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Sächsische Elbzeitung Untl-rkaltungsbeilage ". „Vas Leben im Bild // Nichterscheinen einzelner Nummern infolge höherer Gewalt. Streit. Aussperrung, Betriebsstörung usw. berechtigt nicht zur Kürzung des Bezugspreises oder zum Anspruch auf Lieferung der Zeitung Nr. 125 71. ^akrgang Bad Sckandsu, Dienstag, den 31. Mai 1927 ötändiae Wocbenbeilaaen' »Unterhaltung und AWen«. . der Welt der Frau", Illustrierte Sonntagsbeilage Tageblatt für die Enthält die amtlichen Bekanntmachungen für den Stadlrat, da, Amlsaertchi da, Hauvtzollamt Bad Schandau und das Finanzamt Sebnitz. — Bankkonten: Stadtbant — Stadtgirokasfe Nr. 12 — OstsächMche Genossenschaft»»«»! Zweignieder lassung Bad Schandau — Postscheckkonto: Dresden 83 827 Fernsprecher: Bad Schandau Nr. 22 — Drahtanschrift: Elbzeitung Bad Schandau Erscheint täglich nachm. 8 Uhr mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. — Bezugs- preis (in NM.) halbmonatlich ins Haus gebracht 90 Pfg., für Selbstabholer 80 Pfg. 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Nach einer Vcrtrauensmänncrver- sammlung der Dcutschnationalen Landesverbände des Wahl kreises Mcscr-Ems sprach Graf W c st a r p heute abend in einer öffentlichen Versammlung in Bremerhaven-Wesermünde. In seinen Darlegungen über die außenpolitische Lage wies der Red ner auf den englisch-russischen Konflikt hin und erklärte, das; mit der Möglichkeit eines langen und zähen Kampfes gerechnet wer den müsse, der, wenn auch unmittelbare Kriegsgefahr nicht be stehen dürfte, weitreichende Folgen haben werde. Zurzeit habe cs nicht den Anschein, als wenn England sich bereits der Hilfe anderer Mächte versichert hätte. Umsoweniger lasse sich zurzeit mit Sicherheit vorausschcn, welche Folge» aus dem neuesten englischen Vorstoß sich für Deutschland ergeben würden, das, wie stets in der Geschichte, der besonderen Gefahr ausgesetzt sei, leidender Schauplatz aller europäischen Kämpfe zu werden. Man werde ruhig und klar zu prüfen haben, was unsere eigene Sicherheit uns gebiet«. Die bolschewistische Ncvolntionsgcsahr selbst habe für Deutsch land ein anderes Gesicht als für England. Sic müsse in Deutsch land in geradem Verhältnis zu dem Matze der Demütigungcn ui,d der wirtschaftlichen Lasten anwachsen, die unser Volk nach dem Versailler Diktat bedrückten. Gerade das rechtswidrige und feindselige Verhalten Polens gegen das Dcutschtnm verschärfe für Deutschland die bolschewistische Gefahr wesentlich. Auch dar über sollte mau in der Welt endlich klar sehen, datz nicht Frank reichs, sondern unsere Sicherheit bedroht sei, da wir allein in mitten einer mehr denn je von Wassen starrenden Welt in einem Matze entwaffnet seien, datz wir unsere Grenzen nicht mehr ge nügend schützen könnten. So ergebe sich in der jetzigen Lage äutzerste Zurückhal tung und strikteste Neutralität als das Gebot der Stunde. Die Tätigkeit eines Mittlers würde siir ein jeder Macht beraubtes Volk nicht nur aussichtslos sein, sondern würde für dieses Volk selbst zur schweren Gefahr werden. Das Recht aus Neutralität sei Deutschland gesichert und aus der Grund lage dieses Rechtes habe es Ruhland auch für den Fall, datz andere Mächte sich zum Bouloti vereinigen, seine Neutralität zu- gcsichcrt. Da England selbst den regelmäßigen Handelsverkehr mit Ruhland nicht ausschlichc, habe Deutschland umsoweniger Veranlassung, im Hinblick aus den jetzigen Konflikt dem Verkehr mit Ruhland Schranken anszucrlegcn. Ucbcrschmcngliche Hoff nungen, dah der Konflikt unserer Wirtschaft besondere Vorteile bringen werde, seien nicht am Platze. Graf Westarp wies weiter auf die englischen Erklärungen hin, datz sich die allgemeine Autzcnpolilik Englands nach wie vor aus der Erhaltung und dem Ausbau der im Locarnoocrirng niedergclcglcn Erundfätzc ausbauc und sagte, man werde sich in der Welt nicht darüber wundern können, datz die Berufung auf den Geist von Locarno in Deutschland nicht nur bei den Dculjch- nationalen, sondern bei allen Parteien gerade kein sreudiges Echo finde, nachdem immer noch an unberechtigten Mililärkon- trollbcfugnissen festgchaltcn werde und nachdem für die besetzten Gebiete bisher nichts von dem Locarno sozusagen erfüllt worden sei. Unzählige Beispiele Netzen sich dafür anführen, datz aus ven anderen Parleilagcrn die gewaltige Enttäuschung über das Aus bleiben aller Erfolge der deutschen Vorleistungen und über oas Vorbehalten klar berechtigter deutscher Ansprüche mit gleicher, wenn nicht grötzercr Schärfe, als durch die Dculschnalionalen zum Ausdruck komme. Graf Westarp wies aus die Erklärung der deutschen Gruppe auf der Tagung der Völkcrbundsligen hin, wonach cs eine freu dige und auf Gleichberechtigung aller Staaten nufgebautc Arbeit des Völkerbundes nicht geben könne, solange Teile Deutschlands von fremden Truppen besetzt seien. Zum Schlich bezeichnete der Redner die allgemeine Abrüstung als eine Lebenssragc, die Deutschland im Völkerbund ebensosehr aber auch in enger Füh lung mit Amerika betreiben müsse. Schlesiens Noi. Eine Kundgebung der deutschen Presse. In Breslau, wo der Neichsverband der Deutschen Presse sich zn seiner diesjährigen Haupttagung zusammen, gefunden hatte, fand im Zusammenhang mit dieser Tagung eine grohe S ch l c s i c n k n n d g c b u n g statt. Vizepräsident Wehmann wies bei dieser Gelegenheit dar aus hin, dah Schlesien als Grcnzbczirk wie kann, ein Teil Deutschlands unter den Folgen des unglücklichen Krieges leide. Nur zn unbekannt seien weiten Kreisen des deutschen Vaterlandes die Bedeutung und die Nöte Niedcrschlesicns. Nm schwersten sei Niederschlesien durch den Verlust seines Hinterlandes betroffen. Die den Polen abgetretenen Landcstcile waren einst die aufnahme fähigsten Absatzgebiete. Die deutsche Presse könne in erster Linie dazu beitragen, dah die niederschlefische Be völkerung von einem GefühldesVcrlassenscins befreit werde. Dr. Berger-Oppeln begrüßte den Neichsverband für den Oberpräsidenten der Provinz Obcrschlesien. Auch er schilderte iu ergreifenden Worten die tiefen Wunden, die Obcrschlesien durch deu unbegreiflichen Macht.- fprnch der Botschafterkonfcrenz erlitten hat. WM M WM Mor in MWesien. Kattowitz, 30. Mai. Die vom schlesischen Sejm gewählte Spczialkommission zur Untersuchung der Terrorakte und Gewalt taten der Aufständischen tritt am 1. Juni zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Gleichzeitig sind von den Aufständischen in ver schiedenen Ortschaften Protestvcrsammlungen angekündigt wor den, in denen die Auflösung des schlesischen Sejm und erneute Huldigungskundgebungen für den Wojewoden gefordert werden sollen. Die Korfanty-Presse bezeichnet diese Protestversamm lungen als bestellte Arbeit, die aber auf die Bevölkerung ohne Eindruck bleiben werde. Der Kommission soll auch das Material der Beschwerde des Deutschen Volksbundes übergeben werden, die vor einigen Tagen dem Wojewoden, dem Präsidenten Calon- dcr und dem Minderheilsamt überreicht wurde. Wie nunmehr einwandfrei seststeht, sind die Banditen, die am Wahltag in Nybnik den Wahlterror aiisiibtcn, bestellt und auch bezahlt worden. Listenverzeichnissc der einzelnen Banden und Quittungen über gezahlte Prügclgelder befinden sich in de» Händen der deutschen Bürgcrpartei. Auch über die Organisation des Terrors hat man Bcweismatcrial, so datz die Tatsache, datz Terrorakte von oben herab angeordnct wurden, nur bekräftigt wird. Der von den Banden überfallene Redakteur Herger hat als Folge der starken Schläge aus den Kopf das Gehör ver loren (!). In Nadzionkau ist co zn erneuten Ausschreitungen gekommen. Zwei deutsche Lehrer, Lie sich auf dem Wege nach dem Bahnhof befanden, wurden plötzlich von einer zehnlöpsigcn Bande über fallen und mit den Fäusten und Futztrittcn bearbeitet. Erst als andere Passanten vorbeilaincn, Netzen die Banditen von ihren Opfern ab und flüchteten. Einer der Täter trug Uniform. Ein polnischer Heizfilm über Obcrschlesien. K a l i o w i tz., 31. Mai. Als Gegenstück zu dem Film „Land unterm Kreuz" hat der Verband der Aufständischen einen Pro pagandasilin anfertigen lassen, dessen Erstaufführung am Mon tagnachmittag in Eegenwarl von Vertreter» der Behörden in den hiesigen Kammcrlichtspielcn stallfand. In dem Film wird zu nächst versucht, den historischen Anspruch Polens auf Schlesien geltend zu machen, worauf Bilder aus dem Aufstand mit ge schichtlichen Daten folgen. Eine Fahrt durch das Industriegebiet zeigt u. a. auch die Slickstosfwcrkc in Chorzow, die „als die wich tigste Fabrik siir den künftigen Krieg giftige Gase liefern soll": dabei wird nicht versäumt, die deutschen Rechtsansprüche auf dieses Werk abzuleugnen. Auch Bilder über die Pulverfabriken der Liguose-Akliengesellschaft sind mit entsprechenden Hinweisen als künftige Kriegs- und Waffenfabriken versehen. Den Ab schluß des Films geben die Bilder von der letzten Demonstration anlässlich des Abstimmungstagcs auf dem Ring in Kattowitz mit Auszügen aus der Rede des Finanzministers und des polnischen Racheschwurs des Wojewoden, sowie die letzten Feierlichkeiten des Aufständischen-Verbandcs an denen der Wojewode leilnahm. Polnische Auswanderer mit deutschen Pässen! B e r l i n, 30. Mai. Die Berliner Kriminalpolizei verhaftete, wie die Morgenblätter melden, den Vichel Zechanowilsch, der sich auch Kaplanus nannte, und seit längerer Zeit polnische Pässe gefälscht und Polen in Deutsche verwandelt hat. Da die Ein- wanderungsquote für Deutsche in den Vereinigten Staaten etwa zehnfach höher als die für Polen ist, waren auswanderungslustige Polen dem Fälscher sehr dankbar, wenn sie mit deutschen Pässen und Ausweispapicrcn ungehindert die scharfe Kontrolle passieren konnten. Machte die Einwanderung dennoch Schwierigkeiten, so wurden die Leute auf Kosten des Deutschen Reiches zurücklrans- portiert und siedelten sich in Deutschland an (!). Man scheint in dem Verhafteten das Haupt einer weitverzweigten Paßfälschcr- bande erwischt zu haben. Mi-iMEcr WWM in Nmlien. In Sebcnico (Dalmatien) kam es zu einem neuen Zwischen fall, der diplomatische Schritte zur Folge haben wird. Italie nische Matrosen wurde» unter Schinähungen gegen Mussolini im Dunkel der Nacht angcgrisscn und niedergeschlagen. FLir eilige Leser. * Die dclnschc Negierung hat der polnischen Regierung einige Gegenstände von künstlerischem und historischem Wert überlassen, die sich bisher in deutschem Besitz befanden und für die polnische Negierung von Interesse sind. * In der vergangenen Nacht wurden die Fensterscheibe» des britischen Konsulats in Paris cingeworsen. 'Rach den Ucbcl- lätcrn, die wohl Kommunisten sein dürsten, wird polizeilich gc- sahndcl. * Havas meldet aus Teheran, datz das persische Kabinett zii- rückgeirctcn ist. * Wie aus Schanghai gemeldet wird, machen die südlichen Streitkräfte in ihrer Offensive in der Richtung auf Peking und Tienisin grotze Fortschritte. Die Streitigkeiten zwischen Rauling und Hanlau seien völlig zurückgcstcllt und zwischen den bcidm Flügeln sei eine volle llebercinstimmung über einen gemein samen militärischen Plan erzielt worden. Papierkrieg. Zwischen England und Nutzland ist eine gewisse „Po litik der Hcmdärmeligkeit" cingctrctcn, man lätzt in dem gegenseitigen Noten„verkehr" jeglichen Nest von diplo matischer Höflichkeit fallen und redet mit herzerfri schender Deutlichkeit zueinander. Beim Noten wechsel im Februar, als das Gewitter heraufzog, hatte man — nm das Bild zu Tode zu Hetzen — sozusagen die Nöcke schon halb ausgezogen; daher konnte man erwarten, datz die Antwort, die von der Sowjctrcgicruug ans die englische Note vom Freitag erteilt werden mntzte, an Schärfe des Tones nichts zu wünschen übriglassen wiirde^ Trotz der Schärfe des Tones mutz mau doch sagen, datz die russische Antwortnote allerhand „Feinheiten" ent- hält, raffiniert abgcfatzt ist und in die schwachen Punkte des englischen Vergehens gegen die Sowjctrcgierung hig- cintrifst. Besonders bemerkenswert ist nämlich dabei, datz die Note immer von der jetzigen „konservativen Ne gierung" in England spricht, ans dem politischen sozusagen einen Partei politischen Gegensatz macht und daher leicht den Absprung dafür findet, datz das Vorgehen dieser Ns- giernug einmal schon längst vorbereitet war nnd cs daher auch der Beschuldigungen, die jetzt gegen Moskau erhoben werden, als ob das Handelsabkommen mit England russischerscits gebrochen sei, gar nicht mehr bedurfte. Dazu seien diese Beschuldigungen überdies unerwiesen und un begründet, ihre Quellen seien „anrüchig", seien gewissen lose Informationen antibolschewistischer Emigranten, seien gefälschte Dokumente. Nichts habe die polizeiliche Untersuchung bewiesen und „mit Verachtung" übergehe man die Unterstellung, die Handelsdelegation habe Spio nage betrieben. Schwerste Rechtsverletzung also sei das Vorgehen gegen die Exterritorialität und die einfache Außerkraftsetzung des Handelsabkommens. Überhaupt ziele die ganze Aktion blotz darauf ab, das „Fiasko der konservativen Negierung in China" zu be mänteln durch eine Diversion gegen die Sowjetunion, gleichzeitig damit auch die Ergebnislosigkeit der polizei lichen Untersuchung zu verschleiern — kurz, au Massivität des Tones ist diese Note in der Geschichte der internatio nalen Beziehungen wirklich recht bemerkenswert! Früher hätte sie nichts anderes als eine glatte Kriegs erklärung bedeutet, aber wenn jetzt iu Nutzland Ge rüchte von einer englischen Flottendemonstration in der Ostsee laut werde«, so denkt England sicher nicht einmal an diese recht harmlose Art „militärischen" Vorgehens, das ja auch recht überflüssig, weil zwecklos wäre. Dar über hiuausgeheude Zeituugsmcldttngcn von einer wirk lichen militärischen Intervention sind natürlich noch absurder. , Papierkrieg — nichts mehr! Die französische Presse — sogar die der Linken — weist etwas höhnisch auf die militärische Ohnmacht der Sowjct- unio n hin, die in einem doch recht eigentümlichen Gegen satz zu der Schroffheit dieser Note steht. Auch der deutsche General Hoffmann, der über die Verhältnisse in der „Noten Armee" aus eigener Anschauung recht gut unter richtet ist, fällt über die militärischen Kräfte Rußlands das Urteil, datz die Armee tatsächlich kampfunfähig sei, ckvcil die ganze Ausbildung viel weniger nach militärischen als nach politischen Gesichtspunkten erfolge. Eine Mobil machung sei aus einer ganzen Neihe von Gründen eine völlige Unmöglichkeit, von dem Mangel an militärisch wertvollen Führern noch ganz abgesehen. Trotzdem ist natürlich mit einem englischen Angriff gar nicht zn rechnen — nnd infolgedessen kann sich die Sowjetregiernng auch eine derartige Note ruhig leisten, ohne irgendwelche Konseguenzen befürchten zu müssen. Die Hoffnung freilich, die in der Note ansgedrttckt wird, datz nämlich eine Wiederkehr der englischen Arbeiter- regierung die ganze Lage wieder einrenken könnte, ist eine absichtlich betonte; nur dürfte innenpolitisch in England die „bolschewistische Gefahr" als Schlagwort vorläukia wobl wirkuuaslos bleiben.