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Sächsische Elbzeitung und Wissen", UnterkaltungsbkUage", Dgg LöbeN lM BllÜ L/ Nichterscheinen einzelner Nummern infolge höherer Gewalt, Streit, Aussperrung, Betriebsstörung usw. berechtigt nicht zur Kürzung des Bezugspreises oder zum Anspruch auf Lieferung der Zeitung Ztändlge Wockenbeilagen: üer"Wett der Frau", Illustrierte Sonntagsbeilage 2 Sächsische Schweiz Tageszeitung für die Landgemeinde» Altendorf, Kleingießhübel, Kleinhenners dorf, Krippe», Lichtcnhain, Mittelndorf, Ostrau, Porschdorf, Postclwitz, Prossen Rathmannsdorf, Neinhardtsdorf, Schmilka, Schöna, Wallersdorf, Wendischfährc, sowie für das Gcsamtgebiet der Sächsische» Schweiz Druck und Verlag: Sächsische Elbzeitung, Alma Hieke, Inh. Walter Hieke Verantwortlich: K. Nohrlappcr Anzeigenpreis fin NM.): Die 7gcspaltcnc 35 mm breite Dctitzcilc 20 Pfg., für a»S wärtigc Auftraggeber 25 Pfg., 85 mm breite Ncklnmczcile 80 Pfg. Tabellarischer Sal; nach besonderem Tarif. — Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt geivährt. 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Im Neichstagsausschuß für die besetzten Gebiete be richtete am Freitag vormittag Reichskanzler Dr. Marx in seiner Eigenschaft als Reichsminister für die besetzten Ge biete über die Eindrücke auf seiner Oktoberreise durch das Rheinland. Dr. Marx dankte der Bevölkerung und den Behörden im besetzten Gebiet und schilderte seine Ein drücke, die er in freier Aussprache dort gewonnen habe, wie folgt: „überall wurde mir zum Ausdruck gebracht, daß die von der RcichSreaicrung verfolgte Politik der Verständi gung bei der rheinischen Bevölkerung weitestgehende Zu stimmung und vollstes Verständnis findet. Andererseits herrscht aber doch am Rhein auch ein starkes Empfinden für die leider immer noch sehr schweren Lasten materieller nnd seelischer Art, die mit der Besetzung verbunden sind." Der Kanzler betonte, das; die von der Botschafterkon- ferenz beschlossene Besatznngsvermindernng nunmehr wohl als cingelöst angesehen werden könne. Leider habe sich bei der großen Zahl der Garnisonen, die das Vierfache der früheren deutschen Garnisonzahl ausmachc, die Verminde rung an den einzelnen Plätzen meist nicht stark fühlbar gemacht. Man müsse seststcllen, daß die verbliebene Be satzung noch einen schweren Druck darstelle. Vor allem müsse man noch weit über tausendfarbigeMann- sch asten erwähnen, besonders in Mainz, Kaisers lautern, Landau, Trier uud Koblenz. Der Kanzler er wähnte dann die Auswirkungen der Besetzung, die Schieß übungen, die schon wiederholt Menschenleben gefährdet haben, die Hcrbstmanöver mit der Störung der Ernte arbeiten; die Mnsterungsordonnauz, die das besetzte Ge biet für militärische Zwecke dienstbar macht, die zahl reichen kriegsgerichtlichen Verurteilungen deutscher Bür ger. Der Kanzler stellte fest, daß das von der Bevölke rung einmütig alS Mobilmachungsvorbcrcitttng gegen Deutschland empfunden wird. Er forderte beschleunigte Beseitigung der Muste- rungsvrdonnanz Nr. 04, weil sie in schärfstem Wtdcr- spriich zu einer Politik der friedlichen Verständigung stände. In der Vcrorvnungswillkür habe sich manches ge bessert, auch die Ausweisungen sind im Jahre 1927 zurück- gegangen. Es muß aber trotzdem die Ausmerzung der Ausweisungsmöglichkeit aus dem Ordonnanzensystem verlangt werden, weil diese Einrichtung dem Nheinland- abkommen zuwiderläuft. Der Kanzler stellte fest, daß die Militärjustiz weniger zu Klagen Anlaß gegeben habe als bisher. Leider sei das Kapitel der Gefangenen- m ißhandl » ng immer noch nicht abgeschlossen. Er be sprach dann die Ausschreitungen von französischen Soldaten gegen die Zivilbevölkerung. Dr. Marx gibt der Erwar tung Ausdruck, daß die Abwehrbemühungen nachdrücklich fortgesetzt werden müssen, damit endlich Beruhigung in der Bevölkerung cintreten kann. In der Empfindung des Gefühls der Unsicherheit, das in der Bevölkerung begreif licherweise besteht, bemerkt diese auf der Gegenseite um so mehr den gewaltigen Apparat von Gendarmerie und Ge heimpolizei nnd versteht nicht, daß die bewaffnete Macht immer noch eines solchen über alle Zonen verästelten Systems der Überwachung der Bevölkerung bedürfen zu müssen glaubt. Dies gilt um so mehr, als die Bevölkc- riiug sich in den letzten Jahren durchaus korrekt gegen- über der Besatzung verhallen hat. Der Reichskanzler verbreitet sich dann über die Hilfs maßnahmen des Reiches und über die Förderung des be setzten Gebietes. Er schließt mit den Worten: Wir scheu, wie vielartig immer noch die Schädigun gen sind, die von der Tatsache und der Art der Besetzung nnsgchcn uud der Wirtschaft und Kultur deS NhcinlandeS Abbruch tun. Ich glaube, Ihnen auch gezeigt zu haben, das; das Reich seine Verpflichtung, für die besetzten Ge biete vorzugsweise zu sorgen, ernst nimmt und sie ständig im Auge behält. Wir werden so weiter handeln, solange es eine Besetzung gibt. Aus meinen Darlegungen wer den Sie aber auch meine Überzeugung ersehen haben, dass die Besetzung als solche, die nun in daü zehnte Jahr ihres Bestehens eintritt, nicht nur mit der politischen Gesamt- lagc, sondern auch mit der Denkweise des 2V. Jahr hunderts im Widerspruch steht. Vor den Verhandlungen im GisenkonW. Verschärfung der Lage. Abgesehen von den Besprechungen, die der Schlichter Dr. Jötten von Sonnabend ab zur Beseitigung des Kon flikts irr der Eisenindustrie mit den beiden Parteien führen »»ird, sind jetzt noch eine Anzahl wichtiger Sitzun gen anberaumt. Sämtliche für den Verlauf von Eisen- erzcugniffen in Betracht kommenden Verbände werden aus 12. Dezember über die Lage beraten und eventuell die Eiustellung des Verkaufs beschliesse»». Der Gewerkschaftsbund deutscher Arbeiter-, Angestellten- uud Warenvcrbändc, Provinzialvcrband Rheinland-West falen, hat seine Mitarbeiter zu einer Aussprache über die Arbeitszeitbcweguug und die Lage in der Schwerindustrie zum 11. Dezember «ach Essen einberufen. Innerhalb der N e i ch s r e g i e r u n g hat man ebenfalls Besprechungen über die Lage im Ruhrgebiet ge pflogen: auch zwischen den beteiligten Ministerien finden Besprechungen zur Beilegung der Differenzen statt. Die christlichen Metallarbeiter nahmen in mehreren Versammlungen gegen die Stillegungsdrohung entschie den Stellung. Bei Krupp seien schon Kündi gungen vorgenommen. In verschiedenen Be trieben hätte man die Arbeiter zur Unterzeichnung eines Schreibens aufgefordcrt, wonach sie zu den alten Bedingungen nach dem 1. Januar weiterarbeiten müßten, wenn sie nicht entlassen werden wollten. Die Ncichstagsfraktion des Zentrums und der Bayerischen Volkspartei haben eine Interpellation ein gebracht, in der sie darauf Hinweisen, daß die Stillegung auch die weiterverarbeitende Industrie und den Bergbau in Mitleidenschaft ziehen würde. Was gedenkt die Neichs- regierung zu tun, um die drohende gewaltige Erschütte rung des deutschen Wirtschaftslebens mit ihren unüber sehbaren Folgen zn verhindern? Berlin, 10. Dezember. Am Freitag haben ähnlich «Ke an den vorhcrgcgangenen Tagen zwischen der Negierung und Veri irAer»! der Gewerkschaften »nid der Industrie Verhandlungen über den Konflikt der rheinisch-westfälischen Eisenindustrie statt- «csundc». Von Seiten der NcgierMg nahmen neben dem Aekchsarbcits- upd dem Neichsmirtschastsminkstcr auch andere Mitglieder des Kabinetts teil. Daraufhin beschäftigte sich das Kabinett am Nachmittag mit den Möglichkeiten einer Beilegung des Konfliktes. Das Kabinett vertagte nach kurzer Aussprache die Angelegenheit von neuem, da das Ergebnis der heute in Essen beginnenden Schlichtungsvcrhandlung abgewartet werden so». * Ueber 2ÜV Stillegungsanzeigen beim Dcmobilmachungskommissar. Effcm, !>. Dezember. Bei dem Dcmobilmachungskommissar i» Arnsberg sind dis jetzt weit über 200 Stillegungsanzeigen der Eifen- und Stahlindustrie eingelaufen, darunter zahlreiche der kleineren Werke der eisenverarbeitenden Industrie; dagegen liege» Anzeige» von bergbaulicher Seite noch nicht vor. Die Bergbaukonzcrne beraten zurzeit die betriebstechnischen Maß nahmen, die durch die voraussichtliche Stillegung am 1. Januar 1928 ^notwendig averde». Der VräsiSent der National MW-Bank für eine Revision des Dawes-Vlanes. Ncwyork, 9. Dezember. Der Präsident der National City- Vank Mitchell hielt honte in Chicago eine Rede, in der er den Dawes-Plan in seiner jetzige!» Gestalt als völlig unzulänglich bezeichnete. Es sei fraglich, ob die Außenwelt damit zusrifeden sei, wenn Deutschland, nur nm seine» Verpflichtungen unter dem Dawes-Plan nachkommen zu können, einen unverhältnismäßig großen Anteil des Export handels erhalte. Unter den jetzigen Bestimmungen des Dawes- Planes sei das Ausland kaum bereit, Deutschland durch Privat- anloihen noch weiterhin die notwendigen Mittel zuZnführen. Der Dawes-Plan in seiner jetzigen Gestalt mässe daher beseitigt und die deutsche Ncparationssumme endgültig festgclegt werden, damit Deutschland seine volle Souveränität zuriickerhalte. Er sei davon überzeugt, daß das fleißig arbeitende Deutschland unter solchen Verhältnissen seine» Verpflichtungen ehrlich nachkommen würde. Die natürliche Folge hiervon würde» weitere ausländische An leihe» für Deutschland sei». Aus diese Weise würde Deutschland seine Reparationsverpslichtungen erfüllen können. Mitchell schloß seine Ausführungen mit der Feststellung, daß ein wirtschaft lich gesundes Deutschland eine Wohltat für die ganze Welt sei. Für eilige Leser. " Amtlich wird gemeldet: Das Ncichstabiucll Hal sich in einer seiner letzte» Sitzungen zwecks weiterer Vorbereitung der für Mitte Januar in Aussicht genommenen Besprechung mit den Staats- und Ministerpräsidenten der Länder abermals mit Fragen der Verfassungs- und VerwaUmigsreform in Reich und Ländern befaßt. * Einer Meldung aus Helsingfors zufolge ist die feit etwa einem Jahr im Amt befindliche sozialdemokratische Negierung Tanner zuriickgetrctcn, nachdem sic im Reichstag Lei der Ab stimmung über ihre neuen Steuer- und Zollvorschläge, zumal in der Frage »es Noggenzolls, für ihre Anträge keine Mehrheit zu erzielen vermochte. * Der Leiter der französischen Militärmission in Polen, General Eharpy, ist abbcrufen und »ach Noue» versetzt worden. Die Abberufung dürfte im Zusammenhang mit dem kürzlichen Besuch des Marschalls Franchet d'Espercy in Pole» stehen. Var Problem üer EeMinzchalkerrichung. Grundsätzliches und Erfahrungen von Studienrat Dr. Ernst Hengstenberg-Elmshorn. Im Vorjahre besuchten in Preußen, das für Gcscimt- dcutschland die typische und maßgebliche Statistik abzugeben pflegt, annähernd 8000 Mädchen höhere Knabenschulen — aber umgekehrt nur etwa 250 Knaben höhere Mädchenschulen. Der letztere Fall, im ganzen der Zahl nach unbedeutend und auch mit Rücksicht auf die viel spezialisierter«! Art der Mäd chenschule für die Knabcnbildung nicht erstrebenswert, kann vorläufig als zu vereinzelt von grundsätzlichen Betrachtungen ausgeschlossen bleiben. Mädchen auf Knabenschulen aber ist ein Problem, das sich durch die Praxis und Erfahrung zu klären, wenn auch nicht restlos zu lösen beginnt. Diese Frage begegnet größtem In teresse, da in steigendem Maße für Mädchen nach den gleichen Bildungsmöglichkeiten wie für Knaben Ausschau gehalten wird. In kleineren Orten, in ländlichen und Kreisstädten, besteht neben der Vollanstalt für Knaben bestenfalls eine so genannte höhere Mädchenschule, die keine Berechtigungs scheine erteilen kann, oder es ist das sür eine abgeschlossene Bildung unzureichende Lyzeum vorhanden. Es liegt also die Notwendigkeit vor, die Mädchen auf Knabenschulen fortzu- bildcn. Von Sexta begonnen bis hinauf zur Prima wird sich übereinstimmend stets zeigen, daß eine Knabenklasse, die einen Zuschuß von Mädchen erhielt, einer Parallelklasse mii nur Knaben in Leistungen und Betragen weit voraus ist. Diese allgemeine Tatsache bedeutet bereits sehr viel. Denn die Ge- hobenheit von Leistung und Haltung, die Hebung der Grade des Wissens nnd der Erziehung ist ja die wesentliche Auf gabe jeder Schule. Hinsichtlich der Einzelwirkungcn und Beobachtungen auf den verschiedenen Stufen ist sestznstellen, daß in den untersten Klassen von einem eigentlichen Problem noch nicht gesprochen weroen kann, da die Unterschiede im Denken und Empfinden der beiden Geschlechter noch nicht so grundsätzlich auseinander- gehcn. Der Knabe ist noch zn mädchenhaft. Wer an Knaben- iind Mädchenschulen unterrichtet hat, wird zugebcn, daß z. B. unter Umständen in Knabensexten mehr nnd ausgiebiger ge weint wird, daß also das Unterrichtsmaterial in Knaben klassen weicher ist als in Mädchenklassen. Das ist eine Er fahrungstatsache, die weiten Kreisen nicht bekannt sein dürfte. In Gemeinschastsklassen aber lernt sich von früh an die Be herrschung der Gefühle, was für die Charakter- und Willens- bildnng nicht unterschätzt werden darf. Das, was ursprüng lich sich aus der Scham vor dem anderen Geschlecht herlcitet, wird allmählich als Selbstverständlichkeit Sache des eigenen Willens werden. — Die Jahre, in denen langsam Denken und Fühlen in den jugendlichen Köpfen nnd Herzen bestimmte Formen an- nehmen, stehen natürlich am stärksten im Zeichen dieses Pro blems. Die Knaben sind in den sogenannten Flegeljahren, nnd auch das Mädchen zeigt in seiner Entwicklung eine ähn liche, aus Verwirrung und Unsicherheit des Gefühls sich er gebende Periode, wenn man ihr auch sanftere Namen gibt, sehr allgemein von Backfischjahren spricht. Aus dem erwachen den Sexus stammen fast alle die Torheiten nnd Streiche der Tcrtianerjahre her, und die Unbekümmertheit nm ihre Fol gen ist oft kaum zn überbieten. Zuweilen gelingt die Bändi gung nicht einmal dem Elternhaus«: in gemeinsamer Be mühung mit der Schule. Was sich klären will, muß aber gären. Häufig trifft hier die Beobachtung zu, daß solche Jun gen, die in den Entwicklungsjahren still, ja, im Vergleich zu anderen musterhaft waren, im späteren Leben, in den Zwan zigern, wilde Gesellen wurden und es weit schwerer hatten, sich im Leben znrechtzufinden als andere, die als Tertianer dicht vor der Verweisung standen. Wenn nun in jenen Jah ren auf einer Reihe von Bänken der Klasse Mädchen sitzen, so vermögen zwar auch sie keine Engel aus den Jungens zn machen, aber sie verpflichten die Knaben — nnd das ge schieht unbewußt für beide Teile — die Kräfte der Selbst-