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Sächsische Elbzeitung Tageblatt für die Enthält die amtlichen Bekanntmachungen für den Siadtrat, da» Amtsgericht, da» Hauplzollamt Bad Schandau und da» Finanzamt Sebnitz. — Bankkonten: ktadtbank — Stadtgirokasse Nr. 12 — Ostsächsischc Denollcnschaftidanl Zwelgnieder- lassung Bad Schandau — Postscheckkonto: Dresden S3S27 Fernsprecher: Bad Schandau Nr. 22 — Drahtanschrift: Elbzeitung Bad Schandau Erscheint täglich nachm. 8 Uhr mit Ausnahme der Sonn« und Feiertage. — BezMs- »reis (in NM.) halbmonatlich In» Haus gebracht SO Pfg., für Selbstabholer 80 Pfg. 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Ulianow wird wahrscheinlich morgen im polnischen Autzcnministcrium wegen der letzten Ereignisse vorstellig werden. * Das besondere Komitee des Völlcrbundsratcs für die grie chischen Finanzfragen hat in einer kurzen Echcimsitzung be schlossen, dem Völkcrbundsrat in der öffentlichen Sitzung am Freitag die Annahme einer Anleihe von neun Millionen Pfund Sterling für Griechenland zu empfehlen. * Tschantsolin hat mit Einverständnis mit den anderen Be fehlshabern der Nordtruppcn den Oberbefehl über sämtliche Truppen des Nordens übernommen. SSM-MMSW-SSW-SSNSSsS« Grotze Ereignisse. Von Richard Schmidt- Changsha (Provinz Hunan, China). Als ivir vor nunmehr acht Jahren aus dem Internierungs. lager in Schanghai kamen und die Schisse bestiegen, die uns nach der Heimat bringen sollten, da liehen cs sich die englischen und amerikanischen Freiwilligen nicht nehmen, mit aufgcpslanz- tem Bajonett Spalier zu bilden, eine höchst überflüssige und durch nichts gerechtfertigte Mahnahme. Als Teilnehmer an der damaligen Repatriierung muh man dies bei den heutigen Er- cignisscn in China noch einmal mit Bitterkeit scslstcllcn. (Wir hatten schon eher aus eine vieltausendköpfige Menge neugieriger Chinesen gerechnet, aber cs war auch nicht die geringste An sammlung zu sehen: den» anscheinend war der Chinese zu takt- voll). Wir ahnten damals nicht, dah schon nach acht Jahren — ivas sind in der Geschichte acht Jahre? — dieser ersten Bresche in die Vorrechte der Fremden eine weit gröherc folgen würde und dah England so schnell an sich selbst die Folgen dieser kurzsich tigen Politik spüren sollte. Heute beschwert sich ein Toll der englischen Presse über die deutsche Berichterstattung und meint, dah die Ueberschristen in den deutschen Zeitungen die Schadcn- ireude nur wenig verhüllten. Nichts is! falscher als das: wir haben heute den Kopf voll mit-ernsteren Fragen. Aber ich möchte die Ereignisse einmal von einer anderen Seile beleuchten. Für England bedeuten die Vorfälle in China einen ersten Prestige- Verlust, der nach Möglichkeit abgcschwncht werden muh. Alan liest soviel heute van der sremdenscindlichcn Bewegung, während die Bewegung doch ganz ausgesprochen gegen England gerichtet ist. Bei den häufigen Demonstrationen liest inan immer wieder aus den Papiersähnchen der Demonstranten die Worte „Ping kuo', England, und „Da dao ging kuo", „Nieder mit Englund"! Sogar ein kleiner Knirps, der mich offenbar für einen Eng länder hielt, ries mir kürzlich aus der Straße nach: „Da dao ping kuo"! Als ich vor einigen Tagen spät von einer Einladung nach Hause fuhr lind nichts von der frühen Slrahensperre bziv. voir dem verhängten Belagerungszustand wühle, wurde ich von Posten angerusen. Kurzes Bcrhör: 'Nationalität? „Deutscher". Ein kurzes Zögern und schliesslich: Gut, Kaun passieren. Als ivir uns mit unserem Geführt wieder in Bewegung gesetzt hatten, rief mir der eine Posten noch nach: „Bist Du auch wirklich kein Engländer?" Auch die schwarz-weih-rotcn Armbinden haben sich bisher als wirksamer Schlitz gegen alle Belästigungen erwiesen. Solche Beispiele könnte ich beliebig viele aufzählen. Der Chi nese kann also unterscheiden: er ist aufgeklärt genug und weih in der Politik Bescheid. Das wollen wir doch einmal sestnagcln angesichts der Tatsache, dah bei uns zuhause noch viele Leute Japan und Chinn durcheinander Iversen. So sah ich unlängst in einer vielgelcscncn illustrierten Zeitschrift die Wiedergabe eines Lichtbildes mit der Unterschrift: „Javanische Mädchen beim Eislauf." Dabei handelte es sich um Chinesinnen, und ich glaubte sogar den Ort der Aufnahme erkennen zu können. Wenn ich mich nicht irre, war die Aufnahme auf dem Pciho bei Tientsin gemacht worden. Was sind die Ursachen dieser gegen England gerichteten Be wegung? China erwacht lind sein Nationalbewusstsein hebt sich. Diese Regungen werden von der Intelligenz des Landes mit Fleih geschürt. Das -100 Millionen-Volk wird sich seiner Kraft bemüht und will Herr im eigenen Hause sein. Es weih auch, welches seine stärkste Wasfe ist im Kampfe gegen jenes Bolk, das ihni immer wieder als Unterdrücker der schwachen Nationen hingestellt wird, nämlich der Boykott. Heute ist der englische Kausmann zur Untätigkeit verdammt. Seine Waren bleiben im Lagerhaus liegen, und kein Chine e darf irgend einem Eng länder eine Handreichung leisten. Das würde ibm teuer zu stehen kommen. So herrscht ein Zu tand allgemeiner Verwir- rung: die Engländer sehen ein, dah sie bei diesem Kampf mit friedlichen Mitteln unterliegen müssen, und wohl oder übel geben sie ihre Vorrechte auf. Die Ereignisse überstürzen sich. Was man früher nicht für möglich gehalten hätte, wird jetzt in ganz wenigen Monaten zur Tatsache. Wie schon ost in der Geschichte sieht man ein Volk nach jahrhundertelangem Verharren im Alt- hergebrachten plötzlich in den Vordergrund treten. China hat an seinem japanischen Nachbarn das beste Vorbild und hat auch genügend intelligente Kräfte am Werke, die nicht müde werden, den errungenen Erfolg auch voll auszumerten. Äe für MWe» KU» i« 8k»f «»erleW! Brlanbü Erkrankung. Genf, 1<I. Juni.^Wic vo» leiten der französischen Delegation verlautet, handelt cs sich bei der Erkrankung Briands um eine schwere Entzündung des linke» Auges, wodurch eine Entzündung der Gehirnhaut droht. Nach dem Gutachten der Acrztc ist für Briand eine längere Ruhepause erforderlich. Frankreich wird im Völkcrbundsrat durch Paul Boncour und Loucheur während der weiteren Sitzung vertreten sein. Vor dem Abschluß der Zuni-Xagung des Dölkerbunbsrates. Genf, 16. Juiii. Der Völkcrbundsrat tritt morgen vor mittag 1^11 Uhr voraussichtlich zu seiner letzten Sitzung in dieser Tagung zusammen. In der morgigen Sitzung sollen die noch ausstehenden Danziger Fragen, und zwar die Danziger Kommu- nalanlcihe, sowie die Wcstcrnplattcn-Fragc behandelt werden, worauf der Völkcrbundsrat seine Juni-Tagung abschlichcn wird. Infolge der Abreise Briands haben heute keine weiteren ge meinsamen Verhandlungen zwischen den Auhenministcrn mehr stattgefundcn. Man wird daher damit rechnen können, datz die Entscheidung Uber die Kontrolle der zerstörten Ostbefestigungcn, sowie die Herabsetzung der Rheinlandtrzippcn nicht mehr in Eens fallen wird, sondern datz diese Fragen aus diplomatischem Wege direkter Verhandlungen zwischen den Negierungen weiter erörtert werden, lieber das praltische Ergebnis der bisherigen Minister- bcsprcchungen werden noch keine kongrctcn Angaben gemacht, so datz gegenwärtig über das Ergebnis der Kcnscr Ratstagung eine abschlietzciide Beurteilung nicht möglich ist. MWM iMM eine» Kitz In »er MMMWMiM. Gens, 10. Juni. Der Bölkerbundsrat trat heute nachmittag nach der Lsscntlichen Sitzung zu einer kurzen Geheimsitzung zu sammen, in der er den Antrag der deutschen Regierung ckus Zu sicherung eines Sitzes in -er ständigen Mandatskommission des Völkerbundes erörtert wurde. Der Völkerbundsrat beantragte ohne Debatte, dem Mandatssckretär des Bölkerbuirdes den ein stimmigen Willen des Bölkerbmrdsraies der Mandatskommission des Völkerbundes zu übermitteln, einen Sitz sür Deutschland in der Mandatskommission zu schassen. Die Mandatskommission tritt am 20. Juni zu einer ordent lichen Tagung zusammen und wird sich jodann auf Grund des heutigen Beschlusses von der Stellungnahme der Mandatskom- Missimi mit der Schaffung eines Sitzes für Deutschland in der Man- dgtskommission befassen. Da der Völkcrbundsrat sich einstimmig für einen Sitz Deutschlands in der Mandatskommission ausge sprochen hat, kann cs keinen Zweifel unterliegen, datz der Völ kerbundsrat im September die Zuteilung eines Sitzes an Deutsch land in der ständigen Mandatskommission des Völkerbundes zu lassen wird. Wie Litauen die Genfer Abmachungen durchführt. Memel, 10. Juni. Nachdem in der gestrigen Völlerbunds- sttzung der litauische Ministerpräsident Woldcmarav das Ver sprechen abgegeben hatte, die Mcmelkonvention durchzusühren, wurde heute der genaue Wortlaut seiner Erklärung in den memcl- läirdischcn Zeitungen vom Zensor gestrichen (!), so datz in den hiesigen Kreisen die Skepsis gegenüber der weiteren Entwicklung der Dinge wächst. Der vom mcinelländischen Kriegskommandanlcn zu 7 Tagen Arrest verurteilte Geschäftsführer der mcmclläiidischcn Rundschau ist »ach Verbüßung seiner Strafe aus dem Mcmelländer Ecrichts- gcfängnis entlasse» worden. Seutsch-russische Besprechung in Berlin. Freundschaftlicher Geist. Während der Genfer Verhandlungen über das Nutz- landproblem haben zwischen dein deutschen Botschafter Graf B r o ck d o r ff-N a n tz a u und dem gleichfalls in Berlin weilenden sowjetrussischen Autzenkommissar. Tschitscherin, ferner zwischen dem Berliner Sowjct- botschafter Krestinski und einer höheren Persönlichkeit des Berliner Auswärtigen Amts freundschaftliche Bc- sprcchungcn stattgefundcn, in denen von Seiten Deutsch lands auf den Eindruck hingewiescu wordcu ist, den die fortgesetzte» Erschictzungen politischer Gefangener in Sowjctrusstand nnd die Meldungen iiber etwaige sowjet- russische ultimative Forderungen an Polen in der übrigen Welt gemacht haben. Gegenüber anderen Darstellungen kann darauf hiugcwieseu werden, das; es sich hierbei lediglich um ciuc von Deutschland freiwillig übernom mene Informierung der Sowjctregicrnng handelt, nicht aber nm einen Auftrag der Westmächte. Von sowjet russischer Seite ist der freundschaftliche Geist dieser In formierung auch anerkannt worden. Erregung in Moskau über das Kowcrvn-llrtcil. Riga. Wie aus Moskau gemeldet wird, hat das nach russischer Ansicht sehr milde Urteil gegen den Warschauer Gc- sandlcumörder Kowcrda in Moskau die größte Erregung hcr- vorgcrufen. Ein Standgericht hätte ein solches Urteil niemals fälle» dürfen. Ein Standgericht dürfe nur Freispruch mid Todesurteil keimen. Nach der Urteilsverkündung ist der russi sche Prozetzbevollmächtigte Noscngolz sofort nach Nutzland zn- rückgckehrt. Auch der Warschauer Geschäftsträger, Uljanow, ist nach Moskau berufen worden. Moskaus kommunistische Organisationen verlangen von der Negierung, datz sie in War schau auf Erschießung des Gcsandtenmördcrs bestehe. Das Todesurteil gegen Jani in letzter Stunde verschoben. Riga, 16. Juni. Wie erst jetzt bckanm wird, ist das Todes urteil gegen den polnischen Offizier Jani durch eine Intervention des Autzenkommissariats nicht vollstreckt worden. Das Außcn- kommissariat scheint bestrebt zu sein, die ohnehin gespannten Be ziehungen zwischen Warschau und MoskauAiicht noch mehr zuzu- spitzen. In Anbetracht der durch das milde Urteil gegen den Warschauer Gesandtcnmördcr wieder von neuem gegen Polen entfachten Erregung in Moskau nimmt man aber an, datz die Vollstreckung des Todesurteils gegen Jani nur aufgeschoben worden ist. Jani wird beschuldigt, in das Attentat gegen den früheren Vorsitzenden des weik-russischen Zentralvollzugskomitees Adamo witsch verwickelt zu sein. Auch soll er selbst versucht haben, das Pulvermagazin von Minsk in die Luft zu sprengen. Tschitscherin nach Moskau berufen. Berlin, 16. Juni. Autzenkommissar Tschitscherin iritt heute abend seine Rückreise nach Moskau an. Wie hierzu gemeldet wird, hat die Sowjctrcgierung Tschitscherin ausgefordert, sich sofort nach Moskau zu begeben. Er wird bereits für Sonnabend dort erwartet. Am nächsten Tage soll eine außerordentliche Sitzung des Nates der Volkskommissare stallfinden, in der Tichi- tscherin über seine Auslandsreise berichten wird. Es heisst, datz er mit dem Ergebnis seiner ausländischen Besprechungen zu frieden sei. Moskau und die Genfer Verhandlungen. Riga, 16. Juni. Wie aus Moskau gemeldet wird, gibt die Sowjetpresse ihrer Befriedigung iiber den ergebnislosen Verlauf der Genfer Tagung Ausdruck. Die gegenwärtige Tagung habe die politische Spannung in Europa nur verstärkt und bewiesen, datz der Völkerbund machtlos sei. Der Geist von Thoiry sei end gültig erledigt. Die Anlisowjetsront könne trotz der Bemühungen Englands nicht Zustandekommen. * Verschärfung der russisch-polnischen Spannung. In Moskau fanden gestern zahlreiche Stratzcndcmonstrationcn als Protest gegen das milde Urteil gegen den Wojkowmördcr statt, die sich vor allem gegen das polnische Kesandtschastsgcbäude richtcten. Der polnische Gesandte hat besonderen polizeilichen Schutz erhalten. Der in Moskau weilende erste Sekretär der russischen Gcsandtschast in Polen, Arkadjcw, hat sich nach War schau begeben, »in der dortigen russische» Gesandtschaft neue In struktionen zu überbringe». Litwinow äußerte in einer Unter redung mit dem Moskauer polnische» Gefauchten, daß die polnische Regierung einen Fehler begangen habe, indem sic das milde Ur teil zugelasscn habe. Eine Bcgnachigung des Mörders zu 15 Jah ren Zwangsarbeit sei geeignet, die russisch-polnischen Beziehungen noch mehr zu gefährden. In Moskau geht das Gerücht um, daß die Sowjctrcgierung bereit sei, den polnischen Offizier Jani gegen de» Mörder Wojkows auszutauschen. Es heißt aber, daß die polnische Regierung sich aus diese» Tausch nicht cinlasfcn werde. Ein neues Todesurteil in Ruhland. Das Militärtribunal in Kronstadt verurteilte den ehemaligen Kommandanten eines der baltischen Flotte «»gehörende» Schiffes, Klepikow, wegen Spionage zugunsten Englands zum Tode, seine Frau wegen Beihilfe zu 3 Jahren Gefängnis.