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Sächsische Elbzeitung Sächsische Schweiz // Bsd Scksnüsu. Montsg, den 21. Mär) 1927 71. ^akrgang Nr. 67 Tageszeitung für die Landgemeinden Altendorf, Kleingicsshiibcl, Kleinhcnncrs- dors, Krippen, Lichtcnhain, Mittclndorf, Oftrau, Porschdorf, Postclwitz, Prossen, Rathmannsdorf, Ncinhardtsdorf, Schmilka, Schöna, Wallersdorf, Wendischfähre, sowie für das Gesamlgebict der Sächsischen Schweiz Druck und Verlag: Sächsische Elbzeituna, Alma Hieke, Inh. Walter Hieke Verantwortlich: K. Nohrlapper Anzeigenpreis (in NM.): Die 7gcspaltcne 35 mm breite Pclitzcilc 15 Pfg., für aus wärtige Auftraggeber 20 Pfg., 85 mm breite Reklnmezcile 80 Pfg. Tabellarischer Sah nach besonderem Tarif. — Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt. Anzeigenannahme für alle in- und ausländischen Zeitungen Ständige WMenbeilagen: „Vas Leben im Bild Tageblatt für die Enthält die amtlichen Bekanntmachungen den Sl.dtta^ Bantton^ Fernsprecher: Vad Schandau Nr. 22 - Drahtanschrift: Elbzeitung Bad Schandau Erscheint täglich nachm. 5 Uhr mit Ausnahme der Sonn- und ^'^abholcr 80^fg. preis (in NM.) ha bmonatlcch ,ns V-E 5°^ d"., ... Für eilige Leser. * Nach einer Meldung aus Gleiwitz fand dort die Urauffüh rung des Dculig-Films „Land unterm Kreuz" statt. In seiner Festrede sprach der frühere deutsche AbstimmungslcUcr Landrat Dr. Urbanek die Hoffnung aus, dass das nach dem deutschen Ab- stimmungssicg vergewaltigte deutsche Recht wieder hcrgcstellt werde. * Der deutsche Botschafter in Nom, v. Neurath, wird dieser Tage in Berlin cintrcfscn und dabei auch dem Aussenminister Bericht Uber die Italienische Balkanpolilik erstatten. Es wird ober im Auswärtigen Amt Wert auf die Feststellung gelegt, das; der Botschafter nicht im Zusammenhang mit der italienisch-jugo slawischen Spannung nach Berlin berufen worden sei, sondern das, seine Reise aus rein privaten Gründen schon seit mehreren Wochen in Aussicht genommen sei. * Am Sonntag fuhr in Lüttich ein Kraftwagen in eine Gruppe von sechs Menschen, von denen drei schwer und drei leicht verles,t wurden. Der Chauffeur wurde verhaftet und der Wagen be schlagnahmt. * Nach einer Meldung aus Athen macht sich in den letzten Tagen in Osfizierskrciscn eine lebhafte Unruhe bemerkbar wegen der Absicht der Negierung, die Zahl der Offiziere zu vermindern. Gerüchte wollen wissen, das, der Führer der Unzufriedenen, General Londylis, einen Umsturz vorbcrcite, um sich an die Stelle der gegenwärtigen Regierung als Diktator cinzusetzen. Mussolinis Dalkanpolitik. Im alten Nom gab cs einen Tempel des Kricgsgottes Akars, der immer dann geöffnet war, wenn Krieg geführt wurde. Es ist von den Schriftstellern der damaligen Zeit als ein besonderes Verdienst eines römischen Kaisers hin gestellt worden, datz unter seiner Negierung einmal die Pforten dieses Tempels geschlossen werden konnten, well Nom keinen Krieg führte. So ähnlich ist es anch heut zutage; trotz Völkerbund und Schiedsgerichtsverfahren, was alles dazu dienen soll, nm die kriegerischen Ausein andersetzungen auf denl Erdball zu verhiudern. Irgendwo auf diesem Erdenrund hat es an solchen Anseinander setzungen nie gefehlt, seitdem die grotze Auseinandersetzung im Weltkrieg beendet war. Run brennt ein neues Kricgsfeuer ans dem Balkan, in Albanien. Denn es kann fast nichts anderes bedeuten als die Einleitung zu einer kriegerischen Eroberung, wenn jetzt Italien sämtlichen europäischen Regierungen eine Zirkularnote übermittelt hat, worin es heisst, datz Jugoslawien Vorbereitungen treffe, nm ein Einfällen in Albanien auszuführen zu dem Zweck, die bis- herige Regierung des Achmed Zogu zu stürzen. Das könne Italien nicht dulden und es ist infolge dessen damit zu rechnen, datz es zum mindesten in Albanien selbst zu kriegerischen Auseinandersetzungen kommt, auch für den Fall, datz Jugoslawien selbst sich daran nicht be teiligt. Albanien ist anscheinend das nächste Ziel in der Antzen- politik Mussolinis. Es ist bekannt, datz Italien schon während des Weltkrieges eifrig bemüht war, sich in Albanien, also auf der anderen Seite der Adria, eine feste Stellung zu verschaffen. Würde das gelingen, so wäre jener Teil der östlichen Adriaküste, die in jugoslawischem Besitz ist, abgeschnürt. Man kann es daher verstehen, wenn Jugoslawien alles daransetzt, nm dem italienischen Vor dringen in Albanien entgegcnzuwirken. Albanien selbst ist seit 191-1, als der Fürst von Wied, der „Mret" dieses Landes, denThron räumen mutzte, überhaupt nicht zur Ruhe gekommen. Der ehemalige Deutsche Kaiser hat nicht unrecht gehabt, als er sich bis aufs äutzerstc weigerte, seine Genehmigung dazu zu erteilen, datz der Prinz von Wied sich in das albanische Abenteuer stürzte. Diese auch heute noch halb zivilisierten Gegenden ver langen als Herrscher eine rücksichtslos energische Persön- ttchkcst, und auch dem jetzigen Präsidenten der Republik Albanien, Achmed Zogu, ist es nicht gelungen, Nnhe zn schaffen. Er hat mit Italien einen Vertrag abgeschlossen, der >hm un Kampf gegen seine Widersacher Stütze sein sollte. Und diese Gegenpartei setzt sich keineswegs etwa nur ans den christlichen Albaniern zusammen, sondern alles, was „Albanien den Albanern" wünscht, hat sich gegen Achmed Zogu geeinigt, der nichts anderes hofft, als mit italienischer Unterstütznng König von Albanien zu werden. Es ist möglich, datz die Gegenpartei jugo- slawische Hilfe, wenn natürlich anch versteckt, erhalten hat und erhalt; andererseits hat aber anch Italien schon sehr . getroffen, um Militärisch Achmed Zogus Stellung zu stärken. Jetzt wird erkenn- r"??" - ^a"en vor kurzem die Erwerbung Vetz - Rumänien sanktioniert hat: man wollte sich dadurch emen Bundesgenossen gewinnen, der Jugoslawien verhindern soll, in die Auseinandersetzlu,- ?a"n Albaniens einzugreifen. Datz En g- Äa rAuseulaudcrsetznngcn ans der Seite Italiens steht. ,st ebenso zweifellos wie die Uninteressiert heit Frankreichs an einer Besitznahme Albaniens durch Italien in irgendeiner Form. Schon spricht die Italienische Presse von grossen kriegerischen Vorbereitun- gen in Jugoslawien, von Truppenznsammenziehungen an der albanischen Grenze, Nachrichten allerdings, die von Belgrad ans aufs energischste bestritten werden. Ob ein solches Dementi Glauben finden wird, ist nicht wahrscheinlich, anch nicht wesentlich, weil es ia alter Prauch ist, immer den Gegner als den Angreifenden lsin- zustellen. So sind ziemlich plötzlich über jenen« Wettcrwinkel Europas Krlegswolken emporgezogen. Mussolini wird sicherlich nicht zögern, energisch ans der anderen Seite der Adria vorzngehen, um der Erfüllung des italienischen Traumes, dieses zn italienischem Besitz zu machen, nähcr- znkommen. Kriegsgefahr um Aivunien. Nroynote Italiens. An sämtliche europäischen Negierungen. Mit einem Male sind die schon seit einiger Zeit anf- gctanchtcn Befürchtungen wegen etwaiger kriegerischer Verwicklungen auf dem Balkan akut geworden. Die italienische Regierung hat der englischen Regierung und den anderen europäischen Negierungen eine Zirkularnote übermittelt, in der sie behauptet, sie habe Informationen erhalten, wonach ans südslawischem Gebiet Vorbereitun gen getroffen werden, um einen Ein fall in Alba nien auSznführcn, dazu bestimmt, die bisherige Re- gicrung zu stürzen. Da die italienische Negierung mit der Negierung von Achmed Zogu Bei einen Vertrag ge schlossen habe, könne Italien einen derartigen Umsturz- vcrsnch nicht dulden. In London rief die italienische Mitteilung erhebliche Erregung hervor. Die italienische amtliche Agentur Stefani leugnet die Verschickung der Note nicht ab, sondern lässt es bei fol gender Bernhigungsmeldung bewenden: „In einzelnen ausländischen Zeitungen laufen die üblichen Nachrichten über kriegerische Vorbereitungen im Hinblick auf be sondere Vorkommnisse auf der Valkanhalbinsel um. Der- artige Nachrichten entbehren jeder Grundlage und ge hören zn den üblichen antifaschistischen alarmierenden Methoden. Tatsache ist, dass Italien, was es stets gezeigt hat, eine Politik friedlicher Vereinbarung verfolgt und weder direkte noch indirekte Massregeln beabsichtigt, die direkt oder indirekt den Frieden an irgendeiner Stelle Europas zu stören geeignet sind oder stören werden. Wer das Gegenteil behauptet, ist nicht unterrichtet oder handelt böswillig." Widerspruch aus Belgrad. Die jugoslawische Regierung erklärt durch die Agen- tur Awale die kn italienischen Zeitungen verbreiteten Gerüchte über angebliche Rüstungen im Königreich Jugo slawien als i« jeder Beziehung erfunden. Die Belgrader „Politika" behauptet, Italien bringe durch Kriegsschiffe seiner Marine Kriegsmaterial nach Valona. Am 7. März habe ein italienischer Zerstörer in der Nacht Gebirgsgeschützc in Valona ansgeladcn und sei dann sofort wieder abgedampft. Von italienischer Seite werden alle derartigen Behauptungen dementiert. Dagegen wird aus Tirana berichtet, dass sich in Albanien unter der Einwirkung des italienisch-albanischen Ver trages die Lage ständig verschlimmere. Natürlich wird umgekehrt in Italien behauptet, die Serben zöge» Truppen zum Einmarsch in Albanien zu sammen. * Beunruhigung und Empörung in Italien. Eine ernste Warnung Mussolinis. Rom, 21. März. Die nach italienischer Auffassung in allen Einzelheiten verbürgten Nachrichten über militärische Rüstungen Jugoslawiens an der albanischen Grenze haben ganz allgemein grosse Beunruhigung und Empörung gegen die französische Politik hervorgcrufcn, die mau für das „jugoslawische Abenteuer" ver antwortlich macht. Bezeichnend für die Stimmung der offiziellen italienischen Kreise ist eine Veröffentlichung des offiziellen Verordnungs blattes der faschistischen Partei, in der es heisst, das faschistische Italien verfolge mit absoluter Ruhe die Agitation der Belgrader militärischen Kamarilla, an deren Spitze einige Grössenwahn sinnige als Verantwortliche ständen, die zu dem Verbrechen bereit seien. Italien sei sich seines Rechtes und seiner Kraft bewusst. Es werde seine Kaltblütigkeit nicht verlieren und verfolge mit derselben Kaltblütigkeit die Solidarität, die sich am politischen Horizont abhebe. Italien wisse, woher sür Belgrad Hilse und Ratschläge kämen. Die ganze Welt wisse, trotz aller antifaschisti sche» Agitation, dass Italien den Frieden wolle. Aber sie solle auch wissen, dass Italien keine Drohungen und keine Attentate dulden werde. — „Wir werden", so heisst es zum Schluss, „nicht mit leeren Worten wieder aus dieses Thema zurückkomme». Unsere Parole heisst: Schweigend handeln!" Ratzen seht anch Deutschland in Kenntnis Die Vorgänge auf dem Balkan. (die italienische Negierung hat auch der deutschen Re gierung über die Vorgänge auf dem Balkan in ihrem Sinne unterrichtet. Sie hat dabei darauf hingewicsen, dass nach ihren Beobachtungen in Jugoslawien starke militärische Vorbereitungen mit Bezug auf Albanien getroffen würden. Die italienische Regierung beabsichtige nicht, hierauf mit militärischen Gegenmass nahmen zu antworten. Sie werde aber der deutschen Ne gierung ebenso wie den übrigen am Ballan interessierten! Mächten zur Entkräftung der im Zusammenhang mit diesen Nüsttingen gegen Italien cingeleitcten Kampagne alsbald ausführliches Material vorlegen, das die tat sächliche Lage aufklärc. Frankrelch und die italienisch-jugoslawische Spannung. Paris, 20. März. Der italiensche Botschafter in Paris, Baron Avezzana, überreichte gestern in später Abendstunde im Auftrage seiner Regierung Aussenminister Briand eine Note, die sich auf die italienisch-jugoslawische Spannung bezieht. Der Wortlaut der Note wird als übereinstimmend mit den ebenfalls gestern abend in Berlin und London überreichten Noten erklärt. Briand wird am kommenden Dienstag im Ministcrrat die Note zur Sprache bringen. Die französische Presse versichert, die französische Regierung werde Belgrad zur Mässigung raten, hofft aber andererseits, dass Frankreich dabei, wie es sich für eine Grossmacht zieme, mit gröss ter Mässigung vorgehen werde. Die Anschuldigungen italienischer Blätter, dass französische Persönlichkeiten in Jugoslawien gegen Italien agitierten, werden als unbegründet zurückgewicsen. Die italienische Regierung habe bereits entsprechende Versicherungen durch den französischen Botschafter in Nom erhalten. * EMM MM EiMlW der UMM» M dem Man. London, 20. März. Der jugoslawisch-italienische Konflikt wird in London im allgemeinen ruhig beurteilt, ohne dass die sich ' aus ihm ergebenden Gefahren unterschätzt werden. Im Observer wird darauf hingcwiesen, dass, wie auch die Situation an sich sei, etwas an den sich widersprechenden Berichten aus Nom und Bel grad wahr sein müsse. Der italienisch-albanische Frcundschafts- und Sichcrheitspakt im vorigen Jahre berge gewisse Gefahren in sich. Italien garantiere darin Albanien seinen politischen und territorialen Status quo und man glaube, dass auf Grund dieses Vertrages bereits alle Vorbereitungen für Truppenentsendungen nach Durazzo und Valona getroffen würden. Dass Italien Sonder- intcrcssen in Albanien und an der albanischen Unabhängigkeit habe, sei durch Frankreich, Grossbritnmuen und Japan in einer Erklä rung der Botschaftcrkonferenz vom 9. November 1021 anerkannt worden und alle drei Mächte hätten sich verpflichtet, ihre Ver treter beim Völkerbund anzuweifen, dass im Falle irgendwelcher Greirzstrcitigkeiten in Albanien die Frage der italienischen Schiedsgerichtsbarkeit überlassen werde. Der kürzliche Abschluss des italienisch-albanischen Vertrages gehe aber wesentlich über diese Erklärung hinaus, indem Italien neben der politischen und territorialen Unabhängigkeit Albaniens auch jeden Schutz gegen Angriffe auf seine gegenwärtige Negierung zusagc. In dieser Tatsache sieht man in London, wie aus dem Observer hcrvorgeht, ossenbar gewisse Gefahren. Man weist daraus hin, dass eine italienische Intervention leicht zu einer Periode der Un lust führen könne, wie sic der Annexion Bosniens und der Herze gowina durch Oesterreich-Ungar» im Jahre 1908 gefolgt sei. Ob wohl die Hände Grossbritanniens und Frankreichs durch die Er klärung vom Jahre 1921 in verschiedener Hinsicht gebunden seien, läge man Wort darauf, dass die Haltung Grossbritnnniens, nicht, wie das offenbar auch in Belgrad geschähe, als unbedingte Unter stützung Jtliens aufzufassen sei. Bei den ernsten Konfliktmöglich- keiten und der heiklen juristischen Lage auf der anderen Seite würde man es nicht ungern sehen, wenn der Bö'lkerbundsrat aus Grund des Artikels 11 sich der Angelegenheit annehme und zu-