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Während Frau Tricbner mit ihrem Fallschirm gut zu Boden kam, öffnete sich der Fallschirm ihres Mannes nicht 'vollständig. Tricbner stürzte ab und war sofort tot. * Die Warschauer Blätter bringen eine aus amtlicher litaui scher Quelle stammende Nachricht, nach der die litauischen Be hörden den zurückgchaltcncn polnischen Grenzsoldaten freigelasscn und über die Grenze abgcschobcn haben. * Bei den Wahlen für die türkische Nationalversammlung wurden gestern die Kandidaten der Regierungsparteien durchweg ohne ernste Opposition gewählt. * Die amerikanische» Wcltslicgcr sind, von Bagdad kommend, in Bender Abbas am Persische» Golf angckommc». * Wie aus Schaughai gemeldet wird, haben die legten indischen Truppen gestern die Stadl verlassen. Belgien will keine Klarheit. Der Rücktritt des belgischen Kabinetts von dem kürzlich gefakten Plan, mit Deutschland 'gemeinsam eine Untcrsnchnng über den bcl- Pischcn Franktircurkricg 191-1 zu veranstalte», -hat überall verblüffend gewirkt. Die An- kgclcgcnhcit wird wahrscheinlich in Genf zur, / Sprache kommen. Der belgische Ministerrat erklärte sich Plötzlich gegen den von belgischer Seite selbst gemachten Vorschlag, den deutsch-belgischen Streitfall über die Vorgänge des Franktircurkricges in Belgien durch einen un parteiischen Ausschuß entscheiden zu lassen. Es ist klar, daß dieser Rücktritt von einem eigenen Entschluß nicht nnr in der deutschen Presse das größte Aussehen erregen mußte. Das Befremden darüber spricht ja auch aus den Äußerungen Dr. Stresemanns, die er sofort in Genf nach Vekannttvcrdcn der Tatsache deutschen Presse vertretern gegenüber getan hat. Mit Erstaunen vernahm man aber auch in Deutsch land die Begründung, mit der man die sicherlich auch der belgische« Negierung unangenehme Geschichte zu bemän teln suchte. Die Furcht, daß durch das Bekanntwerden oder Erörtern vieler Einzelheiten der damaligen Vor kommnisse die Leidenschaften im deutschen und im bel gischen Volke erneut aufgewühlt werden könnten, ist zwar unbegründet. Man kann es eher verstehen, wenn eine Negierung, um die Annäherung zn fördern, etwas unterläßt, was sic sonst für nützlich hält. Scharf zurück- znwcisen ist der Versuch, Deutschland die Schuld an dem Scheitern der Verhandlungen zuschicben zu wolle«. Es ist erfreulich, daß der Ncichsaußeumittistcr selbst mit aller Deutlichkeit klipp uud klar uuterstrich, daß die An regung von Belgien ansging und Deutschland niemals, wie man es ihm jetzt von belgischer Seite unter stellen will, verlangte, daß dabei auch noch andere Gegen stände und die Streitfälle mit anderen Mächten in die Untersuchung cinbczogen werden sollten. Der Grund der Ablehnung ist Wohl eher im schlechten Gewissen zu suchen. In einer Art von Gcrcchtigkeitsauf- wallung hat man sich seinerzeit Hinreißen lassen, an der Aufdeckung der Wahrheit mithelfen zu wolle». Später kamen dann allerlei Bedenken. Erstaunlich dabei ist nur, daß jetzt auch Minister Vandervelde mitmacht. Eine amtliche belgische Auslassung betont die E i n ft i m mig - keit der Kabinettsmitglieder. Vandervelde war per sönlich von Genf nach Brüssel zurttckbeordcrt worden, muß also auch für Zurücknahme des früheren Beschlusses ge stimmt habe«. Von Vandcrvelde war die Idee ausge- gangen, die ganz im Nahmen seiner bisherigen Politik lag. Es mü^m sich besondere Einflüsse geltend gemacht haben, wenn in letzter Stunde auch er umfiel. Man braucht nur einen Blick in die französische Prelle der letzten Zeit zu tun, nm den wahren Urheber zu finden. Es sind die chauvinistischen Kreise Frank reichs, die ihren ganzen Einfluß aufboten und sofort beim ersten Auftauchen dieser Idee Front dagegen machten. Der erste Schritt zur Erforschung der Wahr heit hatte unzweifelhaft weitere nach sich gezogen und das ganze durch den Versailler Vertrag geschaffene Lügen- Alleinschuld Deutschlands ins Wanken ge bracht. Das mußte auf alle Fälle verhütet werden. Daß Belgien den Winken Frankreichs gehorchen würde, be wiesen schon die Reden bei der Denkmalsenthüllung in Dlnant, die im direkten Gegensatz zu der Tatsache standen, daß man sich einige Tage vorher mit der Ein setzung des Untersuchungsausschusses einverstanden er- L°rte' um nachzuprüfen, ob die in den Reden gegen Die Stadt Dinant gegen die Franktireur-Enquete. Brüssel, 1. Scpicmber. Die belgische» Zcilimgc» ver öffentlichen eine Erklärung des Magistrats von Dinant, in der gegen die Franktireur-Enquete schärfster Einspruch erhoben wird. Die Erklärung spricht von deutschen Manöver». Nichts anderes stelle das deutsche Verlange» auf eine solche Enquete dar. Die Enquete würde für die Opfer von Dinant geradezu eine Be leidigung darstcllrn. Ser ReWaußenmimfler bei driano. D e r I u h a l t d c r U u t c r r c d u n g. Das Hauptcrcigniö des Genfer Wochenendes war der Besuch Dr. Stresemanns bei Briand. Die Besprechung dauerte etwa Stunden, während der alle schwebenden politischen Fragen erörtert wurden. Zu Beginn dieser Woche soll eine Unterhaltung zwischen Chamberlain, Stresemann und Briand erfolgen. Während von offiziöser Seite strengstes Stillschweigen über die Besprechung Stresemann-Briand beachtet wird, sickert aus privaten Quellen manches aus dem Inhalt der Unterredung durch. So solle« beide Minister den günstigen Eindruck der deutsch-französischeu W i r t s ch a f t s v e r. ständigung besprochen und ihren Willen bekunde: haben, die Politik von Locarno fortzusetzen. Selbstver ständlich ist in diesem Zusammenhang nicht nnr von dei bewilligten Truppenreduzierung im Rheinlands ge sprochen, sondern auch das Problem der Gesamträu - m u n g zur Sprache gebracht worden. Dr. Stresemann soll auch mit Nachdruck darauf hingewieseu haben, daß di« deutsche Delegation Wert darauf lege, die Abr ü st « ngs - debatte in Genf unbedingt entwickelt zu sehen. Er ha: dabei auch wohl Briand Mitteilung gemacht, in welche: Art er selbst in der Abrüstungsdebatte zu Worte komme» will. Am Montag tritt die Völkcrbundvcrsammlung zi ihrer ersten öffentlichen Sitzung während der jetzige» Tagung zusammen. Die französische Auffassung hat wieder einmal gesiegt. Das dürfte jedoch nur ein zweifelhafter Sieg sein. Dcr Welt müssen endlich die Angcn darüber aufgchen, wer der Störenfried in Europa ist. Das ständige Ausweichen vor jeder Möglichkeit zur Erforschung der Wahrheit muß endlich so wirken, daß man in dem Widerstrebenden den Schuldigen sicht. Der jetzige so beschämcnöwcrtc Beschluß der belgische» Regierung wird auch in dieser Beziehung sein Gutes habe». Scho» als seinerzeit in Belgien Stim mung dafür war, Eupen und Malmed h Deutschland zurückzugeben, um endlich die Beziehungen zu Deutschland wieder freundlicher zu gestalten, da war es Poincarv, der das hintertrieb. Die Friedcnsverträge geben selbst die Möglichkeit, in ihnen enthaltene Bestimmungen umzustoßen, wenn sich die Voraussetzungen dafür als falsch Herausstellen. Diesen Paragraphen läßt Frankreich nicht gelten, während cs an allerl anderen für Deutschland ungünstigen Bestimmungen unentwegt fcsthält. Vandcrvelde will in Genf nähere Er läuterungen geben. Hoffentlich gibt dabei Dr. Strese- mann ihn» und auch Herr» Briand deutlich zu verstehe«, wicwc«ig cs sich mir dem Locar«ogeistc verträgt, wen« nian der Wahrheit auf ihrem Marsche ständig Steine in den Weg wirft. * Erklärungen Stresemanns in Genf. In der von der belgischen Regierung nach den« Minister, beschlusscc zur Ablchnnng der Untersuchung hcrausgcgcbencn Veröffentlichung heißt es, der Ministcrrat habe die Vorschläge Deutschlands nicht annchmcn können, da eine Untersuchung über den Franktireurkricg wahrscheinlich die Leidenschaften stark auswtthlen würde. Dazu bemerkt der in Genf weilende Ncichsaußcnminister: „Ich bin von der Veröffentlichung auf das äußerste be fremdet. Der wirkliche Sachverhalt ist vor kurzer Zeit, näm- lieh am 19. August, in einer mit der belgischen Negierung ver einbarten Veröffentlichung gleichzeitig in Brüssel und Berlin bekanntgegcben worden. Daraus geht klar hervor, daß die bel gische Regierung die Initiative ergriffen hat, indem sic in einer amtlichen Note die Aufmerksamkeit der deutschen Regierung darauf lenkte, daß die belgische Negierung mit einer unparteiischen Untersuchung der deutsch-belgischen Streitfrage einverstanden sei. Die deutsche Negierung hat dieses Angebot selbstverständlich angenommen, ohne daß sic ihrerseits irgendwelche mmen Anträge oder Anregungen auf diesem Ge biete an die belgische Negierung gestellt hätte. Es ist deshalb unverständlich, daß in der neuen belgischen Bekanntmachung von einer deutscherseits angcstrebtcn Ausdehnung aus audcrc von der belgischen Negierung ins Auge gefaßte Fragen gesprochen und daß der deutschen Negierung dabei die Forderung der An wendung eines gleichen Verfahrens gegenüber anderen Mächten unterstellt wird. Ick kann diese Bchanplnng nur auf eine Verkennung des wahren Sachverhalts seilens des belgischen Kabinetts zuriickstthren." Paris und der polnische Vorschlag eines Nichtangriffspaktes. Paris, 1. September. Die Genfer Berichts der Pariser Presse über die gestrige Unterredung Stresemann-Briand be handeln hauptsächlich den polnischen Pla» eines allgemeinen Nichtangriffspaktes, dem man in Paris größtes Interesse cnt- gegenbringt. Pcrtinax will wissen, daß die polnische Negierung vor kurzem den Regierungen in London und Paris einen derartigen Plan unlcrbrcilcl habe, der die Lücken des Locarnopaktes ausfüllcn solle. In seiner gestrigen Unterhaltung mit Briand habe Strese mann das Projekt a priori nicht abgclehnt. Daß Briand sich das Projekt zu eigen mache, sei sehr wahrscheinlich. Das sei ihm zu- mindcst im letzten Ministcrrat am vcrgangcncn Freitag nahc- gclegt worden. Sofern das Projekt von Polen ausgchcn werde, bemerkt Pcrtinax weiter, dürfte cs Deutschland widerlich er scheinen. Von Frankreich vorgcbracht, würde cs vicllcicht für Strcscmann annchmbar scin, dcr darin ein ncucs Mittel zur Be schleunigung der Rhicnlandräumung erblicke» könnte. Frankreich und Polen dürften aber kaum bereit sein, die deutsche Zustim mung zu dem polnischen Plan für einen zu hohen Preis zu er- ka uscn. Nach dem Korrespondenten des offiziösen Pelit Parisien ist dcr von Polen beabsichtigte Pakt-Vorschlag noch nicht in seinen Einzelheiten fcstgclcgt. Man erwartet hierzu noch zwei polnische juristische Sachverständige in Genf. Bevor das Projekt über haupt veröffentlicht werde, müsse cs zuerst dem Urteil der Ver treter dcr Großmächte unterbreitet werden. Diese Befragung habe kaum erst begonnen. Strcscmann sei über die großen Züge des polnischen Planes unterrichtet und habe, wie dcr Vertreter des Pelit Parisien erfahren haben will, in dessen Prinzipien nichts gefunden, was Deutschland hinderlich scin könnte. (?) Allem Anschein nach sei zu erwarten, daß dcr polnische Plan auf keine ernstlichen Schwierigkeiten von deutscher Seite stoßen werde. (?) Das Blatt Caillaux', die Volontä, bedauert, daß Polen seine Absicht geändert habe, weil sic in dcn maßgcbcnden Hauptstädten I keine gute Aufnahme gesunden habe. Es werde nun seinen Vor schlag im Laufe der Abrüstungsdcbattc vorbringen. — Die In formation betont, Strcscmann habe aus dcr Unterredung mit Briand deutlich entnehmen müssen, daß von einer Entwicklung dcr Locarnopolitik keine Rede sein könne, wenn sich nicht die deutsch-polnischen Beziehungen auf freundlicherer Grundlage auf- bauten. Dieser Ansicht sei übrigens auch Chamberlain. Strese mann, Chamberlain und Briand würden ihren gemeinsamen Aufenthalt in Genf dazu benutzen, nm das Problem einer Er weiterung der Locarnovcrträgc zu studiere». Dcr Korrespondent des Journal erklärt, daß in dcr gestrigen Unterredung Stresemann-Briand die Näumuugssragc in voller Offenheit besprochen worden sei. Dao sozialistische Oeuvre sagt, Stresemann werde seiner Auffassung treu bleiben uud erneut wiederholen, daß die Abrüstung Deutschlands nicht ausrecht- erhaltcn bleiben könne, wenn eine allgemeine Abrüstung nicht erfolge. Sauerwein meint im Matin, das Hauptkennzeichen der gegen wärtigen Völkerbundstngung sei die Vorsicht. Die Großmächte wollten ihre Politik erst nach dcn im kommenden Fahre bevor stehenden Wahlen sestlegen. Stresemann mache dcn Eindruck eines sorgenfreien Mannes, den keinerlei innerpolilische Schwierigkeiten drückten und der seine Politik führen könne, ohne sic jeden Augenblick von parlamentarischen Dramen ge fährdet zu sehen. * Der Sonntag in Genf. Genf, 1. September. Der -heutige Sonntag ist im großen und ganzen ruhig verlaufen, ohne daß irgendwelche Zusammen künfte zwischen den Außenministern stattgesunden hätten. Die Ncichstagsabgeordnctcn Dr. Breit scheid, Gras Bcrnstorff und K a a s, die als Sachverständige der deutschen Delegation zugeteilt sind, sind im Laufe des heutigen Tages hier cingetroffen. Sie werden die deutsche Delegation in den einzelnen Kommissionen des Völkerbundes vertreten. Im Laufe des Tages ist auch eine große Anzahl anderer Delegierter ein- getrosfen. Die Konferenz dcr Außenminister der baltischen Rand staaten, Uber die bereits eingehend berichtet wurde, wird aller Voraussicht nach Mitte dcr Woche hier beginnen. Ebenso werden Beratungen zwischen den Außenministern dcr Kleinen Entente stattfinden. Auf polnischer Seite besteht ferner die Absicht, eine Zusammenkunft zwischen Zaleski, der Mitte des Monats nach Genf kommt, und dem litauischen Ministerpräsidenten Woldc- maras cherbcizuführen, um eine direkte Behandlung der polnisch litauischen Streitfragen zu ermöglichen. Die Vollversammlung des Völkerbundes wird heute Montagvormittag 11 Uhr mit einer Rede des gegen wärtigen Präsidenten des Völkerbnndsratcs Villegas eröffnet werden. Anschließund findet die Wahl des Präsidenten der Voll versammlung statt. Eine Entscheidung über die Person des Prä sidenten ist bisher noch immer -nicht zustandegekommen.