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Mit ^stündiger Verspätung traf «der V-Zug in Frankfurt ein, wo ein anderer Speisewagen angehängt wurde. * In der Nähe von Przcmnsl kenterte aus dem Flug Wislok eine Fähre, wobei 20 Personen umkamcn. * In Belgrad werden die Gerüchte von dem bevorstehenden endgültigen südslawisch-französischen Freuudschaftsvcrtragc von hervorragender amtlicher Seite bestätigt. * Die Stadt München bewilligte aus Mittel» des Vctriebs- rückhaltes für die Geschädigte» der sächsische» Hochwassertata- strophc 15 000 Marl. Habsburgs Erbschaft. Wie der französische Anße«mi«istcr Briand als Vvr- sitzender der Botschafterkonfercnz dein Generalsckretariat vcs Völkerbundes mittciltc ist die Militärkontrollc über Ungarn aufgehoben worden. Allerdings sind noch einige kleine Neste übriggcblicbcn. Aber formal ist in Ungarn ein Zustand zn Ende gegangen, der ebenso wie bei uns als beschämend empfunden wurde. Immer wurde vor Augen geführt, das; mau besiegt uud nicht Herr in seinem eigenen Hanse sei. Darin ist nun auch iu Ungarn eine gewisse Besserung eingctretcn. Die schweren Bedingungen des Friedcnsvertragcs sind zwar geblieben, aber man sicht doch in einem gewissen Sinne, das; die eigene Selbständig keit wieder hergestellt ist. Von England ans sind in Ungarn Hoffnungen auf eine mögliche Änderung des Fricdcnsvertragcs zugunsten Ungarns wenigstens auf territorialem Gebiete erweckt wordcu. Wenn cs sich auch mit keine amtliche Kundgebung bandelt, so ist doch ohne Zweifel die Frage über eine Revision der Fricdensvcrträge überhaupt, die bisher mir einseitig von denen, die darunter zn leiden haben, erörtert wurde, auf eine breitere Grundlage geschoben worden. Ausserdem kauu cs uicht ausblcibcn, das; diese bisher nur Ungarn angehende Erörterung auch auf die Nachbar- st a a t e u übcrgrcift. Man hat die politische Einheit der alten Donaumonarchie zerschlagen, aber uicht daran ge dacht, das; diese letzten Endes mir der Ausdruck der Not wendigkeit des wirtschaftlichen Zusammenschlnsscs der Donauvölker war. Jetzt ist mau auf der Suche, um diesen Fehler wieder gutzumachen. Mit der politischen Einheit ging anch die wirtschaftliche verloren. Die gegenseitigen Zollmauern hindern das Aufblühen der einzelnen Teile. Unter dieser Zerschlagung hat besonders schwer D c n t s ch - O st e r r e i ch zu leiden. Den Weg des An schlusses au Deutschland, den fast alle Bewohner Deiltsch- Oslerrcichs wünschen, hat man vorläufig gesperrt, dafür aber ein Staatsgebildc geschaffen, das nicht leben und nicht sterben kann und aus den wirtschaftlichen Nöten nicht herauskommt. Der Völkerbuud hat deshalb schon ver schiedentlich cingrcifcn müssen, um namentlich die Finan zen des Landes in Ordnung zu briugeu. Es hat sich jedesmal aber nur um einen Notbehelf gehandelt und der Völkerbund wird bald wieder Gelegenheit haben, sich mit Österreich zu beschäftige«. Die Gründe für das Verbot des Anschlusses siud fadcuscheiuig. Mau will vielfach uaiveu Gemütern ei«- reden, das; man dieses Verbot im Interesse Österreichs erlies;, nm seine Eigenart wahren zu können. Die Öster reicher erklären oft genug selbst, das; ihre Eigeuart deutsch ist uud deutsch bleiben wird uud ihr Schwerpunkt in der Vereinigung mit Deutschland liege. Das hilft aber alles nichts, ihre angeblichen Wohltäter wissen besser, was ihnen srommt. Der wahre Grund aber ist die Furcht vor eiucm wiedcrcrstarkendcu Deutschlaud. Namentlich wird ans den Kreisen der kleinen Entente heraus geltend ge macht, das; durch die Vereinigung für einzelne Staaten eine Umklammerung durch Deutschland entstehe, während die anderen fürchten, eine Angliederung an Deutschland könne den alten habsburgischen Ausdehunugsdraug neu anslöscu. Non Gegnern des Anschlusses wird vielfach Bis- marck als Kronzeuge angeführt. Man sagt, dieser sei ein Gegner des Anschlusses gewesen, sonst hätte er ihn schon selbst vornehmen können. Für die Politik Bis marcks war jedoch das Bestehen der Donaumonarchie eine unumgängliche Notwendigkeit, wobei Österreich den Kern bilden sollte. Außerdem hätte Deutschland so viele fremd- stämmige Elcmcutc mit übernehmen müssen, was Bis marck sicherlich nicht ratsam erschien. Bismarck kann hier nicht als Kronzeuge angeführt werden. Wenn man ihn aber nun einmal als Autorität ius Feld führt, dauu kann cs höchstens «ach der andern Rich tung geschehen, indem man die Berechtigung seines Gc- daukens von der Notwendigkeit einer großen Donaugc- mcinschast anerkennt. Jüngst ist der Gedanke einer Art Donaufödcration aufgctancht, den man aber so fort von Prag aus bekämpfte, wahrscheinlich ans Furcht, daß dabei ein anderer als der Tschechische Staat die Führung bekommen könnte. Also anch so geht die Lösung nicht. Da bleibt nun nichts weiter übrig, als daß man sich auch auf der Gegenseite mit dem Gedanken des Anschlusses aussöhut. Daß Deutsch land keine habsburgischen Ziele verfolgen wird, hat es stets gezeigt. So dürste nach einer Vereinigung zwar ein Großdeutschlaud entstehe«, das aber keine Gefahr mehr für seine Nachbarn bilden würde. Die übrigen Nachfolge staaten der alte« Donanmonarchic hätten dann den Weg frei, ihre Verhältnisse untereinander wirtschaftlich zn regeln. Sic würde« a« dem endlich geeinten deutsche« Volke sich selbst die beste Nücke«dcckuug geschafft« habe«. Neue Manöver des „Tempö" Paris, 25. August. Zur Frage der Herabsetzung der Be- satzungsstärkc in de» Nhci»la»de» gibt heute der „Tcmps" der Meinung Ausdruck, daß trotz einer optimistische» Nole i»folgc des Zustandekommens eines deutsch-französischen Wirtschafts vertrages die Mißstimmung nicht verschwunden sei. Wenn die Alliierte;; eine Herabsetzung der Besatzungsstärkc ins Auge ge faßt hätten, so sei demgegenüber in Frankreich unter dem Ein druck des Guillaumal-Berichts der Broguevillc-Beschuldigunge» und deutscher Prcfseenthiillungen ein Rückschlag festgcstellt. Die Schwierigkeiten bei der Festsetzung eines Koeffizienten für die Herabsetzung der französischen, englische» und belgische» Be- satzimgsstärkc bestehe dari», -diese Aufgabe mit einer rationellen Organisation der MUiiärklrästc in Einklang zn bringe». Der Deckungskern müsse genügend groß bleiben, um eine etwaige Mobilisierung dnrchznsühren. Da die Sicherheit in der letzten Zeil sich für Frankreich nicht erhöht hat, diktierte die Klugheit, das Problem objektiv und nicht jennmcMal zu behandel».. Trotz dieser sadcnschcittigen Manöver des „Temps" wird die französische Regierung nicht umhin können, das in Locarno ge gebene Versprechen, die Verminderung der Nheinlnudbesetznilg cinzuhaltcn. Das Argument, das; die Truppen in den Nhein- landcn stark genug bleiben müßten, um „eine Mobilisierung" durchzusührcn, wird jcdensalls lein vernünstig Denkender als Nechtscrtignng siir die Nichterfüllung dieses Versprechens anzn- sehcn vermögen, da Deutschland ja immerhiu zurzeit mit Frank reich in Frieden lebt. Noch keine englische Antwort ans die französische Nheinlandnotc. Entgegen einer Meldung eines Pariser Bspttcs, die vom Ab bruch der zwischen London und Paris gcpslogcncn Rheinland- Verhandlungen sprach, wird von zuständiger französischer Seite er klärt, daß bisher noch keine Antwort des Forcign Office ans die französische Note cingetrossen ist. Ächcimm WM Sik HsMlW 8ms It. MzM Ueber die Unruhen in Paris erhalten wir noch folgende Meldung: In Paris «ahme« die Knudgcbnngcn den Eharnltcr ci«es A « frnhrs an und cs kam zn Straßcnkrawallcn, die beinahe als S t r a ß c n s ch l a ch t c n bezeichnet wer den konnte«. Ei«e ««gehenre Menschenmenge, die ans über 100 000 Personen geschäht wurde, zog über die Boulevards und stics; mit der Polizei, die die nmerikauischc Gesandtschaft beschützen sollte, zusammen. Zahlreiche Polizisten wurden überrannt und zn Boden geschlagen und die Zahl der verwundeten Schntzlcutc soll 220 be tragen. An vielen Stellen der Stadt wurden die Terrassen der Kaffeehäuser gestürmt, und die Dcmottstrantcn bcnntz- tcu Glaser uud audcrc Trinkgcfäßc als Wurfgeschosse gegen die mit blanker Waffe vorgehenden Pvlizcimanuschnftcn. Die Auslage« der Geschäfte wurden geplündert und die Fensterscheiben zerschlagen. Im Zcntrnm der Stadt, am Bonlcvard Scbastopvl, begann man mit der Errichtnng von Barrikaden. Dutzende von Personen wnrdcn im Handgemenge, bei welchem cs aus beiden Seiten zahl reiche Verwundete gab, zu Boden gerissen nnd mit Füßen getreten. Die bekannte Music-Hall M ouli « - Rouge wurde vou mehrere» hundert Personen, die in das Innere cindrangcn, fast vollständig demoliert. An einigen Stellen beteiligten sich an den Kämpfen mit der Polizei sogar die Bewohner der umliegenden Häuser, in dem sie von den Ballonen herab die Pvlizcibcnmtcn mit allerhand Gegenständen bewarfen. Nicht znstandc kam die geplante Knndgcbnng der Gewerkschaften vor der amerikanischen Botschaft, wo über 5000 mit Gewehren be waffnete Polizisten die Wacht hielten. Amerikanerflucht aus Paris. Paris, 21. August. Unter dein Eindruck der gestrigen amerikanischen Unruhen in Paris hat heute morgen ein slncht- artiger Abzug der amerikanische» Vergnügniigsreiscildc» einge- setzt. Die Schnellzüge sind für Tage hinaus vou Amerikaner» ausverlaust worden. Die Erregung in Amerika. I» Boston stürmte gestern eine große Menschenmenge ei» Krematorium aus Wut darüber, daß die Behörde» die Anfbah- ruug Saccos und Vanzettis in einer großen Leichenhalle verboten hatte. Die Polizei mußte mit große;» Aufgebot das Krematorium räume» u»d nahm zahlreiche Verhaftungen vor. Die Leichen der Verurteilten müssen auf Anordnung des Ge sundheitsamtes bis zum Freitag verbrannt werden. Die Auf stellung der Urne» wird nirgends gestattet, außer in eine»; kleinen Ausstellungsraum. Es ist noch zweifelhaft, ob die Behörden eine groß angelegte Beisetzung der Urnen zulnssei; werden. Die amerikanischen Zeitungen drucken nach wie vor alle euro päischen Meldungen über die Sacco-Vanzetti-Dcmonstralione» und -Ausschreitungen in großer Aufmachung ab. Bombenaüentat in Chikago. Jin Jtalicncrviertcl vo« Chikago w«rde ein Bombenattenwt verübt, durch das drei Personen ;zc tötet wurde«. Fünf Häuser wurden schwer be schädigt und brauutcii nieder. Die Bevölkerung wurde vou einer furchtbaren Panik ergriffen nnd lief in Nacht hemden auf die Straße. Iu Newhork wurde ein Mann verhaftet, den man mit den Bombenanschlägen auf der Rewhorker Untergrundbahn in Verbindung bringt. MM drollt mit Me siir ölirco lllltl MzM. Wie aus Moskau gemeldet wird, bezeichnen die „Iswcftija" und „Prawda" die Hinrichtungen von Boston als ein Zeichen da- sür, daß die bürgerliche Staatsordnung mitleidslos gegen die sozialistische Gefahr antämpfcn will. Das bewaffnete Proleta riat werde Sacco nnd Vanzetti einst zu räche» wissen. Diesen Willen znr Rache hätten in Rußland die gemeinsamen Demon- strationcn der kommunistische;; Internationale, der Gcwcrlfchasts- iutcrnationnlc und der amerikanischen Sektion der konuunnistischei; Internationale gezeigt. In Moskau soll eine Straße »ach Sacco und Vanzetti benannt werden. Politische Amilcstie in Sowjctrusftaiid? Riga, 2 l. August. Aus Moskau wird gemeldet, daß die G. P. U. ei» Dekret zur Amnestierung politischer Verbrecher vor bereitet, das vor der 10jährigen Feier der Revolution veröffent licht werden soll. No» der Amnestie solle;; insgesamt 1000 Per- soiiei; betroffen werden, darunter die zum Tode verurteilten Annenkow und Deminsosf und eine größere Anzahl Priester der verschiedenen Glanbensrichtungcn. Hunderte vo« Berletzte«. Paris. Bei den letzten Unruhen sind Hunderte von Perso nen verletzt worden. Unter den Verletzten besindcn sich allein 121 Polizisten. Vo» de» gestern Verhafteten sind 21 l in polizei liches Gewahrsam gegeben. Sie werden sich wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt zn verantworte» habe». 18UN Arbeiter wegen Sacco-Banzetti-Demonstrationen entlasse«. Wie aus Sidney berichtet wird, haben die australischen Eisenbahnbehövden über 1000 Arbeiter, die mit Eisenbahnbaulen beschäftigt waren, entlassen, da sie sich gestern an einer Demonstra- tion für Sacco und Vanzetti beteiligte» und die Arbeit zeitweise niedergelegt halten. Aus dem gleiche» Eru»de hat die Stadt Sidney 800 Personen entlassen, die im dortigen Elektrizitätswerk angcstellt waren.