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Allgemeiner Anzeiger : 14.12.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-12-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189712141
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18971214
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-12
- Tag 1897-12-14
-
Monat
1897-12
-
Jahr
1897
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 14.12.1897
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Politische Rundschau. Deutschland. * Die Ueberfiedelung des Hoflagers vom Neuen Palais nach Berlin wird nach den bisherigen Dispositionen zwischen dem 10. und 12. Januar erfolgen. DaS Weihachts- fest wird von dem Kaiserpaar wie alljährlich im Neuen Palais verlebt werden. *Ueber die weiteren Vorgänge in Kiao-Tschau und die Lage der Ver handlungen mitChina beabsichtigt nach einer Berliner Meldung des offiziösen,Hamb. Äorreip.' Staatssekretär v. Bülow dem Reichs tage eingehende Mitteilungen zu machen. — Einer Pekinger Drahtmeldnng der .Times' zufolge teilte das Tsungli-Mmen (Auswärtige Amt) dem Gouverneur der Provinz Tschili mit: Da China nunmehr die Forderungen Deutschlands bewilligt, habe dieses versprochen, Kiao-Tschau nach einer noch festzusetzcnden Frist zu räumen. Deutschland erhalte dagegen die Samsahbucht in Fokien als Kohlen st ation. — Die Bestätigung dieser Meldung bleibt abzuwarien. * Der Bundesrat erteilte in seiner Plenarsitzung am Donnerstag dem Ausschuß antrag zu der Vorlage becr. den Entwurf von Grundsätzen für die Handhabung von Be stimmungen der Gewerbeordnung über den Ge werbebetrieb im Nmherziehen, insbesondere über die Mitführung von Kindern, die Zustimmung, ebenso dem Ausschußantrag zu den Entwürfen eines Gesetzes betr. Aenderungen des Gerichts- verfaffungsgesetzes und der Strafprozeßordnung sowie eines Gesetzes betr. Aenderungen der Zivilprozeßordnung und eines zugehörigen Ein führungs-Gesetzes. * lieber die jüngsten Personal-Ver änderungen im auswärtigenDienst und besonders über die Ernennung des Frhrn. v. Rotenhan zum Gesandten in Bern find Vermutungen laut geworden, welche der,Nordd. Allg. Ztg.' zufolge der Begründung entbehren. Frhr. v. Rotenhan ist sieben Jahre lang Unter staatssekretär im Auswärtigen Amt gewesen, und es ist nur natürlich, daß er selbst den Wunsch > hatte, wieder im äußeren diplomatischen Dienst thätig zu sein, weshalb ihm der Poften in Bern, der zu unseren wichtigsten Gesandtenposten ge hört, übertragen wurde. Von angeblich gut unterrichteter Seite wird den,B. N. N.' mit geteilt, daß das Avancement des Herrn von Richthofen zum Unterstaatssekretär im Aus wärtigen Amte nickt ganz unerwartet kam. Wenigstens hat der Geh. Rat Hellwig in letzter Zeit in manchen Beziehungen schon die Kolonial« Abteilung thatsächlich geleitet, so daß Herr von Richtyofen nach der Richtung entlastet war. Man nimmt an, daß der letztere nach außen hin nur so lange noch das Direktorat der Kolonial-Abteilung behält, bis Herr Hellwig zu seinem Nachfolger ernannt worden ist. * Das Reichsamt des Innern hat dem Reichstage die Rechnungs-Ergebnisse der Berufsgenossenschaften pro 1896 zugehen lassen. * Einen Zoll auf Sacharin durch einen noch in dieser Sesston vorzulegenden Ge setzentwurf verlangt ein konservativer Antrag Plötz-Carmer im Reichstag. *Die Zentralstelle für Wohl fahrtseinrichtungen hat am Mittwoch unter dem Vorsitz des Staatssekretärs a. D. Herzog im neuen Reichstagshausc eine längere Sitzung abgchalten. * Zum Zwecke der Förderung von Hand werker- Kredit-Genossenschaften bereist gegenwärtig im Auftrage der preußi schen Staatsregierung der Malermeister Korthaus - Osnabrück die östlichen Provinzen. In Schlesien sind bereits eine größere Anzahl von Handwerker-Kreditgenossenschaften begründet und für einzelne Distrikte Verbandskassen ge- schaffen worden. *Die einmaligen Ausgaben im Marineetat sür 1898 weisen im ordent- lichen Etat außer den zweiten und ferneren Raten für bereits in Angriff genommene Schiffs- und sonstige Bauten erste Raten von je 2 Mill. Mark auf zum Bau von zwei Linienschiffen,! deren Kosten einschließlich der Probefahrten auf je 14 250 000 Mk. veranschlagt werden; und zum Bau eines großen Kreuzers, dessen Kosten auf 11600 000 Mk. veranschlagt werden; ferner eine erste Rate von je 1 Mill. Mk. zum Bau von zwei kleinen Kreuzern (Gesamtkostcn je 3 350 000 Mk.), sowie erste Raten von je 500000 Mk. zum Bau der Kanonenboote „Ersatz Wolf" und „Ersatz Habicht" (Gesamt- koften je 1250 000 Mk.); endlich erste Raten von 873 000 Mk. zum Bau eines Torpedo divisionsbootes und von 1800 000 Mk. zur Herstellung von Torpedobooten. Außerdem find erste Raten zur artilleristischen und Torpedo armierung der neu zu bauenden oder im Bau begriffenen Schiffe eingestellt. Im außerordent lichen Etat findet sich eine erste Rate von 1 Mill. Mk. zum Bau eines zweiten großen Trockendocks auf der Werft zu Kiel. Im ganzen beträgt die Summe der einmaligen ordentlichen Ausgaben 56 050 650 Mk. (gegen 54 206 294 Mark im vorjäbrigen Etat). Davon gehen ab 26 636 000 (24 820 000) Mk. Zuschuß des außer ordentlichen Etats, so daß die Summe der ein maligen ordentlichen Ausgaben 29 414 650 (29 386 294) Mk. beträgt. Der außerordentliche Etat beträgt einschließlich des erwähnten Zu schusses 29 636 000 (28 708 674) Mk. * Zur Reform derPersonentarife melden die ,Berl. Pol. Nachr'.: „Die von ver schiedenen Seiten in den letzten Tagen ver breiteten Mitteilungen über eine bevorstehende Reform der Personentarifc der Preuß. Eisen bahnen werden uns von kompetenter Stelle, in soweit diese Mitteilungen thatsächliche Angaben über die geplanten Reformen enthalten, als völlig aus der Luft gegriffen bezeichnet. Richtig ist nur, daß seitens des Reichseisenbahnamts an die einzelnen Bundesstaaten des Reiches der Vorschlag gerichtet worden ist, wegen einer ein heitlichen Gestaltung und Reform der Personen tarife in Verhandlung zu treten." *Die Präsidentenwahl in der bayrischen Abgeordnetenkammer ist zu Gunsten der Liberalen entschieden worden. Diese stellen jetzt den Leiter der Ge schäftsordnung in der bayrischen Zweiten Kam mer seit 1876 wieder zum ersten Male. Oesterreich-Ungarn. * Kaiser Franz Joseph spendete 1500 Gulden für die bei den jüngsten Straßenunruhen in Prag verwundeten Unteroffiziere und Mannschaften. *Es soll die Absicht bestehen, eine Umge staltung des Kabinetts Gautsch vorzu nehmen, so daß 2 Polen, 2 Tschechen und zwei Deutsche Hineinkommen. Ferner soll der Statt halter von Böhmen durch einen General ersetzt werden. *Die Verhandlungen der österreichischen Regierung mit den Parteien find jetzt ganz abgebrochen. Der Abbruch erfolgte, weil die Tschechen sich weigerten, irgend ein weiteres Zugeständnis an die Deutschen zu machen. Die meisten deutsch-böhmischen Abge ordneten find nach Hause gereist. Auffallendcr- weise ficht das offiziöse Wiener,Fremdenblatt' die Lage recht hoffnungsvoll an, stellt eine „Annäherung der Parteien in wichtigen Punkten" fest und hofft auf die schließliche Beilegung des Streites. Seitens der Linken wurde eine Er klärung ausgegeben, in welcher es heißt, daß die seit dem Amtsantritte des Ministerpräsidenten Frhrn. v. Gautsch zwischen diesem und den Parteien der Linken geführten Unterhandlungen vorläufig zu keinem Ergebnisse geführt haben. Frankreich. *Die Interpellation Scheurer- Kestner hat, wenngleich sie die Erwar tungen der sensationslüsternen Presse keineswegs erfüllte, doch ein positives Resultat zu Tage gefördert: eine allgemeine Beschwichtigung der durch die leidenschaftlichen Preßpolemiken auf gewühlten Bevölkerung. Diejenigen, die den Sitzungsbericht nach dem .Journal officiel' und nicht nach den mehr oder minder vollständigen Mitteilungen der Tagesblätter lesen werden — und deren Zahl ist eine sehr große — müssen zu der Einsicht gelangen, daß die Interpellation Scheurer-Kestner keineswegs lächerlich, über ¬ flüssig oder gar läppisch gewesen war, wie ge wisse Blätter behaupten, sondern im Gegenteil das Feld der Diskussionen von einer Menge nebensächlicher und aufregender Umstände be freit hat. Balkanstaaten. * In Konstantinopel fürchtet man sich wieder vor den Revolutionären. Wie schon mitgeteilt, hat das jungtürkische Komitee bekannt gemacht, daß eS seine Thätigkeit wieder aufnehme, nachdem die ihm von der Regierung gemachten Versprechungen unerfüllt geblieben seien. Auch die armenischen Revolutionäre haben ein Lebenszeichen gegeben. Der Unter staatssekretär des Aeußern Artin Pascha erhielt aus Paris einen Drohbrief mit der Unter schrift „Das Komitee in Konstantinopel". Artin Pascha wird in dem Briefe vorgeworfen, die Aktion zur Auflösung des Komitees unternommen und sich dabei der Mithilfe des Patriarchen be dient zu haben. Der Brief schließt: „Wir werden unsere Feinde zu vernichten wissen." — Artin Pascha ist selbst Armenier. Amerika * Zur Hawai - Frage hat sich, wie aus San Francisco gemeldet wird, der dort ein- getroffene japanische Gesandte dahin geäußert, daß Japan entschieden gegen die Annexion Hawais durch die Der. Staaten sei und daß ernste Wirren zu erwarten seien, falls die Amerikaner die Insel nähmen, ohne Vor sorge für die Interessen Japans zu treffen. Japan werde auf seinen Ansprüchen bestehen. Die Beziehungen zwischen ihm und den Beamten in Washington seien übrigens nie ge spannt gewesen. Aus dem Reichstage. Die erste Beratung des Flottengcsetzes wurde am Donnerstag beendet und die Vorlage an die Budgeikommission »erwiesen. Die Abgg. Hammacher (nat.-lib.) und Zimmermann (Antis.) sagten wohl wollende Prüfung in der Kommission zu; die Abgg. Galler (südd. Vp.) und Molkenbnhr (soz.) verhielten sich ablehnend, der Abg. Hilpert (bayr. Bauernd.) machte finanzielle Bedenken geltend, Abg. Graf Stol berg (kons.l empfahl vertrauensvolle Annahme der Vorlage. Es gelangte noch eine Interpellation des Abg. Bassermann (nat.-lib.) zur Verhandlung, betr. die auf Monopolisierung des Petroleums gerichteten Bestrebungen der Standard Oil Company Staats sekretär Graf Posadowskh stellte zollpolitische und andere Maßnahmen in Aussicht, falls eine Preis steigerung des Petroleums eintreten sollte. Am 10. d. wird zunächst in die Besprechung der Interpellation Bassermann betr. den deut schen Petrole um handel eingetreten. Abg. Barth (fr. Vgg.l: Die Verträge, welche die Bremen-Mannheimer Gesellschaft abgeschlossen hat, haben große Aehnlichkeit mit den Machenschaften des Kohlen- und anderer derartigen Syndikate. Die Kartelle sind eine Folge unseres gesamten protektio nistischen Systems und dienen ebenso wie dies ganze System, den Produzenten dazu, die Konsumenten auszubeuten. In dem vorliegenden Falle hat aller dings die Oil-Company, die meisterhaft geleitet ist, es verstanden, die Konsumenten durch niedrige Preise bei guter Laune zu erhalten. Gerade Deutschland ist für die Oil-Company ein ungeheuer wichtiges Absatzgebiet, weil die in Deutschland verbrauchte Petroleumsorte in Amerika selber und in England nicht marktfähig ist. Die Gesellschaft wird sich daher auch wohl hüten, Deutschland schlecht zu behandeln. Fördert man die schwache Pure-Oil-Company, so würde dies vielleicht ein Antrieb für die Standard Company sein, die Konkurrenz zu unterdrücken. Gerade die früheren Konkurrenten in Mannheim und Bremen haben die Kontrakte ausgeheckt, die jetzt so böses Blut machen. Würden wir zu Gunsten des russischen Oels das amerikanische durch Zoll erhöhungen oder sonstwie benachteiligen, so würden wir damit doch nur unseren Konsumenten das Petro leum verccuern. Für dergleichen sind meine Freunde und ich nicht zu haben. Abg. Hept v. Herrnsheim (nat.-lib.) legt dar, daß das von dem Vorredner bemängelte Kohlen syndikat doch auch von großem Nutzen gewesen sei, wie überhaupt das schutzzölluerische System. Redner empfiehlt sodann Differenzierung des Zolles, auf Rohöl einen niedrigeren Zoll als auf raffiniertes Oel. Es sei durchaus an der Zeit, den An maßungen der Ver. Staaten mit derjenigen Energie entgegenzutreten, welche das Reich neuer dings in verschiedenen anderen Richtungen bc- thätigt habe. Abg. Svahn (Zentr.) führt aus, es liege gegenüber der Mannheim-Bremer Gesellschaft, die doch auch eine deutsche sei, gar kein Grund zn so großen Befürchtungen vor. Der Petröleumpreis sei ja auch bis in die Gegenwart hinein niedrig ge halten worden. Abg. Dr. Hahn (wildkons.) hält die wachsende Macht des Standard Oil Trust für überaus ge fährlich. Tic amerikanischen Ansbeuterkompanien warteten nur darauf, bis die Konkurrenz abge schlachtet sei. Staatssekretär Graf Posadowski erklärt, daß Spczialtarife für russisches Petroleum einge führt würden, und daß eine VercinigunL zwischen den Besitzern amerikanischer und russischer Pctrolcum- quellen nicht zu stände gekommen sei. Abg. Fischbeck (fr. Pp.) befürchtet von allen zu ergreifenden Maßnahmen eine Schädigung der Verbraucher. Abg. Schippel (soz.) meint, die Negierung müsse ein gutes Gewissen haben, wenn sie gegen ausländische Trusts Vorgehen wolle. Das könne sie nicht, so lange sie im Jnlande Kvhlcnsyndikaie und Kartelle habe. Nach kurzen weiteren Bemerkungen der Abgg. Hahn und Barth schließt die Besprechung, Es folgt die erste Etatsberatung. Staatssekretär Frhr. v. Thielmann gibt zu nächst die übliche Uebersicht über Einnahmen und Ausgaben des abgelaufcnen Rechnungsjahres 1896/97 und hebt das Bestreben der Regierung hervor, die Ueberschiisse des einen Jahres nicht aut das nächste Jahr zu bringen, sondern zur Schuldentilgung zu verwenden. Das Schätznngsergcbnis für 1397'98 richte sich nach den ersten sca-S Monaten. Voraus sichtlich werde mau MiuderauSgabcn beim Aus wärtigen Amt, beiin Neichsamt des Innern und beim Militär-Etat tvon 14 ., Mill.), die sich bei letzterem aus Ersparnissen in der Verpflegung her- lcitctcn, erzielen. Ebenso würden Ersparnisse bei den Anleihen, die noch nicht vollständig begeben seien, gemacht werden. Mebr-Einnahmen würden im ganzen 16 Mill, gemacht werden. Im ganzen würden die Mehr-Einnahmen mit Hinzurechnung von Minder- Ausgaben sich ans 20 Mill, belaufen. Ans den Zöllen und Verbrauchssteuern würden sich volle 70 Mill, über den Etatsanschlag ergeben. Da sich ein Stillstand ans dem Gebiete von Handel und . > Verkehr nicht bemerkbar mache, habe man die be gründete Hoffnung, daß die Steigerung nach den ersten 6 Monaten fortdauern werde. Aus Vorsicht werde man indes zunächst nicht 40, sondern nur 32 Mill, zur Schuldentilgung einstellen. Im ganzen werde man auf Grund der erhöhten Einnahmen von Zöllen und Verbrauchssteuern, die die Matri- kularbeiträge um 53 Mill, übersteigen, 40 Mill, zur Schuldentigung verwenden und 13 Mill, an die Einzelstaaten absühren können. Der Etat von 1898'99 enthalte eine Gesamt-Vermehrung um 65 Millionen in den Ausgaben und 36 Millionen im ordentlichen Etat, zusammen also 101 Million. Darin seien zwei starke Posten für Artillerie- material und für das Warme Abendbrot der Heeres- Mannschaft. Zu erwähnen seien die Mehrausgaben für die Ratnralienrcserve. Die Mehrforderungen bei der Marine seien zn übergehen, da sie an an derer Stelle zu beraten seien. Eine Acnderung im Remuncrationswesen sei dahin erfolgt, daß die Remunerationen für die höheren Beamten in Weg fall für die übrigen, entsprechend der Gehaltsauf- 1 besserung, gekürzt seien. Der Ertrag der Zucker- steucr sei im kommenden Jahr um 7^ Million höher als im laufenden angenommen. Kleinere Minderausgaben würden mehr als ausgeglichen durch die Mehreinnahmen bei den Eisenbahnen (fünfzehn Millionen) im Post- und Bankwesen. Der gesamte außerordentliche Etat bleibe um 34 Millionen gegen über dem gegenwärtigen zurück. Günstig sei auch der Stand der Reichskasfl, die seit zwei Jahren keine Schatzanweisungen habe ausgebcn brauchen. Dasselbe hoffe man von der Zukunft. Der vor- , liegende Etat werde hoffentlich derselben wohlwollen den und gründlichen Beratung wie der vorjährige M ( unterzogen werden. Kon Mich M» Fern. Kottbus. Der Vorstand der Jnvaliditäts- und Altersverficherungo-Anftalt der Provinz Brandenburg hat einstimmig beschlossen, eine Heimstätte für lungenkranke Frauen zu 80 bis 100 Betten bei Kottbus zu erbauen. Es wurden hierzu 500000 Mk. bewilligt. Der Magistrat von Kottbus gibt 40 Morgen Grund und Boden unentgeltlich dazu her. Nach Gutachten der Sachverständigen ist die Lage dort sehr günstig. Pinne. Auf dem hiesigen evangelischen Kirchhof wurden nachts 53 Kreuze und Denk mäler zerbrochen und umgestürzt, so daß ein Teil des Kirchhofes ein schreckliches Bild der Verwüstung darbietet. Von den Thätern fehlt jede Spur. — und ich werde thun, was mir gut dünkt. Wenn man so etwas sagt, wie das, was Sie mir zu hinterbringen die Güte hatten, so sagen Sie der „Welt, von der ich abhänge", daß ich ihr das Vergnügen nicht stören will, über mich zu klatschen, daß ich aber selbst die Herrin meiner Entschließungen und Richterin in meinen eigenen Angelegenheften bin und auch bleiben will." Der Graf griff nach seinem Hute; gänzlich getäuscht in seiner Siegesfreude blieb ihm jetzt nichts übrig, als zu gehen. Das hatte er nicht erwartet, diesen Hochmut, diese Verachiung ihres Leumunds! Er verbeugte sich tief mit einer Miene schwerer Kränkung, aber Wanda reichte ihm mit gewinnendem Lächeln die Hand. „Wir bleiben doch Freunde, Herr Graf? Sie haben sich einer undankbaren Aufgabe unter zogen, aber weshalb wollen wir uns denn ent zweien und so auseinandcrgehcn?" „Ich weiß nicht, Gnädigste," antwortete der Graf steif, „ob Ihnen jetzt noch an meiner Freundschaft gelegen ist, dnin wie Sie die Sache ansehen, habe ich mich sehr zudringlich benom men " „O nicht doch, ich bitte, mir nichts derartiges unterzuschieben, sondern hoffe, Sie in den nächsten Tagen nach alter Weise wieder bei mir zu sehen, lieber Graf." Neffelrott küßte ihre Hand und empfahl sich mit dem Gefühl tiefer Demütigung, zu der sich das Unbehagliche eines drohenden Verlustes an statt eines reichen irdischen Gewinnes gesellte. Auf seine momentan aufgeflackerte Leidenschaft für Wanda legte er selbst kein allzugroßes Ge wicht, denn niemand wußte besser, als er, daß solche Leidenschaften vergehen, aber — Wanda war reich und die Neffelrotts standen dank seiner Verschwendung dicht vor gänzlicher Verarmung. Wie sicher hatte er auf seinen Plan gebaut und nun —. Zähneknirschend gedachte er jetzt der Worte der alten Exzellenz Papperitz, die er gestern abend notgedrungen zu Tische geführt hatte. „Ja, ja, bester Graf," hatte diese alte Klatsche gesagt, „glauben Sie mir, allein um der Musik willen spielt unsere Geigenfee nicht mit so exor bitanter Beflissenheit, das thut sie um seinet willen. Und eines Tages werden wir sehen, da zieht sie mit dem Künstler ab und läßt Kunst Kunst sein. Ist ja auch ein nonsens für eine junge reiche Frau." „Stehen Ihnen genaue Erfahrungen über diesen Punkt zu Gebote, Exzellenz?" hatte der Graf boshaft gefragt. „Daß ich nicht wüßte," hatte die Exzellenz stotternd und ein wenig erschrocken geantwortet, „daß ich nicht wüßte, eher eomtk, aber indessen, jedoch — es ist eben —" „Eine wie die andere," ergänzte der Graf beißend. Frau von Papperitz sah ihn prüfend an und lächelte dann ihrerseits recht malitiös, sie hatte ihre Fassung wieder. „Slh, Verehrtester," lispelte sie, „Eifersucht?! Vorsicht, lieber Graf, in Ihren Jahren " Wütend zerrte Neffelrott mit den „künst lichen" Zähnen an dem aristokratischen Schnurr bart, sollte die boshafte alte Person recht be halten? Nein, man mußte einen neuen Plan erfinden, einen besseren Schachzug thun. Wofür war man denn Diplomat? Im Weich der Höne. Lj Novelle von A. v. d. Osten. lpo'veeung.) „Also Sie wollen nicht, Sie schicken mich heim mit meinen ungebetenen Ratschlägen," sagte er mit einem Versuch zum Scherz. „Wissen Sie aber auch, Gnädigste, was man sagen wird, oder schon sagt, zu Ihrer Abwehr gegen ein neues Glück, zu Ihrer ausschließlichen Vor liebe für die Musik?" „Rian? Wer ist „man" ? fragte Wanda, sich stolz aufrichtend, als ahne sie einen sicher treffenden Angriff. „Man" ist die Welt, in der wir leben, von der wir abhängen," erwiderte der Graf, „auch Sie, Gnädigste — und diese Welt sagt, Ihr Eifer für die Kunst gelte zumeist dem Künstler, die Schülerin lerne nicht um des Lernens, son dern um des Lehrers willen, und eines Tages — doch was ist Ihnen, verehrte Frau?" Wanda war blaß und rot geworden und rang nach Atem. Der Graf, dies sehend, froh lockte; er hatte sie getroffen, jetzt konnte er sie beugen. Seine Stimme nahm rasch einen ein schmeichelnden Klang an. „Nicht wahr, das ist fatal, das hatten Sie nicht bedacht, aber Ihr Gatte that es für Sie, seine Weisheit hatte dies vorausgesshen. Und Sie werden nun seiner Stimme, die noch aus dem Grabe durch Freundesmund zu Ihnen spricht, gehorchen —" „Genug nun, Hm Graf!" rief Wanda, kaum ihre Fassung bewahrend. „Sie haben Ihre FrenndeSpflicht vollkommen erfüllt — vollkommen Nachdem der Graf gegangen war, stand Wanda eine Minute still und horchte erleichtert auf seinen verhallenden Schritt. Dann eilte sie durch den Musiksaal und rief mit lauter Stimme: „Tante Rcfi!" Sogleich öffnete sich die gegenüberliegende Thür zu Wandas Boudoir, und auf der Schwelle erschien eine kleine ältliche Dame in bescheidenem schwarzen Seidenklcide, grauen Locken um ein freundliches faltiges Kinder« gcfichchen und lächelnden unschuldigen Augen- Sie trippelte auf Wanda zu und sagte: „Nun? Das war ja eine lange Unterredung, Wandachen, hat er dir denn — ? dn verstehst schon!" , „Dazu ist er gar nicht gekommen, Tantchen, antwortete Wanda halb lachend, halb ernst und erzählte wahrheitsgetreu ihr Gespräch mit dein Grafen. Bei dem letzten Teil röteten sich W Wangen, und ihre Lippen zitterten. „Bian ist niemals vor Verleumdung sicher, Tante Rest nicht wahr?" , I „Was so einer davon versteht!" erwidert Tante Rcfi verächtlich. „Tröste dich, MndchM wenn du erst eine berühmte Künstlerin bip» müssen sie alle schweigen. Ich denke, m packen gleich ein und siedeln nach einer Stak ' über, wo du ein Konservatorium bcsiE kannst " -.x „Nicht so hitzig, Tantchen," Wanda läcl)A,i schwach. „Ich — was wir gestern abend sprachen haben — ich möchte es mir doch einmal überlegen." „Du bist doch nicht anderen SinneS " . worden?" rief Tante Rest erschrocken.
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