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Allgemeiner Anzeiger : 01.02.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-02-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189902018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-18990201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18990201
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-02
- Tag 1899-02-01
-
Monat
1899-02
-
Jahr
1899
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 01.02.1899
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der Gips erst gemahlen und dann Lurch ein seines Seidentuch gesiebt. Die aus diesem Gips hergestellte Masse war dann so fein, daß sich jeder Prägungsstrich des echten Geldes darin abzeichnete. Der Verhaftete gab ferner das Versteck für diese Formen an, die auch aufge funden wurden. Gotha. Die silberne Hochzeit des Herzogs paares gestaltete sich zu einem glänzenden Feste durch die große Teilnahme der ganzen Bevölke rung und der fremden Höfe. Eine große Anzahl deutscher, russischer, rumänischer und englischer Gäste waren zum Jubeltag hier eingetroffen. Die nicht durch Familienmitglieder vertretenen Mon archen haben besondere Vertreter gesandt. Der Empfang der Gratulanten im Thronsaale des Schlosses Friedcilstein bot ein farbenprächtiges Bild: Das Herzogspaar, umgeben von der Familie und den fürstlichen Gästen, nahm die Glückwünsche des Landes, der Städte und der Korporationen entgegen, die Geschenke und Adressen überreichten. Die Geschenke bestanden, einem Wunsche des Herzogs und der Herzogin entsprechend in Geldsummen, die zu wohlthäügen Zwecken verwendet werden sollen. Die Stadt Gotha schenkte den Bauplatz und einen Fonds zum Bau eines Landes-Blindenheims. Die Be völkerung feierte den Tag durch Serenade und Fackelzug am Vorabend, sowie Illumination und Häuserschmuck am Festtage selbst. Am Abend war Theatervorstellung vor geladenen Gästen- Die silberne Hochzeit war das erste Familienfest des Herzogspaares, das in Gotha gefeiert wurde, die früheren hatten stets in Koburg stattge- funden. PiNkallen. „Ein Wolf!« Dieser Ruf »er setzte dieser Tage die Bewohner des Dorfes R. unweit der russischen Grenze in Schrecken- >rn aller Eile versah sich die streitbare Mannschaft mit Dreschflegeln, Heu- und Mistgabeln, Forken, Wagen, chwengeln, Knütteln rc Man wollte dem ungebetenen Gast aus den Pelz steige" und sich dem Vergnügen einer so selten vorkommenden Jagd hingebcn. Da lag auch H»" das Untier in einer kleinen Vertiefung, den Kopf etwas vor gestreckt. Wer sollte sich nun aber heranwagen? Wollte doch jetzt keiner der vorher so Mutigen leichtsinnig sem wertes irdisches Dasein aufs Spiel setzen. Doch da erschien auf der Bild fläche der Besitzer W., aus dessen Gemarkung der Wolf saß, eiligen Laufes, die Jagdflinte zum Gebrauch fertig im Arm. „Wo es he«" rief er s^n von weitem. „Noa durte, en dine Kuhl Kwent hat he sich gerchrt!" schallte es ihm entgegen. Verdutzt bleibt er einen Augen blick when, dann macht er schleunigst kehrt hängt iw Jagdflinte über den Rücken und sagt ärgerlich jm Fortgehen: „Schoapskepp ju, alle noa de Reeg. In send woll alle varrekt odder daumlich? Es min oll Karo, wo gister krapehrt es uÄ den eck dorch den Jehann hirr henbringe leet' Lange Gesichter, Heimkehr unter Be- meMgen, „wie man sich so irren konnte" und 'sendend Spott. Hicn. Eine Jagdreise nach Afrika hat eine, ver ersten österreichischen Waidmänner, Priy Heinrich Liechtenstein, neuerdings wieder unthaommen. Die Expedition geht diesmal in dasSomaliland, und in Begleitung des Prinzen besitzet sich der bekannte Karikaturenzeichner Mj>lf Pick. Prinz Liechtenstein besitzt in seinem Mis am Schüttel wohl eine der großartigsten Trphäensammlungcn, die überhaupt existieren. In derselben sind Löwen-, Tiger-, Leoparden- decen und die gewaltigen Stoßzälme afrika- risher Elefante» ebenso vertreten, wie die -richtigsten Rehgehörne und die kapitalsten Ge- pshe, welche europäische Hirsche unserer Zeit wgen. In bezug auf letztere besitzt Prinz Ä-chtcnstein Exemplare, die wohl ihresgleichen sichen; denn beinahe Jahr für Jahr bringt er aff seinen eigenen Jagden Hirsche zur Strecke tzren Geweihe bei einer europäischen Konkurrenz fets den ersten Preis verdienen würden. — Christomanos, Lektor für die neu griechische Sprache an der hiesigen Universität und Lehrer an der Lehranstalt für orientalische Sprachen, hat beide Stellen freiwillig nieder gelegt. Man darf diesen Entschluß des einst maligen Vorlesers der Kaiserin Elisabeth wohl mit seinen! Buche über die verstorbene Fürstin Mellien. „Sic ist ein verteufelt hübsches Ding; wenn wir sie zum Weinen bringen, nehmen die Geschworenen ihre Partei und es ist aus mit uns. Vielleicht könnte man die Wahrheit aus ihr hcrausschmcicheln und herauskomplimentiercn, aber selbst darauf möchte ich nicht bauen. So weit ich sic kenne, ist sie eine höchst gefährliche Zeugin, die so schonend wie ein rohes Ei be handelt sein will, und die wir so wenig als nur irgend möglich befragen müssen" „Wenn es uns nicht möglich ist, chre Aus sage zu entkräften, so müssen wir wenigstens den Schein zu wahren suchen, als wäre uns dies gelungen." „Ich bin dafür, das Mädchen, streng über wachen zu lassen, um möglicherweise etwas über ihr früheres Leben zu erfahren. Ihr Betrugen in der Mühle während der Ueberschwemmung und im Herrenhause Frau Böhme gegenüber war höchst sonderbar." „Was meinen Sie? Wollen Sie sagen, daß das Pfädchen nicht ganz zurechnungsfähig sei und vielleicht zeitweise an Sinnestäuschungen leide?" „Sic vergessen, daß unser Mandant die Wahrheit ihrer Aussage zugibt." „DaS ist ja eben das allerschlimmfte! Da bei gewesen muß sie sein, das läßt sich nicht in Abrede stellen. Nun, wenn das Schlimmste zu» Schlimmen kommt, so müssen wir den Stier bei den Hörnern packen. Die andem »«ffen uns den Mord beweisen, und das ist lvcht leicht, so lange sie keinen Ermordeten auf- -»»eisen haben." in Zusammenhang bringen. Christomanos hat in dieseni Werk, so sehr er auch die Kaiserin verherrlichte, nicht jene Zurückhaltung gewahrt, die offenbar an den maßgebenden Stellen ge wünscht wird. — Auf der Heumühlengasse erfolgte in der Nacht zum 26. d. im Probierraum einer Benzinfabrik eine furchtbare Benzinexplosion, wobei ein Arbeiter durch Zertrümmerung des Schenkels sofort getötet, zwei Arbeiter durch die Gase erstickt wurden. Ein Lehrling wurde am ganzen Körper lebensgefährlich verbrannt, zwei Arbeiter leichter verletzt. Die Leichen sind so verstümmelt, daß sie schwer zu rekognoszieren sind. In der Bevölkerung herrscht große Auf regung, daß in einem dicht bevölkerten Stadt teil mit so gefährlichen Explosivstoffen gearbeitet werde. Paris. Ein Einwohner von Saint Mands fand im hiesigen Luxembourg-Parke ein sorg fältig verhülltes Paket, in dem er zu seiner Ueberraschung eine Elfenbeinschnitzerei aus dem elften Jahrhundert von großem künstlerischen Werte entdeckte. Er deponierte seinen Fund beim Polizeikommissar des Viertels, der die Direktton der Nationalmuseen davon in Kennt nis setzte. Dieses Kunstwerk ist sicherlich aus irgend einem Museum gestohlen worden. Ein Draht, der noch an dem Rahmen hing, deutet an, daß es von einer Wand herabgeriffen wurde. Unten findet sich ein Papierstreifen mit der Auf schrift: „Einband eines Meßbuches, Elfenbein schnitzerei aus dem elften Jahrhundert." Ein anderes Etikett trägt den Vermerk: „Elfenbein- Meßbuchdeckel aus dem Jahre 1014, entstam mend dem Schatze von Bamberg, Königliche Nationalbibliothek von München." Das Werk stellt oben eine Kreuzigungsszene dar. Ein römischer Soldat reicht Jesus auf dem Kreuze mit der Spitze seiner Lanze den mit Essig ge tränkten Schwamm, während zur Rechten ein zweiter Soldat ihm die Seite durchsticht. Die Jünger stehen um das Kreuz hemm und weinen. Unten sind Marterszenen der verschiedenen Mär tyrer dargestellt. Der Direktor des Luxembourg- Museums meint, daß man es nur mit dem Ab guß einer berühmten deutschen Arbeit zu thun habe, die wahrscheinlich aus einem französischen Provinzmuseum herrühre, daß es durch Aus tausch von dem Münchener Museum erstanden haben könne. Lyon. Das Carnot-Denkmal, das in Gegenwart des französischen Präsidenten dem nächst enthüllt werden wird, ist eine Schöpfung des Bildhauers Gauqui«. Französische Blätter rühmen die sinnige Idee, die diesem Gedächtnis- Werk für das ermordete Staatsoberhaupt zu Grunde liegt. Das Monument besteht aus einem Sockel, auf dem sich eine 18 Meter hohe Pyramide erhebt. In der Mitte steht die lebensgroße Marmorstgur des unglücklichen Präsidenten, oberhalb derselben erblickt man den Genius Frankreichs, der die Fahne senkt, unter halb ist die Stadt Lyon verkörpert, die einen Schleier über ihre Wappen breitet. Links und rechts sieht man zwei breite Medaillons, deren Inschriften auf Kronstadt und Toulon Hinweisen. Hinter der ganzen Gruppe endlich erhebt sich, alles überragend, ein mächtiger Leu, und seine flammenden Blicke find auf die Stelle gerichtet, welche zum Schauplatze von Easerios furcht barem Verbrechen ward. Athen. Die Erdstöße in Griechenland dauern fort, sind jedoch schwächer geworden. In den Städten Nissi und Suz auf dem Peloponnes verursachte ein Erdstoß in zahlreichen Häusern Riffe. Erheblicherer Schaden ist im Departe ment Kyparissia angerichtet worden; fünf Ort schaften wurden daselbst völlig zerstört. New Hork: Nach der unlängst veröffent lichten Steuerftattstik der Ver. Staaten von Nord-Amerika für 1898 hat John D. Rockefeller, dernordamerikanischePetrolcumköm seinJahres- einkommcn mit 80 Millionen Mark angegeben. Man veranschlagt sein Vermögen auf rund 3 Milliarden Mark; genaueres wird er selbst nicht wissen, da er dem Steuerbemesser des Staates New Jork erklärte, daß er nur annäherungs weise die Höhe seines Vermögens berechnen könne und 50 Millionen Mark mehr oder weniger dabei keine Rolle spielen. In der That erscheint bei solches Aktivität die Aufnahme einer Inven tur, wie sie sonst jeder Geschäftsmann macht, überflüssig. Rockefeller ist bei weitem der reichste Diann unter den Millionären der nordameri kanischen Republik, und es wird behauptet, daß er fich aus den kleinsten Anfängen so empor gearbeitet hat. Wie erinnerlich, legte er den Grund zu seinem Reichtum durch seine Petroleum spekulation, durch die Organisation von kleineren und größeren Petroleumkartellen und zuletzt durch die Schaffung des nordamerikanischen Petroleum-Monopols, das indessen einen inter nationalen Charakter angenommen hat und sich zu einem Welt-Monopol zu entwickeln scheint. Rockefeller soll bei der Standard Oil Co. mit 650 Millionen Mark beteiligt sein. Im übrigen hat er seine Kapitalien so angelegt, daß sein Vermögen sicherer begründet erscheint, als das irgend eines Grundbesitzers. Rockefeller kann unmöglich sein Einkommen verzehren, und so wächst sein Vermögen in aufsteigendem Maße an. An solchen Erscheinungen des wirtschaft lichen Lebens werden nur die Agitatoren der sozialen Revolution ihre große Freude haben können. Gerrchtshalle. Berlin. Als in der Nacht zum 9. Oktober zwei anständige Arbeiterinnen durch die Pankstraße gingen, wurden sie von dem Schleifer Mensport durch unanständige Zumutungen belästigt und in ihrer weiblichen Ehre gekränkt. Die beiden Mädchen, die durchaus sittsam ihres Weges gegangen waren, ver baten sich solche Zudringlichkeiten auf das ent schiedenste, der Angeklagte fuhr aber mit seinen gar Nicht zweideutigen Redensarten mit Behagen fort. Die Mädchen sahen sich nach einem Schutzmann um, der Angeklagte kam ihnen aber zuvor und ersuchte einen sich zeigenden Schutzmann, das eine der beiden Mädchen zur Polizeiwache mitzu nehmen, da es ihn in höchst unanständiger Weise belästigt habe. Der lebhafte Protest der Mädchen gegen diese unverschämte Beschuldigung veranlaßte den Beamten, dem Angeklagten ernstlich vorzuhalten, daß sein Begehr sehr ernste Falzen haben könnte, er blieb jedoch bei seiner Behauptung, und so erfolgte denn die verlangte Sistierung. Zum Glück waren Augenzeugen für das freche Bettagen des Angeklagten vorhanden, auf der Wache konnte bald festgestellt werden, daß die beiden Mädchen durchaus keine Dirnen, sondern anständige Mädchen sind, und daraus ergab sich dann das Strafverfahren gegen den An geklagten. Der Staatsanwalt beantragte drei Monat Gefängnis, der Grichtshof hielt es aber für geboten, über diesen Antrag weit hinaus zu gehen und auf sechs Monat Gefängnis zu erkennen. Dortmund. Um seinem Freunde einen Gefallen zu thun, nahm der Bergmann B. von der Zeche „Kaiserstuhl" eine Dhnamitpatrone mit nach Hause und zeigte sie dem Freunde. Die Sache kam zur Anzeige uud Berger wurde zu 8 Monat Gefängnis verurteilt, weil er ohne polizeiliche Erlaubnis im Besitze von Dynamit war. Zu den Unruhe« auf Samoa wird der ,Schles. Ztg/ geschrieben: „Das samoanische Kricgsspiel scheint am Neujahrstage ganz erheblich ausgeartet zu sein und seinen sonst nach uitsern Begriffen ziemlich harmlosen Charakter abgestreift zu haben. 73 Tote auf beiden Seiten der kämpfenden Parteien und mehre hundert Gefangene! das ist — wenn es wahr ist -- in der samoanischen Bürger- Kriegsgeschichte entschieden ein bedauerlicher Rekord! Wohl sollen die Verluste im Gefecht bei Vailele am 18. Dezember 1888, in welchem 2 Offiziere und 15 Mann des deutschen Landungskorps fielen und 36 wackere Seeleute zum Teil schwer verwundet wurden, auf feiten der von dem amerikanischen Verräter Klein an geführten Samoaner weit größer gewesen sein — genaues konnte hierüber von den Einge borenen nie erfahren werden; — aber unter sich waren sie bisher gewohnt, allen Traditionen getreu, gemütlicher Krieg zu führen. Der Schreiber dieser Zeilen hatte längere Zeit Ge legenheit, die samoanische Kriegführung mehr als einen zwar etwas gefährlichen, aber immer noch an traditionellem Zeremoniell festhaltenden Sport kennen zu lernen, von dessen Regeln sich selbst der Rebellenführer Tamasese trotz aller guten Ratschläge und Ermahnungen im Interesse seines Ruhmes und seiner Kriegslorbeeren nur schwer abbringen ließ. Dafür aber versäumte er es nicht, seine Freunde rechtzeitig von dem Termin eines bevorstehenden Gefechtes in Kenntnis zu setzen, sodaß diese dem geräuschvollen Schauspiel in angemessener Entfernung als Schlachten bummler beiwohnen konnten. Nach samoanischem Brauch gehen jedem Angriff ritterliche Vor bereitungen voraus. Die feindlichen Parteien stehen dauernd in Unterhandlungen, verkehren auch untereinander, suchen sich aber bei Zu sammenkünften gegenseitig aufzustacheln und an zufeuern. Dabei behalten die Sitten frei gebigster Gastfreundschaft vollkommen Geltung. Die Eröffnung neuer Feindseligkeiten hängt von allen möglichen Nebenumständen ab, so auch von der Mondphase. Ist Tag und Stuude des Angriffes festgesetzt, so wird gerüstet. Die Krieger machen ihre Gesichter durch Bemalen mit Ruß unkenntlich, schmücken sich mit Laubkränzen oder Stoffen zur Unterscheidung von den Feinden, und die Dorfjungfrauen, denen früher die ehrenvolle Aufgabe des Köpfens gefallener Feinde oblag, reiben ihre« Körper mit wohlriechendem Oel ein und suchen fich ein martialisches Aussehen zu geben. Mit großem Geräusch wird sodann, nachdem noch die Führer nach Art der alten Griechen die Feinde durch Hohnreden und Beschimpfungen gereizt hatten, das Scharmützel begonnen, früher Mann gegen Mann mit Keulen und Messern. Seit dem aber die moderne Schußwaffe Kngang ge funden hat, hat sich auch das Bild des Streites wesentlich geändert und die „Deckung" eine große Bedeutung gewonnen. Nur selten wagen sich die Angreifer in freies Gelände, und selbst Kokos palmen bieten ihnen nicht genug Schutz gegen die zum größten Teil ins Blaue hinein abgeschosseuen Kugeln. Obwohl die Samoaner meist sehr gute Schützen sind und selten eine Taube in den hohen Bäumen fehlen, machen sie im Eifer des Gefechts von ihrer Geschicklichkeit selten Gebrauch; denn ihr kriegerischer Zorn geht selten so weit, daß sie in ihrem politischen Gegner einen Todfeind er blicken. Die größte Befriedigung bei der Aus übung des modernen Kriegssportes findet der Samoaner im „Knallen" seiner Waffe. Dazu fehlt ihm aber, da die Einfuhr von Waffen und Munition streng verboten und der Schmuggel durch gewissenlose Firmen etwas eingeschränkt ist, oft der Stoff. Diesem Umstand verdankt König Malietoa die Behauptung seiner Würde gegen über der ihm sonst überlegenen Tamasesepartei insofern, als seinen Leuten von der Regierung mit Genehmigung der Konsuln Munition ge liefert worden ist. Trotzdem hätte ihm gerade dieser Umstand einmal leicht verhängnisvoll wer den können. Der König war im März 1894 eben mit frischen Knallstoffen bei seinen siegreich nach dem Westen Upolus vorgedrungenen Ge treuen eingetroffen, als Tamasese, der fich mit seinen Leuten in den Bergen festgesetzt hatte, auch schon hiervon Kenntnis erhielt. Diese Kunde vermochte diesen und seine Häuptlinge zu einem allen Uebörlieferungen trotzenden nächt lichen Beutezuge zu bewegen. Das feindliche Lager wurde umstellt, und heimlich schlich fich eine auserlesene Schar in die Kirche, wo Ma lietoa mit den neuen Patronen untergebracht war. Das Leben des Verhaßten und damit das Schicksal der herrschenden Partei war den Eindringlingen in die Hand gegeben; dennoch begnügten fich diese damit, die erreichbare Mu nition zu ergreifen und dann schleunigst, beglei tet von einigen Schüssen der Ueberraschten, die Flucht zu ergreifen. Malietoa, der zitternd Zeuge dieses unerhörten Vorganges gewesen war, brachte sein kostbares Leben schleunigst nach Apia in Sicherheit. Zimtes Allerlei. Für eine Moorkulturgruppe, die auf der Wander-Ausstellung zu Posen im Jahre 1900 eingerichtet werden soll, hat der Verein zur Förderung der Moorkultur im Deutschen Reiche Preise im Betrage von 300 Mk. gestiftet. Besondere Freude. Er: „Weshalb weinen Sie denn nur? Habe ich Sie denn mit meiner Werbung beleidigt?" — Sie: „Vor Freude weine ich . . . Noch gestern hat mir Mama gesagt, daß es einen solchen Herrn nicht gäbe, der mich heiraten würde." """ Sobald Martha ihre Gesundheit wieder er langt hatte, kam sie nach Roßlau und nahm ihren Wohnsitz in dem Herrenhause. Wie schmerz lich und bitter sie es auch empfinden mochte, das Haus, das sie als glückliche junge Frau am Arme des Gatten zu betteten gehofft hatte, unter solchen Umständen wieder zu sehen, ihr gefaßtes Wesen ließ nichts davon merken. Mit ernster Ruhe übernahm sie die Führung des Haushaltes und unterhielt die notwendigen Be ziehungen mit der Nachbarschaft. An den be stimmten Besuchstagen fuhr sie im offenen Wagen in das Gefängnis und verbrachte jeden ihr er laubten Augenblick bei ihrem Gatten. Die übrige Zeit wendete sie dazu an, die Armen des Ortes zu besuchen und ihnen so viel Gutes als nur immer in ihren Kräften stand, zu thun. Ida besuchte sie oft mit ihren Kindern und Onkel Gustav ebenfalls; auch Justizrat Mellien mit semcr Familie waren häufige Gäste im Herreuhause. Marthas sanftes, würdevolles Benehmen nahm alle, die mit ihr in nähere Benihrung kamen, für sie ein. Ihre Kleidung war einfach und schmucklos, wie es sich für eine Frau ge ziemt, deren Gatte für längere Zeit vom Hause abwesend ist. Ihre ganze Haltung schien zu sagen: Ich fürchte nichts, denn ich bm von dem guten Ausgang der Verhandlungen überzeugt, aber ich setze mich auch nicht über die öffentliche Meinung hinweg, da ich Achtung vor derselben habe." Und während ihr Herz in heißer Angst erzitterte, sprach sie mit der größten Unbefangen heit von der Zeit nach den Geschworenen- Sitzungen und wußte ihre Vertrauensfreudigkeit auch weniger Zuversichtlichen mitzuteilen. Nie mand sah ihr an, wie der bloße Gedanke an die bevorstehende Entscheidung ihr Blut erstarren machte, jetzt, wo sie wußte, was für eine Art von Zeugin Käthe Rallas war. Da es aber in dieser Welt nicht möglich ist, es jedermann recht zu machen, so gab es natür lich auch Leute, die mit Marthas Bettagen nicht einverstanden waren, sondern dasselbe heraus fordernd und taktlos nannten und mit ironischem Lächeln ihr schauspielerisches Talent lobten. Hätte sie sich in ihr Zimmer eingeschlossen und ihre Tage in Thränen zugebracht, so würden dieselben Leute, die jetzt ihr uneingeschüchtertes Benehmen zu ihren Ungunsten auslegten, den Beweis ihres Schuldbewußtseins darin gesehen und sich um den Tag gestritten haben, an dem ihr Gatte geköpft werden würde. In den Augen dieser Leute war es eine unerhörte Beleidigung, daß Martha gewagt hatte, Frau Baumann zu grüßen, noch dazu von dem offenen Wagen aus, in dem sie zum Gefängnis fuhr. Unbeirrt durch solche Urteile, verfolgte Martha den einmal eingeschlagenen Weg, sich in allen zweifelhaften Fällen auf Onkel Gustav und Justtzrat Melliens Rat verlassend. Dieser letztere hatte es auch dahin gebracht, daß Doktor Wellner fich während dieser ganzen Zeit fern von Roßlau hielt. Es hätte in der That nicht viel gefehlt und Doktor Wellner wäre als Teil haber an dem Morde oder doch als Begünstiger des Mörders ebenfalls unter Anklage gestellt worden. Man hatte sich schließlich allerdings damit begnügt, ihn auf die Zeugen- statt auf die Anklagebank zu berufen, immerhin war seine Gegenwart im Herrenhause eben jetzt nicht wünschenswert, und es war im Interesse aller besser, daß er seine Zigarren in Berlin statt-ist Roßlau rauchte. So kam unter Hoffen und Bangen endlich der verhängnisvolle Monat August heran und das Geschworenengericht trat unter den gewöhn lichen Formalitäten zusammen. Die Anklage auf Mord gegen Heinrich von Lestow war der wichtigste der diesmal vorkommenden Fälle uud sollte deshalb vor allen anderen den Geschworenen zur Entscheidung vorgelegt werden und gleich bei Eröffnung der Sitzungen am 23. August zur Verhandlung kommen. Lange hing Martha an ihres Gatten Halse in heißer, stummer Umarmung, als sie am Abend vor dem entscheidenden Tage von ihm Abschied nahm. Mit Gewalt hielt sie die Thränen, die sich in ihre Augen drängten, zurück, um Hein richs Fassung nicht zu erschüttern, und der letzte Blick, den sie ihm zuwarf, als fie sich endlich von ihm losreißen mußte, sprach von fester, un erschütterlicher Zuversicht auf ein baldiges und glückliches Wiedersehen. Bleich, aber ruhig wie immer saß sie in dem Wagen, der fie zurück in ihre Wohnung fuhr, und keiner von all denen, die ihr voll Neugier oder Teilnahme nachsahen, ahnte, wie vollständig die junge Frau zusammen- brach, als fie sich endlich allein sah bitteres, leidenschaftliches Schluchzen, iln uh loses Auf- und Abschreiten, ihre flehe!.... Gebete keine unberufenen Zeugen zu fürchicr hatten. i»H »» (Fortsetzung folgt.)
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