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Allgemeiner Anzeiger : 31.07.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-07-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189707316
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18970731
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-07
- Tag 1897-07-31
-
Monat
1897-07
-
Jahr
1897
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 31.07.1897
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Zur Delagoabai-Frage wird der ,Berl. Presse' aus Lissabon geschrieben: Die Frage, wer in Zukunft den für die Ent wickelung Transvaals so überaus wichtigen Safen von Lorenqo Maquez in der Hand haben wird, geht ihrer Lösung entgegen, und cs dürfte für Deutschland kaum angebracht sein, wenn es sich durch ein von interessierter Seite erhobenes, auf Irreführung berechnetes Geschrei davon ab» halten ließe, gerade in diesem Augenblicke der Frage die schärfste Beachtung zuzuwenden. Es ist seit Jahren darauf hingewiesen worden, daß die bisherigen Hafenanlagen in Lorenzo Marquez nicht genügen würden, falls sich der Hafen durch den Bau der Eisenbahn nach Transvaal und durch die allgemeine Erschließung des Hinter landes zu einem bedeutenden Vcrkehrsplatz er heben würde. Der Bau größerer Anlagen ist daher längst als Notwendigkeit erkannt worden; aber man sträubte sich in Lissabon dagegen, eine der vielfachen englischen Offerten behufs Bildung einer Hafengesellschast für Lorenso Marquez anzunehmen. Und doch hatte die portugiesische Regierung weder das nötige Geld, um die Anlagen aus eigenen Mitteln zu schaffen, noch auch um einer einheimischen Privatgesellschaft diejenige Unterstützung zu ge währen, ohne welche eine solche garnicht denk bar wäre. Die jetzige Regierung ist jedoch ent schlossen, dem Zustande des Schwankens ein Ende zu machen, zumal sie ihren Plan einer umfassenden Neuordnung der portugiesischen Staatsfinanzen besonders auf die Hoffnung stützt, aus dem Verkauf von Ländereien in den südostafrikanischen Kolonialgebieten einige Ueber- schüffe zu erzielen. So erwog man den Ge danken, den Hafenbau in Lorenqo Marquez, sowie die Einfuhr- und Durchgangszölle einer Gesellschaft zu übertragen, an der sowohl die portugifische Regierung und einheimische Kapi talisten als auch ein ausländisches Konsortium teil haben würden. Das letztere ist der springende Punkt. Es liegt auf der Hand, daß in London ein solches Konsortium in wenigen Stunden zusammenzubringen wäre; aber die portugiesische Regierung möchte gern französische und deutsche Kapitalisten beteiligen, um damit einer Monopolisierung des Unternehmens durch Engländer einen Riegel vorzuschieben. Dieser Umstand hat nun die Veranlassung dazu ge geben, daß mehrere Oppositionsblätter, be sonders ein sonst wenig beachtetes Arbeiterblatt ,La Masselesa' in wütendster Weise über den Plan herfielen, und der Regierung vorwarfen, sie wolle die Delagoabai mitsamt der ganzen Kolonie den Deutschen in die Hände spielen. Dabei wurden sogar die Summen genannt, mit denen einzelne Negierungsbcamte von deutscher Seite bestochen seien. Andere Blätter be haupten, der Finanzminister wolle mit der Preis gabe der Delagoabai von den deutschen und französischen Gläubigem die Zustimmung zu Politische Rundschau. Tentschland. * Nach neueren Bestimmungen trifft der Kaiser von seiner Nordlandreise zurückkehrend am 31. d. in Wilhelmshaven ein. * Die Kaiserin stattete am Montag dem Prinz-Regenten Luitpold in Mün ch e n ihren Gegenbesuch ab. * Neueren Bestimmungen zufolge werden der Kaiser, die Kaiserin und der Prinz- Regent von Bayern am 2. September morgens in Nürnberg eintreffen und sich vom Bahnhof aus auf die Burg begeben. Nach kurzer Rast werden sich dann die Herrschaften zum Paradefeld begeben. * König Albert von Sachsen, der seit 29. Oktober 1873 regiert, wird dem Vernehmen nach sein Regierungsjubiläum bereits am 23. April nächsten Jahres zusammen mit seinem 70. Geburtstage feiern. Aus diesem Anlaß wollen die sächsischen Stadt- und Land gemeinden wohlthätige Stiftungen ins Leben mfen. * Der König von Siam traf am Dienstag in Kiel ein, um daselbst den Hafen und die Werft zu besichtigen. * Fürst Bismarck beabsichtigt Anfang nächsten Monats dem Grafen Waldersee in Altona einen Besuch abzustatten. * Der Staatssekretär des Reichsmarineamts Kontre-Admiral Tirpitz ist zum Bundes ratsbevollmächtigten ernannt worden. * Der gegenwärtige RegentvonLippe, Graf Ernst, hat keinerlei Rang in der preußi schen Armee. Der Graf-Regent von Lippe würde nach dem Vorgänge des Prinz-Regenten von Braunschweig die Chefstelle, welche der ver storbene Fürst Woldemar von Lippe beim Re giment Nr. 55 bekleidete, einzunehmen haben, auch dürfte er bei seinem Lebensalter im Falle seiner Aufnahme in den Verband des preußi schen Heeres doch mindestens gleich den Generalsrang verliehen erhalten. Es wird anzunehmen sein, daß der Graf-Regent des Fürstentums Lippe sich alsbald dem Kaiser nach dessen Rückkehr von der Nordlandreise vor stellen und bei dieser Gelegenheit die Frage ihre Erledigung finden wird. * Durch die Ablehnung des Ver einsgesetzes im Preuß. Abgeordnetenhause ist eine Lage geschaffen, die nach der.Staatsb. Zeitung' sofort nach der Rückkehr des Kaisers in einem Kronrate erörtert werden soll. *EinweiblicherFabrikinspektor ist jetzt für Sachsen-Weimar angestellt worden. Entsprechend einem vom Landtag aus gesprochenen Wunsch auf Anstellung eines weib lichen Fabrikinspektors ist die Fabrikantcnwitwe Frau Roensch in Apolda mit dem Amt einer Fabrikinspektorin betraut worden; sie ist bereits in Thätigkeit getreten. Oesterreich-Ungar». *Der Gemeinderat von Eger hat beschlossen, im Stadthause zum Andenken an den 11. Juli, wo der deutsche Volkstag stattfand, welchen die Regierung so schroff unter drücken ließ, eine Gedenktafel anzubringen und alle an die Gemeinde und deren Vertreter ge langten Sympathiekundgebungen dem Stadtarchiv einzuverleiben. * Infolge der Bemühungen der Grafen Csaky und Andrasfy dürste nunmehr eine Ueber ein k u n f t zwischen derOppositionund der Regierung in U n g arn zu stände kommen. In eingeweihten Kreisen wird angenommen, daß bis Mittwoch der Friede hergestellt sei. Sollte sich jedoch diese Hoffnung nicht verwirklichen, so wird Graf BanffY mit den beschlossenen Maßregeln gegen die Opposition, die der Kaiser in Ischl genehmigte, energisch vorgehen. Frankreich. * Das Ministerium Meline kann sich beglück wünschen, daß das Parlament schon in die Ferien gegangen ist, sonst hätte es unter Um ständen einen bösen Auftritt zu gewärtigen ge habt. In Sedan sollte am 8. August ein Kriegerdenkmal enthüllt werden, wobei der Handelsministcr Boucher als Vertreter der Kon Uah und Fern. Zeitz. Hier erregt die Verhaftung deS Amtsvorstehers Klocke aus dem nahen Droyßig Aufsehen. Wie berichtet wird, hat sich in der Verwaltung der Kasse des kürzlich verstorbenen Prinzen Hugo von Schönburg-Waldenburg, der Klocke als Rendant Vorstand, ein großer Fehl betrag ergeben, man spricht von einer über 30000 Mk. hinausgehenden Summe. Köln. Zu den Vergiftungsfällen in Kalk wird gemeldet: Laut amtlichen Berichts ist die Zahl der durch den Genuß von Rindfleisch ver gifteten Personen in Kalk nunmehr auf 36 ge stiegen. Sonntag ist ein zweiter Familienvater gestorben. Gerichtlicherseits ist die Obduktion beider Leichen angeordnet. Luckau. Beim Spielen mit dem Schieß gewehr erschoß in Golßen der 13 jährige Sohn des Bäckermeisters Julius Köhr, der Gymnasiast in Berlin ist und zur Zeit die Ferien bei seinen Eltern verlebt, mit einem 9 Millimeter-Teschin den 11 jährigen einzigen Sohn des Briefträgers Böhmer. Magdeburg. Eine unsinnige Wette mußte der Klotzmacher B. in der Alten Neustadt mit dem Tode bezahlen. Er verpflichtete sich, inner halb einer Stunde 40 Schnitt Bier auszutrinken. Nach dem 31. Glase fiel B. besinnungslos vom Stuhl und mußte nach dem Neustädter Kranken haus gebracht werden, wo ein Schlaganfall dem Leben des sonst nüchternen, fleißigen Mannes ein Ende setzte. Lubliuitz. Ein entwichener Zwangszögling, der inzwischen aufgegriffcn wurde, entschlüpfte am Sonntag abend seinem Transporteur, indem er in der Nähe von Lublinitz aus dem von Vossowska kommenden, in voller Fahrt befind lichen Eisenbahnzugc durch das Koupeefenster heraussprang. Trotzdem der Zug bald hielt, gelang es dem Transporteur nicht mehr, den in den Getreidefeldern sich verbergenden Flüchtling einzufangcn. Posen. In einem Anfall von Geistes störung tötete Montag früh der Maurergeselle August Moll seine Ehefrau durch mehrere Messerstiche in die Brust und brachte sich dann selbst sechs Messerstiche bei, die indes nicht lebensgefährlich find. Sigmaringen. Das vor einiger Zeit dem hiesigen Postamt abhanden gekommene Kistchen mit vierzigtausend Mark ist im Donaukanal bei der Papierfabrik Scheer gefunden worden. Granbündten. Ein im „Weißen Kreuz" in Pontrefina weilender Kurgast wurde auf einem Spaziergänge im benachbarten Walde von einem Italiener angebettelt und, als er nichts geben wollte, von dem Strolch mit einer Schaufel niedergeschlagen und ausgeraubt. Zufällig Vorbeikommende fanden den besinnungslos da- liegenden Kurgast und brachten ihn in das Hotel zurück. Von dem Italiener fehlt bis jetzt jede Spur. Es herrscht große Entrüstung über die freche That. Regierung in Aussicht genommen war. Im letzten Ministerrat beschloß man aber, von einer Betefligung an der Feier überhaupt abzusehen. Diesen Entschluß machte der Bürgermeister den guten Bürgern von Sedan durch Maueranschläge folgenden Inhalts bekannt: „Im Miuisterrat beschloß die Regierung, aus Gründen höherer Ordnung unwiderruflich, sich bei der Denkmal enthüllungsfeier nicht vertreten zu lassen. Die Feier findet infolgedessen nicht statt. Wir drücken über diesen Regierungsbeschluß unser tiefstes Bedauern aus." *Die Panama-Kommission sandte eine Abordnung an den Justizminister, um ihn um die Mitteilung gewisser Aktenstücke, nament lich solcher über CorneliusHerz, zu bitten. Da der Juftizminister entgegnete, diese Akten stücke wären nicht in seinen Händen, richtete die Kommission ein Protestschreiben an ihn und vertagte sich sodann bis auf eine Woche vor dem Wiederzusammentreten der Kammer. (Das war auch das Gescheidteste, was sie thun konnte!) „Ich habe in einem Zimmer, in welchem Ge spenster umgehen, nach goldenen Schnallen ge sucht," erwiderte sie und bemühte sich, ihrer Stimme Festigkeit zu geben. Aber cs gelang ihr nickt. Paul sah sie zärtlich an. „Sie find ermüdet und sollten sich ausruhe«, Leonie, tanzen Sie nicht mehr." Sie lachte. „Wie sollte ich das wohl aus- halten, wenn die Musik so einladend erk iuckl Wo ist Nelly? Amüsiert sie sich gut?" „Sie und alle andern. Jeder einzelne ist entzückt von dem heutigen Abend. Sie werd« öfter einen Ball geben müssen, Leonie." Sie lachte wieder auf. Es war ja der letzte Abend ihres schönen Lebens. Von morgen an würde er hier herrschen und Bälle und Feste geben, er würde die Erbschaft antreten, die ihr so viel, ja alles gewesen war. „Aber man soll noch lange an diesen Abend zurückdenken," sagte sie sich, „und niemand so» mir nachsagen dürren, daß ich nicht mit Glan» von der Bühne abgetreten bin." Und diesen Entschluß führte Leonie auch durch- So schön, so bezaubernd war sie noch nie ge« wesen; sie tanzte mit vollendeter Anmut, sic sprach mit Geist und Lebhaftigkeit und suchte als Wirtin überall zu sein und für das Vergnügen eines jeden Gastes zu sorgen. Alle waren ihres Lobes voll und bewunderten und beneideten sie. Der nächste Morgen graute bereits, als der Ball sein Ende erreichte und die Gäste sich vcr- abschiedeten, lebhaft bedauernd, daß das unver gleichliche Fest schon vorbei sei. , Paul Barlow hatte erst spät Gelegenheit gc funden, Leonie ein Stück Papier zuzustecken. Italien. *Wie man der,P. C.' aus Rom meldet, zirkuliert dort das vorläufig mit Reserve auf zunehmende Gerücht, daß das Königspaar auf seiner Anfangs September stattfindenden Reise nach Deutschland von dem Kron prinzenpaare begleitet werden wird. * Prinz Heinrich von Orleans wird für seine Lügenberichte über die italienischen Offiziere in der abessinischen Gefangenschaft vom General Albertone thatsächlich zum Duell gefordert werden. General Sismondi und Oberst Mazibelli reisen nach Marseille, um sich dem Prinzen Heinrich von Orleans sofort nach seiner Landung als Sekundanten des Generals Albertone vorzustellen. Belgien. *Die Repräsentantcnkammer nahm bei der Beratung der Vorlage über die Neugestal tung der Bürgergarde den ersten Artikel der Regierungsvorlage an, wonach die Bürgergarde damit beauftragt wird, für die Auftechthaltung der Ordnung und der Gesetze und Bewahrung der Unabhängigkeit des Landes zu wachen. Ebenso wurde Artikel 2 der Vor lage angenommen, der die Bürgergarde dem Ministerium des Jnnem unterstellt. Tvamen. * Auf Cuba wird es selbst am Hauptsitze der Regierung immer unsicherer. In Havana wurden in einigen Häusern der Stadt Niederlagen von Schießbedarf entdeckt. Mehrere Verhaftungen wurden vorgenommen. * Der Aufstand auf denPhilippinen ist noch keineswegs erloschen. Der- Madrider ,Jmparcial' veröffentlicht einen Bericht aus Manila, dem zufolge der Aufstand in der Pro vinz Cavite fortdauert. Eine spanische Truppen abteilung sei in den Bergen von San Mateo überfallen worden und habe 200 Mann verloren. Die Aufständischen nähmen ihre Zuflucht zum Guerillakriege. Balkanflaaten. *Die neuesten Meldungen aus Konstanti nopel bekunden einen regulären Fortgang der Friedens-Verhandlungen. Nachdem die Grenzfrage erledigt ist, bildet jetzt die Fest stellung der Modalitäten für die Zahlung der Kriegs-Entschädigung und die all mähliche Räumung Thessaliens durch die türkischen Truppen den Gegenstand der Ver handlungen. *Jn unterrichteten Kreisen nimmt man an, daß die zur Zeit schwebenden Fragen im Orient nicht gelöst werden, ohne daß auch die der E r - hebungBulgariens zum Königreich nochmals nochmals erörtert wird. Fürst Ferdi nand ist in dieser Richtung mit großem Eifer thätig. Amerika. * Präsident MacKinleyhatdieTarif- bill unterzeichnet, sie hat somit Ge setzeskraft erlangt. Ferner richtete der Präsi dent an den Kongreß eine Botschaft, in der er die Ernennung einer Kommission, welche Reformen des Münzwesens erwägen solle, empfiehlt. Afrika. *Die Unsicherheit in Marokko wird durch folgende Meldung gekennzeichnet: Eine Karawane, der sich ein Franzose ange schlossen hatte, wurde bei Marakesch von Räubern angegriffen. Zwei zu der Karawane gehörende Mauren wurden getötet, der Franzose wurde schwer verwundet. Die Räuber plünderten hierauf die Karawane völlig aus. Asten. *Die Annexion Hawais durch die Ver. Staaten von Nordamerika bildet noch fort dauernd den Gegenstand diplomatischer Ver handlungen zwischen Japan und der amerika nischen Regierung. Der New Dorker ,Herald' veröffentlicht jetzt die Antwort Japans auf die Note des Staatssekretärs Sherman, welche dieser in Antwort auf den Protest der japani schen Regierung gegen die Annektierung Hawais an Japan gerichtet hatte. Die Antwort ist in höflichem aber festem Tone gehalten und er klärt, Japan werde fortfahren, diplomatischen Krieg zu führen, und möglicherweise noch weiter gehen, um die Annektierung Hawais zu ver hindern. Es sei Japan unmöglich, an die wahrscheinlichen Folgen des Erlöschens der Selbständigkeit Hawais ganz teilnahmslos zu denken und dieselben ruhig hinnchmen. er hatte keine Erklärung für diese plötzliche Ver änderung. „Sind Sie wirklich nicht krank?" fragte er besorgt. „Nein," antwortete sie, „aber ich nehme Ihr Anerbieten an, bitte besorgen Sic mir ein Glas Wein, ich werde so lange in das Wohnzimmer gehen und mich ausruhen." Er brachte den Wein und sie leerte das Glas auf einen Zug. Wie Feuer rieselte es ihr durch die Adern, und sie bekam wieder Mut. Nein, heute abend wollte sie die Welt noch zu ihren Füßen sehen und versuchen, zu vergessen, was der morgende Tag ihr bringen mußte. Sie Gordon sah sie erleichtert an. „Gott sei Dank, daß die Farbe in Ihre Wangen zurückkehrt! So dürfen Sic nie wie der aussehen, ich war zu erschrocken, als ich Sie sah. Ich fürchtete schon, der Geist einer ver storbenen Lady Charnleigh sei Ihnen er schienen." Ein tiefer Seufzer entrang sich ihren Lippen. „Ja, ein Gespenst ist mir erschienen und es hat mich fast getötet." Sie dachte, ob seine Liebe wohl dieselbe bleiben würde, wenn er hörte, daß sie nicht mehr Lady Charnleigh sei, sondern die arme Leonie Rayner. Sie sah zu ihm auf. „Ich muß jetzt zu den Gästen gehen," sagte sie. „Die Musik setzt schon wieder ein, und ich habe viele Tänze ver sagt. Aber eins sagen Sic mir noch: Haben Sie mich wirklich von ganzem Herzen lieb?" Er sah sie zärtlich an. „Sie glauben nicht wie sehr," erwiderte er. seinem Plan betreffs Umwandelung der äußeren Schuld erkaufen. Daß diese völlig unbe gründeten Ausstreuungen von englischer Seite veranlaßt worden waren, beweist schon das Echo im britischen Unterhause, wo die Regie rung sofort wegen des beabsichtigten „Verkaufs der Delagoabai an eine deutsche Gesellschaft" zur Rede gestellt wurde. Die portugiesische Regierung hat nun allem Zweifel dadurch ein Ende gemacht, daß sie den Plan in genauer Ausführung der Abgeordnetenkammer unter breitete, wobei sie eine dreifache Wahl stellt. Entweder soll die Hasenanlage vollständig von der Regierung ausgeführt werden, oder aber durch eine rein portugiesische Gesellschaft, mit Staatsunterstützung, in welchen beiden Fällen eine besondere Anleihe dazu nötig wäre und wobei sicherlich die Regierung jahrzehntelang große Opfer zu bringen hätte, oder aber es sollen ausländische Kapitalisten zugelassen wer den, wobei die Regierung auf eine Hohe Pacht summe aus den Zöllen rechnet. — Hieraus geht klar hervor, daß auch die deutschen Gläubiger Portugals berechtigt sind, der Angelegenheit ihre Aufmerksamkeit zuzuwendcn. „Würden Sie mich ebenso lieb haben, wenn ich arm wäre?" „Ja gewiß, äußere Umstände sprechen bei meiner Lebe garnicht mit. Wenn Sie morgen eine Bettlerin würden, so wäre meine Liebe die gleiche, oder nein, ich würde Sie noch tausend mal lieber haben." „Wirklich?" fragte sie. „Ja, ich würde in dem Fall nur bedauern, daß ich nicht so reich bin, um Ihnen den vollen Glanz zu gewähren, an den Sie gewöhnt find." „Sie sind nicht reich?" Er lachte. „Nein, Geliebte, nicht waS man in unseren Tagen so nennt, denn meine Güter find belastet. Ich wollte, ich besäße genug, um die ganze Welt zu erwerben und Ihnen dann zu Füßen legen zu können." „Dies Kompliment kann nicht mehr über- troffen werden," versetzte Leonie, „darum wollen wir uns jetzt trennen. Ich habe zwei Tänze versäumt und muß mich jetzt bei den Herren entschuldigen. Zu dem nächsten hat mich Lord Holdere engagiert, ich hoffe, er wird mir sehr dankbar für die Schnallen sein." Und ein tiefer Seufzer stieg aus ihrem Herzen auf. Hätte er sie nicht um die unglücklichen Schnallen gebeten, so wäre das Testament vor aussichtlich für immer dort liegen geblieben. Aber es war nicht seine Schuld, eine höhere Hand hatte die Dinge so gefügt, damit Gerechtigkeit geschähe. Sobald Hauptmann Barlow Leonie sah, kam er auf sie zu. „Die Königin des Festes fehlte und die Räume waren öde und kalt. Wo waren Sie nur so lange?" Ihr Geheimnis. Hs Roman a. d. Englischen d. Lady G. Robertson. lFortsrtzung.) Obgleich Leonie Sir Walter Gordon über alles liebte, hatte sie doch in diesen schrecklichen Minuten nicht an ihn gedacht. Jetzt bei seinen herzlichen, besorgten Worten überkam sie ein Gefühl des Verlassenseins und eine Vorahnung alles dessen, was sie verlieren konnte. Sie er faßte seine ausgestreckten Hände und lehnte ihren Kopf müde an seine Brust. „Geliebte," sagte er, „was ist nur passiert? Vor kaum zehn Minuten verließen Sie mich vergnügt und strahlend, und jetzt find Sie blaß traurig?" Sie hob das Haupt. „Sind wirklich nur zehn Minuten verflossen, fett ich hinaufging?" fragte sie. '' „Mehr gewiß nicht," erwiderte er. „Und mir kommt es vor wie zehn bange, öde Jahre. Ich bin müde, und die Musik thut mir in den Ohren weh." „Sie haben sich angestrengt mit den Fest vorbereitungen. Gehen Sie lieber nicht in den Baalsaal zurück, sondern ruhen Sie sich erst aus. Ich hole Ihnen ein Glas Wein, das wird Sie beleben." „Nein, nein," sagte Leonie, „ich muß mich den Gästen wieder zeigen, ich war schon zu lange fort." Sie machte den Versuch, sich aufzuraffen, aber er mißlang. Sir Gordon sah sic erstaunt an. Sie machte den Eindruck einer Blume, über die ein starker Dezcmbersrost gegangen war, und
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