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September 1927 71. ^abrgang Nr. 218 Für eilige Leser. * Dr. Stresemann empfing gestern nachmittag im Hoiel Metropole in (Senf die Vertreter der deutschen und der auslän dischen Presse zu einem Tee, in dessen Verlauf er in einer Rede auf die .aktuellen Fragen des Völkerbundes einging. * Einer Meldung ans Genf zufolge soll die Unterzeichnung der politischen Schicdsvcrtrttgc zwischen Deutschland und Luxemburg, Belgien und Luxemburg und Frankreich und Luxemburg am Montag zu erwarten sein. * Im lhüriugisch-bayrischeil Grenzgebiet des Bezirkes Schankau sind mehrere Fälle von Typhus und Paratyphus zu verzeichnen. Das Bezirksamt Koburg erlägt eine Warnung und stellt fest, daß die obere Jh und die Gümpcn als verseucht anzuschcn sind. Auch zu Waschzwccken darf das Wasser der genannten Flüsse nicht ver wendet werden. * Gestern nachmittag wurde auf dem unbewachten Bahnüber gang bei Buchwald, auf der Strecke nach Striegau, ein mit drei Pferden bespannter Ackerpslug von einem Personenzug über fahren. Der Kutscher und die drei Pferde wurden getötet. Revolverpolitlk. Der Revolver knallt. — Knüppelpolitik. — Der wahrhafte Völkerbund. — Zwei Eisen im Feuer. Im Schweiße seines Angesichtes müht sich der Völker» blind um eine Beruhigung, eine Befriedung der Welt und die nationalen und internationalen Friedenskongresse lösen einander unaufhörlich ab. Das hindert aber nicht, daß innerhalb der Völker der Einzelkrieg von Mann gegen Mann nicht nur recht munter fort- betricbcn wird, sondern von Tag zu Tag immer zahl reichere Opfer fordert. Wohin wir blicken: der Revolver knallt und Tote und Verwundete bedecken den innenstaatlichen Kampfplatz. In Paris wird der italienische Vizekonsul von einem antisafchistischen Landsmann nicdergefchossen, Kn N a v c n n a ein Kommunist nach einer heftigen Schieß übung gegen faschistische Offiziere hon einem der Ge troffenen auf dem gleichen^Wege „erledigt" und in den kleinen litauischen Städten^müssen höhere und niedere Polizcioffiziere, aus dem Hinterhalt überfallen, die Gewaltherrschaft der Machthaber von Kowno mit ihrem Leben bezahlen. Nur die „edlen" Polen, die ja sonst mit dem Schießeisen auch einigermaßen unbesonnen umzu- gchen wissen', ziehen neuerdings weniger lebensgefähr liche Waffen vor. Da wird ans einer der belebtesten Straßen der Landeshauptstadt ein den Pilsudski-Leuten mißliebig gewordener Tagcsschriftstellcr plötzlich mit K n ü p p e l n n i e d c r g c s ch l a g c n, geknebelt, in einen Kraftwagen gezerrt nnd in einen zwanzig Kilometer von der Stadt entfernten Wald verschleppt, dort aber dann erst recht erbarmungslos verprügelt, mit der freundlichen Verwarnung, nicht mehr so wie bisher über den Marschall zu schreiben, und so wie cs ihm heute er gangen sei, würde es morgeil einem anderen ergehen. Der Mann der Feder hat nun die Wahl, ob er fortan schweigen oder lieber gar den Beruf wechseln will. Was aber aus dem seit Wochen spurlos aus dem Warschauer Gefäugnis verschwundenen General Zagorski ge worden ist, danach fragt man diejenigen, die es wissen '.uüssen, vergeblich. Vielleicht ist er schon längst heim tückisch zur „großen Armee" abgeschoben worden, viel leicht wird er außer Landes irgendwo hinter Schloß und Niegel gehalten; jedenfalls, in Polen, in Litauen, in Italien gäbe cs schon für Genfer Freunde allerhand zu tun — wen» sich die Herreu Pilsudfki oder Woldcmaras oder gar Mussolini von außen her in ihre Geschäfte über haupt etwas dreiureden ließen. Aber in innenstaatlichen Angelegenheiten hat der Völkerbund vorläufig noch „nix to seggcn" und so wird der Revolver in diesen inter essanten Gegenden auch fernerhin noch seine ungemein scgenbringcnde Tätigkeit als Friedensstifter zwischen feindlichen Parteien wcitcrspielen können. Im übrigen hat eine Andeutung, die Herr Cha m - 'berlain während der großen Ansprache im Genfer Fricdcnspalast zu Besten gab, lange nicht die Beachtung gefunden, die sie verdiente. Nach ihm gibt es nämlich einen viel älteren und wohl auch, bis jetzt wenigstens, viel erfolgreicheren Völkerbund als denjenigen, der seinen Sitz in der Schweiz aufgeschlagcn hat: das Britische Reich! Das Britische Reich mit seinen Kronländern und Dominien stellt in den Angcn des englischen Außen ministers das Ur- und Vorbild des wahrhaften Völkerbundes dar, denn es habe in seiner Mitte gleich falls Gegensätze zu überwinden, Ausgleich uud Versöh- uuug zu schaffen und die gesammelte Kraft aller Neichs- teile nach außen hin für die staatspolitischcn Ziele des ganzen Volkes zur Geltung zu bringen. Man sicht, Herr Chamberlain ist gar nicht so witzlos, wie er gewöhnlich geschildert wird. Das Britische Reich ÄMms Zttbckn in jWMcu WMmi 14« GMMe geMrrken Newport, 17. September. Nach hier cingctrossc- nen Meldungen hat sich in der Ariaka-Bucht bei der Insel Ciuschiu ein furchtbares Seebeben ereig net, bei dein 140 S ch i f f e g e s u n k c n bez. schwer be schädigt sein sollen. 7l) Personen sollen den Tod in den Wellen gefunden haben. Wie ferner gemeldet wird, soll der aus der Fahrt von Kamtschatka nach Japan befindliche japanische Dampfer „Wn-Sung" mit MM Personen an Bord ge sunken sein. Eine Bestätigung dieser Meldung liegt jedoch noch nicht vor. hat also niemals ein Wässerchen getrübt, es hat immer nur mit friedlichen Mitteln seine europäische wie seine überseeische Machtstellung zu mehren gesucht. Es hat auch in Irland zum Beispiel, in Südafrika stets auf Eintracht nnd Bürgersrieden hingcarbcitct. Und wenn doch einmal irgendwo mit dein Säbel gehauen und mit der Flinte geschossen wurde, so geschah das ganz be stimmt lediglich infolge unglücklicher Schicksalsfügungen, denen sich der britische Völkerbund, ob er wollte oder nicht, schweren Herzens unterwerfen mußte. Nun, mau wird dieser Art von rückblickender Geschichtsbetrachtung immerhin den Reiz der Neuheit nicht absprechcn können. In Genf lassen sich ja auch, je länger, desto mehr, Stim men hören, die dem gegenwärtigen Völkerbund eine irgendwie zusammengesetzte bewaffnete Macht zur Verfügung stellen möchten, damit er ungehorsame Mit glieder, die ihre letzte Zuflucht zu Kanonen und Flug zeugen statt zu Völkcrbnndcntschließungen und Schicds- gcrichtssprüchen nehmen wollen, zur Raison bringen könne. So würde freilich der Völkerbund genötigt werden, Krieg zu führen — und wir stünden wieder einmal am Ansgang der ganzen Friedensbewegung, vor Entschei dungen mit Blut uud Eiseu. Chamberlain, weiß, was er tut, wenn er dnrchblickcn läßt, daß ihm sein Völkerbund, eben der britische noch etwas näher am Herzen liegt als der Genfer, für den natürlich auch er schöne Worte in Hülle nnd Fülle übrig hat. E r kann es sich, wie auch sein lieber Freund Briand, eben leisten, zwei Eisen im Feuer zu haben: ein militärisches uud ein geuscrisches. Nur von Deutschland wird verlangt, daß cs sich dauernd mit dem einen, dem Friedensfener begnüge. Eine so „ab- gcrüstetc" Welt wird allerdings aus der Angst und Sorge vor neuen Kriegen niemals herauskommen! Schiedsgericht lind Abrüstung. Ein neuer französischer Antrag. Im Abrüstungsausschuß des Völkerbundes brachtk der französische Delegierte Päul-Boncour den vor einigen Tagen angckündigtcn Entschließungsantrag znr Schieds gerichts- und Nüstungsfragc ein. In diesem Entwurf wird der Völkerbundvcrsammlung der Abschluß von Schicdsgerichtövcrträgcn, die eine friedliche Regelung aller Streitigkeiten sicherstettcn und zwischen allen Län dern gegenseitiges Vertrauen Herstellen, empfohlen. Gleich zeitig wird der Nat gebeten, den Abrüstungsausschuß da mit zu beauftragen, einen Vorcntwurf znr Begrenzung nnd Verminderung der Rüstungen und die Maßnahmen zn prüfen, die geeignet sind, allen Staaten die notwendigen Sichcrhcitsgaranticn zn geben, um ihncu die Festlegung der Höhe ihrer Rüstungen auf nied rigster Ziffer in einem internationalen Abrüstungs- Vertrag zu erlauben. Vorangcgangcn war eine sehr wirksame Rede des schwedischen Delegierten Sandler. Er sagte u. a.: „Keine juristische Arbeit könne die Lücke in der Sichcr- heitsfragc füllen." „Wenn der Nachbar eine Großmacht ist, was dann?" sagte Sandler. Erst müsse Ab rüstung erfolgen, um eine gewisse Gleichheit her- zustelleu. Graf Bernstorff stimmte den Ausführungen Sandlers in wenigen Sätzen wärmstens zu. Paul-Bonconr meinte dann, die Sicherheit sei eine unerläßliche Voraussetzung der Abrüstung für die meisten Staaten nnd nur die Verwirklichung dieses Wunsches könne allein die Möglichkeit geben, die Erfüllung der Forderung zu ermöglichen, die Graf Bernstorff als der Gläubiger immer wieder vorbringe uud die ihm „so be rechtigtermaßen am Herzen liege." Der Vorschlag Paul- Bonconrs wird in Genf allgemein als Versuch gewertet, das Gegcucinanderwirken der verschiedenen Vorschläge zur Abrüstungs- uud Sicherheitsfragc zu vermeiden und zugleich den französischen Tendenzen in unauffälliger Form die Überlegenheit bei den bevorstehenden Beschluß fassungen uud für die weiteren des Vorbereitenden Ab rüstungsausschusses zu sichern. Vor dem Zusammentritt des neuen Völkerbundörates. Genf, 16. September. Auf der Tagesordnung der Sitzungen des neuen Völkcrbundsrates stehen folgende Punkte: Das Klagcrccht der Danziger Eisenbahner, das Extcrrito- rialitätsrccht auf der Westerplatte, die armenische Flüchllings- fürsorge, die Salamisasfarc, sowie der Bericht Dr. Stresemanns über die Durchführung der Beschlüsse der Wcltioirlschastskonscrcnz. * Polnischer Ltebergriff in Danzig. Oie Westerplatte als polnisch erklärt. Selbstverständlich mußten die polnischen Meldungen über die angebliche Gcfangcnhaltnng des verschwundenen Generals Zagorski auf der Westerplatte die Danziger Behörden zn einer Untersuchung des Sachverhalts drän gen, denn wäre Zagorski tatsächlich auf der Westerplatte, so würde cS sich um eine Freiheitsberaubiiug haudcl», die nach Danziger Recht strafbar ist. Unbezwcifclt gehört die Westerplatte zum Danziger Gebiet, was anscheinend jetzt auf einmal die Polen nicht wahr haben wollen. Oder sie stellen sich wenigstens so, So konnte sich der neueste Zwischenfall entwickeln. Die polnische diplomatische Vertretung wurde durch die Dan- ziger Behörden davon in Kenntnis gesetzt, daß die Poli- zcibcamtcu unter Führung des Leiters der Krimkual- Polizei sich nach der Westerplatte begeben hätten. Der Kommandant der Westerplatte ließ den Danziger Beamten durch eine» Feldwebel bestelle«, daß die Wester platte polnisches Gebiet sei nnd eine Amtshandlung Danziger Beamten ohne Genehmigung der polnischen diplomatischen Vertretung nicht zugelasfcn werden könne. Später teilte die polnische diplomatische Vertretung dem Polizeipräsidium mit, daß die polnischen Behörden end gültig geprüft hätten, ob Zagorski auf der Westerplatte fei. Eine Dauzigcr Amtshandlung sei deshalb nicht not wendig. Die Danziger Behörden werden also verhindert, ans der Westerplatte, die Danziger Gebiet ist nnd Danziger Recht untersteht, nachznprüfen, ob dort die Danziger Ge setze verletzt werden. Dieser Vorfall stellt eine derartige Überschreitung aller den Polen gezogenen Grenzen dar, daß der Völkerbund in Genf wohl kanm noch umhin kann, endlich zu den untragbar geworden«;» Vcrhältnisfen in Danzig Stellung zu nehmen. Danziger Enttäuschung über die Verschleppung der Westernplattcnfragc. Danzig, 16. September. Die Danziger Blätter geben heute zn der gestrigen Ablehnung «des Danziger Antrags auf Ver legung des polnischen Munitionslagers von der Wcstcrnplatle der tiefsten Enttäuschung über die Genfer Verschleppungsmauöver Ausdruck. Die Dauziger Neuesten Nachrichten schreiben, daß man sich in Genf zwar bemühen wollte, in der Angelegenheit eine ge rechte Entscheidung zu tresfen, aber das Problem und die Stim mung der Danziger Bevölkerung zuriickgestcllt habe hinter die opportune Erwägung, jetzt eine Polen ungünstige Entscheidung fällen zu müssen. Die Danziger Allgemeine Zeitung schreibt, daß die Hinauszögerung der Westernplattenfrage sich durchaus der bisherigen Danziger Politik des Völkerbundsrates anpasse. Jedes entschiedene Vorgehen für Danzig werde in Genf tunlichst ver mieden. Danzig sei nunmehr weiterhin den schwersten Gefahren durch das Munitionslager ausgesetzt. Danzig werde aber nie aufhören, gegen das ihm in Genf angetane Unrecht zu protestieren. Bukarest droht mit dem Völkerbundsaustritt. Bukarest. Die Nachricht über den Beschluß des Dreier komitees des Völkerbundsrates über die Beilegung der ungarisch- rumänischen Streitfrage hat in Bukarest einen sehr ungünstigen Eindruck hervorgerufen. Es verlautet, daß die Negierung be schlossen habe, den Austritt Rumäniens aus dem Völkerbund sofort anzumelden, falls der Völkerbundsrat dem Vorschlag des Dreierkomitees zustimmt.