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Allgemeiner Anzeiger : 08.09.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-09-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189709085
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- Saxonica
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- Strukturtyp
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1897
-
Monat
1897-09
- Tag 1897-09-08
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Monat
1897-09
-
Jahr
1897
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 08.09.1897
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Prinz-Regent L folgenden Trinkspruch aus: „Ich danke S. Rik dem deutschen Kaiser und König von Preußen, meinem hochwillkommenen Gaste und mächtigen Manövertage am Main. Aus Würzburg wird der Köln. Ztg.' unterm 31. v. geschrieben: Städte im loyalen Fest» schmuck von vielfarbigen Flaggen, von Laub gewinden, Belenchtnngslämpchen und Ehren pforten gleichen sich weit mehr als im gewöhn lichen Zustande. Würzburg macht von dieser Regel keine Ausnahme. Aber der landschaft liche Reiz der lieblichen Mainstadt wirkt auch dann, wenn menschenwogendc Straßen jeden Augenblick zur Aufmerksamkeit und zur Fürsorge für das eigene Ich mahnen. Die reizenden Gartenanlagcn, die kunstsinnige Fürstbischöfe hinter ihrer glänzenden Nachbildung des Ver sailler Schlosses anzulcgen verstanden haben, und zu denen sich die Fenster aus den Wohnun gen der heute und morgen eintreffenden Fürst lichkeiten öffnen, bieten jedesmal, wenn man sich dem Lärm und Gewoge der Feststraßen und des Bahnhofes entzogen hat, eine willkommene Erquickung. Obwohl da alle Paradetruppen seit einigen Tagen im nähern und weitern Um kreis des 13 Kilometer von Würzburg entfernten, von einer Biegung des Mains halbinselförmig umschlossenen Plateaus von Biebelried einquar tiert find, von Truppenverschicbungen nicht mehr die Rede sein kann, herrscht dennoch auf den nach Würzburg führenden Eisenbahnlinien, namentlich auf der München-Würzburger Strecke, ein fieberhaftes Treiben und Gedränge. Hohe Beamte und Offiziere mit ihren Dienern und Pferden bilden neben schaulustigem Publikum die Insassen der vollgepfropften Züge. In der Stadt Würzburg selbst aber rollen beständig, als ob es einen großen Fürstenkongreß gölte, Hofkutschen durch die Straßen und lassen elegante Ülanenosfizierc in ihren olivengrünen Uniformen feurige Pferde unter sich tänzeln. Nicht minder lebhaft sieht es in den Biebelried umgebenden Dörfern aus, die Ihr Berichterstatter heute auf dem Zweirad durchfuhr. Während Würzburg im wesentlichen von Einquartierung frei ge blieben ist, wimmelt es in den südostwärts ge legenen Ortschaften von Truppen aller Waffen gattungen, deren Offiziere erwartungsvoll dem friedlichen Kriegsspiel mit den norddeutschen Bundesbrüdcrn entgegensehen. Besonders viel macht der dem Führer der Westarmee, General v. Haeseler, vorausgehende Ruf äußerster Schneidigkeit von sich reden. Viel besprochen wird auch der gute Einfluß der Einführung einer gemeinsamen Kokarde, deren Wirkung größer fein soll, als man in nichtmilitärischen Kreisen sich träumen läßt. Jene Zeitungen, auf welche das Wort „Preuße" die bekannte Wir kung des roten Tuches ausübt, haben aus der Thatsache, daß sich die Manöver in einem Ge lände, wo 1866 zwischen Preußen und Bayern gekämpft worden ist, ja sogar in jenen winzigen Landzipfelchen, die 1866 von Bayern losge trennt worden find, abspielen würden, Polifisches Kapital herauszuschlagen versucht. Wie aber neuerdings verlautet, wird das rund 50 000 Mann zählende bayrische Manöverheer, obwohl es westwärts vom Spessart und Rhöngebirge die erste Aufstellung nimmt, weiterhin über die eigenen Landesgrenzen hinaus bis in die Gegend von Hanau und Friedberg vorrücken. Für den Regenten selbst, dessen Kräfte in anbctracht seines Alters nicht allzu sehr in Anspruch ge nommen werden dürfen, schließt das Programm mehrfache Ruhetage in sich. Der bayrische Höchst kommandierende aber, der mit einer Tochter des Kaisers von Oesterreich vermählte zweite Sohn des Regenten, besitzt bei größerer Jugend (acht undvierzig Jahr) jene zähe widerstandsfähige Natur, die seinen Vater selbst im hohen Alter noch immer zu Hochgebirgsjagden befähigt. Für den Regenten, der aber einem Teile der Manö ver im Wagen folgen wird, find aus dem Münchener Marstall seine altgewohnten 15 bis 18 Jahre zählenden Reitpferde hierher gebracht worden, auf denen der hohe Herr, wenn er in München wellt, seine täglichen Morgenritte durch den englischen Garten zu machen pflegt. Es ist einigermaßen aufgefallen, daß bei Würzburg ein ziemlich entlegener, bei Nürnberg dagegen ein der großen Stadt viel näher gelegener Paradeplatz ausgewählt worden ist. Findige Leute wollen sich die letztere Thatsache aus einer Rücksicht auf die stark von Sozialdemokraten durchsetzte Bevölkerung Nürnbergs erklären, der man vielleicht ein ebenso schönes und eindrucks volles Bild militärischer Machtentfaltung habe darbieten wollen. Der dringende Wunsch aller, denen an einem glänzenden Verlaufe der Paraden gelegen ist, richtet sich jetzt auf heiteres und trockenes Wetter, für das die mehrfache kurze Regenschauer einschließende Witterung der letzten Tage nicht gerade zu sprechen scheint. Wenn auch die trefflichen Straßen Frankens gegenüber den erbärmlichen Wegen Oberbayerns als Wohl- that empfunden werden und, ohne allzu sehr aufzuweichen, selbst starken Regengüssen trotzen, so ist' doch der zähe, klebrige Ackerboden des Plateaus von Biebelried um so empfindlicher selbst für geringe Nässegrade, die wenigstens der Artillerie beim Vorübermarsch einige Schwie rigkeiten bereiten könnten. Bachem das Schlußwort sprach. Zum 'Endigen Kommissar des deutschen Katholikentages wurde Fürst Löwenstein wiedergewählt. Oesterreich-Ungar«. *Der Zustand des leidenden österreichischen Thronfolgers, des Erzherzogs Franz Ferdinand, hat sich so gebessert, daß der junge Fürst, der zur Zeit auf dem Schlosse Eckartsau weilt, zum Winter in die Wiener Hofburg überzusiedeln gedenkt und zum Früh jahr wieder seinen militärischen Dienst Politische Rundschau. Teutschlauv. * Tas italienische Königspaar ist am Freitag nachmittag in Homburg einge- troffcn, auf dem Bahnhofe vom Kaiserpaar herzlich und festlich begrüßt und zum Schlosse geleitet worden. — Auf Einladung des Kaisers wird der Prinz-Regent von Bayern dem Kaiserpaarc in Homburg einen Besuch ab statten, vermutlich auch den Festlichkeiten in Wiesbaden beiwohnen. bedeutet das Ende des Aufstandes in Betschuanaland. — Galishwe ist ein Betschuana-Häuptling, der sich vor etwa drei Monaten gegen die Regierung der Kap-Kolonie erhob. Mehrere Weiße, die sich in seinem Kraal befanden, wurden ermordet. Es wurde infolge dessen ein Streifzug gegen ihn ausgesandt. Seine „Kopje" (Felsblock-Auftürmung) wurde gestürmt. Galishwe aber entkam nach dem Norden. Es hieß, er sei nach Transvaal ge flohen. *Ein besonderer Ruhm ist es für Europa nicht, daß das 19. Jahrhundert zu Ende geht, ohne die vollständige und gründliche Beseitigung der letzten Spuren jener Raubzustände zu sehen, deren Sitz die nord afrikanische Küste einst in ihrer ganzen Ausdehnung ge wesen ist, und die sich nur noch im Gebiete des marokkanischen Riffs behauptet haben, hier aber hartnäckig und unausrottbar. Neuer dings haben die Mauren an der Küste von Alhucemas — einem der spanischen „Presidios" — das portugiesische Fahrzeug „Rosita" ange griffen und einen Mann der Besatzung gefangen genommen. Von Uah und Fern. Elberfeld. Die Vermählung des Eisen bahnministers Thielen mit Frau Selma Wichel haus, geb. Frowein, hat hier am Donnerstag stattgefunden. Apolda. Nach dem .Apoldaer Tageblatt' soll im Manövergelände eine Anzahl von Sol daten und Hautboisten vom 94. Regiment durch den Einbruch einer Brücke, über welche die Truppe marschierte, ertrunken oder von stürzenden Balken erschlagen worden sein; darunter Kapell meister Drehmann. Frankfurt. Münzfunde von großem Wert find im Mainbette gemacht worden. Bei staat lich vorgenommenen Baggerungen an der noch von Karl dem Großen stammenden Mainbrücke wurden etwa 300 alte Goldmünzen aus der Zeit Ludwigs XI V. und X VIII., ferner Konföderations- Goldthaler und alte preußische Goldstücke zu Tage gefördert, die offenbar von einem französischen Kriegsschatze herrühren. Danzig. Seebad „Westerplatte" soll ein gehen, so lautet eine auffallende Nachricht, die aber auf Thatsachen beruht. Es verlautet hierzu in höheren militärischen Kreisen, daß der Fiskus beabsichtigt, die Westerplatte nach allen Seiten hin mit Befestigungen zu umgeben. Der Strand der Westerplatte ist bekanntlich schon jetzt mit mehreren zum Schutz der Danziger Reede dienenden Strandbattcrien, welche die schwersten Geschütze führen, besetzt. Bebra. <Nn schrecklicher Unglücksfall wird aus Altmaschen, einer Station an der Strecke Kassel-Bebra, berichtet. Zwei elfjährige Kinder (Zwillinge) einer dortigen Familie, die in Heine- bach zu Besuch gewesen waren, kehrten abends mit der Bahn nach Hause zurück. Sie stiegen indes schon aus, als der Zug noch nicht voll ständig zum Stillstand gebracht war, infolge dessen wurden sie von einem entgegenkommenden Güterzuge, den sie nicht beachtet hatten, über fahren und auf der Stelle getötet. Der Schmerz der Eltern, die ihre Lieblinge am Bahnhof ab holen wollten und nun nur noch die entstellten Leichen vorfanden, ist unbeschreiblich. Reichsrats. *Jn Ungarn erregt die Entwickelung der Dinge in Deutsch-Oesterreich lebhaften Unwillen. Alle ungarischen Blätter nehmen energisch Stellung gegen Badeni; sie be tonen, daß im Falle eines neuen föderalistischen Versuches Ungarn sich auf die Personalunion zurückziehen werde. Der,Pest. Lloyd' sagt, ein solcher Versuch Badems wäre gleichbedeutend mit der Revolutionierung aller Verhältnisse Oester reichs und Ungarns. Svanien. * Der Führer der Aufständischen auf Cuba, Maximo Gomez, übersandte dem General Weyler die Liste der Namen von 700 spanischen Soldaten uud spanischen Parteigängern, welche er gegenwärtig als Gefangene in seiner Gewalt hat. Er erklärte hierzu, daß er von jetzt ab wöchentlich zwölf Mann dieser Ge fangenen erschießen lassen werde, falls General Weyler die bisher von ihm geübte grausame Behandlung der gefangenen Aufstän dischen fortsetze. Rußland. *Jm russischen Ministerium für Volksauf klärung wird in der nächsten Zeit eine besondere Kommission znsammentreten, um die Frage wegen Einführung des allgemeinen Schul zwanges in Rußland zu beraten. Balkanftaaten. * Die Friede nsverhandlungen im Orient stehen auf dem alten Flecke. Es handelt sich noch immer um die Garantien für die türkische Kriegsentschädigung. Die griechischen inländischen Banken und Bankhäuser haben dem Finanzminister zur Kenntnis gebracht, daß sie sich an der im Auslande aufzunehmenden Kriegsentschädigungs-Anleihe mit 25 Millionen Frank beteiligen werden. Die Finanzverwaltung würde somit nur noch für die Aufbringung des Betrages von 75 Millionen zu sorgen haben. Da an der Annahme der Einsetzung einer internationalen Finanzkontrolle seitens der griechischen Negierung nicht mehr zu zweifeln sei, so dürfte, wie man hofft, die Auf nahme des Anlehens keine übermäßigen Schwierigketten mehr bieten. *Wie aus Belgrad gemeldet wird, werden nach der Rückkehr dcsKönigsAlexander aus dem Auslände die Vorarbeiten behufs Durchführung der Verfassungsrevision in Angriff genommen werden. Da die Krone und die Regierung in gleicher Weise dahin streben, so bald als thunlich dauerhafte ver fassungsmäßige Zustände zu schaffen, hegt man die Hoffnung, daß die große Skupschtina für die Beratung der neuen Verfassung Anfang des Jahres 1898 einbcrufen wird. *Die fett längerer Zeit bestehende bul garische Ministerkrisis scheint nun doch zum Ausbruch zu gelangen. Die Organe Radoslawows, welchen man allgemein als den künftigen Ministerpräsidenten bezeichnet, fordern das Kabinett Stoilow auf, insgesamt zu demissionieren und sich nicht auf Teilver änderungen zu legen, was die gespannte Lage nur noch verschlimmern werde. Afrika. *Eine Depesche aus Kapstadt meldet, daß es den englischen Truppen gelungen ist, den Häuptling Galishwe gefangen zu nehmen. Das Verbündeten, für die Gnade, daß S. M. die heutige Parade des zweiten bayrischen Armee korps durch ihre Gegenwart verherrlicht haben, um so mehr, als gerade heute vor 27 Jahren die bayrische Armee in glorreichem Kampfe für das gemeinsame Vaterland geblutet hat. Ich danke I. M. der Kaiserin für ihre huldvolle Gegenwart, wodurch das militärische Fest ver schönt und geweiht wird. Ich danke I. M. den Königen von Sachsen und Württemberg, Sr. königl. Hoheit dem Großherzog von Hessen und Sr. könig'. Hoheit dem Prinzen Albrecht von Preußen, daß sie meiner Einladung so gnädig Folge geleistet haben. Ich trinke auf das Wohl Ihrer kaiscrl. und königl. Majestäten und auf daS Wohl sämtlicher anwesenden fürstlichen Gäste. Sie leben! Hurra, Hurra, Hurra!" — Hierauf antwortete Kaiser Wilhelm: „Eurer königl. Hoheit wage ich im Namen meiner Gattin und in meinem von ganzem Herzen meinen innigsten Dank auszusprechen für den herrlichen Empfang und die gnädigen Worte Eurer königl. Hoheit, sowie für die Einladung zu der heutigen Parade. Es ist ein ganz be sonders weihevoller Tag und ich freue mich vor nehmlich, daß ich den heutigen Ehrentag der bayrischen Armee habe in ihren Reihen verleben dürfen. Ich beglückwünsche Eure königl. Hoheit wegen der vorzüglichen Haltung des Korps und bin der festen Ucberzeugung, daß dasselbe genau so wie vor 27 Jahren, wenn es not thun sollte, allezeit bereit sein wird, für die Herrlichkeit des Reiches einzustehen. Ich danke Eurer königl. Hoheit auch für den herrlichen Empfang in der schönen alten Stadt Würzburg und bringe von ganzem Herzen das Wohl Eurer königl. Hoheit und Eurer königl. Hoheit Familie aus: Hurra, Hurra, Hurra!" * Fürst Hohenlohe ist am Freitag in Homburg eingctroffcn, um, gleich dem interimisti schen Staatssekretär v. Bülow, in der Be gleitung des Kaisers zu sein, während die Zusammenkunft mit dem König von Italien stattfindct. Es ist wahrscheinlich, daß es bei dieser Gelegenheit zwischen dem Kaiser und dem Reichskanzler zu einer entscheidenden Aussprache über die kritischen politischen Fragen, namentlich über die Reform des Militär st rafpro- zesses und die Aufgabe der Gesetzgebung gegenüber der Sozialdemokratie, kom men wird. * Der König von Siam, der Hamburg besucht hatte, stattete am Donnerstag dem Fürsten Bismarck in Friedrichsruh einen Besuch ab. *Dic Sedan fei er ist überall in der üblichen patriotischen Form begangen worden, obgleich sich vielfach die Stimmung dafür geltend macht, den 2. September fortan nur nach längeren Pausen, etwa alle fünf Jahre, feierlich zu be gehen. *Die kürzlich in verschiedenen Blättern ver breitete Nachricht, daß im Reichspostamt Er hebungen über die Einführung von Kartenbriefen stattfänden, ist, nach der .Kreuzztg.', zutreffend. Es sollen sowohl solche für das Deutsche Reich wie für den inter nationalen Verkehr zur Einführung gelangen, ein Termin ist jedoch zur Zeit noch nicht fest gesetzt. Als Portogebühr sollen 10 und 20 Pjg. erhoben werden. *Der deutsche Katholikentag in Landshut hielt am Donnerstag vormittag seine letzte Sitzung ab, in welcher der Präsident Dr. ;Hten mit dem Grafen Badeni haben zu ciHr vollen Verständigung geführt. Badeni wird nunmehr mit dem Subkomitee die gegen die Obstruktionspartcien in Anwendung zu bringenden Zwangs maßregeln festsetzen. Alsdann erfolgt sofort die Einberufung des antreten will. * Beim Paradediner in Würzburg brachte . * Die Verhandlungen des Subkomitees der - - Luitpold von Bayerm-m-" ' - 'inrnck mik: fianke S. Rtt „K. Der Schmied von KCerborn. 2j Roman von E. v. Borgstede. (Fortsetzung.) „Ach, meine arme, arme Sufi," und plötzlich l stürzten glühende Thränen über des Mädchens Wangen, „was haben sie aus dir gemacht!" „Aber das bitte ich mir aus," polterte Fräu lein Ulrike, den Arm Gundulas fest an sich drückend, „daß dieser Unsinn aufhört! Solch' einKindeskopf, gleich in einen Strom der albernsten Thränen auszubrechen! Darf denn eine alte Frau kein Wort mehr sagen, ohne gleich Nerven krämpfe hervorzurufen? Für etwas vernünftiger hätte ich dich denn doch gehalten." „Ach, Tantchen, sei nicht böse," bat Gun dula zärtlich, „es überkam mich plötzlich so, wenn ich bedenke, welch ein heiteres, frisches Mädchen Susanne war, und welch' ein Abstand cs zwischen dem Einst und Jetzt ist. „Ja, ja, Kind, und das hat wieder einmal die Liebe gethan. Hüte dich vor ihr, sie macht die Seelen zag und kleinmütig," sagte die alte Fran mit wunderbarer Weichheit im Ton und einem seltsamen Licht in den Augen; dann aber fuhr sic mit ihrer alten Energie fort: „War die Kräuterlcnz bei dir, Gundula? Jage die Alte zum Hause hinaus, hörst du, und stecke ihr nicht etwa gute Bissen zu, sie ver dient es nicht. Dem Hellmann magst du meinet- wegen unter die Arme greifen, das ist ein ordent licher, arbeitsamer Mensch, — aber auch das mit Maßen; denn allzuviel haben wir nicht übrig, wie du weißt." Gundula schwieg; aber in dem großen und guten Herzen dieses von Lebenslust und Ueber- mut strahlenden Endes lag eine solche Fülle von Menschenliebe und Barmherzigkeit, daß Tante Ulrikes Worte sie nicht zu erschüttern vermochten. Nun wandte fie sich nach den zurück gebliebenen Knaben um und fragte: „Hans und Berti, wo habt ihr denn das Bärbel gelassen? Beeilt euch und holt fie herbei; so lauft doch und holt fie her, sie soll Kaffee bekommen, ich habe es ihr versprochen." „Aber Gundula," tadelte Fräulein Ulrike in stremgem Ton, „wie ost soll ich dir den Um gang mit diesem Mädchen verbieten, du wirst mich einmal ernstlich böse machen, wenn du meine Befehle zu mißachten fortfährt." „Liebe, süße Tante," schmeichelte das schöne Mädchen, ihren weichen Arm fester um die Dame legend, .„was hast du nur gegen Bärbel, ich habe fie nun doch einmal lieb. Kann fie denn etwas dafür, daß fie von Zigeunern stamnit?" „Das nicht, Gundula; aber fie ist ein wildes, heißblütiges Ding und hat einen schlechten Einfluß auf dich. „Nein, Tante Ulrike, wirklich nicht, du kennst Barbara eben nicht," entgegnete das Mädchen fest, „und heute muß fie ihren Kaffee haben; denn ich kann mein Wort nicht brechen. Komm Hans, geleite du die Tante, ich hole Bärbel herbei." Und ohne eine Erwiderung abzuwarten, lief Gundula davon, dem Ende des Gartens zu, wo sie Barbara zurückgelassen hatte. Da stand die Dirne, die Arme auf die Mauer ge stützt, ihre großen, schwarzen Augen funkelten aus dem braunen Gesicht mit den kirschroten Lippen, der samtweichen Haut, lange schwarze Zöpfe fielen weit bis zu den nackten Füßen hinab; denn Schuhe und Strümpfe liebte Bärbel nun einmal nicht; fie erwartete regungs los das Nahen Fräulein Strandows. Gundulas weiße Hand erfaßte die braune des Mädchens und zog die Widerstrebende hin ein in den Garten, dem Hause zu. „Es hilft dir alles nichts, Bärbel," sagte fie dabei mit ihrer frischen, Hellen Stimme, „mit kommen mußt du. Haft du vielleicht wieder Furcht vor Tante Ulrike? Ach, die ist so böse garnicht, wie du immer denkst, das kannst du mir glauben." „Sie mag mich nicht,", kam es trotzig von Barbaras Lippen, „und ich that ihr doch nie etwas. Schon als Kind lief ich davon, wenn ich Fräulein Ulrike kommen sah, weil sie mich mit ihren großen Augen immer so anblitzte und mich schalt, wenn ich auch nichts verbrach —" „Und jetzt möchtest du es wieder so machen, Bärbel?" lachte Gundula. „Sei getrost, ich beschütze dich." Nun lachte Bärbel auch, daß man all' ihre weißen, glänzenden Zähne sah, und dann richtete fie ihre große, kraftvolle Gestalt, welche diejenige Gundulas fast um Kopfeslänge überragte, hoch empor, als wolle fie sich zum Kampf mit der gefürchteten Frau rüsten. Gundula zog fie in das Stübchen, das fie und Susanna bewohnten, und hieß fie sich niederlassen. So, Bärbel, und nun erzähle mir, weshalb du so erschrakst, als Hans, Berti und ich so. heimlich herangekommen waren und ganz uner wartet neben dir und dem Jäger Julius stan den," befahl sie heiter, vor der hübschen, braunen Maid stehen bleibend. „Wie rot du wieder ge worden bist, Bärbel; gewiß, du hast mit dem Julius ganz was Absonderliches vor." „Nein, nein, Fräulein Gundula," wehrte Bärbel, „Sie irren sich! Ich kenne den Julius vom Kruge her, wohin er oft kommt, und wo ich ihm das Bier bringe, und Sonntags tanzt er viel mit mir und " „Es ist schon gut," nickte das junge Mäd chen, „schweig' nur, Bärbel, diesmal bist du nicht ehrlich. Aber mag es sein, was es will, mir gefällt Julius nicht, er kann niemand offen und ehrlich ansehen, und solche Leute haben kein gutes Gewissen. — So, nun habe ich ge sprochen wie ein Philosoph, Bärbel, und es ist Zeit zum Schweigen, sonst schmeckt dir dein Kaffee am Ende nicht," dabei schwang sich Gundula graziös auf den Tisch und ließ ihre kleinen Füße auf und ab schaukeln. „Ist es wahr," fuhr sie dann fort, „daß Berghaus einen andern Herrn bekommen hat, der dort wohnen wird?" „Gewiß, Julius wußte es genau, Fräulein Gundula, das Wohnhaus ist neu instand- gesetzt worden, in den nächsten Tagen kommt der Besitzer an." „Ich freue mich darauf, Bärbel, es ist so namenlos einsam hier, jedenfalls wird er doch Tante Ulrike einen Besuch machen, und vielleicht bekommen wir so eine nette Nachbar schaft," rief Gundula entzückt aus. „Ich wünschte, es wäre ein Prinz, der nur in unsere
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