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Allgemeiner Anzeiger : 22.03.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-03-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189903229
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- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-18990322
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18990322
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-03
- Tag 1899-03-22
-
Monat
1899-03
-
Jahr
1899
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 22.03.1899
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Politische Rundschau. Deutschland. * Die Beisetzung Bismarcks und seiner Gemahlin im Mausoleum zu Fried- richsruh ist in einfacher, aber höchst würdiger Weise vor sich gegangen. Außer dem Kaiser und seinem Gefolge waren nur die wichtigsten Verwandten und Vertrauten zur Feier zugelassen. Der Zudrang aus der Umgegend war sehr stark. * lieber das Ergebnis der Verhandlungen mit Cecil Rhodes wird berichtet, daß der Vertrag über die Durchführung der Tele- graphenlinie durch das deutsch-ost- afrikanische Gebiet unterzeichnet worden ist. Ob auch schon der Vertrag betreffs des Eisenbahnbaues unterzeichnet ist, ist noch nicht bekannt, doch steht jedenfalls eine endgültige Verständigung in Aussicht. Die Richtung, welche für die Rhodessche Nord-Süd- Bahn auf deutsch-ostafrikanischem Gebiet in Aus sicht genommen ist, dürfte für den Anschluß der deutsch-ostasrikanischen Zentral-Bahn sehr geeignet sein; als Kreuzungspunkt ist Tabora in Aussicht genommen. * Der Bundesrat nahm in seiner Donnerstag- Sitzung von den Uebersichten über die aus den deutschen Münzstätten im Jahre 1898 erfolgten Ausprägungen von Rcichsgold- und Silber münzen zc. Kenntnis. Die Vorlage betr. die Einziehung der silbernen Zwanzig pfennigstücke und die Ausprägung von Zehnpsennigstücken wurden den zuständigen Aus schüssen überwiesen. Dem Ausschußantrag über die Berechnung der nach dem Reichshaushalts etat sür 1899 aufzubringenden Matrikular- beitrüge wurde die Zustimmung erteilt. * Ein Nachtragsetat mit bezug aus die neue Organisation der Marine wird dem Reichstage zugehen. *Ende April soll unter dem Vorsitz des früheren Ministers v. Berlepsch in Berlin eine Versammlung stattfinden, welche sich die Er richtung einer internationalen Ver ein i g u n g zur F ö r d e r u n g der A r b ei t e r- schutzgesetzgebung in den einzelnen Staaten zum Ziele setzen wird. Oesterreich-Ungarn. * In Oesterreich-Ungarn ist einFlaggen - streit ausgebrochen, wie in Skandinavien. Magyar Usczag' meldet aus Fiume, Erzherzog Franz Ferdinand, der mit dem Kriegs schiff „Pelikan" den Hafen von Fiume besucht, habe den dortigen Gouverneur sowie eine Depu tation von Finanzbeamien nicht empfangen, weil deren Schiffe nur mit den ungarischen, anstatt, wie vorgeschrieben, mit den österreichisch ungarischen Fahnen geschmückt waren. Die Angelegenheit werde im Abgeordnetenhause zur Sprache kommen. (Die offiziöse Presse leugnet das ganze Vorkommnis ab.) * Trotz allen Widerspruches von deutscher wie von tschechischer Seite will Graf Thun nun doch ein Sprachengesetz auf Grund des Notparagraphen 14 erlassen. Es soll im großen und ganzen bereits fertiggestellt sein, jedoch erst nach Schluß des böhmischen Landtages und nach Bekanntwerden der deutschen nationalpoli tischen Forderungen veröffentlicht werden. — Ferner verlautet sogar, daß die Regierung nach wie vor den Gedanken festhält, den Aus - gleich mitUngarn auf Grund des 8 14 abzuschließen und den Reichsrat erst nach Durchführung des Ausgleichs einzuberufen. Frankreich. *Esterhazy erklärte in London einem Berichterstatter gegenüber, er wolle es für jetzt bei seinen Enthüllungen bewenden lassen. Nur wenn der Generalstab ihn zum äußersten treibe und ihm nicht bei seinem Einspruch gegen seine pensionslose Dienstentlassung helfe, werde er reden. Er nannte den General Boisdeffre einen Faulpelz und sagte, daß er den Boisdeffre in seinen Härchen habe. General Pellieux sei ein braver Mann, General Mercier habe gelogen, als er erklärte, er, Esterhazy, sei nie ein Agent des Generalstabs gewesen. General Roget sei der schlechte Geist Cavaignacs, zu gleich ehrgeizig und feige. Der größte Dumm kopf sei Cavaignac, den er, Esterhazy, ge warnt habe, auf das Dokument hereinzufallen. Dreyfus sei hundertmal schuldig, Picquart der größte Schurke des Jahr hunderts, Henry ein wahrer Soldat gewesen. England. *Jm Unterhause richtete Abg. Hogan an die Regierung die Anfrage, ob sie Nachrichten über den angeblichen Ankauf der Karolinen- Inseln durch Deutschland habe. Der Parlaments-Untersekrctär des Aeußeren, Bro- drick, erwiderte, die Regierung habe keine Nach richten über den Gegenstand. Hogan richtete die weitere Anfrage an die Regierung, ob die Be ratungen der Berliner Vertragsmächte betr. die Lage auf S anio a und die Einsetzung Mataafas als König Ergebnisse gehabt hätten. Brodrick erwiderte, die Verhandlungen seien noch in der Schwebe. Italien. *Ueber den Zu st and des Papstes Leo lauten Privatnachrichten leider nicht gün stig; die Schwäche des Rekonvaleszenten soll zu Bedenken Anlaß geben. Spanien. *Die Königin-Regentin unterzeichnete die Erlasse bezüglich der Auflösung der Cortes, deren Wiedereinberufung und der Bezahlung des rückständigen Soldes der nach der Heimat zurückbeförderten Soldaten. * In Spanien erwachsen schon jetzt dem neuen Kabinett Silvela arge Schwierig keiten. Zunächst handelt es sich um die Ver teilung der Aemter. Bekanntlich erachtet man es in Spanien für selbstverständlich, daß eine neue Regierung sämtliche Posten mit „ihren Leuten" besetzt, d. h. daß alle Aemter und Aemtchen an Verwandte der Minister, Präfekten und andere mehr oder minder ein flußreiche Mitglieder der herrschenden Partei fortgegeben werden, bis ins vierzigste Glied. Wozu ist man denn Regierung, wenn man nicht einmal an die Verwandten denkt. Es gehört die Begabung eines Heraldikers dazu, die meist unglaublich ferne Verwandtschaft überhaupt fest zustellen. Demgemäß hat Sileva zunächst die Aufgabe, alle „Verwandte" seiner Parteigrößen und auch die Anhänger des Generals Polavieja gehörig zu bedenken, ehe das eigentliche Re gieren beginnen kann. Uud das macht ihm schlimme Sorgen. Balkanstaaten. * König Georg eröffnete am Donnerstag die griechische Kammertagung mit einer Thronrede, in welcher den Mächten für die Ernennung desPrinzenGeorg zum Ober kommissar auf Kreta Dank ausgesprochen wird, und verschiedene Gesetzentwürfe aufgezählt werden, welche Reformen betreffen. Diese beziehen sich auf die Berufung von Aus ländern zur Reorganisation mehrerer staat licher Dienstzweige, auf die Bildung eines achten Ministeriums für Handel und Ge- werbe, auf Schaffung einer Kontrollbehörde für die Staatsbeamten und endlich auf ein Preßgesetz. *Der aus 110 Artikeln bestehende Entwurf einer Verfassung für Kreta wurde am Donnerstag von der Nationalversammlung in zweiter Lesung endgültig angenommen. Amerika. * Entgegen dem amerikanischen Siegesbülletin veröffentlicht das ,Neue Wiener Tagblatt' eine aus philippinischer Quelle zugegangene Depesche, welche großeErfolge der Filipinos meldet. Bei Paranape sowie bei Santa Mesa wären danach die Amerikaner von den Filipinos vollständig geschlagen. Im ersten Gefecht, so heißt es, verloren die Amerikaner 123 Tote, 370 Gesangene, 6 Schnellfeuergeschütze und 5 Munitionswagen, im letzten Gefecht ver loren sie 62 Tote und wurden auf allen Linien zurückgeworfen. Sie sollen nur noch im Besitz der Paseglinie und der Küste sein und die ein geborene Geistlichkeit soll den „heiligen Krieg" gegen Amerikaner predigen. (Natürlich ist dies noch vielmal greulicher gelogen als manche Meldungen auf amerikanischer Seite). Deutscher Reichstag. Am 16. d. stehen auf der Tagesordnung zunächst Etatsreste aus der zweiten Lesung. Vom Etat dcsNeichsamts des Innern waren diverse Besotdungsntel für Büreaubeamtc nebst einer Reihe von Petitionen an die Kommission zurückverwiesen worden. Die Kommission beantragt jetzt, die Titel unverändert zu bewilligen. Das Haus beschließt demgemäß. Auch die noch vom Postetat rückständigen Besoldungstitel sowie die vorliegenden Resolutionen werden nach den Vorschlägen der Kommission erledigt. Debattelos werden Reste vom Etat des Reichs schatzamts und der Reichsschuld erledigt. Es folgt die dritte Lesung der Militär- Vorlage. Abg. Lieber (Zentr.) beantragt Wiederher stellung der in der zweiten Lesung abgelehnten Be schlüsse der Budgetkommission und dazu Annahme folgender Resolution: „Die Bereitwilligkeit aus zusprechen, wenn sich bei Ausführung des gegen wärtigen Gesetzes die nachweisliche Unmöglichkeit ergeben sollte, mit der Friedenspräsenzstärke von 495 500 Gemeinen, Gefreiten und Obergefreiten die zweijährige Dienstzeit bei den Fußtruppen aufrecht zu erhalten, alsdann, nötigenfalls auch noch im Laufe der Geltungsdauer des ß 2, in erneute Erwägungen über Bemessung der Friedenspräsenzstärke mit den Verbündeten Regierungen einzutreten." Kriegsminister v. Goßler: Die Entscheidung über die Militärvorlage soll heute erfolgen; sie soll gelten für fünf Jahre. Wenn ich die Kommissions beschlüsse ansehe, so muß ich anerkennen, daß sie uns große Vorteile bringen. Da ist zunächst die Organi sation der Feld-Artillerie, da ist die Schaffung der Verkehrstrnppe, die Forderungen für die Kavallerie und sür die Pioniere. Allein ungünstig behandelt ist die Hanptwaffe, die Infanterie. Gerade für diese müssen wir aber eine gesicherte Ausbildung haben. Eine solche aber ist, namentlich unter der zweijährigen Dienstzeit, nur möglich, wenn die Bataillone die gehörige Stärke haben. Ich kann Sie daher nur im Interesse der Armee nochmals um Annahme der bollen Forderung der Vorlage bitten. Lehnen Sie sie ab, so kann ich nur sagen, sie tritt unabweisbar wieder auf. Abg. L i e b e r (Zentr.): Meine Freunde sind in erneute Erwägungen darüber eingetreten, ob nicht eine Verständigung über die Vorlage herbeizuführen ist. Das Resultat dieser Erwägungen liegt Ihnen in unseren Anträgen vor. Wir würden diese nicht gestellt haben, wenn in zweiter Lesung ein „Unan nehmbar" vom Bundesratsüsche erklungen wäre. Da dies nicht geschehen, vielmehr von den meisten Red nern die Hoffnung auf eine Verständigung ausge drückt wurde, haben wir angesichts der großen Ge fahr, die dem Vatcrlande drohen könnte, falls die Vorlage nicht zu stände komme, uns zu den erneuten Erwägungen entschlossen. Infolgedessen sind unsere Anträge erfolgt. Reichskanzler Fürst Hohenlohe: Nachdem Ihnen erneut die militärisch-technischen Gründe der Vorlage dargelegt worden sind, im Hinblick jedoch auf die militärischen Vorteile, welche die bewilligten For mationen besitzen, daß deren Durchführung eine Verzö gerung nicht erleiden darf, haben sich die verbündeten Regierungen entschlossen, die Vorlage auch in der veränderten Form, welche sich aus dem Antrag Lieber ergibt, anzunehmen. Diese Erklärung kann ich indes nur unter dem Vorbehalt ab geben, daß die verbündeten Regierungen entschlossen sind, an das Haus mit erneuten An trägen heranzutreten, um die Durchführung der Vorlage im vollen Umfange zu sichern. Nach den eben gehörten Erklärungen des Abg. Lieber glauben die verbündeten Regierungen, die feste Zuversicht haben zu dürfen, daß ihre Forderungen, wenn auch nicht zur Zeit, so doch rechtzeitig vor Beendigung der gesamten Organisation die Billigung des Hauses finden werde. Abg. v. Levetzow: Nachdem sich die Regierung mit der verringerten Präsenzstärke einverstanden er klärt hat, sind auch wir bereit, für die Wiederher stellung der Kommissiousbeschlüsse zu stimmen, die wir in der zweiten Lesung abgelehnt haben. Abg. v. Kardorff (freikons.): Ich schließe mich dieser Erklärung durchaus an. Abg. Bassermann, (nat.-lib.): Auch meine Freunde werden den Anträgen Lieber zustimmen, und 'wir thun dies in der Erwartung, daß damit ein weiterer Schritt gethan wird, um unsere Wehrkraft zu sichern. Abg. Rickert (frs. Vgg.) erklärt sich ebenfalls mit dem Anträge Lieber einverstanden. Abg. Richter (freis. Vp.): Der Antrag Lieber soll eine Brücke sein zur Versöhnung; die Brücke ist aber nur geschlagen, um die Regierung aus einer unhaltbaren Position herauszubringen. Die Resolu tion besagt gar nichts, sie besagt nur etwas Selbst verständliches; denn der Reichstsg ist von Gottes und Rechts wegen verpflichtet, eine loyale Prüfung vorzunehmen, wenn die Regierung neue Forderungen erhebt. Und was die zweijährige Dienstzeit anlangt, so mache ich darauf aufmerksam, daß diese unter allen Umständen für die fünfjährige Periode ge sichert ist. Redner geht dann sehr ausführlich auf die ganze vorgeschlagene Organisation ein, die nicht in sich festgeschlossen sei, sondern wiederum nur einen Wechsel auf die Zukunft, Anweisungen auf spätere Nachbewilligungen darstelle. Abg. Bebel (soz.): Nach Einbringung der An träge Lieber ist ja das Zustandekommen der Vor lage gesichert. Es kommt nicht zur Auflösung des Reichstages. Das Zentrum geht init der Resolution eine ganz bestimmte Verpflichtung der Regierung gegenüber ein, ebenso die Parteien, welche ihr zur Annahme verhelfen. Damit übernimmt es aber auch die eventuelle spätere Verantwortung für neue Steuern, für die fortschreitende Entvölkerung des platten Landes. Abg. Preiß (Els.) erklärt, seine Freunde wür den nicht für die Anträge Lieber, sie würden gegen die ganze Vorlage stimmen. Abg. Liebermann v. Sonnenberg: Ich habe schon vorgestern erklärt, daß wir unter keinen Umständen für eine verstümmelte Regierungsvorlage stimmen werden. Ich bin heute noch der Ueber- zeugung, daß das Zentrum, wenn die Regierung fest geblieben wäre, nachgeben und alles bewilligen mußte. Eigentlich haben Sie ja alles bewilligt. Es gibt im Hause nur Besiegte. Die Regierung hat alles erreicht, was sie erreichen wollte, wenn auch nicht für heute. Das Zentrum muß durch das kaudinische Joch gehen. Die Form, welche die Vor lage jetzt erhalten soll, ist mir ganz unverständlich. Gegenüber den von den Gegnern so hoch veran schlagten Lasten ist die Ersparnis ganz geringfügig. Abg. v. Wangenheim bezeichnet eS als charakteristisch für die Notlage der Landwirte, daß bedauerlicherweise am Dienstag zum ersten Male ein deutscher Bauer, der bayrische Abg. Lanzinger, er klärt habe, überhaupt keine Militärvorlage mehr zu wollen. Redner selbst spricht sich im Sinne der Konservativen aus. Nach kurzen Bemerkungen der Abg. ». Stumm, Richter, Sattler, v. Wang enheim schließt die Generaldebatte. 8 1 wird debattelos angenommen. Beim ß 2 stellt Minister v. Goßler gegenüber Richter nochmals fest, er habe korrekt gehandelt. Nach einem mehrmaligen Wortwechsel hierüber zwischen v. Goßler und Richter wird gemäß dem Anträge Lieber der 8 2 in der Fassung der Kommission wieder hergestellt. Dagegen stimmen Sozialdemokraten, frei sinnige und süddeutsche Volkspartei, bayrische Bauern- bündler und Polen, sowie Elsässer. Auch im übrigen werden die Bestimmungen des Antrages Lieber an genommen. Beim Artikel 2, wo der Antrag Richter auf dauernde Sicherstellung der zweijährigen Dienstzeit vorliegt, begründet Abg. Pachnicke (frs. Vgg.) namens seiner Freunde, weshalb sie diesen Antrag trotz aller Sym pathie in der Sache ablehnen. Nach kurzer Empfehlung durch den Antragsteller wird der Antrag Richter abgelehnt. Für den selben stimmen mit Volksparteilern und Sozialdemo kraten auch die Polen. Der Rest des Gesetzes wird debattelos ange nommen, sodann die Resolutionen, eben falls debattelos, einschließlich der neuen Lieberschen Resolution 4. Endlich erfolgt die Gesamtabstimmung über die Militär-Vorlage. Dieselbe ist eine namentliche und ergibt Annahme des Gesetzes mit 222 gegen 132 Stimmen. Die Parteien stimmten so wie beim 8 2. Auch die Antisemiten stimmten mit Nein. Nächste Sitzung am 18. d. UrrulsUch-r Kandta». Das Abgeordnetenhaus beendete am Donnerstag ohne wesentliche Debatte die Beratung des Kultus etats. Wiederum wurde eine Abendsitzung anberaumt, in der die Reste des Etats, u. a. der Etat der An siedelungskommission erledigt wurden. Am Freitag begann das Abgeordnetenhaus die dritte Etatsberatung, in welcher die Etats bis auf den Kultusetat erledigt wurden. Eine Aenderung gegenüber den Beschlüssen zweiter Lesung erfuhr noch der Etat des Finanzministeriums, indem ein von Mitgliedern aller Parteien unterzeichneter An trag angenommen wurde, wonach eine Erhöhung der Gehälter der Oberwachmeister bei der Landgendarmcric von 1500 ans 2000 Mk. eintreten soll. Eine vom Abg. v. Mcndel-Steinfels (kons.) eingebrachte Reso lution betr. Erhöhung der Staatsaufwendungen zum Zweck der Landeskultur, insbesondere zur Hebung der Viehzucht, wurde vorläufig zurückgezogen. Kon Nah ««d Fern. Schramberg. Der hiesige Uhrenfabrikant Junghans hatte seiner Zeit dem Gouverneur von Kiautschou in Tfintau eine Auswahl seiner Uhren unentgeltlich gesandt, um die Wohn- und Diensträume der deutschen Besatzung möglichst auszustatten. Die Sendung (50 Weckeruhren, Die Weber der Kansa. H Novelle von A- R. Rangabä. «Fortsetzung.) 10. In diesem Augenblick schmetterten die Trom peten, welche die Abgesandten der Hansa zum Ausbruch mahnten. Oskar umarmte seinen Freund und beeilte sich, das Pferd zu besteigen welches seiner wartete, und mit schwerem Herzen folgte er seinen Genossen zur Kirche. Nach der Messe, geführt von zwei Kämme rern des Königs und begleitet von einer Ab teilung der königlichen Leibwache, setzten sich die Hanseaten nach dem Schlosse in Bewegung. Im nsten Schloßhofe wurden sie mit Musik em pfangen und die aufgestellte Wachmannschaft erwies ihnen die militärischen Ehren. Im zweiten Hofe waren die königlichen Stallmeister, welche die Zügel der Pferde aus den Händen der Ge sandten nahmen, die, nachdem sie die breite Treppe hinaufgestiegen waren, durch eine Doppel reihe von Dienern schreitend, in einen prächtigen Saal geführt wurden, wo ihrer ein köstliches Frühmahl wartete. Endlich, als sie das Mahl kaum halb vollendet, erschallte der dumpfe Ton einer Glocke. Die Gesandten erhoben sich sogleich, und nachdem sie eilig mehrere Säle durchschritten, blieben sie vor einer reichvergoldeten, geschlossenen Thür stehen. Hier warteten sie schweigend und mit verhalte nem Atem einige Minuten. Dann wurde die Thür geräuschvoll ausgerissen und zwei könig liche Leibwächter, welche zu beiden Testen der selben standen, riefen mit lauter Stimme, indem sie ihre silbernen Stäbe auf den Boden stießen: „Die Abgesandten der Hansa!" Zu gleicher Zeit wurden von beiden Seiten die reichen Falten eines schweren rotseidenen Vor hanges zurückgezogen und sie blickten in das Innere des Thronsaales, der ganz mit dem selben Stoffe ausgeschlagen war und von goldener Verzierung glänzte. Die Herren des Hofes, in reicher Kleidung, umgaben den Thron, auf welchem der König, angethan mit den In signien seiner Würde, stand. Ueberrascht von diesem großartigen Schauspiel, beugten die Ge sandten die Kniee, sobald sie in den Saal ein getreten waren, wie es die Etikette vorschrieb, und neigten sich bis zur Erde. Aber als der Kanzler sie aufgefordert hatte, dem König den Zweck ihres Kommens darzulegen und sie sich wieder erhoben hatten und den Blick auf den König richteten, ertönte aus ihrer aller Munde ein unterdrückter Schrei des Erstaunens und das Wort erstarb auf ihren Lippen. Wie betäubt stand Oskar da, er mußte sich an einer Säule halten, um nicht umzusinken, als auch er in dem Könige von Dänemark den einstigen Weber Christian wieder erkannte. „Seid ihr etwa mit Stummheit geschlagen, ihr Herren Gesandte," sagte der König streng. „Männer der Hansa, ich weiß, was euch nach Kopenhagen führt. Ihr habt geglaubt, daß ich Dänemark nur euretwegen regiere. Ich habe unter euch gelebt und die Schürze des Webers getragen, um euer Handwerk zu er lernen und jene köstliche Quelle des Wohlstandes m meine Lande zu verpflanzen. Geht, seht euch meine neuen Werkstätten an, ob sie nicht denen von Bergen ebenbürtig sind. Aber sie sind neu und bedürfen des Schutzes." „Majestät," erwiderte der Aelteste der Abge sandten, „jenes Gesetz richtet die Weber der Hansa zu Grunde, nimmt den Familien das tägliche Brot und bringt sie an den Bettelstab." „Gildemeister Heinrich," antwortete der König, „du bist meines Wissens ein Schmied?" Der Abgesandte verneigte sich schweigend bis zur Erde. „Deshalb steht es dir nicht zu, dich in die Angelegenheit der Weber einzumischen. Befinden sich unter euch welche von der Webergilde, will ich sie anhören, die anderen mögen sich zurück ziehen." Er neigte leicht den Kopf, wie um sie zu entlassen. Mit tiefer Verbeugung entfernten sich die Gesandten, nur Oskar allein blieb zurück. Der König winkte mit der Hand den Herren des Hofes, worauf diese durch eine andere Thür den Saal verließen, so daß er sich allein dem Weber gegenüber befand, der regungslos, stumm und wie niedergeschmettert vor ihm stand. „Junger Mann," sagte der König, auf Oskar zutretend, „ich habe mich in vergangener Zeit ungerecht und hart gegen dich gezeigt. Heute bin ich bereit, dich dafür königlich zu entschädi gen. Dir zu Gunsten bin ich geneigt, bei deinen Genossen vieles zu übersehen. Sprich, was be gehrst du von mir?" Oskar, der sich wieder aus seiner Betäubung erholt hatte, fiel vor dem König auf die Kniee und mit erhobenen Händen rief er mit heiserer Stimme: „Majestät, Elga —" „Elga?" sagte der König lächelnd, mit ver stelltem Erstaunen. „Ach, das ist wohl das hübsche Mädchen aus der Weberherberge in Bergen, sie hieß ja Elga, waS ist es mit ihr? Wo ist sie jetzt? So viel ich mich entsinne, solltest du sie heiraten, war es nicht so?" Aber ohne sich zu erheben, fuhr Oskar »st leidenschaftlicher Aufregung fort: „Man will Elga ermorden, Majestät, rmm will sie vergiften, rettet Elga!" „Was soll das heißen?" fragte der König ernst werdend. „Zwingen mich Eure Majestät nicht, durch lange Erklärungen die kostbaren Minuten zu verlieren. Heute ist ein Mann abgeschickt wor den, den Mord zu vollziehen. Gebt mir die Erlaubnis, sogleich zu ihr zu eilen, vielleicht ist es noch Zeit, sie zu retten." „Dir die Erlaubnis geben —sagte der König unschlüssig. Dann schrieb er lächelnd einige Worte auf einem mit seinem Siegel ver sehenen Papier und reichte es Oskar hin. „Geh', rette sie." „Aber wo finde ich sie?" fragte Oskar, dar Papier nehmend. „Wo wohnt sie?" „Das weißt du nicht und kommst her, es von mir zu erfahren? Es sei, Oskar, du siehst, wie nachsichtig ich gegen dich bin, und wie be reit, mein früheres Unrecht gegen dich gut zu Machen. Sie wohnt aus der Insel Amake. Geh', rette sie. Was den Zweck eurer Gesandtschaft anbetrifft, so werde ich denselben in Erwägung ziehen." Oskar küßte die Hand des Königs und stürzte aus dem Sale, während der König ihm
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