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richtshof ein Reservatrecht Bayerns reichischen suchs des Großherzogs von Baden 40 000 Soldaten seien erkrankt. Die Finanz, Der Vorfall sei nicht anders zu erklären, daß er auf einer Verstimmung beruhe,- zwischen den beiden benachbarten Höfen Hessen und Baden bestehe. Der Kaiser Rußland habe Rücksicht zu nehmen auf als die von von die Unter schienenes Pom Kriege. Bezugnahme auf ein kürzlich er- staliftisches Werk von dem öster- Wünsche des Hofes, dessen Gastfreundschaft er zur Zeit genieße und der dem badischen Besuche abgeneigt gewesen sein muß. *Zur Beseitigung der Mißstimmung zwischen dem hessischen und badischen Hofe, die angeblich die Ablehnung des Be- und Handelslage sei sehr übel. Die Regierung hat nachdrückliche Maßregeln getroffen, um einen etwaigen Zusammenstoß in Havana bei Gelegen heit der Abreise Weylers zu verhindern; Weyler erhielt den Befehl, die Ankunft Blancos zu er warten. Balkanftaaten. * Der luxemburgische Oberst Scheffer ist zum Generalgouverneur von Kreta ausersehen und hat sich nach Paris begeben, um mit Hanotaux zu beraten. *Die griechische Regierung beschäftigt sich mit der Ausarbeitung der Gesetzvorlage über die Finanzkontrolle. Die Minister des Krieges und der Marine bereiten ein Gesetz vor, durch welches den Offizieren mit einem niederen Grade als dem eines Obersten der Eintritt in dieKammer untersagt wird. *Die Frage über die Heimkehr der flüchtigen Thessalier ist nunmehr zwischen Edhem Pascha und den griechischen Delegierten dahin geregelt worden, daß zuerst die Bewohner der von den türkischen Truppen besetzten Dörfer, darauf die flüchtigen Bewohner der Städte zurückkehren sollen. *Der jüngste serbische Minister wechsel hat in Konstantinopel einen üblen Ein druck gemacht. Als Gesandter bei der Pforte hat der jetzige Ministerpräsident sich als ein chauvinistischer Heißsporn ersten Ranges gezeigt. In der Uesküber Kirchenfrage schlug Giorgiewitsch einen hochfahrenden Ton an, der die türkischen Staatsmänner mü großem Unwillen erfüllte. Wenn unter den Gründen, die zum Rücktritt Simitschs geführt haben, auch seine Mißerfolge , in jener Kirchenfrage genannt worden sind, so hat anscheinend die schroffe Haltung, die Giorgiewitsch in der nämlichen Sache ein- Volitische Rundschau. Teutscüland. *Dcr Empfang des Reichskanzlers Leim Zaren wird um so mehr bemerkt, als letzterer in Darmstadt offenbar zu seiner Er holung weilt und diese Tage daher in möglich ster Zurückgezogenheit verbringt. Wenn auch besondere politische Unterredungen nicht ge pflogen sein mögen, so fällt doch diele dem deutschen Reichskanzler erwiesene Aufmerksamkeit für die Beurteilung der allgemeinen Lage und Stimmung ins Gewicht. Fürst Hohenlohe ist nach Baden-Baden weitergereist und gedachte von dort unmittelbar nach Berlin zurückzukehren. * Das Zarenpaar verläßt Deutschland am Freitag; da der russische Kaiser den ersten November, den Sterbetag seines Vaters, im eigenen Lande und in Zurückgezogenheit zu bringen will, die Reise nach Livadia, die eine Zeitlang in Aussicht genommen war, aber fünf Tage beansprucht, so ist vorauszusetzen, daß sich Zar und Zarin wohl direkt nach Petersburg begeben werden. * Auf eigenartige und nicht gerade erfreu liche Verhältnisse läßt der Hofbericht vom Sonn tag in der .Karlsruher Ztg.' schließen. Der Z ar hat es nämlich abgelehnt, den Groß herzog von Baden zu empfangen. Dazu verlautet nach den Blättern folgendes: Es unterliege keinem Zweifel, daß dem Zaren die Absicht ferngelcgen hat, dem hochverdienten Fürsten eine Kränkung zuzufügen, aber die That- fache der öffentlichen Mitteilung dieser Ab lehnung beweise, daß der Beschluß des Zaren in Karlsruhe als eine Kränkung empfunden wurde. Jedenfalls bleibe die auffällige Form zu beklagen, die gewählt wurde, um einem reinen Höflichkcitsakt aus dem Wege zu gehen. Mitarbeiter der »Neuen Fr. Presse': „Die Ver luste der Kriegsheere bilden ein interessantes Bild in den Diagrammen unseres Statistikers. Er geht bis auf den siebenjährigen Krieg zurück. Damals blieben auf österreichischer Seite vor dem Feinde 32 600 Mann, an Wunden und Krankheiten gestorben find 93 400 Mann, ver mißt sind 19600 Mann, gefangen 78 400 Mann, desertiert 62 200 Mann, invalid entlassen 17 400 Mann. Solche Resultate find in der Gegen wart zur Unmöglichkeit geworden, und der Wandel der Zeiten tritt ohne Kommentar jedem vor Augen. Mehr als die Waffenwirkung dezimieren Krankheiten und Strapazen die Heere. Die große Armee ist im nordischen Winter von 1812 beinahe aufgerieben worden. Die fran zösische Hauvtarmce zählte beim Einmärsche in Rußland 363 000 Mann, die den Niemen über schritten ; nach fünf Monaten kamen 8000 Mann über den Niemen zurück. Enorm waren die Opfer der epidemischen Krankheiten in Diebitsch' Balkan-Armee. Gar beredt find die Zahlen aus dem Krimkriege. Es gab im Kampfe 11 000 Tote, 58 300 Verwundete, von denen 6200 ihren Wunden erlagen. Dagegen erkrankten 362 700 Mann, davon starben 69200 Mann. Während also im Kampfe ungefähr der vierzigste Mann fiel, erlag jeder sechste Mann einer Krankheit. Aber auch auf Seite der Russen war jeder neunte Mann an Krankheit gestorben. Im böhmischen Feldzuge, wo die Cholera wütete, fielen 59 Prozent aller Toten der preußischen Armee Krankheiten zum Opfer. Am Schluffe der Belagerung von Metz waren 40 000 Mann auf deutscher Seite in ärztlicher Behandlung. Die fünfzehn größten Schlachten des Jahr hunderts find: Leipzig, Königgrätz, Wagram, Gravelotte, Dresden, Solferino, Bautzen, Borodino, Sedan, Waterloo, Groß-Görschen, an der Lisaine, Mars-la-Tour, Ligny und Aspern. Berücksichtigt man die Zahl der Kämpfer, so muß Leipzig an erster Stelle genannt werden (472 000 Mann). Bei Leipzig standen sich numerisch ungleiche Gegner in dreitägigem Ringen gegenüber. Intensiver, großartiger und blutiger war die Schlacht bei Königsgrätz, sie wurde innerhalb acht Stunden durchgckämpft (von 430000 Mann). Nur diese zwei Schlachten haben serbischen Grenzbczirke zu beobachten. Amerika. * Die Regierung der Ver. Staaten hat ihren Berliner Botschafter angewiesen, bei der Berliner Regierung Schritte zu thun, um eine Zürücknahme des deutscherseits erlassenen Einfuhrverbots gegen lebendes Rindvieh und frisches Rindfleisch zu ver anlassen. Bekanntlich haben folgende Staaten gegen die handelspolitische Haltung der Ver. Staaten Einspruch erhoben: Oesterreich-Ungarn, Großbritannien, Italien, Belgien, Dänemark, die Türkei, China und Japan. Einige dieser Länder, darunter das Deutsche Reich, haben zugleich mit diesem Protest angekündigt, daß sie im Falle der Wirkungslosigkeit desselben Wiedervergeltungs- maßregeln treffen und hohe Zölle auf amerikani sches Schweinefleisch, Rindfleisch, Getreide und andere amerikanische Erzeugnisse legen würden. Angesichts dieser Sachlage ist das jetzige Ver langen der Ver. Staaten eine Anmaßung, die hoffentlich richtig beantwortet wird. *Die Konferenz zwischen den Delegierten der Ver. Staaten, Rußlands und Japans zur Beratung der Frage der Ro b b e n fi s ch ere i im Beringsmeer ist am 23. d. in Washington eröffnet worden. Nach der formellen Sitzung begleiteten die Delegierten den Staats sekretär Shermann nach dem Weißen Hause, wo sie dem Präsidenten Mc. Kinley vorgestcllt wurden. sei. Wenn man aus der jüngsten Erklärung des Kriegsministers im Finanzausschüsse heraus lesen dürfe, daß die bayrische Regierung für die volle Wahrung dieses Reservatrechtes eintrete, dann würde das ganze Volk hinter dem Minister stehen. Oesterreich-Ungarn. *Aus Wien wird eine neue Ueberraschung gemeldet: Der zur Partei Dipault gehörige Präsident des österreichiichen Abgeordneten hauses Kath re in hat seine Präsident schaft niedergelegt. Dieser Schritt und noch mehr seine Begründung find geeignet, in und außerhalb Oesterreichs die größte Sen sation zu erregen. Kathrein selbst gab zwar keine Gründe für seinen Schritt an, aber es ist kein Geheimnis, daß sein Mcktritl erfolgte, weil ihm zugemutet worden war, gegen die deutsche Opposition energischer vorzugehen. Er erklärte, nicht der Sturmbock gegen Deutsche sein zu wollen, er sei selbst ein Deutscher. Kathrein war der deutschen Opposition niemals unsympathisch gewesen und er hatte stets in konzilianter Weise präsidiert. In deutschen Kreisen wird nun der Verdacht ausgcdrückt, Kathreins Abgang bedeute den Beginn der Gewaltanwendung gegen die Opposition durch den polnischen Vizepräsidenten Abrahamowicz und den zweiten jungtschechischen Vizepräsidenten Kramarz." * Im ungarischen Abgeordnetenhause hielt am Montag der Ministerpräsident Baron Banffy eine Rede, in der er sich gegen eine eigensüchtige Ausnutzung der parlamentarischen Schwierigkeiten Oesterreichs durch Ungarn aus sprach und eine verfassungsmäßige Erledigung des Ausgleichs in beiden Reichshälften erhoffte. Gvauien. *Aus Havana wird gemeldet, die Partei der Intransigenten sei entschlossen, trotz der gegenteiligen Befehle zu Gunsten Wey lers Kundgebungen zu veranstalten, die Gegner der Autonomie suchten der Thätigkeit Blancos mittag nach Baden-Baden abgercist. Aus Darm stadt wird hierzu noch weiter gemeldet: Der Obcrsthofmarschall v. Westerweller hatte Diens tag vormittag eine längere Besprechung mit dem Grafen Murawiew und dem General v. Richter: Gras Murawiew wurde darauf vom Zaren empfangen. *Die Nichtveröffentlichung der Marinevorlage hatte bei einem Berliner Berichterstatter der Wiener ,N. Fr. Pr.' die Vermutung aufkommen lasten, daß in dieser Frao- zwischen den höheren Instanzen Meinungs verschiedenheiten bestehen. Demgegenüber ver sichern die ,Berl. N. Nachr.' „daß Meinungs verschiedenheiten an keiner irgendwie in Betracht kommenden amtlichen Stelle bestehen, und daß die beabsichtigt gewesene Veröffentlichung nur auf die in der betreffenden Sitzung des preußi schen S^Ksnnnistcrium im Interesse der Vor lage selbst geltend gemachten Anschauungen hin unterblieben ist." *Die Ablehnung von Neuaufnahmen junger Leute für den Postdienst wird fich, wie mehrere Zeitungen melden, auf mindestens dreijährige Frist erstrecken. Etwaige Vormerkungen für den späteren Ein tritt in die Postkarriere finden, entgegengesetzt dem im Publikutn weit verbreiteten Glauben, nicht statt. * Dr. H amm a ch er, der seit 1863 dem Abgeordnetenhaus, seit 1868 mit Ausnahme der Jahre 1873/75 auch dem Reichstage angehörte, hat seinen Wählern angczeigt, daß er wegen seines hohen Alters — er steht im 74. Lebens jahre — seine Mandate niederlege und fich aus dem politischen - Leben zurückziehe. Die nationalliberale Partei verliert in ihm einen ihrer hervorragendsten Vertreter. * In derbayrischen Abgeordnetenkammer Hauptmann Otto Berndt — .Die Zahl im Kriege' — schreibt ein feuilletonistischer suchs des Großherzogs von Badens Schwierigkeiten in den Weg zu legen. Die durch den Zaren herbeigeführt hat, find, wie militärische Lage sei die gleiche wie seit einem es heißt, bereits Schritte gethan worden: Prinz j halben Jahre, die Operationen stockten, Adolf von Schaumburg-Lippe ist Dienstag vor- 40 000 Soldaten seien erkrankt. Die Finanz ¬ begann am Montag die Beratung deZ Militär- genommen hat, den König Alexander in erster etats, bei welcher Gelegenheit die AMrrdneten Reihe dazu veranlaßt, seinen einstigen Leibarzt Dr. Schädler und Dr. Orterer die Frage der mit der Führung der Geschäfte zu betrauen. Militärstrafprozeßordnung zur Sprache brachten Die Ernennung des Dr. Giorgiewitsch betrachtet und lebhaft betonten, daß der oberste Ge- die hohe Pforte daher als eine Mahnung, mit ) noch wachsamerem Auge als bisher die alt- 400 000 Kämpser vereinigt, Gravelotte und Wagram nur 300 000, sechs andere Schlachten etwas mehr als 200 000 Mann; die anderen wurden von weniger Streitern ausgefochten. In den Schlachten der Zukunft wird die Ge samtstreiterzahl eine weit größere sein. Freilich ist die Schwierigkeit der Vereinigung ebenso ge wachsen. Von Mollwitz bis Plewna siegte in 40 Fällen der numerisch Stärkere, aber auch der numerisch Schwächere in 33 Fällen. Die größte Zahl der Reiter war in der Schlacht bei Leipzig anwesend — 78 000, dann kommt Boro dino, wo 70 000, dann Königgrätz, wo 51 000 Reiter zugegen waren. Wie hat fich die Zeit geändert! In den schlesischen Kriegen kam auf je zwei bis vier Infanteristen ein Reiter, im Kriege von 1870 auf 14 Fußsoldaten ein Rester. Die Infanterie ist heutzutage die Königin aller Waffen, sie schlägt und entscheidet die Schlachten. In allen folgenden Kriegen wird dieses Ver hältnis fich notwendig noch mehr zu Ungunsten der Reiterei verschieben. Auffallen muß die Thatsache, daß die durchschnittliche Dauer der Schlachten im Laufe der Zeiten gestiegen ist, obwohl man bei der Vernichtungswirkung der neuen Waffen das Gegenteil vermuten könnte. Bemerkenswert ist ferner die Thatsache, daß so wohl die Gesamtverluste, wie desgleichen die blutigen Verluste abgenommen haben und in den letzten großen Kriegen nur die Hälfte jener betragen, welche die Schlachten des sieben jährigen Krieges aufweisen. Die Schlachten find also im Laufe der Zeiten weniger mörderisch geworden. Auffallend ist, daß in den Kriegen der jüngsten Vergangenheit der Sieger relativ mindestens ebensoviel Leute durch die Waffen wirkung des Feindes verliert als der Besiegte. Kon Uah «ad Fern. Hamburg. Der Senat hatte den Fürsten Bismarck als den jetzt einzigen Ehrenbürger Hamburgs zur Teilnahme an der Feier der Einweihung des neuen Rathauses eingeladen. Darauf ist folgende an Herrn Bürgermeister Versmann gerichtete Antwort des Fürsten ein- gcgangen: „Friedrichsruh, 15. Oktober. Euerer Magnifizenz gefälliges Schreiben vom 13. d. habe ich zu erhalten die Ehre gehabt und mich herzlich gefreut über die mir damit von der Nachbarstadt erwiesene Auszeichnung. Leider aber ist mein Gesundheitszustand nicht günstig genug, um der bedeutenden Feier beiwohnen zu können. Ich bitte Euere Magnifizenz, für die mir durch die Einladung erzeigte Ehre meinen verbindlichsten Dank entgegennehmen und einem hohen Senate übermitteln zu wollen. In aus gezeichnetster Hochachtung bin ich Euerer Magni fizenz ganz ergebenster Diener v. Bismarck." Dresden. Ein eigentümlicher Zwischenfall, der fich auf dem hiesigen Hauptbahnhofe zuge tragen haben soll, wird gegenwärtig in den Kreisen der hiesigen Staatsbeamten viel be sprochen. Mit der Begründung, daß fie dienst lich überbürdet seien, weigerten fich mehrere Beamte des Zugpersonals, den Dienst anzu- treten. Die Weigerung wurde von ihnen zu Protokoll erklärt. Von anderer Seite wird hier zu gemeldet, die betreffenden Beamten hätten nur gebeten, vom Dienst entbunden zu werden. Die Untersuchung ist eingeleitet. Derartige Vor kommnisse wären bei der Art und Weise, wie die Eisenbahnunfälle in der Presfe vielfach be handelt wurden, nicht verwunderlich. — Der Verein für Arbeiterkolonien im Königreich Sachsen hat für 195 000 Mk. das Rittergut Lieske bei Kamenz angekauft und vor einigen Tagen für seine Zwecke in Benutzung genommen. Lieske ist die zweite Arbeiterkolonie in Sachsen. Die erste Kolonie, Schneckcngrün, besteht 12 Jahre und hat in dieser Zeit, neben den eigenen Erträgen, noch 143 397 Mk. Zu schuß erfordert. Seit ihrer Eröffnung haben in dieser Kolonie 3486 Arbeitslose Aufnahme gefunden. Gotha. Die Leiche Grillcnbergers ist hier am Sonntag verbrannt worden. Die sozial demokratische Reichstagsfraktion war durch die Abgeordneten Bebel, Liebknecht und Singer ver treten. Bei der Trauerfeier hielt Liebknecht eine Ansprache, in welcher er den nunmehr Dahin geschiedenen als Parteimann feierte. Aer Schnüed von Merborn. 17j Nouun^on E. v. Borgstedt. S tJorttetzung.) Schließlich gingen die Leute, um sich nach der Arbeit zu stärken, in den Krug und besprachen das Unglück. „Wundert's euch denn wirklich?" fragte der Schwanwirt, verkehrt auf dem Stuhl sitzend, mit der Mütze im Nacken. „Mich nicht, ich habe es lange geahnt." „'raus mit der Sprache, Wirt," rief jemand «ms der Menge, schenke uns klaren Wein ein!" „Ging's dem Hellmann etwa gut?" fragte Julius statt einer Antwort, und wortlos blickte man fich an. Also so meinte es der Wirt. Und das hämische Wort des reichen Mannes fiel in die Herzen und wuchs darin empor, und auf einmal kam es den Dorfbewohnern ganz natür lich und selbstverständlich vor, daß Friedel sein Heim angezündet habe, um zur Versicherungs summe zu kommen. „Na, ich will natürlich nichts gesagt haben," fuhr Julius fort, „das ist nur so meine bescheidene Meinung von der Sache. He, Frau, bringe uns Bier, die Leute find meine Gäste." Während man im Kruge lachte und trank, brachte Herr v. Laurin die Abgebrannten nach Ellerbörn zu Fräulein Ulrike, Bärbels Einwände lächelnd beschwichtigend. „Ich habe dem gnädigen Fräulein einen Boten geschickt und eine bejahende Antwort be kommen," sagte er, „folgen Sie mir also nur aetrost." .^Und wirklich, der alle Edelmenn hatte recht gehabt, gütig kam Fräulein Ulrike dem jungen Paar entgegen und reichte erst Hellmann und dann Bärbel die Hand, einige herzliche Worte an fie richtend. Als der Schmied mit seinem jungen Weibe endlich, endlich allein war, wich allmählich die furchtbare, krampfhafte Starrheit von seinen Zügen, und vor Barbara nieder stürzend, das Haupt in ihren Schoß verbergend, brach der riesenstarke Mann in ein herzzerreizendes Schluchzen aus. „Friedel," bat die junge Frau, auf's tiefste erschüttert, „fasse dich! Du kannst nicht wissen, wie es mich schmerzt, daß es gerade jetzt so kommen mnßte, wo ich bei dir bin. Beinahe sollte ich denken, ich hätte dir Unglück gebracht." Er richtete fich auf und nahm ihre Hände in die seinen. „Davon kann keine Red' sein, Bärbel," kam es leidenschaftlich von seinen Lippen; „mag denn alles dahinfahren, da ich dich noch habe! Nur das sage nie, nie mehr, versprich es mir." Bärbel verbarg ihr Antlitz an seiner Schulter, und er fuhr fort: „Gern aber müßt' ich, wer mir so weh ge than hat! Großväter und Urgroßväter haben schon in dem Hause gewohnt, und nun —" hier brach seine Stimme, aber er faßte sich gewalt sam und vollendete: „Denn angelegt ist das Feuer, daran kann kein Zweifel sein, es brannte an zu vielen Stellen zu gleicher Zeit, und jemand hat es aus Rache gethan." „Ach, Friedel, denke doch das nicht," flehte Bärbel, „so schändlich kann doch niemand sein, haben wir denn je einem 'was zu Leide gethan?" „Wenn ich es recht bedenke, kann es nur einer gewesen sein, Bärbel; aber ich schweig' schon, bis ich es nicht beweisen kann," entgegnete ber Schmied mit umwölkter Stirn. * * * Memand hatte es klar und deutlich ausge sprochen und doch raunte es fich das ganze Dorf zu, daß Friedel Hellmann sein Heimwesen angezündet habe; die Leute begannen ihm aus zuweichen und sprachen heimlich davon. Auch Herr v. Laurin hörte von der Sache und teilte es eines Tages, neben Ulrike und Susanna sitzend, den Damen mit. „Es ist einfach lächerlich," schalt der alte Herr erzürnt, „dem wackern Menschen so etwas anzuhängen. Die Sache mit dem durchschnittenen Spritzenschlauch ist allerdings sehr verdächtig; aber dann war es eben ein anderer." Mit der Kräuterlenz war seit dem Brande eine seltsame Wandlung vor fich gegangen. Sie ging nicht mehr von Haus zu Haus, wie sie sonst gethan hatte, sondern saß still daheim, vor sich starrend und brütend. Sie war im Dorf Ellerbörn bei Leuten untcrgebracht; denn wenn auch Fräulein Ulrike ihre Abneigung gegen Barbara besiegt hatte, die Alte mochte sie nicht sehen. Wenn Bärbel nach ihr zu sehen kam und so recht freundlich sagte: „Mutter Lenz, du bist krank, ich werde dir eine Tasse Thee kochen," dann öffnete die Alte den Mund und drückte krampfhaft die Hand der jungen Frau. Es schien, als wolle sie sprechen und bekennen, was ihr auf der Seele lag; dann aber fiel sic in ihre alte Starrleit zurück. I» den „Schwan", wohin fie sonst so gern gegangen war, setzte fie nicht mehr den Fuß, trotzdem die Wirtin fie dazu einlud; denn fie hätte gern mit ihr geplaudert. Ordentlich einen Bogen machte fie, wenn sie daran vorbei mußte; aber mehr Geld als sonst hatte sie auf einmal und sah ordentlich stattlich aus in ihren neuen Kleidern. Der Amerikaner, wie die Leute den Fremden aus dem Krug kurzweg nannten, ging eines Tages wieder hinauf nach der Ruine und ließ sich bei Fräulein Ulrike melden, die ihn höflich empfing. „Ich komme mit einem Anliegen zu Ihnen," begann er, „das Ihnen vielleicht seltsam er scheinen wird, gnädiges Fräulein! Aus fernen Ländern heimgckehrt, erscheint mir die Ruine Ellerbörn so begehrenswert, daß ich Sie bitten möchte, mir das Gut zu verkaufen." Fräulein Ulrike saß vor ihm mit einem leichten Lächeln auf dem feinen Gesicht und ent gegnete dann mit ernster Freundlichkeit: „Das Wohlgefallen, welches Sie an meinem Besitz finden, ist mir sehr schmeichelhaft, um so mehr bedauere ich, Ihnen kein Ja antworten zu können. Zu viel traurige und frohe Erinnerun gen find mit diesem Ort verknüpft, als daß ich mich jemals von ihm trennen könnte." „O, das thut mir leid," rief Mr. Brown be trübt; „es war mein sehnlichster Wunsch, dies herrliche Stückchen Erde zu erwerben." „Vielleicht gefällt Ihnen Berghaus nicht minder," meinte die Dame, „dessen Besitzer würde eher geneigt sein." , , „Und nun, gnädiges Fräulein, habe ich noch