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Sächsische Elbzeiiung Untortmltungsbsu^ „Das Leben im Bild Nichterscheinen einzelner Nummern infolge höherer Gewalt, Streik, Aussperrung, Betriebsstörung usw, berechtigt nicht zur Kürzung des Bezugspreises oder zum Anspruch nus Lieferung der Zeitung Nr. 280 Bsü Sckandau. Donnerstag, den 1. Dezember 1927 71. ^akrgang Ätänüiae Wotbenbeilaoen' -u»torst»ltung und Wissen*, „i _ _ tzor Welt der Zrau", Illustrierte Sonntagsbeilage Sächsische Schweiz Tageszeitung für die Landgemeinden Altendorf Kleingießhübel, Kleinhenners dorf, Krippen, Lichtenhain, Mittclndorf, Ostrau, Porschdorf, Postelwitz, Prossen, Nathmannsdorf, Ncinbardtsdorf, Schmilka. Schöna, Waltersdorf, Wendischfährc, sowie für das Gcsanttgebiet der Sächsischen Schweiz Druck und Verlag: Sächsische Elbzcitung, Alma Hieke, Inh. Walter Hieke Verantwortlich: K. Nohrläpper Anzeigenpreis (in NM.): Die 7gespaltcnc 35 mm breite Pctitzcile 20 Pfg., für auS wärtigc Auftraggeber 25 Pfg., 85 mm breite Reklamczeilc 80 Psg. Tabellarischer Sah nach besonderem Tarif. — Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt. Anzeigenannahme für alle in- und ausländischen Zeitungen Tageblatt für die Enthält die amtlichen Bekanntmachungen für den Stadtrat. das Amtsgericht das Hc.uptzollnmt Bad Schandau und das Finanzamt Sebnitz. — Bankkonten: Stadtbank — Stadtgirokassc Nr. 12 — Ostsächsischc Genossenschaftsbank Zweignieder lassung Bad Schandau — Postscheckkonto: Dresden 83 327 Fernsprecher: Bad Schandau Nr. 22 — Drahtanschrift: Elbzeitung Bad Schandar ' Erscheint täglich nachm. 5 Uhr mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. — Bczugs- vrols (in NM.) halbmonatlich ins Haus gebracht 00 Pfg., für Sclbstavholer 80 Pfg. Einzelnummer 10 bzw. 15 Psg. — Bei Produktionsvcrtcucrungcn, Erhöhungen der Löhne und Materialienpreise behalten wir uns das Recht der Nachforderung vor Die vierte Abrüstungskonferenz eröffnet Russischer Vorstoß in Gens. W e i t g c h c ii d st c Forderungen. Mittwoch, kurz noch 11 Uhr, wurde die vierte Togung des Vorbcrcitcudcu Abrüstungsausschusses in Genf durch den Präsidenten London, dein holländischen Gesandten in Paris, mit einer Rede eröffnet, in der er sich kurz zum Stand der Vorarbeiten für die Abrüstungskonferenz äußerte. Der Andrang von Publikum und Presse war sehr stark. Die Aufmerksamkeit lenkt sich natürlicherweise stark ans die N ussen, die ziemlich als letzte im Saal er scheinen: Litwinow, Lunatscharski, Gcncral- stabschef Bugatschow, Admiral Berens und ihre Be gleiter. Sie nehmen, dem Alphabet entsprechend, am linken Ende des Hufcisentischcs Platz. Der deutsche Ver treter Graf Bern stör ff sitzt ihnen schräg gegenüber. Im Publikum bemerkt mau den Sekretär der Zweite» In ternationale, Fritz Adler, der den ehemaligen österreichi schen Ministerpräsidenten Grafen Stürgkh erschossen hat. Der Präsident hatte bei seiner Begrüßung noch ans die Entschließung der Völkerbundversammlung über die Aufgaben des zn bildenden S i ch c r h c i t s a n s s ch u s - s c s hingewicsen. Die Abr ü sinn g werde noch jahre lang auf sich warten lassen. Nach Wahl des Bnreans sprach Graf Bernstorff, der deutsche Vertreter. Er erwähnt den Brief, den er am 12. November an den Präsidenten London gesandt habe und der zu Mischer- ständnissc» geführt hat. Niemals habe er die zweite Lesung des Einigungscntwurfs schon jetzt beginnen lassen wollen; er habe nur eine Generaldebatte über das ge samte Problem der Abrüstung abhaltcn lassen wollen mit Rücksicht auf die ueueu Ereignisse und ans das Erscheinen neuer Mitglieder. Das könne mit leichter Änderung der Tagesordnung geschehen. Loudon dankt Bernstorff für seine Ausführungen und erklärt sich ein verstanden. Die russischen Vorschläge. Da sich im Augenblick niemand zum Wort meldet, spricht als erster der Führer der russischen Delegation, Litwinow. Er begann in englischer Sprache mit einem Hinweis auf die bisherige Unfruchtbarkeit der Arbeiten des Völkerbundes. Da die Sowjetrepublik bisher infolge der Ermordung Worowskis in der Schweiz und des Frei spruches seiner Mörder verhindert gewesen sei, an den Verhandlungen wr Abrüstungskommission tcilzunchmen, müsse er heute hier deu Plan der Sowjetrepublik für eine vollständige und allgemeine Abrüstung vorlegeu. Rußland sei stets für die Abrüstung gewesen. Es habe schon in Genua praktische Vorschläge gemacht, die abgelehut wurde». I» Washington sei es nicht z»- gelasscn worden. Im Dezember 1922 habe Rußland den Nachbarstaaten in Moskau praktische Abrüstnngsvorschläg« gemacht. Auch dies wurde abgelehnt. Litwinows vierzehn Punkte. Nunmehr gibt Litwinow den Abrüstungsplan be kannt, über den die russische Delegation zu verhandel» er mächtigt sei. Er besteht aus 1-1 Punkte« und zählt im einzelnen auf: 1. Entlassung aller militärischen Personalbestände und Verbot ihrer Einberufung; 2. Zerstörung aller Waf fe», Mttiütio», chemische» Kriegsmittel usw.; 3. Zer störung aller Kriegsschiffe und militärischen Luftschiffe; 4. Aufhörcn der militärischen Ausbildung in jedem Sinne und Verbot des Militärdienstes; 5. Verbot, die Reser visten anfzubieten; 0. Niedcrlegung der Festungen; 7. Unterdrückung der Kriegsindustrie; 8. Aufhebung der Militärbudgets; 9. Aufhebung der Kricasministcrien und der Generalstäbe; 10: Verbot der Militärpropaganda; 11. Verbot der Patente für Kriegscrfindnngen; 12. Er- klärnng aller Verstöße gegen die vorstehenden Punkte als Staatsverbrechen; 13. gleichzeitige Abrüstung aller Staaten in Etappen von vier Jahren. Die erste Etappe solle nächstes Jahr beendet sein. Die freien Geldmittel sollten zu Kulturzwccken verwcudet werden; 14. sofortige Ratifikation des Verbots zur Anwendung von Gas als Kampfmittel. Wenn die anderen Mächte es ablchnen sollten, über die ersten zwölf Punkte zu verhandeln, die in einem Jahr durchgeführt sein solle», so würden die Russen auch zu nächst über Punkt 13 verhandeln. Die gegenwärtige Kriegsgefahr erfordere nach rus sischer Ansicht sofortiges Eingreifen. Rußland erinnere daran, daß es anläßlich der Kriegsgefahr im Nordosten nicht nur in Warschau, sondern auch iu K owno cm- gcschrittcu sei. Schließlich unterbreitet Litwinow folgende» Resolutionsentwurf. Sofortiger Vegi»» der Ansarbcitnttg eines Detail- Projektes einer AbrüstttngSkonvcntion auf Grundlage der russischen Vorschläge, Einberufung einer Abrüstungskon ferenz für März 1928. Im Saale wurden die Darlegungen des russischen Redners — von denen er selbst sagte, sic erschienen viel leicht wie eine Utopie, aber nur im ersten Augenblick — mit sichtbar steigender Bewegung, jedoch unter lautloser Stille cutgegeugeuommcu. Unmittelbar nach Schluß der Rede Litwinows wnrde die Sitzung auf deu späte» Nachmittag vertagt. Die russischen Abrüstungsvorfchläge vertagt. Genf, 30. November. Die heutige Rnchmiitogssitzuug der Vorbereitenden Abrüstnngolonunisiion trug einen npsschlicßlich gcschästsordnmlgsmäßigcn Chckrcrktcr. Eine sachliche Debatte der heute vormittag eingebrächtcn Anträge der sowjetrussischen Dele gation aus Tctaläbrüjtung sand nicht statt. Gras Bernstorff beantragte, die Diskiissivn über die russischen Anträge aus die nächste Tagung der Abriistungskommission zu verschieben. Lit - wino m erklärte sich mit diesem Anträge des Grasen Bcrnstorss einverstanden, stellte jedoch chrodriictlrch sest, daß die Anträge der sowjetrussischen Delegation weder angenommen noch aügclchnt seien, sondern lediglich «jus der nächsten Tagung ohne einen neuen Antrgg der Sowjctregieruzig vor der Kommission zur Erörterung gelangen würden. Gras Bcrnstorss beantragte serncr, daß auf der gegenwärtigen Tagung bereits das Datum für die zweite Lesung des Konventionventwurses festgesetzt und diese Tagung mindestens einen Monat vor der nächsten Ratstagung des Völkerbundes stattsindcn sollte. Aus dieser Tagung sollen glcich- salls dann die russischen Anträge zur Erörterung gelangen. Diesen Anträgen des Grasen Bcrnstorss stimmten die Vertreter der Tschechoslowakei, Griechenlands und Argentiniens zn, woraus dann die Anträge »«genommen wurden. Die Kommission schritt sodann znr Bildung des Sicherheitsausschusscs. Der amerikanische und der russische Dclegationsführer lehnen Teilnahme am Sicherhcitsausschutz ab. Genf, 30. November. Zn der heutigen Nnchmittagssitzung der Vorbereitenden Abriistungskommission gab ccr amerikanische Dclcgalionsführcr, Wilson, eine längere Erklärung ab, in der er Amerikas Teilnahme au dem erstrebte» Sicherheilsausschuß ablehnte. Wilson betonte, daß Amerika als Nichtmitglied des Völkerbundes keinen Plan einer Kontrolle annehmen könne. Wenn die Frage eines gemeinsamen Sicherheitspaktes ausge- -worseu werden sollte, so müsse Amerika darauf Hinweisen, daß seine geographische und verfassungsrechtliche Lage eine besondere Haltung der amerikanischen Delegation fordere. Wohl hätten die Vereinigten Staaten für das Problem der internationalen Sicherheit volles Interesse. Das hätte schon das im Jahre 1021 zwischen England, Frankreich, Japan und Amerika abgeschlossene Sicherheitsabkommen bewiesen. Für die Vereinigten Staaten bedeute dieser Vertrag auf dem Pnzific völlige Sicherheit. Nichts destoweniger lege aber die amerikanische Negierung großen Wert darauf, in der Abriistungskommission weiter mitzunrbeiten. Auch der russische Delegationsführcr Litwinow gab die Er klärung ab, daß seine Regierung sich am Sicherheilsausschuß des Völkerbundes nicht beteiligen könne, weil sie nicht im Völker bund sei. Vor der Bttdung des Gicherheiwausschusfes. Gens, 30. November. Die Vorbereitende Abrüstiings- kommission beschloß, morgen die konstituierende Sitzung des Sicherheitsausschusscs abzuhältcn. Jede Delegation wird einen Delegierten in den Ausschuß entsenden. Morgen vormittag wird das Präsidium des Ausschusses gewählt werden und die Vorbereitende Abriistungskommission wird nur noch einmal zn- sammentretcn, um den Bericht des Sicherheitsausschusscs über seine Bildung entgegcnzunehmen und um die nächste Tagung der Kommission festzulcgcn. Zum Freitag oder Sonnabend wird die Tagung der Abriistungskommission beendet sein. Eine neue Woldemarasnotc an den Völkerbund. Kowno, 3». November. Wie der nckch Kowno entsandte Sonderberichterstatter der TU. meldet, hat Moldemnräs eine weitere Ergänzungsnote an den Völkerbund gerichtet, in der entgegen polnische» Behauptungen festgestellt wird, daß keine Desertionen in der litauischen Armee vorgelommen sind. Wenn Polen von einer Massenflncht litauischer Soldaten nach Pole» spreche, so sei Litauen gezwungen, sein Militär zu konzentrieren, denn die Vermutung liege nahe, daß man in Polen Banden gegen Litauen organisiere. Flk eilige Leser. * Das Rcichslabmcu beschäftigte sich in seiner gestrigen Sitzung neben innerpolitischeu Angelegenheiten mit der bevor stehenden Tagung des Völkerbundsralcs in Genf und nahm hier über einen Vortrag des Rcichsaußenmiuisters entgegen. * Von unbekannten Aitcnlälern wurde gestern in Chicago in einen neben einem Kino gelegenen Garnladen eine Bombe ge worfen. In diesem Jahre hat Chicago nunmehr 100 Bomben würfe erlebt. Der Schaden, den der Bombenwurf anrichleie, war jedoch gering. * Die Verhandlungen zwischen Tschanglsolin und den Ja panern über die Erweiterung der japanischen Vorrechte in der Mandschurei sind nm Mittwoch ergebnislos abgebrochen worden. Tschanglsolin erklärte dem japanischen Gesandten, daß er daraus bestehen müsse, daß keine Vorrechte mehr an Ausländer vergeben werden. * Bei einem Zusammenstoß zwischen Straßenbahn und Eisen bahn wurden in Rcwjcrscy 22 Personen verletzt. Ein deutsch-russisches Diner in Gens. G e n f. Graf Bernstorff veranstaltete gestern abend im Hotel Mctropol ein Diner, an dem sämtliche Mitglieder der sowjet- russischen Delegation sowie die übrigen deutschen Delegierten und deutschen Mitglieder des Völkcrbniidssekrciariais tcilnahmen. Paris unter dem Eindruck des Rttsienvorstoßes in Genf. Paris, l. Dezember. Der Genfer Vertreter einer Pariser Agentur berichtet, daß Litwinows Erklärungen in Völterbunds- kreisen die Meinung erweckt hätten, daß die Sowjetdclcgaiion mit ihren indikalen Abrüstungsvorschlägen die deutsche Delega tion in Verwirrung gesetzt habe. (?) Für die Sowjetunion käme es in Genf nur darauf an, Propaganda zu treiben. Die Milt wochabendausgabe des Tcmps mißl der russischen Teilnahme an den Genfer Abrüstungsbernlungen die größte Bcdeulung bei. Die Delegation der Russen, die nach Genf entsandt worden sei, verfolge den Zweck, die Politik des Völkerbundes zum Scheitern zu bringe». Wenn mn» auch nicht behaupten könne, daß zwischen Moskau und Berlin eine gemeinsame Taktik in Genf verabredet worden sei, jo müsse man doch darauf gefaßt sein, daß die Russen die deutsche Delegation unterstütze» werde». Für Frankreich gehe immer noch die Sicherheit über die Abrüstung. Die schlimmsten Friedensgegncr seien die Abrüstungsprcdiger, die sich nicht um die Sicherheit aller Rationen kümmerten. (!?) London zn den Abrüstttlistsvorschliisten Litwinows. London, 30. November. Die Londoner Abendblätter ver öffentliche» i» großer Aufmachung die von Litwinow in der heutigen Sitzung der Abriistungskommission unterbreiteten Vor schläge. Obwohl damit gerechiiel wurde, daß die russische Delega tion einen sehr weitgehenden Plan unterbreiten werde, haben die mun von Litwinow vertretenen Forderungen doch erhebliche Sen sation in London hervorgerusen. Iu politischen Kreisen dis kutiert man eifrig über die von Rußland mit der Unterbreitung dieses Vorschlages verfolgten Politik. Es herrscht einige Ver wunderung darüber, daß die den realen Machlminclu keineswegs abgeneigten Machthaber in Moskau so radikale Vorschläge unter- dreilen, über deren Undurchführbarkeit sie sich kaum einem Zweifel hingeben könnten. Auf englischer Seite sieht mau zu nächst keinen Anlaß, mit besonderen Argumenten gegen den sowjetrussischen Plan vorzugehcn, da man glaubt, duß er ohnehin auf die ziemlich einstimmige Ablehnung der Abrüstungs- kommissiou stoßen wird. Deutschenhetsc i« der belgische» Kammer. Brüssel, 1. Dezember. Iu der belgische» Kammer wurde am Mittwoch die Debatte »ach der Regierungserklärung fort gesetzt. Der frühere Ministerpräsident Cariol de Wiari wies aus die Notwendigkeit hin, die belgischen Ostgrenze» gegenüber Deutschland »och weiter zu befestige». Auch der ehemalige Kriegsmiuister de Veze sprach wieder ucm einer deutschen'Eesahr. Der Kamps gegen die russische Opposition geht weiter. Wie der Vorwärts aus Charkow meldet, erklärte ein Mit glied der Zentralcxekutive der Kommunistischen Partei auf dem Parteitag in Charkow, daß weitere 500 Oppositionsangchörige ihren Ausschluß aus der Partei zu erwarte» hätte». Jedem, der die Gesetze verachte, werde künftig auch die Strafverfolgung drohe». Ueberführmig des zweite» Neparatiousschwimmdocks »ach Frattkreich. Hamburg, 30. November. Das zweite, aus der Deutsche» Werft auf Neparatiouskonlo für Frankreich erbaute 3000 Tonneu große Stahlschwimmdock hat heute morgen im Tau zweier Schleppdampfer Haneburg verlassen, um »ach Frmikreich über führt zu werde».