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Allgemeiner Anzeiger : 02.10.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-10-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189710020
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- Saxonica
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1897
-
Monat
1897-10
- Tag 1897-10-02
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Monat
1897-10
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Jahr
1897
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 02.10.1897
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Gerichtshalle agt halte, dann vom ^eu auf» unsauberer Natur, io daß sie ihn heute auf die dc» Revolver nochmals geladeni Angklagebank brachten. Die Oberrheinische hat jeder, auch der einfachste Arbeiter, Anspruch auf Fahrentschädigung 3. Klasse, es sei nun ganz gleich, ob er dies Recht dadurch voll aus- ! nütze, daß er die dritte Klasse benutze, oder ob ! er auf irgend eine Weise billiger fahre und den! Mannheim. Gegen den 38 Jahre alten Bankier Leonhard Schnitzler von Billenhausen, Zur Zeit Verleger der .Deutschen Handclszeitung Merkur' in München, verhandelte die Straf kammer am 23. d. wegen Erpressungsversuchs. Der 41 Jahre alte, von Amberg gebürtigte Buchhalter Eugen Beck war wegen Beihilfe hierzu angeklagt. In der Verhandlung wurde ein echt raubritterliches Geschäftsgebaren der Angeklagten enthüllt. Schnitzler übernahm im Jahre 1894 die »Deutsche Handelszeitung Bierkur'. Wie er nunmehr in der Verhandlung selbst zugibt, hat der Merkur' gegenwärtig nur 2—300 zahlende Abonnenten. Dagegen wird er an viele Banken, hervorragende Geschäfte u. s. w. kostenlos versandt. Schnitzler mußte infolgedessen sein Hauptaugenmerk auf die Gewinnung zahlreicher Anzeigen richten. Die Machenschaften, deren er sich mit seinem Buchhalter Beck bediente, um Annoncen zu erlangen, waren nun teilweise sehr Lützen. Der Rentier Martzsch in dem nahen Treben, aus dessen Mitteln das neue Wärter haus am Gustav - Adolf - Denkmal im vorigen Jahre erbaut wurde, ist gestorben und hat die Stadt Lützen zur Universalerbin seines etwa 200 000 Mk. betragenden Vermögens eingesetzt. Nach Auszahlung kleinerer Legate und Renten werden noch etwa 150 000 Mk. verbleiben, von welcher Summe zwei Drittel zur Anlegung eines Parkes für die Stadt Lützen und ein Drittel zur Unterstützung würdiger Kunsthand werker in Lützen und Treben verwendet wer den soll. Salzwedel. In die gefährliche Lage, ent hauptet zu werden, geriet die Frau eines Gast wirtes in Jeetze vor einigen Tagen. Die Frau näherte sich zwei Männern, die auf dem Hofe mit Holzhacken befchäftlgt waren. In dem Augenblicke, als einer der beiden Männer sein Beil zum Schlage m die Höhe gehoben hatte, stolperte die Frau und siel gerade auf den Holz- block zu, als das Beil medersauste. Zum Glück traf das Beil nur den Haarzopf, so daß die Frau unbedeutend verletzt wurde. Posen. Der Unteroffizier Steiner vom Infanterie - Regiment Nr. 46 wurde im Wall graben des Fort Wimary mit zerschmettertem Schädel aufgefunden. Derselbe soll in einem hiesigen Restaurant Streit gehabt haben und von dem Betreffenden auf dem Heimwege ver folgt und von diesem m den Graben hinuntcr- gcstoßcn worden sein. Mewe. Die alte deutsche Ordensstadt Mewe beging am Sonntag und Montag ihr 600jähriges Stadtjubiläum. Mewe, im Kreise Marienwerder, war einst eine wichtige und starke Feste des deutschen Ritterordens. Die Burg von Mewe soll um das Jahr 1200 er baut worden sein. 1283 wurde Mewe Sitz eines Konturs des deutschen Ritterordens, und am 25. September 1297 erhielt Mewe Stadt- rechte von dem umPreußcn hochverdienten Land- mcifter Meinhardt v. Querfurt, demselben Manne, der die Wcichseldämme schuf. Zu Anfang des 14. Jahrhunderts wurde die Stadt mit Mauern, Bastionen und Dämmen umgeben, so daß sie als eine der Festen im Ordenslandc galt. Seit Eröffnung der preußischen Ostbahn <1852) ist ein fortwährender Rückgang des Handels und Wandels in der Wcichselstadt Mewe, die ehemals ein bedeutender Stapel- und Handelsplatz an der Weichsel war, zu be klagen, der Sinn für Unternehmungen erschlafft, und wie „vergessen" kommen sich schließlich die Bewohner der Stadt Mewe vor. Das Siadt- jubiläum ist im wesentlichen ein Fest dn Er innerung an die Blütezeit des deutschen Ritter ordens, die zugleich auch die goldene L>ett Mewes war. Memel. Der Bau eines Lepraheims ist jetzt, nachdem die Verhandlungen zwischen der Stadt und dem Finanzminister abgeschlossen sind, gesichert. Der Bau soll nächstes Fmhiahr begonnen werden. . , Paris. Der Polizcikommissar des Stadt viertels du Mail fand am Montag früh einen Brief, worin ein gewisser Devrat, seines Zeichens Sprachlehrer, mitteilte, er werde m diesem Viertel seinem Leben ein Ende wachen. That- sächlich kam fast gleichzeitig, als der Kommissar seine Leute angewiesen hatte, aufzupassen, die Meldung aus einem kleinen Gasthof, daß ein während der vergangenen Nacht dort angekom mener Mann Selbstmord versucht habe. Es fand sich, daß Devrat sich zuerst sechs Schüsse in den Kopf gejagt hatte, dann vom Bett auf gestanden war, d... Nwolv- und die sechs weiteren Schüsse in die Brust ab gefeuert hatte; als der Tod dann noch nicht cintrat, lud Devrat abermals und schoß noch sechsmal in die Herzgegend. Er lebte noch und wurde nach dem Krankcnhause gebracht. Ueber einstimmend mit seinem Briefe sagte er dem Kommissar, er wolle über die Ursachen seines Entschlusses nichts sagen, auch leide er zu viel,! um zu svrcchen. gegeben wurde. Höhere Bahnhofsbeamtc wurden zur Prüfung der Sachlage ausgesendet und stellten fest, daß cs in einer Bude, 900 Meter von dem Bahnhofe entfernt, nicht mit richtigen Dingen zugehen könne. Der dortige Weichen steller, der erst seit zwei Stunden seinen Dienst angetreten hatte, hatte 111 Hebel der Weichen in Bewegung zu setzen. Die Beamten drangen in die Bude des Weichenstellers ein und fanden ihn in einem sehr erregten Zustande. Wild gestikulierend hob und senkte er die Hebel — er war plötzlich irrsinnig geworden. Man schaffte ihn eiligst nach dem Bahnhofe zur ärzt lichen Behandlung. Nach und nach wurden die Züge in den Bahnhof eingelassen und die Ver kehrsstörung, durch die zahlreiche Anschlüsse ver säumt worden waren, wurde beseitigt. Stockholm. .Stockholms Dagblad' wird aus Philadelphia telegraphiert: Das Barkschiff „Salmia" traf hier aus Jvigtut in Grönland mit Kyrolit beladen ein und machte die Mit teilung, daß die Eingeborenen in Jvigtut er zählen, drei Wochen nach dem Aufsteigcn Andrees sei daselbst ein Ballon in Höhe von 1000 Fuß gesehen und kurze Zeit beobachtet worden. Der Ballon verschwand in nordöstlicher Richtung. Der Hafenplatz Jvigtut liegt an der Südwest- küstc Grönlands. Odessa. Vom Tobolsker Gouvernements- gericht wurde vor fünf Jahren der Bauer Terpugow aus Wersjusesk wegen Totschlags zu 17 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Jetzt stellte sich seine Unschuld heraus und wurde er mit Weib und fünf Kindern, die ihm in die Ge fangenschaft gefolgt waren, in seine Heimat ent lassen. Belgrad. Am Donnerstag wurde einer der schwierigsten Abschnitte der Regulierungs- arbeiten am Eisernen Thore dem Verkehr über- geben. Es ist dies der Kanal, welcher durch die Felsenbank Greben gesprengt wurde. Der Kanal ist 1200 Meter lang, 60 Meter breit und sichert den Schiffen einen Minimalwasser stand von zwei Meter. Die Herstellung des Kanals erforderte die Aussprengung von 13 329 Kubikmeter festen Gesteins und kostete mehr als 800 000 Gulden. Nachdem Sektionsrat Gonda vom Handelsministerium die Arbeiten überprüft und die vollständige Brauchbarkeit der neuen Wasserstraße festgestellt hatte, wurde dieselbe mit Bogen bezeichnet und provisorisch dem Ver kehr übergeben. Müncht'... Generalanzeiger' einen Prospekt über eine Kapitalerhöhung veröffentlichte, schrieb die Firma Schnitzler u. Komp, an die Oberrheinische Bank einen groben Brief, in welchem sich ein Satz vorfindet, der so schließt: „Wir werden uns die eventuelle Nichtbeantwortung unseres Heutigen als den Ausdruck der Geringschätzung unseres Blattes zu deuten haben, welcher Stellungnahme der tit. Direktion uns gegenüber wir fernerhin leider Rechnung tragen müssen." Die Anklage erblickt hierin einen Erpressungs versuch. Der Brief ist von dem Mitangeklagten Beck abgefaßt und geschrieben worden, während ihn Schnitzler unterzeichnet hat. In der Be weisaufnahme werden außer dem obigen Fall noch verschiedene Vorgänge ähnlicher Art durch geladene Zeugen beleuchtet. Bezeichnend für daS Verhallen des Angeklagten Schnitzler ist vor allen Dingen sein Vorgehen gegen die Aktiengesellschaft für chemische Industrie in Mannheim. Der als Zeuge vernommene Direktor Joseph Böhm sagte aus, daß im Früh jahr 1895 die Direktion seiner Gesellschaft von der Firma L. Schnitzler u. Komp, die Aufforderung erhalten habe, die Handclszeitung Merkur' als Jnsertionsorgan zu benutzen. Die Direktion lehnte dies jedoch ab, worauf im Merkur' ein gehässiger Artikel erschien, der die Geschäfts- Verhältnisse der Aktiengesellschaft für chemische Industrie in höchst abfälliger Weise besprach und sogar die Verwaltungsräte persönlich an griff. Die betreffende Nummer des Merkur' wurde in zahlreichen Exemplaren an die Auf- fichtsratsmitglieder sowie an hiesige Bankinstitute gesandt. Es wurde infolgedessen in den beteiligten Kreisen die Frage eines strafrechtlichen Vorgehens gegen die Zeitung Merkur' erwogen. Jedoch unter ließ man es schließlich. Im Frühjahr des nächsten Jahres wurde die Aktiengesellschaft für chemische Industrie abermals von dem Verlag von Schnitzler aufgefordert, in dem .Merkur' zu inserieren. Die Direktion gab daraufhin dem .Merkur' ein kleines Inserat zum Preise von 15 Mk. Ihre Vermutung, daß jetzt eine günstige Besprechung des Etablissements eintreten werde, traf wirklich ein, denn kaum war der Jnsertions- auftrag erfolgt, so erschien im Merkur' eine Notiz, in welchem die Aktiengesellschaft für chemische Industrie mit Lob überschüttet wurde. In dem Artikel kam sogar die Bemerkung vor, daß die Aktionäre ihr Geld wohl schwerlich besser anlegen könnten, als gerade in weiteren Aktien der in Aussicht genommenen Erhöhung des Aktienkapitals. Eine Menge weiterer Zeugen bekundete ähnliche Erfahrungen mit Schnitzler. Schnitzler ist in gleicher Weise gegen Bank institute in Berlin und Dresden vorgegangen, jedoch wnrden diese Fälle nicht in den Bereich der heutigen Beweisaufnahme gezogen. Durch die Untersuchung wurde weiter festgestellt, daß der Merkur' einen großen Teil der in Frage kommenden Artikel von einem internationalen Korrespondenzbüreau in Berlin fertig bezogen hat. Das Urteil lautet für Schnitzler auf 2, für Beck auf 1 Monat Gefängnis. Magdeburg. Im Januar 1896 war der Altsitzer S. aus Domersleben nebst dessen Schwiegertochter und zwei anderen Landleuten nach Magdeburg als Zeugen geladen. Sie gingen von ihrem Wohnsitz zu Fuß nach Wellen und benutzten von dort aus die Eisenbahn in 4. Klasse; trotzdem ließen sie sich das Fahrgeld für die dritte Wagenklasse, sowie für Benutzung des Omnibus zwischen Domersleben und Wellen zahlen. Alle vier wurden angeklagt, sich des Bettugs dadurch schuldig gemacht zu haben, daß sie sich jeder 70Pfg. mehr hatten zahlen lassen, als sie verauslagt hatten. Nach Aussage des betreffenden Beamten wird einem Zeugen, der z. B. von Berlin hierher zu Fuß kommt, das Fahrgeld für die seinem Stande entsprechende Fahrklasse gezahlt, dem Equipagenbefitzer Ent schädigung für sein eigenes Fuhrwerk gegeben und zwar soviel, wie er für fremdes hätte zahlen müssen. Nach Ansicht des Amtsanwatts Bank in Mannheim wurde wiederholt von der Firma Schnitzler in zudringlicher Weise um die Verabfolgung von Inseraten ersucht. Die .Deutsche Handclszeitung Merkur' wurde in einem dieser Briefe als Jnsertionsorgan fitt das Kapitalistenpublikum bezeichnet, das notorisch einen Leserkreis besitze, wie ihn an Größe kaum ein zweites deutsches Fachblatt aufzuweisen — s» ! habe. Die oberrheinische Bank ging jedoch auf Brüssel. Auf dem hiesigen Südbahnhof! das Anerbieten nicht ein und schrieb der Firma liefen dieser Tage dreizehn erwartete Eisenbahn- Schnitzler, daß sie Veröffentlichungen auf züge nicht zur festgesetzten Zeit in die Bahn- i die Zeitungen ihres Geschäftskreises in Baden, Hofshalle ein. Anderseits konnten mehrere Pfalz und Elfaß beschränke. Als nun im ... > ^isenbahnzüge den Bahnhof nicht verlassen, da April dieses wahres die Oberrheinische Bank in Rest der Entschädigung anders verwende. Wenn ! ""äs Zeichen, daß die Geleise frei seien, nicht' einem Wiener Handelsblatt sowie in dem schon dem gewöhnlich reichen Equipagenbefitzer Entschädigung für Benutzung des eigenen Fuhr- Werks gezahlt würde, müsse sie auch dem kleinen Manne für Benutzung der eigenen Gehwerkzeuge gewährt werden, oder beide müßten sich mit Kilometergeldern begnügen. Es wurde daher Freisprechung beantragt und auch demgemäß entschieden. Freiburg (Schweiz.) Zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe verurteilt wurde am Montag nach achttägiger Schwurgcrichtsverhandlung der ehemalige Postbeamte Heinrich Huber, der ange klagt war, in der Nacht vom 31. März zum 1. April in dem Nachtzuge der Eisenbahn Genf—Bern den Postkondukteur Angst ermordet zu haben. Da die Geschworenen dem Ange klagten mildernde Umstände zugebilligt hatten, wurde die Todesstrafe, die im Freiburger Strafrecht noch besteht, ausgeschlossen. Kirnte» Allerlei. Angesichts der Rekruteneinstellung weisen wir darauf hin, daß die Einzustellenden ihre Bezirkskommandos auf ein etwa gegen sie schwebendes Gerichtsverfahren aufmerksam zu machen haben. Sie werden dann nicht eher eingestellt, als bis daS Verfahren oder event. auch die Strafvollstreckung gegen sie erledigt ist. Unterlassen die Betreffenden diese Anzeige bei der Militärbehörde, so werden sie ohne Rücksicht auf die bereits abgediente Zett bei Eintritt des Gerichtsverfahrens oder der Strafvollstreckung bis nach deren Erledigung entlassen und wird ihnen bei der dann erfolgenden Wiedereinstellung die abgediente Zett nicht in Anrechnung gebracht. Eine Mahnung, der Haftpflicht-Versicherung beizutreten, enthält folgender Fall : Ein Kölner Fuhrmann, durch dessen Fuhrwerk ein junger Mann überfahren und schwer verletzt worden ist, wurde auf Grund rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Köln, bezw. des königl. Ober landesgerichts Köln verurteilt, dem Verletzten bezw. während dessen Minderjährigkeit dessen Vater eine monatliche Rente von 42 Mark vom vollendeten 17. bis zum 25. Lebensjahre, und von da an eine solche von 60,59 Mk. bis zum vollendeten 70. Lebensjahre zu zahlen. Dieser schwere Haftpflichtfall ist ein neuer Beweis für den großen Nutzen der Haftpflicht-Versicherung, und es sollte insbesondere kein Fuhrwerksbefitzer versäumen, von dieser Versicherung Gebrauch zu machen. Bezüglich der diesjährigen Honigernte wird aus Jmkerkreisen mitgeteilt, daß dieselbe knapp mittelmäßig zu nennen ist. Recht starke Völker, die nicht geschwärmt haben, werden hin und wieder wohl 15 bis 20 Pfund Honig ab werfen; alle anderen dagegen, namentlich Schwärme, die in diesem Jahre verhältnismäßig recht spät gefallen find, haben kaum ihren Winterbedarf 18 bis 20 Pfd. eingetragen. Auch die diesjährige Herbsttracht war nicht gerade brillant, und steht dieselbe in bezug auf Honig- ertrag anderen Jahren bedeutend nach. Notleidende Schwalben. Durch das Regenwetter find die noch hier weilenden Schwalben in große Not versetzt worden. Die Fluginsekten, auf welche die nützlichen Vögel angewiesen sind, find namentlich auch infolge der niederen Temperatur selten geworden, sodaß es den Schwalben an geeigneter Nahrung fehlt. Dieselben sind daher so matt, daß sie leicht ge hascht werden können. Ein großer Teil dürste den ungünstigen Witterungsverbältnissen zum Opfer fallen. Folgendes Postkuriosum wurde in der letzten Sitzung der Handelskammer in Frank furt a. O. vorgetragen: Aus Eichhornmühle wurde Klage darüber geführt, daß zwischen den Dörfern Zäckerick und Alt-Litzegörickc, die knapp drei Kilometer von einander entfernt liegen, keine direkte Postverbindung besteht; werde in Zäckerick ein Poststück, Karte, Brief, Paket, zur Beförderung nach Alt-Lietzegöricke aufgegeben, so habe es folgenden Weg zu machen: per Briefboten nach Bahnhof Zäckerick-Altrüdnitz (3 Kilometer), per Bahn von da nach Jädicken- dorf (20 Kilometer), per Bahn von da nach Bärwalde (14 Kilometer), per Fahrpost von da nach Güstebiese (13 Kilometer), Per Fahrpost von da nach Alt-Lietzegöricke (4 Kilometer), zu sammen 54 Klometer. gewöhnlichen, matten Ton. „Laß mich zu Hause, Gundula!" Die Schwester aber zog sie vorwärts, und die Kranke folgte willenlos. Jauchzend brachten die Kinder Moose und Blumen herbei und liefen um die Wette; wenn anch schweigend, beobachtete Susanna sie den noch, was Gundula mit heimlicher Freude ge wahrte, war es doch ein Bekunden regeren Interesses. Frau Schleußner empfing sic mit aufrichtiger Freude; aber ihr hübsches Gesicht sah recht bleich und ernst aus, so daß Gundula sie teilnehmend darum fragte. „Es ist meines Mannes wegen," gestand die junge Frau leise, „er hat sich nun einmal die Geschichte mit dem Herrn eingebildet und AH dieselbe nicht ausreden lassen." -Aber wie kann man so verstockt sein," Mädchen, „Sie find doch ganz un- schuldtg. Hemz — Herr von Laurin," verbesserte sie tief errötend, „muß ihm einmal ins Gewissen reden. »Sagen Sie ruhig Heinz, gnädiges Fräu lein, sagte Frau Schleußner lächelnd, „ich weiß ja doch, wie es mit Ihnen und dem Herrn Ritt meister steht. Weshalb sollen sich zwei, die so gut zusammen passen wie Herr von Laurin und Sic, sich auch nicht gutseindürfen!" Bei diesen Worten wandte fich die Försterin lächelnd zur Seite und trat ms Haus; denn dort im Schatten der Eiche neben der Laube lehnte er um den ihre junge Besucherin gekommen war' und streckte dem Mädchen die Hand hin. Einen Augenblick nur zögerte das glückselige Kind, emen Seitenblick auf Susanna werfend, die mit niedergeschlagenen Augen dasaß, dann eilte es vorwärts. „Heinz!" Er zog fix an fich und neigte fich über sie. „Mein Liebling, meine Gundula! Jetzt ist der Tag erst schön! „Das finde ich auch! Ich hatte Sehnsucht nach dir, es war so traurig heute in Ellerborn, Tante Ulrike bleibt in ihrem Zimmer," fuhr Gundula fort, „da zog es mich zu dir, Heinz!" „Und die stille, blasse Frau dort ist deine Schwester, Susanna?" „Ja, seit einiger Zett aber ist fic etwas Wohler. Sieh nur, sie schaut zu uns herüber." „Dann komm, meine Geliebte, laß uns sehen, ob Menschenwonne und Glück auch an ihr armes Herz zu rühren vermögen!" Damit zog Heinz Gundula sanft vorwärts. Eine Wolke flog über des Mädchens Stirn, sie zauderte. „Mir ist, als ginge unser süßes Glück ver loren," sagte sie weich, „wenn es den Schatten des Waldes verläßt und ans Licht tritt." Er lachte hell und übermütig. „Kreme Schwarzseherin! Woher stammen diese trüben Gedanken? Nur Mut, ich bin bei dir! Nicht im Walde können wir bleiben, ich muß mein Lieb ja hineinführen in das volle, wogende Leben da draußen, das einer Soldatenfrau zu kommt. Komm Gundula!" Er umfaßte ihre kleine Hand mit sanftem Druck, und fic folgte ohne Zögern. Frau Bornows blaue Augen hingen noch immer unverwandt an den beiden jungen Men schen, ihre Wangen hatten fich mit leiser Nöte , gefärbt, in ihrer Seele schien etwas Seltsames vorzngehen. Wie strahlend sah Gundula aus, wie ernst und freundlich der hohe Mann ihr zur Seite! „Gnädige Frau," sagte jetzt seine volle, tiefe Stimme, „ich bitte um gütigen Empfang. Gundula hat mir erlaubt, sie mit dem süßesten Namen zu nennen, sie ist meine Braut!" „O Sufi, liebe, liebe Schwester!" Gundulas heiße Wange schmiegte fich an das blonde Haar Frau Bornows. „Ich habe Heinz so unsäg lich lieb, sei freundlich gegen ihn, gib ihm die Hand!" Susanna streckte in der That ihre Hand aus, und Herr v. Laurin zog sie an seine Lippen, dann sagte sie in ihrer müden Art: „Ich entsinne mich einer Stunde, aber sie ist lange her, da hielt auch mich ein Mann im Arm, und jetzt — wo ist er jetzt? Er nahm meinen Frieden mit! Thun Sie das nicht," fuhr die junge Frau lauter fort, „es schmerzt!" Diese einfachen Worte der Leidenden machten einen überwältigenden Eindruck auf den gemüt vollen Heinz, tiefes Erbarmen ergriff ihn. Er wollte Susanna zu beruhigen suchen; aber plötz lich war dieselbe in ihre Apathie zurückgesunken und nahm keinen Anteil mehr an ihrer Umgebung. Heinz und Gundula aber flüsterten, Hand in Hand, zusammen. Er sprach ihr von seinen Plänen für die Zukunft, seinen Wünschen. „Deinen grünen, rauschenden Wald freilich mußt du aufgeben, Liebling, und dafür ein kleines, häßliches Nest von Landstadt eintauschen," sagte er, die Locken aus ihrer Stirn streichend; „wirft dn das auch eines Tages bereuen?" „Heinz, wie kannst du so etwas sprechen! Ohne dich erschiene mir der Wald öde und unschön. Sage du mir lieber, ob es dir nicht einst leid wird, mich unbedeutendes Mädchen geheiratet zu haben!" „ Gundula!" Mehr antwortete Laurin nicht; aber alles, was sein Mund unausgesprochen ließ, sprach aus seinen leuchtenden Augen, und das Mädchen lehnte vertrauend und beglückt das Haupt an seine Schulter; aber ihre Blicke streiften Susannas stilles Gesicht. Erst jetzt verstand fic voll und ganz, was diese litt. Mußte es nicht unsäglich schwer sein, Heißgeliebtes zu verlieren? Und Susanna hatte Hugo ge liebt, liebte ihn noch, trotzdem er ihr so web gethan hatte. „Morgen," fuhr Heinz fort, „gehe ich zu Tante Ulrike und bitte um deine Hand: ich will nicht länger nur im Verborgenen glücklich sein, nein, alle Welt soll wissen, was ich in diesen Bergen fand." „Davor bangt mir fast, die Tante war so unfreundlich zu dir, und das hat mich geschmerzt." In diesem Augenblick kam der Förster herbei. Er sah bleich und düster aus und ging nach höflichem Gruß still inS Haus. Nachdem die Damen in die Ruine zurückge kehrt waren, ging Herr von Laurin in die Försterei und trat zu Schleußner ins Zimmer, der bei seinem Eintreten erschreckt auffuhr. „Ich habe mit Ihnen zu sprechen," begann der Edelmann ernst, sich einen Stuhl 'erbei ziehend ; „ich glaube, es ist die höchste Zeit dazu. Sie haben irgendetwas aut dem Herzen, Schleußner; heraus damit, was ist es?" Sv» (Fortjesmiz sotzl.»
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