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Allgemeiner Anzeiger : 14.08.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-08-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189708147
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- Saxonica
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1897
-
Monat
1897-08
- Tag 1897-08-14
-
Monat
1897-08
-
Jahr
1897
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 14.08.1897
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Politische Rundschau. Deutschland. *Die Ehrungen, deren sich das deutsche Kaiserpaar seitens des Zaren und des russischen Hofes zu erfreuen hat, sind so außerordentlich und herzlich, daß selbst die Franzosen vergebliche Mühe aufwenden werden, dieselben als Akt bloßer Höflichkeit darzustellen. Die Ernennung Kaiser Wilhelms zum Admiral der russischen Flotte, der warme Ton in den Trinksprüchen des Zaren und des deutschen Kaisers und der familiäre Verkehr der beiden kaiserlichen Paare find sichere Anzeichen eines freundschaft lichen Verhältnisses, das seine Rückwirkungen auf die diplomatischen Beziehungen um so weniger verfehlen kann, als zwischen der aus wärtigen Politik Rußlands und Deutschlands keinerlei Gegensätze existieren. „Friede!" lautet ihre gemeinsame Parole. * Daß der Kaiser nach der Rückkehr aus Rußland mit Herrn v. Bülow den König Leopold von Belgien in Ostende be suchen werde zu dem Zweck, die Grundzüge eines deutsch - belgischen Vorgehens gegen die englische Handelspolitik festzusctzen, wird mehr fach, u. a. in einem Berliner Telegramm der Münchener,Allg. Ztg.', fürerfunden erklärt. *Dic Zeitung .Deutschland' in Weimar ist vön zuständiger Seite zu der Mitteilung er mächtigt, daß bei dem kürzlichen Besuch des Großhcrzogs in Fricdrichsruh Fürst Bismarck wörtlich folgenden Ausspruch that: „Eure königl. Hoheit dürfen überzeugt sein, daß ich bis zum letzten Tage des Lebens mit meinem Rate zur Verfügung stehe, wenn er verlangt oder durch die Verhältnisse bedingt wird, als gehorsamer Diener des Kaisers und der mit ihni verbündeten Fürsten, als treuer Sohn des deutschen Vaterlandes, als steter Freund unseres Volkes!" *Wie der ,Reichsanz.' amtlich bekannt gibt, hat der Kaiser den Botschafter in Rom, v. Bülow, mit der vertretungsweisen Wahr nehmung der Geschäfte des Staatssekretärs des Auswärtigen Amts betraut. Ferner ist der Staatssekretär des Reichs-Postamts, General leutnant z. D. v. Podbielski,. zum Be vollmächtigten zum Bundesrat ernannt worden. *Der neue Staatssekretär des Reichspost amtes p. Podbiclski Kat eine im .Amtsblatt des Reichspostamts' veröffentlichte Verfügung zur Vereinfachung des Geschäftsverkehrs und Ver minderung des Schreibwerks er lassen. *Die Verbreitung der Rinderpest in -^D eutsch - Süd w estaßrika konnte durch alle Vorsichts- und Absperrnngsmaßrcgeln nicht . verhindert werden. Die Seuche ist durch das Wild zu den Osthereros verschleppt worden, ferner haben sic die Raubvögel weithin über tragen. Die großen Antilopen haben auch die Drahtzäune übersprungen. Es find nun Jmpf- stationcn in Windhoek und Rehoboth einge richtet worden, an ersterem Orte sind schon 5000 Rinder geimpft worden. Am Baiwege wurden alle Ochsengespanne an Ort und Stelle angehalten und die Zugtiere geimpft. Man hofft, so einen Stillstand der Pest zu erreichen. Oesterreich-Ungarn. * In den nächsten Tagen sollen die Versuche einer Ausgleichsverhandlung zwischen Deutschen und Tschechen wieder aus genommen werden. Von der Regierung ist da für schon ein vollständiges Programm ausge- arbeitct. Eine in deutschen Abgeordnetenkreisen sehr angesehene Persönlichkeit, die ehemals eine hohe parlamentarische Würde bekleidete, bemüht fich nun in Prag, die Deutschen versöhnlicher zu stimmen. Die Regierung soll auch zu teil weisen Zugeständnissen für die Deutschen bereit sein, aber auch die Tschechen, die armen miß handelten Märtyrer, sollen vom Grafen Badem ein „Zuckerl" erhalten. In Wiener politischen Kreisen glaubt man übrigens nicht an den Er folg einer neuen Ausgleichsverhandlung, zumal die Slawen immer aufs neue fich in dreisten Herausforderungen ergehen. Frankreich. * Obwohl schon soviel Tinte über das Pro gramm der Reise Faures nach Rußland verschrieben worden ist, scheint dieses selbst immer noch nicht festzustehen. Wenigstens meldet man aus Paris: Am Sonntag trifft hier ein Kourier aus Petersburg mit dem vom Kaiser paar ausgearbeiteten Programm für den Aufent halt des Präsidenten Faure in Rußland ein. Schweiz. *Für den S imp l o n d ur ch sti ch ge nehmigte das Volk des Kantons Waadt einen Zuschuß von 4 Mill. Frank. England. *Englisch-französischeStreitig- keiten um Neu-Fundland geben der ,Morning-Post' Anlaß, sich darüber zu ärgern, daß die Franzosen wieder übertriebene Ansprüche auf die westliche Küste von Neu-Fundland durch zusetzen suchten, wo ihnen dem alten Vertrag zufolge die Fischereigcrechtsame zusteht. Ein französisches Kriegsschiff habe kürzlich eine britische Bergwerks-Gesellschaft gezwungen, den Bau einer Werft cinzustellen. Das Blatt hofft, daß Lord Salisbury die französische Regierung telegraphisch um Aufklärung ersucht habe. Dänemark. *Die Hochzeit des Prinzen Karl von Schweden mit der Prinzessin Ingeborg von Dänemark findet am 27. d. in Kopen hagen statt. Die Neuvermählten treten darauf eine Reise nach Deutschland an, von wo sie am 7. September zurückkehren. Svamen. * Der ruchlose Mord, der am Sonntag an dem spanischen Ministerpräsidenten Canovas del Castillo verübt wurde, setzt die ganze gesittete Welt in Bewegung. Der Mörder, ein italienischer Schriftsetzer Michael Golli, gab in der Entfernung von drei Nieter drei Schüsse auf Canovas ab, von denen der erste dem Minister in die Niere ging und tödlich gewesen sein soll. Der Ministerrat hält täglich Sitzungen ab. Der Kammerpräsident Fi dal dürfte Canovas' Nachfolger werden. (Nach andern Be richten heißt der Attentäter Santo oder Ninaldini). Portugal. *Jn Portugal herrschen höchst unerquickliche Zustände. Nach aus Lissabon eingetroffenen Privatnachrichten sind in den letzten Tagen in Lissabon und mehreren anderen Provinzstädten Meutereien ausgebrochen. Die Polizei mußte mit blankerWaffe einschreitcn. Die Zahl der Toten und Verwundeten soll mehr als 50 betragen. Mehrere hundert Verhaftun gen wurden bereits vorgenommen. Balkanstaar-n "Den einzigen noch schwebenden Punkt in den Konstantinopeler Friedensverhand lungen bildet die Räumung Thessa liens. Indessen soll auch schon der Artikel darüber festgestellt und dem Sultan unterbreitet worden sein, der sich wohl nach einigem Sperren zur Annahme bequemen wird. Der neue Artikel setzt eine prompte Bezahlung der ersten Rate der Kriegsentschädigung nach der Unterzeichnung der Präliminarien und die Offenhaltung von Volo zum Zweck der Verschiffung der heim kehrenden türkischen Truppen fest. *Die Pforte erhielt aus Wan die Nach richt, daß bewaffnete Armenier die persi sche Grenze überschritten und zwischen diesen und den Kurden fortgesetzt gekämpft werde. Eine bezügliche Konsulatsmeldung liegt noch nicht vor. * Der Fürst von Bulgarien ist in Konstantinopel eingetroffen, „um dem Sultan seine Ehrerbietung zu bezeugen und die Bande der Ergebenheit fester zu knüpfen". Der Fürst wollte zwei Tage dort verweilen. *Jn der Pulverfabrik in Rustschuk, die bei der Ankunft des Fürsten Ferdi nand daselbst in die Luft flog, sollten mehrere Millionen nicht mehr verwendbarer Patronen aus dem letzten russisch-türkischen Kriege entleert werden. Die Zahl der Umgekommenen ist noch nicht genau feftgcstellt worden. Ein entlassener Arbeiter soll die Explosion aus Rache herbeigeführt haben. Das Gerücht, daß es fich um ein Attentat gegen den Fürsten handelt, hat keinerlei Anhaltspunkt. * König Milan, der zur Kur in Karlsbad weilt, soll dort schwer erkrankt sein. Asien. *Die Gärung unter den Moham medanern im Grenzbereiche vonBritisch - Indien hat einen neuen Angriff gezeitigt. Mehrere Tausend Mohammedaner sammelten fich an der afghanischen Grenze unter einem Fanatiker, der gegen die Engländer predigte und griffen ein kleines Fort an. Der Angriff wurde abgeschlagen, worauf die Eindringlinge ein be nachbartes Dorf einäscherten. Eine starke Truppenabteilung verließ Peschawur, es wird jedoch berichtet, daß die Mohammedaner über die Grenze flohen. Der Empfang in Petersburg wird von dem Berichterstatter der ,Berl. Börs. Ztg.' in folgender Weise beschrieben: Nach regnerischer Nacht begrüßte am 7. d. ein sonnen klarer, heiterer Morgen die Festgäste, welche in früher Stunde an den Newa-Kais in Petersburg der Abfahrt ihrer Schiffe harrten. Alle Schiffe trugen Flaggengala. Die deutsche Kolonie hatte den Dampfer „Zarewna" gechartert, der mit etwa 500 Mitgliedern der Kolonie und deren Damen um 7'/» Uhr unter den Klängen vater ländischer Weisen nach der Kronstädter Außen reede abging. Den Vertretern der Presse war der Dampfer des russischen Admiralitätsstabes „Onega" eingeräumt, der gegenüber dem deutschen Schulschiffe „Charlotte" an der Nikolaibrücke lag. Die Mannschaften der „Charlotte", welche infolge veränderter Disposition nicht nach der Außenreede abgegangen war, standen in den Raaen, als um 8 Uhr die „Onega" die deutsche Kriegsflagge salutierte. „Heil dir im Sieger kranz" ertönte von der „Charlotte" herüber, bei Erwiderung des Grußes der „Onega," gefolgt von der russischen Nationalhyme, und entblößten Hauptes hörte die an beiden Ufern des prächtigen Stromes angesammelte Menge die National- hvmnen an. Bald nach 8 Uhr ging die „Onega" ab, passierte mit Salut den im Bau befindlichen, auf der Newa liegenden neuen Panzer, sowie den bereits fertigen Panzer „Petro Pawlowsk" und lief kurz vor 9 Uhr durch die Ncwamündung. Alsbald folgte ein zweiter großer Dampfer des deutschen Vereins „Palme," der ebenfalls etwa 500 Deutsche ihrem verehrten Kaiscrpaarc entgegenführte. Zahlreiche russische Gesellschafts- und Privat dampfer folgten, alle dicht besetzt. Ueberall herrschte herzliche, warme Stimmung, und von den Dampfern klangen die fröhlichen Melodien deutscher und russischer Musik herüber. -Die prachtvolle Kronstädter Jnncnreede öffnete sich und zeigte die ansehnliche Flotte, deren Schiffe, alle in gleicher Richtung nach außen, der Ein fahrt der deutschen Kaiserflotte zugewcndet, lagen. Admiral Avellane passierte mit Kurs nach Peterhof zu. Schon vor der Festung Kronstadt wurden in der Ferne ein gewaltiger russischer Panzer und ein Kreuzer sichtbar. Torpedoboote durcheilten die Fahrstraße des „Onega," die an dem Kronstädter Kriegs-, Mittel- und Handels hafen vorbei, links die von der Sonne ver goldeten Kuppeln des Sergijewo-Klosters und Peterhofs und das aus dem Walde heraus blickende Oranienbaum direkt auf den russischen Panzer zuführte. Alsbald hinter Kronstadt wurde die russische Kaiserjacht „Standart" passiert und genau am Ausgange der Kronstädter Bucht Halt gemacht. Das Wetter hatte fich inzwischen voll aufgeklärt, nur eine leichte Kühle ging von den mehr und mehr hinter den Horizont verschwindenden Wolken aus. Punkt 11 Uhr wurden die fernen Rauchwolken des deutschen Geschwaders sichtbar. Eine Viertel stunde später grüßten Kanonensalven aller russischen Schiffe und des Kronftädter Forts die an der Spitze des prächtigen Geschwaders in die Bucht cinfahrcnde Kaiscrjacht „Hohen- zollern." Immer mehr hob sth der blendende Schiffskörper der „Hohenzollern" aus den Wogen heraus. Bald hörte man die Klänge des „Heil dir im Sicgerkranz" von der „Hohen- ! zollern" her. Durch die besondere Liebens- Würdigkeit der Behörden war es der „Zarewna" ! mit der deutschen Kolonie gestattet, dem Kaiser- schiff an- weitesten entgegenzufahren. Die! „Zarewna" umkreiste die langsam einfahrende „Hohenzollern", stürmische begeisterte Jubelrufe der Deutschen Petersburgs und der deutschen Deputationen aus ganz Rußland begrüßten zu erst das deutsche Kaiserpaar. Als dann die Gestalt des Kaisers auf der oberen Kommando brücke sichtbar wurde, ertönte von den nächst liegenden russischen Schiffen die deutsche Hymne; die Kanonen-Salven wurden übertönt von den brausenden Zumfen der Tausende, die hier auf ungezählten Schiffen Zeugen des herrlichen Schauspiels sein wollten. Die „Hohenzollern", die Kaiserstandarte am Großtopp, die russische Flagge am Vordersteven und die deutsche Kriegsflagge am Hintersteven, fuhr langsam an der Linie der russischen Kriegsschiffe vorbei, als bald von Torpedobooten und kleinen Dampfern umschwärmt. Der deutsche Kaiser, in der Uni form des Wiborgschen Regiments, immer auf der Kommandobrücke stehend, grüßte huldvollst nach allen Seiten. Immer mehr kamen die Schiffe des deutschen Geschwaders in Sicht. Die „Gefion" folgte unmittelbar der „Hohen zollern" sodann kam „Kurfürst Friedrich Wil helm" und kurz dahinter der Aviso „Jagd", welche an Stelle der „Charlotte" zunächst Kron stadt vor Anker ging. Es war Punkt 12 Uhr, als die Ankerketten der „Hohenzollern", zunächst der „Gefion" und dem „Standart" nieder rasselten. Kanonenschüsse kündigten die von Peterhof her erfolgende Anfahrt der russischen Kaiserjacht „Alexandria" mit den russischen Majestäten an Bord an. Die „Alexandria" ging in der Nähe der „Hohenzollern" vor Anker. Alsbald schifften fich Kaiser Nikolaus und Kaiserin Alexandra, sowie Großfürst Alexis — der Kaiser und der Großfürst Alexis trugen die deutsche Admiralsuniform — und der deutsche Botschafter Fürst Radolin nach der „Hohen zollern" ein; dort erschienen an der Falltreppe Kaiser Wilhelm und Kaiserin Auguste Viktoria — Kaiser Wilhelm mit dem Bande deS Andreas-Ordens. Als das russische Kaiserpaar den Fuß der Falltreppe betrat, eilte Kaiser Wil helm demselben entgegen. Beide Kaiser um armten und küßten sich auf der Falltreppe wiederholt auf das herzlichste. Kaiser Wilhelm schritt sodann der Kaiserin Alexandra entgegen, küßte derselben die Hand und geleitete sie zm Kaiserin Auguste Viktoria hinauf, welche bereits die letzten Stufen entgegenschritt; die beiden Kaiserinnen umarmten sich ebenfalls wiederholt auf das herzlichste; beide Kaiser küßten den Kaiserinnen die Hand und wurden von diesen auf die Stirne geküßt; sodann wurde Großfürst Sergius von den deutschen Majestäten herzlich begrüßt. Kaiser Nikolaus hatte das Band des Schwarzen Adlcrordens angelegt. Nach einem viertelstündigen Aufenthalt an Bord der „Hohen zollern" begab sich das russische Kaiserpaar, be gleitet von dem Kaiser Wilhelm und der Kaiserin Auguste Viktoria, dem Großfürsten Großadmiral und dem Botschafter Fürst Radolin nach der russischen Kaiserjacht „Alexandra" zurück, welche sich sofort nach Peterhof in Fahrt setzte, wo sie gegen 1 Uhr unter dem Donner der Salut schüsse eintraf. Unterdessen hatte Prinz Heinrich, auf einem Torpedoboot von dem am entfernte sten liegenden „König Wilhelm" kommend, an der „Hohenzollern" angelegt, von wo er fich später gleichfalls nach Peterhof begab. Auf der Fahrt nach Peterhof verweilten die Herrschaften lange auf Deck der russischen Kaiserjacht; die beiden Kaiserinnen hatten bequeme Sitze einge nommen und unterhielten fich, während die bei den Kaiser in lebhaftem Gespräch in der Nähe standen. Von den dicht besetzten Dampfern wurden die Majestäten überall mit lautem Jubel begrüßt. Das stramme Aussehen der deutschen Marine-Mannschaften erregte allgemeine Be wunderung. Dieselben wurden bei der Einfahrt von den russischen Kameraden herzlich begrüßt. — Das Wetter am Nachmittag war fyrtwährend prachtvoll bei leichtem Nord-Nord-Ost-Wind und schein; dauernd günstig bleiben zu wollen. Bei der Begrüßung des deutschen Kaisers und der deutschen Kaiserin beglückwünschte der Zar Kaiser Wilhelm zu seiner Ernennung zum Admiral L la suite der russischen Flotte. — Von den Salutschüssen der Peterhofcr Marine station empfangen, legte die russische Kaiscrjacht „Alexandria" mit dem deutschen und dem russi schen Kaiserpaar an Bord um 1 Uhr 15 Min. in Peterhof an, wo ein Familien-Frühstück stattfand. Vek- Vel' „Nein," entgegnete er, „das ist nicht ehrlich- Die Sünde, die das Mädchen begangen Hatz indem sie das Testament unterschlug, ist damit nicht gesühnt." „Würde solche That einst vor Gott gebung finden?" „Das kann ich nicht unbedingt bejahen, für meinen Teil möchte nicht mit solchem zu Ende und die Gemeinde hatte die Kirche ver lassen. Der Prediger stand in der Thür der Sakristei, und Leonie trat rasch entschlossen auf ihn zu. Hier kannte niemand sie, warum sollte fie ihr Herz nicht durch eine Frage er leichtern ?" „Ich möchte Ihre Anficht über eine Sache hören," begann fie, „es betrifft eine Unglückliche, Verzweifelnde, wollen Sie mich anhören?" „Gewiß", erwiderte er. „Vor längerer Zeit standen zwei Personen mit Erbansprüchen auf ein großes Besitztum sich gegenüber, ein Mann und ein Mädchen. Letzterem wurde durch das zuständige Gericht die Erbschaft zuerkannt, und fie trat dieselbe an. Als fie lange genug im Besitz war, um den Wert desselben voll zu würdigen, fand fie ein Testament, welches ihren Mitbewerber zum Erben einsetzte. Was sollte fie nun thun?" „Selbstverständlich ihm den Besitz über geben," antwortete der Prediger. „Aber es war ihr zu schwer, fie konnte fich nicht von dem Reichtum trennen. Sie beschloß, das Testament zu vernichten und den Mann, der fie schon lange liebte, zu heiraten. Auf diese Weise kam er auch zu seinem Rechte. War das nicht genügend? Hatte fie damit nicht ihre Pflicht erfüllt?" „Nein", sagte der alte Mann bestimmt. „Sie hatte damit weder menschlichem noch göttlichem Gesetz genügt." „Aber verstehen Sie denn nicht, wie ich es meine ?" rief sie leidenschaftlich. „Wenn sie ihn heiratet, kommt das Vermögen doch eben so gut in seinen Besitz!" das Leben im Hause der Herzogin sehr anregend und hübsch. Sie schien auch ihr Gleichgewicht etwas wieder zu finden, und an einem Sonn tag-Morgen machte fie sogar einen Spazier gang. Sie verfolgte einen Pfad, der von dem Park aus fich über eine Wiese in ein angrenzendes Gehölz verlor. In der Ferne läuteten Kirchen glocken und fast unbewußt folgte sie dem Klange. Wie lange war es her, daß fie ihren frommen Kinderglauben verloren hatte, daß fie vergaß, ihr Morgen- und Abendgebet zu sprechen. Seit dem fie den Freuden dieser Welt nachjagte und ihr Herz an Geld und Gut gehängt hatte, hatte fie auch nicht mehr an Gott gedacht und vergessen, daß er noch bittere Vergeltung für ihre Sünde üben würde. Sie sah, wie alt und jung dem kleinen Gotteshause zuftrömte, und ein plötzlicher Wunsch erwachte in ihr, fich unter die Andächtigen zu mischen. Sie zog den Schleier vors Gesicht und trat ein. Es war eine schmucklose Dorfkirche, und der Geistliche, der die Kanzel betrat, ein schlichter Mann und kein hervorragender Redner. Aber was er sprach, kam aus einem rechtschaffenen, frommen Herzen und fand daher auch den Weg zu den Herzen seiner Zuhörer. Er sprach über das Thema, daß niemand, der in Sünde beharrt, die ewige Seligkeit erringen kann, und seine Worte waren so überzeugend, daß Leonie fich ihrem Eindruck nicht entziehen konnte. Lange ehe er geendet, hatte fie das Haupt geneigt und bittere Thränen floßen aus ihren Augen. Keine Hoffnung, keinen Himmel sollte es für die Sünder geben, würde sie auch unter den Verstoßenen sein? Als fie wieder auffah, war der Gottesdienst SHr Geheimnis. Roman a. d. Englischen d. Lady G. Robertson. (Fortsetzung.) Die Bekannten in London machten dieselbe Bemerkung, wie die Nachbarn in Lighton Hall über Lady Charnleighs verändertes Wesen. Ihre Tage Md Nächte waren mit Vergnügen besetzt, sie schlug keine einzige Einladung aus, und war fie einmal zu Hause, so sah fie Gäste bei fich. Eines Tages fuhr die Herzogin von Warne- minster vor und lud fie dringend ein, einige Zett bei ihr auf ihrem herrlichen, an der Themse ge legenen Landfitz zu verbringen. „Ich sah Sie gestern abend im Theater, Lady Charnleigh," sagte fie, „und obgleich Sie lebhaft lachten und sprachen, sahen Sie doch abgespannt und leidend aus. Sie machen zu viel mit, und es wird Ihnen gut thun, in Ruhe etwas Land lust zu genießen." „Hoffentlich ist es nicht M still," warf Leonie schnellem. -- „Liebe Lady Charnleigh," bemerkte die Her zogin, „ich könnte dem Alter nach Ihre Mutter sein und darf Ihnen daher wohl einen guten Rat geben. Sprechen Sie solche Gedanken nicht Ms. Sie meinen es nicht böfe, aber es macht keinen guten Eindruck. Es ist übrigens, um Ihre Frage zu beantworten, nicht still bei uns; ich habe immer das Haus voll Gäste, und jedem steht es frei, fich nach seinem Gefallen zu unter halten. Bis jetzt hat fich noch nie jemand bei mir gelangweilt." Leonie nahm die Einladung an und fand brechen auf der Seele vor Gott treten." Sie wandte fich zum Gehen. „Beten S" für eine Unglückliche," bat fie, und ehe der Geistliche antworten konnte, war fie vel' schwunden. Das Gespräch hatte tiefen Eindruck as Leonie gemacht, aber als fie langsam durch d" sommcrfrische Natur zurückging, schüttelte fie ih" wieder ab. „Ich will mein Leben genießen," sagte fie fich, „warum soll ich mir etwas versagen, we»x ich mir doch schon den Himmel verscherzt habe- „Und von neuem stürzte fie fich in Strudel des Gesellschaftslebcns und lachte E Lady Fanshawes Bedenken. Die, welches, vor dem „Zuviel" warnten, wußten ja mA daß fie einen hohen Preis dafür gezahlt ha" Lady Charnleigh zu bleiben und ihre Rolle der Gesellschaft weiter zu spielen. Sie wo" es nicht umsonst gethan haben. -§ Eines Morgens war ein kleiner mehrerer Bekannter in Leonies Salon vere»"^ und im Laufe des Gesprächs fragte r Seaton, ob die Damen den Prozeß vcru. hätten, der augenblicklich die Spalten Zeitungen füllte. , Leonie verneinte und fragte, wovon er hano
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