers", welches alljährlich statt findet, eine Rede, in welcher er erklärte, daß in diesem Augenblick vom politischen Horizont alle drohenden Wetterwolken ge schwunden seien. „Was Rußland be trifft," führte der Redner aus, „so denke ich, daß wir mit diesem zu einem freundschaftlichen Vergleich gelangt find, mit Deutschland haben wir ein freundschaftliches Abkommen ab geschlossen und mit Frankreich konnten wir, ohne hier noch dort die nationalen Gefühle zu verletzen, über eine höchst delikate und schwierige Frage eine würdige Verständigung erreichen." Schweiz. *Ein neues Verhör Lucchenis in Genf ist vorgenommen worden, lieferte aber kein nennenswertes Ergebnis. Die Gerichts behörde in Zara in Dalmatien hatte an die Gerichtsbehörde in Genf das Ersuchen gerichtet, Luccheni Erklärungen eines in Zara in Hast befindlichen anarchistischen Bergmanns namens Bracia mitzuteilen. Bracia Mte aus, er habe zusammen mit Luccheni gearMet und habe ihn mehrfach Drohungen gegen gekrönte Häupter ausstoßen hören. Infolge dieses An suchens wurde Luccheni von dem Unter suchungsrichter Lechet vernommen. Luccheni er klärte, er habe niemals in einem Bergwerk ge arbeitet. Dagegen blieb er bei seiner frühe ren Behauptung, zwei andere An archisten, die er nicht kenne, hätten sich am Tage des Attentats auf dem Genfer Bahnhofe mit Revolvem bewaffnet befunden, um der Kaiserin Elisabeth aufzulauern. — Ein anderer Punkt hat jetzt seine Aufklämng gefunden. Man sprach lange Zeit von einem unbekannten Greise, der Luccheni am Tage des Verbrechens folgte. Es ist dies ein ehrenhafter Handelsmann ge wesen, der zufällig auf dem Kai Mont Blanc neben dem Mörder stand. Er hatte später sich nicht melden wollen, um Aufsehen und Verhöre zu vermeiden. Italien. *Jn der Kammer wurde mit Zustimmung des Ministerpräsidenten beschlossen, den An kauf von Kriegsschiffen im Auslande bis zur Beendigung der Beratung des Marine- Budgets einzu st eilen. Rußland. *Jn der Frage der Behandlung der in die jüngsten Petersburger Hochschul wirren verwickelten Studenten find im Ministerrat die Vertreter der westeuropäi schen Richtung, Witte und der Verkehrsminister Fürst Chilkow, mit der von Goremykin geführten Mehrheit der Minister scharf aneinander ge raten. Der Petersburger Berichterstatter eines Berliner Blattes schreibt darüber: „Ich erfahre soeben zuverlässig, daß im Anschluß an die Studentenunruhen eine Ministerfitzung stattge funden hat, die die stürmischste gewesen sei, die es je in Rußland gegeben. Witte sei entschieden für Milde gegen die Studenten, die zu Hun derten verschickt werden, eingetreten, sei aber — wohl ziemlich zum ersten Mal — mit seiner Ansicht nicht durchgedrungen. Am andern Tage erschien dann in den ,St. Petersburger Börsen nachrichten' der „Durch Güte erreicht man alles" überschriebene Artikel, welcher die bekannte Sus pendierung des Blattes auf zwei Monate zur Folge hatte. Wie es heißt, wurde so scharf vorgegangen, weil die Minister eine Art Ver schwörung in dem Artikel witterten und über zeugt sind, Wittes Einfluß stecke hinter demselben. Wittes größter Gegner ist der Minister des Jnnem Goremykin, eine Kreatur Pobedonoszews." Balkanstaaten. * Anläßlich gewisser Gerüchte über mögliche fremde Anschläge gegen Tripolis wird von türkischer Seite gemeldet: Die Nach richt von Truppensendungen nach Tripolis be- stätigt sich nicht. Die Besatzung dieser Provinz beträgt 17 Bataillone, 10 Schwadronen und 6 Batterien, wozu noch die in den letzten Jahren begonnenen Miliz-Neubildungen treten, deren Höchstaufgebot auf 40 000 Mann beziffert wird. Für diese Zahl ist die Bewaffnung thatsächlich in den neuerrichteten Niederlagen vorhanden. Den zwei in Tripolis stehenden türkischen Kriegs schiffen wurde vor etwa einem Monat ein Tor pedoboot beigegeben, und es soll demnächst ein zweites Torpedoboot dorthin abgehen. Amerika. *Als Beweis, daß die Ver. Staaten gewillt find, freundschaftlicheBeziehungen zu Deutschland aufrecht zu halten, wird hier die Thatsache angesehen, daß Präsident Mac Kinley den Plan für die Legung eines neuen Kabels zwischen Deutschland und Amerika genehmigt hat. Asien. * Fünfzig Mann spanischer Truppen auf den Philippinen scheinen ihrem Vaterlande mehr Ehre machen zu sollen, als bisher das ganze übrige Heer. Die kleine spanische Besatzung von Baler auf Luzon verteidigt nämlich die gelb - rote Fahne noch heute, acht Monate nach dem Friedensschluß, gegen Tagalen und Amerikaner in tapferster Weise. Die Truppe besteht aus drei Offizieren und 47 Mann. Sie lehnte im Februar einen Versuch, mit ihr in Verbindung zu treten, aus Gründen ab, die bisher unaufgeklärt find. Als nämlich damals ein von Rios abgesandter Offizier ihnen die inzwischen gänzlich veränderte Lage schildern und den Befehl überbringen sollte, weiteren Widerstand aufzugeben, wurde er abgewiesen. Die Regierung hat nun Rios anbefohlen, sich mit den Amerikanern über die Entsendung einer spanischen Expedition — nachdem die Mission der „Iorktown" gescheitert — ins Einvernehmen zu setzen, um zu versuchen, auf diese Weise eine Verständigung herbeizuführen und den Abzug zu erlangen. Aus dem Reichstage. Der Reichstag trat am Donnerstag in die zweite Beratung der Novelle zum Bankgesetz ein. Nach Art. 1 der Vorlage sollte das Grundkapital ver Reichsbank von 120 auf 150 Millionen erhöht werden, die Kommission änderte diese Ziffer in 180 Millionen. Dieser Kommissionsantrag wurde angenommen. Als Artikel 2s. wurde auf Antrag des Abg. Fischbeck (frs. Vp.) eine Bestimmung eingesügt, nach welcher die Mitglieder und Stellvertreter von der Generalversammlung aus der Zahl derjenigen Anteilseigner gewählt werden sollen, welche auf ihren Namen lautende Anteile im Mindestbetragc von je 9000 Mk. besitzen. Der Rest des Gesetzes wurde in der Fassung der Kommission angenommen. Am 28. d. steht auf der Tagesordnung die dritte Beratung der Novelle zum Bankgcsetz. In der Gcneraldiskussion erklärt Abg. Raab (Antis.): Der Kardinalpunkt der Forderungen meiner Partei ist die Verstaatlichung der Reichsbank. Die Reichsbank hat im letzten Jahre 8^2 Prozent Dividende gezahlt. Würde sie verstaat licht, so würde dem Reich eine Mehreinnahme von 5—6 Millionen Mark zufallen, die jetzt lediglich in ländischen Grobkapitalisten und Ausländern zu gute kommen. Aber auch aus wirtschaftlichen Gründen fordern wir die Verstaatlichung der Rcichsbank. Heute stellt man es als Hauptaufgabe hin, daß die Bank die Goldwährung sichern müsse. Diese Gold währung ist lediglich ein Kunstprodukt, an dessen Erhaltung gewiße Finanzkreise ein großes Interesse haben. Der hohe Diskont schädigt das gesamte Volksleben. Man hat die Belastung der produktiven Stände durch den hohen Diskont aus 1470 Millionen Mark berechnet. Muß man zu solchen Dritteln erst greifen, so beweist das, daß die Goldwährung ledig lich ein Goldpump ist. Auf die Dauer läßt sich die Goldwährung doch nicht verteidigen. Besonders be zeichnend war es, daß ein Teil der Kommissions mitglieder die Rechte des Reichstages auf volle 20 Jahre preiszugeben bereit war. Das ist glücklich noch abgewendet worden. Abg. v. Staudy (kons.): Ich habe bereits gestern erklärt, daß meine Freunde ini Prinzip an der Forderung der Verstaatlichung festhalten. Wir werden dies dadurch zum Ausdruck bringen, daß wir gegen das ganze Gesetz stimmen werden, nach dem in zweiter Lesung unsere Anträge, namentlich der bezüglich der Privatnotenbanken, abgelchnt worden sind. Abg. Fis chbeck (fr. Vp.): Abg. Raab hat heute wieder einmal den Mund sehr voll genommen. In der Kommission hat derselbe Herr den Mund nicht aufgethan. Jetzt wird die Mehrheit der Kommission in .schärfster Weise angegriffen. Das entspricht ganz dem Demagogentum, das wir auch sonst von den Antisemiten gewöhnt sind. Ich hoffe, das Haus Wird sich durch solche Reden nicht beein flussen lassen, sondern das Gesetz so annehmen, wie es gestern angenommen worden ist. Abg. Heim (Zentr.) weist darauf hin, daß in der Haltung der Konservativen auch nach der heutigen Erkürung des Abg. v. Staudy der Widerspruch be steht, daß sie einerseits die Verstaatlichung der Reichs bank fordern, anderseits die Privatbanken fördern wollen. Die Verstaatlichung würde aber das Ende der Privatbanken bedeuten. Abg. Müller-Fulda (Zentr.) hält ebenfalls die Haltung der Konservativen in der Frage der Privatnotenbanken für widerspruchsvoll. Abg. Liebermann v. Sonnenberg (Antis.) weist die Angriffe des Abg. Fischbeck auf den Abg. Raab zurück. Die Antisemiten glaubten, in den Kommissionen, in dieser jetzigen wie in früheren, beim Börsengesetz, beim Bürgerlichen Gesetzbuch, die Beratung dadurch besser zu fördern, daß sie nicht lange Reden machen, sondern richtig stimmen. Abg. Raab erwidert dem Abg. Fischbeck, er habe es in der Kommission nicht für nötig gehalten, sich an der Diskussion zu beteiligen. Die Sache sei von Anfang cm entschieden gewesen. Abg. Fischbeck habe sich in der Kommission im wesentlichen auch auf die Stellung von Schlußanträgcn beschränkt, um der Minorität das Wort abzuschneiden. Das entspreche ganz der Meinung, die er schon längst von der politischen Bildung des Abg. Fischbeck sich gebildet habe. Damit schließt die Generaldiskussion. Art. 1 (Vermehrung des Grundkapitals der Reichsbank von 120 auf 180 Millionen) wird nach kurzen Bemerkungen des Abg. Graf Stolberg (kons.) angenommen, ebenso eine Reihe anderer Para graphen und Artikel. In Art. 5 (Diskont-Beschränkung für die Privat- notcnbankcn) wiederholt Abg. Heim (Zentr.) seinen Antrag aus der zweiten Lesung, daß die Beschränkung erst eintreten soll, wenn der Diskontsatz der Reichsbank 4 Prozent überschritten hat. Dieser Antrag Wird in namentlicher Abstimmung mit 142 gegen 123 Stimmen abgelchnt. Für denselben stimmen süddeutsche und sächsische Abgeordnete verschiedener Parteien. Der Rest des Gesetzes wird debattelos erledigt und sodann in der Gesamtabstimmung das ganze Gesetz angenommen. Dagegen stimmten die Konservativen, Antisemiten und die bayrischen Mit glieder des Zentrums. Schließlich begründet Abg. Arendt (frcik.) eine von ihm eingelegte Resolution (die bereits von der Kommission abge lehnt worden ist), in welcher der Reichskanzler auf- gcfordert wird, eine Reihe von Maßnahmen zur Siche rung reichlicher Goldbestände der Rcichsbank zu treffcn. Geheirat v. Glascnapp verzichtet darauf, auf den Inhalt der Resolution, die bereits von der Kom mission hinreichend gewürdigt worden sei, hier im Plenum nochmals einzugehen. Auch die unrichtigen Angaben des Antragstellers könnten ihn dazu mcht veranlassen, denn im Konimissionsbcricht sei schon dargelegt, daß die Entwickelung unserer Goldbestände eine durchaus befriedigende ist. Die Rcichsbank be dürfe daher der Admonitionen des Herrn Arendt nicht, sic werde für eine weitere gedeihliche Ent wickelung der Goldbestände so wie so Sorge tragen. Abg. v. Kardorff (frcikons.) kann sich nach den Ausführungen des Regierungskommissars nicht erklären, woher denn in Frankreich der niedrige Diskontsatz gegenüber dem hohen deutschen Bank diskont rühre. Das Geheimnis könne nur in den Goldprämicn liegen, die es der Bank von Frankreich ermöglichen, ihre Goldbestände festzuhalten. Abg. Arendt bittet trotz. der Ausführungen des Geheimrats v. Glasenapp um Annahme seiner Resolutton. Es wäre doch bedauerlich, wenn eine unzureichende Goldreserve Deutschland in nicht ab sehbare Gefahren bringen würde. Bankpräsident Koch glaubt nicht, daß diese Befürchtung in anderen Kreisen ernst genommen werden wird, als in denen der Bimetallistcn. Ge heimrat v. Glasenapp habe ja auf Grund amtlichen Materials in der Kommission und hier nachgewicsen, daß der Goldvorrat der Reichsbank ausrcicht, um die Goldwährung zu sichern. Er bitte dringend, die Resolutton, die Abg. Arendt in der Kommision zweimal zurückgezogen habe, die dann von der Kommission mit großer Mehrheit abgelehnt worden ist, hier, wo sic zum vierten Mal zur Verhandlung steht, möglichst einstimmig abzulehnen. Die Resolutton wird darauf abgelehnt. — Sodann vertagt sich das Haus. Nächste Sitzung: Mittwoch. Don Nah »ad Fern. Berlin. Der Handelsmann Histermann in der Schönhauser Allee 54 schnitt am Mittwoch seinen beiden Töchtern im Alter von sechs und acht Jahren die Kehlen durch und erhängte sich sodann. Nahrungssorgen bilden das Motiv der unseligen That. Die Frau und Mutter, die den Tag über als Wäscherin außer dem Hause be schäftigt war, fand Mann und Töchter als Leichen vor. Bernburg. Wem das Glück hold ist, dem Wirft es seine Gaben mit vollen Händen in den Schoß! Diese angenehme Erfahrung hat an geblich ein hier wohnhafter junger Mann in diesen Tagen gemacht, indem ihn ein sehr reicher adliger Herr in Berlin, zu dem er in keinerlei verwandtschaftlichen Beziehungen stand, zu seinem Universalerben eingesetzt haben soll. Dem Um stande, daß der glückliche Erbe dem einzigen verstorbenen Sohne des Erlassers sehr ähnlich sein soll, verdanke der Erstgenannte, wie erzählt wird, die stattliche Erbschaft von insgesamt fünf Millionen Mark. Der junge Mann war bisher keineswegs mit Glücksgütern gesegnet. München. Nach der ,Augsb. Postztg.' hat die Regiemng einen exkommunizierten Schul lehrer namens Schunk in Jxheim an seiner Schule belassen. Sie hat nur den Religions unterricht einem anderen Lehrer übertragen. Da für muß Schunk die entsprechenden Stunden dieses Lehrers übernehmen. Durch Leiden zuur Glück. 10) Erzählung aus dem Leben v. Oskar Merres. (ForU-yung.) „Auch Sie werde ich verlieren," sprachHeimburg düster weiter, „auch Sie werden über den neuen Pflichten, welche Sie auf sich nehmen, den armen Arno vergessen, und Sie waren die einzige Seele, die mein verwundetes Herz ver steht." „Wenn meine Teilnahme Sie trösten kann," entgegnete Trude, „so werden Sie dieses Trostes nie entbehren. Ich müßte sehr undankbar sein, wenn ich vergessen wollte, wie liebreich Sie mir stets begegneten und daß ich Ihnen die Ebnung meiner Zukunft schulde." „O, Trude, — lassen Sie mich hoffen, daß ich bei Ihnen Trost suchen darf, dies allein vermag mich aufrecht zu erhalten!" Und wie in einer plötzlichen Regung seines traurigen Denkens legte er einen Arm um ihren Leib und erfaßte mit der anderen Hand die ihrige. Das teilnehmende Mädchen fühlte sich in dieser unerwarteten Situation doch etwas be unruhigt. Rücksichtsvoll wollte sie sich frei machen, da wurde die Thür rasch geöffnet und Frieda trat wieder ein. Erstaunt blieb sie vor der eigentümlichen Gruppe stehen, und wie Trude jäh zurück trat, maß sie dieselbe mit einem Blick der tiefsten Ver achtung, dann lachte sie laut auf und ging wieder hinaus. „Um Gotteswillen," rief Trude entsetzt, „Frieda argwöhnt doch nicht " „Welches Recht hat dieses Weib, die Hand lungen anderer zu richten?" ergänzte Arno, indem er Trude folgte und sie wieder bei der Hand ergriff. „Seien Sie ruhig, niemand soll es wagen, Ihnen einen Vorwurf zu machen. Ich selbst kann dieses Leben nicht länger er tragen. Sie sind das einzige Wesen, das ich wahrhaft liebel" „Herr von Heimburg!" schrie Trude, todes bleich zurückfahrend. Doch dieser spielte seine Elegie weiter. „Die Lippen haben verraten, was das Herz verborgen litt. Ja, Trude, du Herrliche, stoße mich nicht von dir! — Wo sind die Bande, welche mich an mein Weib fesseln? — zerriß es sie nicht selbst und trieb mich von sich? — ja, Trude, ich liebte Sie schon längst, aber ich verbarg es in der Tiefe meiner Brust; — geben Sie meinem Herzen die Heilung, die es nur bei Ihnen finden kann!" „O, mein Gott, warum mußte ich meinen Fuß noch einmal in dies Haus setzen!" — Trude rang angstvoll die Hände. „Lassen Sie mich, Herr von Heimburg; ich will zu Frieda, will ihr sagen, wohin ihre unselige Verirrung es gebracht, — ich will sie auf den Knieen bitten, zu ihrer Pflicht zurückzukehren, ehe in diesem Hause, wo so lange Ehre und Tugend gewohnt, alles zu Grunde geht!" Sie riß sich los und eilte nach Friedas Zimmer. Da trat ihr mit höhnischem Grinsen die fürchterliche Tante entgegen. „Dort ist der Ausgang!" kreischte sie mit ihrer scharfen Stimme, und deutete mit dem er hobenen Arm auf die zum Korridor führende Thür. „Ich muß Frieda sprechen," sagte das junge Mädchen mit ungewöhnlicher Heftigkeit, — „soll mir die Thür gewiesen werden, so mag sie es selber thun. Vorher aber muß ich mit ihr sprechen!" „Wir wollen doch sehen, wer hier zu be stimmen hat, was geschehen muß," schrie Tante Friederike rauh. „Die gnädige Frau läßt sich von Mademoiselle nicht sprechen, weder jetzt noch ein anderes Mal, und wenn es sich darum handelt, unangenehme Leute von hier zu ent fernen, so haben wir dazu Diener im Hause!" Damit ließ sie die Beleidigte stehen und ging zu Frieda hinein. Trude, fast vernichtet, wankte von dannen. In ihrem kleinen Idyll wieder angekommen, sank sie wie verzweifelt in den Sessel. Ihr nächster Gedanke war, dem Hem: von Heimburg das geliehene Geld zurückzugeben. Aber es war ja zu spät, Jänsch hatte das Geschäft mit Gericke bereits abgeschlossen und der Vertrag wäre nur mit erheblichen Opfern rückgängig zu machen. Und zerstörte sie damit nicht die Hoffnungen der Menschen, welche sie so herzlich liebte, und die in ihr den Engel des Glückes sahen, der sie aus der Dürftigkeit zu einer besseren Zukunft emporhob. Dann dachte sie wieder daran, wie schwer es ihr werden würde, sich des irregeleiteten Herrn von Hcimburg zu erwehren, so lange sie durch jenes Geld in einer Abhängigkeit von ihm bliebe. Was mußte Frieda von ihr denken, die, selbst vom Wege des Rechts gewichen, schwerlich hohe Begriffe von weiblicher Tugend hegte. Gab es denn kein dauerndes Glück für die arme Waise? — Sie stützte sich auf das Be wußtsein ihres reinen Gewissens, aber ein dunkles Gefühl sagte ihr, es werde sich zwischen sie und ihr Glück noch manche schwere schwarze Wetterwolke drängen. 9. Sidonie von Heimburg war immer mehr zu der unumstößlichen Ueberzeugung gelangt, daß sie von ihrem Verlobten auf die schändlichste Weise hintergangen wurde. Als er wieder ihre pekuniäre Unterstützung in Anspruch genommen, hatte er ihr feierlichst versprochen, sich von ihrer leichtsinnigen Schwägerin fern halten zu wollen. Aber dies Versprechen war ihm nur Mittel zum Zweck gewesen, denn nach wie vor blieb er mit Frieda in Verbindung, und diese trug immer ungenierter zur Schau, in welchem Verhältnis sie zu dem schönen Baron Lilienfeld stehe. Ein eigentümlicher Wahn mußte ihr diesen Leicht sinn beschleunigen helfen; sie glaubte sich zu ihrer Verirrung berechtigt, seit sie ihren Gatten und Trude in einer die beiden höchst verdächti genden Situation betroffen. Sidonie hatte Benno mit einer fast grenzen losen Leidenschaft geliebt; jetzt verwandelte sich diese Liebe in einem ebenso glühenden Haß. Sie löste das Verhältnis mit ihm vollständig auf und dachte nur an die Strafe des Treu losen. Sie hatte sich nämlich wohl dazu verstanden, die dringendsten Schulden des Barons aus ihren Mitteln zu tilgen, und ihm außerdem kleinere Beträge zur Bestreitung seiner laufenden
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