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Ständige Wockenbeilsgen: L Sächsische Schweiz Tageszeitung für die Landgemctnocn Allendorf, Kleingießhübel, Kleinhrnncr,-, darf, Krippen, Lichlenhain, Mittelndorf, Ostrau, Porschdorf, Postelwitz, Prosten. Rathmannsdorf, Rcinhardlsdorf, Schmilka, Schöna, Wallersdorf, Wendifthfayre, sowie für das Ejsamtgebiet der Sächstschen Schweiz Druck und Verlag: Sächsische Elbzeitung, Alma Hieke, Inh. Walter Hieke Verantwortlich: K. Rohrlappcr Anzeigenpreis fin RM.): Die 7gcspaltene 85 mm breite Pctitzcile 20 Pfg., für aus wärtige Auftraggeber 25 Pfg, 65 mm breite Neklamczeile 80 Pfg. Tabellarischer Satz nach besonderem Tari,. - Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt. Anzeigenannahme für alle in- und ausländischen Zeitungen , „Unterstnltungsbeilage", Atlc; O->l^n im Rilü ttus der Welt der Frau", Illustrierte Sonntagsbeilage 2 Tageblatt für die «exr-KIt die amtlichen Bekanntmachungen fite den St.-trat, da» Amlsgcrichi da« Hauptzolllamt Bad Schandau und da« Finanzamt Sebnitz. — Bankkonten, »tadtdank — Stadtgirokaffe Nr. 12 - OMchsischc Genoslenschafttdank Zwcignieder laffung Bad Schandau — Postscheckkonto: Dresden S8 827 , Kernsprecher: »ad Schandau Nr. 22 — Drahtanschrift: Elbzeitun, Bad Schandau Erscheint täglich nachm. 5 Uhr mit Ausnahme der Sonn» und Feiertage. — Bezugr- »reis (in NM.) halbmonatlich in. 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Die Leiche Zena Begs ist gestern im Frcmdcusalon des Prager Wilfoubahnhoss feierlich ausgebahrt worden. In Prag erwartet man die baldige Ankunft des frühe ren albanischen Gesandten in Bukarest, Vloshmi, der die Leiche nach Tirana überführen soll. * Das Völkcrbuudssckrctariat veröffentlicht die in Genf ciu- gctroffenc Bcschwcidcschrift Litauens gegen die litauerfcindllchc Wilna-Politik Polens. Die Veschwcrdcschrift, die elf Seiten und noch drei Beilagen von zusammen sechs Seilen umfasst, gehl iu sehr -scharfen Ausdrucken davon aus, das; die polnische Regierung bereits im Sommer mit ihrer Gewaltpolitik im Wilna-Gebiet begonnen hätte. Wahlrechisressrm? Von einem Parlamentarier. Solange irgendein Wahlrecht zu einer parlamen tarischen Körperschaft besteht, mag es sein wie es will — cs wird immer zahllose Wähler oder Mandatskandidaten geben, die über dieses Wahlrecht ausgiebigst ihre Unzu friedenheit ausdrückcn. Die Vorwürfe sind so mannig faltig wie die verschiedenen Wahlsysteme, die es überhaupt gibt oder die denkbar sind. Und deren Zahl geht in die Dutzende. Ist cs doch auch wirklich ein über aus schwieriges Problem, namcutlich in einer Demokratie, mit Hilfe irgendeines Wahlrechts der „Volksstimmung" Ausdruck zu verleihen, wobei noch — nm nur eins zu berühre« — z. B. bei nuferem in Dcntschland geltenden Ncichstagswnhlsystem sich diese „Volksstimmung" ganz gewaltig ändern kann, ohne das; sich dies etwa bei Nach wahlen irgendwie änsiert. Nun ist soeben vom Zentrum eine Interpellation an die Ncichsrcgicrung gerichtet und darin gefragt worden, ob sic bereit sei, noch in diesem Reichstage eine Ände rung des Wahlrechts d n r ch z u f ü h r e n. Zweier lei wird gegen das jetzt geltende Wahlrecht cingewendet: die Listenwahl verhindert eine wirkliche Mitwirkung der Wähler bei der Aufstellung der Kandidatenlisten, anderer seits sind die jetzigen Wahlkreise viel zn gros;, als das; die wünschenswerte enge Fühlungnahme zwischen Wühler und Abgeordneten besteht. Abgesehen davon, das; die Negierung bis auf lange Zeit hinaus mit allerdriuglichstcu Aufgaben belastet ist, die ja zum großen Teil daun auch parlamentarische Aufgaben werden, der Reichstag außerdem noch eine gewaltige EtatSberatunc, vor sich hat, ist gerade die Wahlreform eine der kitzligsten Dinge, die vor das Forum eines Parlaments kommen können. Persönliches, allzu Persönliches spielt -d-abci in weitestem Maß mit; dann kommen parteipolitische (Er wägungen hinzu — freilich auch objektiv-nüchterne, die nicht so leicht beiseitczuschiebcn sind. Die Große der Wahlkreise z. V. — die ließe sich ja leicht beseitigen; aber andererseits hemmte erfahrungsgemäß der große Wahl kreis die allzu weitgehende Stimmenzcrsplitterung. Und ebenso werden sich gegen eine stärkere Einflußnahme der Wählerschaft auf die Aufstellung der Kandidatenlisten gc- ivichtige Stimmen geltend mache;; können, die darauf Hin weisen, daß das übel der Stimmen- nnd Par te i e n z c r s p l i t 1 c r u n g dadurch eina ganz ungeahnte Ausdehnung erfahren würde. Fallen doch schon heute bei jeder Wahs etwa 800 000 bis 600 000 Stimme» unter den Tisch, weil sie abgegeben wurden für Kandidaten, die hinter sich nicht die festgeschlossene Organisation einer Partei oder sonst einer Gruppe zur Stütze haben. Im übrigen macht sich ja der Einfluß der wirtschaftlich fest organisierte;; Teile des deutschen Volkes bedeutsam gcuug geltend bei der Aufstellung der Kandidatenlisten; davon wissen alle Parteien von rechts bis links manch' Lieblein zn singen. So ganz und gar ausgeschaltct, wie das viel fach behauptet wird, ist ja der Wähler bei. der Listenauf- stcllung durchaus nicht, wenn er nämlich organisierter Wähler ist. Dann aber macht er seinen Einfluß eben in der und durch die Orgauisation gelteud. Mau mag das übcr- wucheru des organisatorischen Gedankens auch im poli tische» Lebe» beklage», bescmders i» Dcutschla»d, aber ma» kau» sich nicht mehr dagegen stemmen, weil gerade in einer Demokratie, wo die Stimmenmehrheit, also die Masse entscheidet, stärkste Wirkungen auch nur von zn- sammcngeballtcn, durch einheitliches Wollen zusammen- geführten Masse» ausgeübt werden können. So ist eine Wahlrechtsreform nicht bloß eine kitzlige Sache für jedes Parlament, sondern es ist ein Problem, angesüllt mit zahllosen Streitfragen und Meinnngsver- schiedenheiteil. Wie Lage im mitteldeutschen Streikgebiet Die Zahl drr Streikenden im mitteldeutschen Brann- kohlcnrevicr hat wieder zngcnommcn. Nach Angaben, der Streikleitung stehen von 70 000 Bergarbeitern <>8 000 Mann im AnSstand. Mit schwerer Sorge sicht man in Wirtschaftskrciscn der Gefahr entgegen, die durch eine längere Taner des Streiks für unsere neu geschaffenen Absatzmärkte iu Skandinavien entstehen würde. Es ist dort in der letzten Zeit durch eine sorgfältige Absntz- orgnttisation gelungen, die englische Kohle zn verdrängen. Eine Unterbrechung der Belieferung würde den Eng ländern das Feld wieder frei machen. Rach Angabe des Deutschen Brannkohlenindustrie- Vereins ist cs in allen Revieren zu Strciktcrror ge kommen, in viele» Fülle» si»d sogar tütlichc Attgrifsc der Streikende» auf '"Arbeitswillige vorgekomme». In Olbers- Strcikpostcn im mitteldeutschen Brannkohlcngcbkct. dorf bei Zittau wurden z. V. zwei Bergleute von de»; Werk „Glückauf", als sie sich zur Arbeitsstätte begeben wollten, von Streikenden aus dem Hinterhalt übersatte» u»d schwer mißhandelt. Sie mnßten mit schweren Ver letzungen ins Krankenhaus gebracht werden. Die Ne gierung in Merseburg gibt demgegenüber bekannt, das; aröstcrc Terrorakte dort nicht zur Kenntnis gelangt seien. Steigende Zahl der Arbeitswilligen. Wachsende Torroratte. Senftenberg, 10. Oktober. Auf Grube Ilse wurden in -der Nacht zum Dienstag unter die Schienen eines Anschlußgleises, auf dem die Kohlenwagen ans der Grube nach den; Gütcrbahu- hofe befördert wurden, zwei Handgranaten gelegt und znr Ent zündung gebracht. Glücklicherweise widerstanden die Schienen der Explosion. Was die Streiklage am Mitlwochmitlag betriff;, so ist festzustcllen, daß die Zahl der Arbeitswilligen im steten Steigen begriffen ist, andererseits aber auch -der Terror der Streikenden wächst. Neuerdings stellen sich Streikposten vor den Hänsern auf, kn denen Arbeitswillige wohnen, nnd verwehren diesen den Gang zur Arbeitsstätte. MW Ser Am mA WbmWti MWSlmen iliit W StrciMWM. Dresden, 10. Oktober. Am heutigen Tage sanden im sächsischen Wirtschaftsministcrium Verhandlungen mit den Ver tretern der Leitung des VraSrnkohlenbergarbeiterstreiks statt, die die Forderung erhoben, es möchte die Technische 'Rothilse in Böhlen und Hirschselde zurückgezogen werden. Da die Vertreter der Streikleitung erklärten, daß sie nur bereit seien, als 'Rot- standsarbeite» die Versorgung der Wasserwerke, Krankenhäuser und ähnlicher Anstalten mit Strom zuzulassen, die Stromver sorgung sür gewerbliche und landwirtschastliche Betriebe und für die Straßenbahnen aber ausdrücklich ablehnten und auch die Stromversorgung der Haushaltungen nicht im erforderlichen Um fange sicherstellen wollten, so war der Wirtschnftsminister nicht in der Lage, die Technische Nothilfc, die nur sür die Aufrecht erhaltung des Betriebes in den elektrischen Kraftwerken ein gesetzt ist, zuriickzuziehcn, da er nach der Verordnung des Reichs präsidenten vom 10. Nov. 1920 verpflichtet ist, die Stromver sorgung der Bevölkerung, falls sie ganz oder teilweise bedroht ist, sichcrzustellen. Ein Einsatz von technischer Nothilfe für die Förderung von Kohlen zum 'Absatz und für die Brikettcrzeugung ist nirgends erfolgt. Professor Brahn Schlichter im Braunkohlenstreik. Berlin. Zum Schlichter -für die heute vormittag 11 Uhr im Reichsarbeitsmiu-ister-ium beginnenden Schlichtungsverhand- -lungen im millelde-utschen Brauutohlenkonsl-ikt ist wiederum Professor Drahn bestellt worden. Vom Reichsarbcilsministerinm wird darauf hingcwicsen, daß der Schlichter in seiner Entschei dung völlig frei -ist und ganz aus eigenem Ermessen zu ent scheiden Hal. Falls ein Schiedsspruch zustande kommt, aber von einer der Parteien oder von beiden Parteien nicht -angenommen wird, wird erst dann die Frage der VcrbindlichkcUscrkläruug durch das Ncichsarbeitsministcrium akut werden. Berlins Stromversorgung nicht gefährdet. Halle, 19. Oktober. Das Werk Eolpa, von dem aus Zschorne witz beliefert wird, hat gestern statt 85.00 Tonnen nur 7500 Ton- ucn gefördert. Statt 5 Züge sind heute nur 8 cingefahren. Man hofft, daß im Laufe des Tages mach ein vierter cinfahrcn wird, wodurch dann die Strombclicfcrung gesichert wäre. Die Zentral- streillcilung gibt bekannt, daß sie die Förderung auf Grube „Golpa" von 8000 auf 4000 Tonnen hcrabdriickcn will. Die anderen Gruben liegen entweder still oder hallen mit einer kleinen Schicht Nolbclricbe aufrecht. Wie die Zcntralstrcit- leitung mittcilt, beabsichtigt sic, auf Grube „Golpa" die Hälfte der Notstandsarbeitcr zurückzuziehen, da nach ihrer Ansicht für Ausführung der Nolstandsärbeilen diese reduzierte Zahl genügt. Der Vraunkohlenindustrie-Bercin zur Streiklagc. Halle, 19. Oktober. Der Braunkohlenindustrie-Vercin gibt zur Streiklagc folgenden Tagesbericht 'aus: „Aus alle» Revieren wird berichtet, daß sich eine außerordent liche Verschärfung des Terrors -fühlbar »rächt. Durch amtliche Untersuchung wurde fcstgcslellt, daß bei der Grubenanschluß bahn der Ilse-Vergbnu-A.-G. nach Groß-Raschen ein Sabotageakt durch Haudgranntcn verübt worden ist. Zahlreich sind auch die Meldungen -Uber tütlichc Angrisfc ans Arbeitswillige. Zum Teil haben die Angegriffenen sich in ärztliche Behandlung be geben müssen. Neben dieser Form des Terrors zeigt sich eine weniger gewalttätige, die darin besteht, große Massen von Streikenden auf Fahrrädern, Ncichspostamos oder sonstigen Be förderungsmitteln vor den Wcrkscingängen zu konzentrieren und entweder durch Kcttebilden den Zugang der Werke abzn- sperren oder die Arbeitswilligen zu zwingen, ihren Weg durch die dichten Streikgruppen zu nehmen nnd sich hierbei Bedrohungen nnd wüsten Beschimpfungen auszusetzen Der 'Regierungspräsident von Merseburg nahm heute morgen -selbst Gelegenheit, sich bei»; Schichtwechsel der Grube „Alwiner Verein" davon zu überzeugen, daß das dort geübte Strcikpostcn- stehcn weit über die Grenze des Zulässigen hinausgeht. Unter dem anßcrordcntlich starken Druck, der von den Streikenden auf die Arbeitswilligen ausgettbt wird, ist bei einigen Ernben ein leichtes Abbröckeln der Zahl der Arbeitswilligen zn verzeichnen. Dort, wo sich -aus -der Natur der Lage der Grube eine Terrori sierung -der Arbeitswilligen schlechter durchführen läßt, nimmt die Arbeitswilligkeit der Belegschaft zu. Insgesamt betrachtet hat deshalb die Produktion -der Werke gegenüber den; Vortag keinerlei Einbuße erlitten. Die Zahl der Arbeitenden in den Betrieben würde sich sofort ganz erheblich vergrößern, wenn die Polizei -den Arbeitswilligen einen ungestörten Zugang zu -den Werken sichcrstellte Die von der Streikleitung verbreitete Nach richt, die Braunkohlcngrube des Leuna-Werkes sei zum Erliegen gekommen, ist glatt erfunden. Die Gruben arbeiten vielmehr nach wie vor -in demselben Umfang wie gestern." * Bergarbeiterstreik i» Nordeoluravo. Irr den Braunkohlenbergwerken von Nordcolorado -iiht die Arbeit, da mehrere tausend Arbeiter eurem Streikaufruf der „Industrial Workers of thc World" Folge geleistet haben. Dieser Verband erstrebt einen Tagcslohu von 8X- Dollar für jeden Arbeiter. 18 Per sonen, angeblich Mitglieder dieses Verbandes, wurden wegen gesetzwidriger ArifsteM-no von Streikposten verhaftet. * Gtteiklmmhen m Spanien. » Viele B o m b e n a t t c n t a t c. Bei dem Bergarbeiterstreik in Nvrdspanicn ist es zn schweren Unruhen und blutigen Gefechten zwischen den von dem Diktatur Primo de Rivera ins Streikgcbiet ent sandten Truppen und den Bergarbeiter» gekommen Eine grüße Zahl von BoinbcnaUe»tatcn hat stattgcfunden. Der Ausstand nimmt allmählich eine stark politische Färbung an. Primo de Rivera hat bei den ersten Lohn- bcwegnngen den Bergarbeiter» gege» die Grubenbesitzer geholfen. Jetzt hat er aber die Beschwerden der Gruben besitzer anerkannt nnd die Akkordlöhne gekürzt. Aber die Lohnfrage wäre nicht so gefährlich, wenn nicht die poli tische Agitation sich so heftig auf das Streikgebiet ge worfelt Hütte. Alle Reisenden ans Spanien berichten, daß die Lage ünßerst gespannt ist.