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Allgemeiner Anzeiger : 10.07.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-07-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189707100
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18970710
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- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1897
-
Monat
1897-07
- Tag 1897-07-10
-
Monat
1897-07
-
Jahr
1897
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 10.07.1897
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^-.doslar. Bei den Schießübungen des Iva. Infanterie-Regiments im Doerpkethal wurde MS einer Entfernung von 1910 Meter eine Wegarbeiterin von einem Geschoß durch den ^^^n. Das Bataillon hatte die üblichen Awpenungsmaßregeln, die bisher immer für Mrerchend angesehen waren, getroffen. Das Geschoß ist glatt durch den Hals gegangen, ohne glücklicherweise eine Hauptadcr zu treffen. Die verunglückte liegt schwer, allerdings nicht gerade lebensgefährlich verletzt, danieder. Brakel. Ein poetischer Volksvertreter ist der Abg. Schmidt-Warburg. Er war zum Schützenfest in Brakel eingeladen und hat sich darauf mit folgendem gereimten Briefe ent schuldigt: „Berlin, den 27. Juni 1897. Sie haben geladen mich, lieber Herr Meher, — Nach Brakel zur frohen Schützenfeftfeier. — Und ich gesteh' den geehrten Herm: — Ich weilte bei ihnen auch herzlich gern. — Denn der Schützen fröhlicher frischer Mut — Mit hciterm Gespräch beim Rebenblut — (Ich Habs anno 1895 er fahren) — Das gefällt noch meinen fünfziger Jahren. — Zwar leb' ich allhier nicht in Jubel und Reigen — Auch hängt mir der Himmel nicht voller Geigen: — Denn wir haben genug für heute und morgen — In den bitteren Zeiten zu finnen und sorgen, — Dem Handwerk zu helfen zum täglichen Brot, — Dem Landwirt zu lindem die drückende Not, — Und daß der ehrliche Bürgersmann — Doch auch noch leben und atmen kann. — Doch ließ' ich auch gern mal die Sorgen zu Haus — Und zög' mit den Schützen ins Freie hinaus. — Aber, da wir vom Zentrum in diesen Tagen — Zur Lud- wigskirche die Fahnen tragen, — Wo dem selbstlosen Volksmann, dem Windthorst, dem Kleinen, — Ein Denkmal wir bauten Ms Gotteshaus-Steinen, — Da muß ich schon hier unserm lieben Alten — Die Fahnenwacht treuesten Herzens halten — Und seinem Ge dächtnis in Dankbarkeit huldigen. — Dmm wollen die lieben Brakler entschuldigen, — Wenn's Gläslein zur Hand hier nach deutscher Sitt' — Ein Profit von Feme den Schützen ruft Schmidt." M.-Gladbach. Der Inhaber der hiesigen Bnefbcförderungsanstalt „Hansa", Breuer, ist fluchtig unter Mitnahme der Kautionsgclder sämtlicher Angestellten und anderer Gelder. Nürnberg. Am 3. d. wurde hier das 12. deutsche Bundesschießen eröffnet. Leider wurde gleich zu Anfang ein Schütze aus Nord deutschland beim Vorbeigehen am „Hotel Strauß" durch einen Stein, welcher fich durch das Verfangen einer Fahne loslöste und vom Dach herabfiel, am Kopf schwer verletzt. Er wurde in das Krankenhaus gebracht, wo er nach zweistündigem Leiden starb. Stuttgart. Von dem Umfang der Kata strophe, die das württembergische Unterland be troffen hat, kann man fich einen Begriff machen, wenn man hört, daß der Schaden in Stadt und Markung Oehringen auf 800 000 Mk., in dem Oberamt Oehringen auf 3 bis 4 Millionen Mark angegeben wird. In 31 Gemeinden des Oberamts Oehringen ist die Ernte total zerstört und, da Bäume und Reben zerschlagen und aus der Erde gerissen find, auf Jahre hinaus an einen Ertrag nicht zu denken. Prag« Der Reichsratsabgeordnete Gebler ifi während einer Reise in Böhmen plötzlich -„sinnig geworden. Er feuerte aus dem Waggon- Ar w- d- m Budw-iz m die Irren-Abteilung des Spitals gebracht. Graz. Der Hauptkassierer der steierischen Eskomptebank, Vater einer erwachsenen Tochter, ik mit der Frau des ehemaligen Chefredakteurs des Grazer Tagblatts', die fünf Kinder zurück- lieb 'durchgcgangen. Die von dem Flüchtigen verwaltete Kasse wurde in bester Ordnung ge sunden Das durchgcbrannte Paar ist indessen schon in Fucred (Ungarn) tot aufgesunden worden. Es scheint Mord und Selbstmord durch Erschießen vorzuliegen. Paris. Der Inhaber der größten Thee- Ervortfirma Moskaus und ganz Rußlands, Kutnietzow, ist auf einer Erholungsreise plötzlich in Patts gestorben. Er hinterläßt ein Vermögen von über 50 Mill. Rubel. Marseille. Nach dem Matin' beträgt die Zahl der bei den Ueberschwemmungen in Süd frankreich um das Leben gekommenen Personen über 50. Im Krankenhause zu Auch wurde die Decke des ersten Stockwerkes durchbrochen, hier ertranken 7 Personen. In Ardiöge wurde durch die Ueberschwemmung in einem Kaufladen eine Explosion von Chemikalien herbeigeführt, wobei 3 Personen getötet wurden. Lille. Bei der Ankunft eines Zuges aus Tournay (Belgien) wurde die Lokomotive von der Zollbehörde angehalten und durchsucht. Es fanden fich auf der Maschine und dem Tender eiue große Menge Tabak, 100 Kilo Kaffee, 10 000 Zigarren und 10 000 Streichholzdosen. Darauf nahm die Zollbehörde die Lokomotive in Beschlag. Maschinist und Heizer find ver haftet. Die belgische Regierung bietet einen Vergleich an, die französischen Behörden scheinen jedoch nicht sehr bereit zu sein, darauf einzu gehen, da die beiden Angestellten bereits seit geraumer Zeit Schmuggel trieben. Sie find Belgier, der Maschinist ist etwa 30, der Heizer 20 Jahre in Dienst. Rom. Auf Wunsch des Königs wird der Ingenieur Marconi, welcher gegenwärtig im Manneministerium Versuche mit dem von ihm erfundenen Verfahren der Telegraphie ohne Drähte anstellt, im Quirinal eine Reihe von Experimenten mit seiner Erfindung in Gegenwart des Königs und der Königin vorführen. Brüssel. Vermummte Banditen drangen am helllichten Tage in die Wohnung des reichen Fabrikherrn Duval, welche neben der Gen darmerie-Kaserne liegt, vergewaltigten die Magd und raubten für 45 000 Frank Wertpapiere. Von den Räubern hat mm bis jetzt keine Spur. Stockholm. Von AndreeS Nordpol- expedttion wird unter dem 28. Juni von der dänischen Insel gemeldet: Die Füllung des Ballons begann am 19. Juni morgens und dauerte drei Tage. Die Herstellung von Gas verlief ausgezeichnet; die Dichtigkeit des Ballons, welcher jetzt 128 Stunden gefüllt worden ist, ist befriedigend. Die Winde waren bisher über wiegend nördlich. Es ist alles bereit für das Aufsteigen am 1. Juli. — Andree braucht aber Südwind zum Aufsteigen, und es ist darum noch fraglich, ob er seine mit so großer Spannung erwartete Reise schon hat antreten können. Gerichtslsalle. Dresden. Wegen Beleidigung eines Mit gliedes des landesherrlichen Hauses, des Prinzen Friedrich August, ist der Bäcker Fichtner aus Weißig vom Landgericht in Dresden zu vier Monat Gefängnis verurteilt worden. Paris. Der gegen die Kupplerin Mercuil verhandelte Prozeß spielte fich bei verschlossenen Thüren ab; die Namen der Diplomaten, Sena toren und Ordensbänder tragenden alten Herren, die zur ständigen Kundschaft der Dame gehört haben sollen, bleiben daher der Oeffentlichkeit verborgen. Die Kupplerin kam mit zweijähriger Gefängnisstrafe davon. V-icht geht vor Durst. Eine lustige Bahn- und Zollgeschichte erzählt die Mettgauer Zeitung': „Wohnt da bei einer Bahnstation an der badisch-schweizerischen Grenze ein höherer Gerichtsbeamter, dem es nicht darauf ankommt, hie und da einer durstigen Leber zu Hilfe zu springen. Da fuhr keuchend und pustend ein schwer beladener Güterzug an; eine brennende Hitze herrscht, und keuchend wischt sich das Zug personal den Schweiß von der Stirn. Der Anblick der verschmachtenden Eisenbahner regt die Mildthätigkeit des zusehenden Beamten an, und er offeriert den durstigen Kehlen einen Krug voll Wein. Diese lassen sich das nicht zweimal sagen; rasch springt einer vom Zuge; aus des Kellers tiefsten Gründen wird ein Krug Wein geholt, nnd da die Eisenbahner nicht wie die Mähder gewohnt find, aus dem Krug zu trinken, wird auch noch ein Glas mitgegeben. In der einen Hand den Krug, in der anderen das Glas, eilt der Mam dem Zuge zu; aber da, bevor er ihn erreicht hat, naht das Ver ¬ hängnis. Ein Pfiff tönt, und der Lokomotiv führer hat die Pflicht, abzufahren; sehnsüchtig schaut er nach dem Kruge; aber Pflicht geht vor Durst. Der Mann mit dem Krug erreicht den Zug, während er im Laufe begriffen; aber er kann, in der einen Hand den Krug, in der anderen das Glas, fich nirgends halten und fort ist der Zug. Was nun? Entschluß und Ausführung ist eins. Mit dem gefüllten Krug und dem Glase rennt der Mann auf der Linie dem Zug nach, der nächsten Station jenseits der Grenze zu und erreicht diese, bevor der Zug abgefahren. „Halt, haben Sie was Zoll bares!?" so fährt ihn nun der strenge Wächter der Grenzen an. Selbstverständlich ist der also eingeschmuggelte Wein zollbar; der arme Mann, vom vielen Rennen keuchend, muß etwa 10 Mk. deponieren, damit seine Kameraden den von mildthätiger Hand gespendeten Wein trinken dürfen. Aber mit dem Wein find eben auch der Krug und das Glas über die Grenze, und auch auf unserer Seite stehen Grenzer, die ein fach verlangen, daß nun vom Krug und vom Glas auch der Einfuhrzoll bezahlt werde, weil dieselben bei der Ausfuhr nicht vorgemerkt wurden. Nun gewalüge Untersuchung und mög- licherweise noch Depeschen- und Notenwechsel zwischen Bem und Berlin." Da» Kind der Näherin. Zu dem Kriminalroman, der sich Ende der vorigen Woche vor dem Wiener Schwurgerichts hofe abgespielt hat, wird nachträglich noch aus Wien geschrieben: Der kleine, jetzt fünfjährige Knabe, den die verurteilte Barbara Hörl von seiner Mutter, der armen Näherin Josefa Sklenar, gekauft hatte, führt von nun an nicht mehr den Namen seines Adoptivvaters und Wohlthäters Franz Walcher, sondern heißt jetzt Heinrich Sklenar; den Vornamen hat ihm seine Mutter nach der Geburt gegeben, und den Familien namen muß er führen, da ihm kein anderer zu kommt. Das Kind, dessen Schicksal frühzettig so romantisch fich gestaltete, geht übrigens in jedem Falle einer glücklichen Zukunft entgegen. Die Verurteilung der Hörl hat mit der Frage seiner Erbschaft direkt nichts zu thun, und der Prozeß berührte auch diese Seite der Angelegen heit in keiner Weise. Das ist Sache des Zivil gerichts. Aber zu einem Erbschaftsprozeß wird es schwerlich kommen. Der verstorbene Walcher hatte die testamentarische Bestimmung getroffen, wer von den Erben seinen letzten Willen an fechten wolle, gehe unbedingt des Erbrechts ver loren. Die nächste legitime Anwärterin, die Schwester des Verstorbenen, Frau Höfft, hat aber, wie schon gemeldet, an eine Anfechtung des Testaments überhaupt nicht gedacht, und es dürfte, wie man jetzt versichert, zu einem fried lichen Vergleich zwischen ihr und dem Knaben, beziehungsweise der Vormundschaft, kommen. Für das Kind sollen 300 000 Gulden angelegt werden und der andere Teil der Hinterlassen schaft Len natürlichen Erben Walchers zufallen. Der vermeintliche Vater des Kleinen hatte seinen ältesten Freund, Herrenhausmitglied Hoftat Professor Grünhut, zum Vormund bestellt und dieser wird auch die Erziehung des nunmehrigen Heinrich Sklenar letten. So ist für die Zu kunft des auf so merkwürdige Weise dem tiefsten Elend entrissenen und in gute Verhältnisse ver setzten Kindes eines von seiner Hände Arbeit kümmerlich fich erhaltenden Mädchens bestens gesorgt. Aber auch diese arme Person selbst dürfte besseren Tagen cntgegengehen, als fie sie bisher durchgemacht hat. Man wird die arme Näherin Josefa Sklenar nicht mehr in der Pot und dem Elend lassen, in denen fie ihr bis heriges Dasein zugebracht, es wird etwas ge schehen, um ihr eine, wenn auch nur bescheidene, so doch anständige Existenz zu sichern. So hat Barbara Hörl, die ungebildete aber intrigante Frau aus dem Volke, durch alle ihre langjährigen Jntriguen und Schwindeleien für fich nur eine vierjährige schwere Kerkerstrafe erreicht, anderen aber ganz wider Willen ein verhältnismäßiges Lebensglück gebracht. Der ganze Fall ist wunderbar und nimmt sich aus, als wäre er von einem phantasiereichcn Romancier ersonnen. Eine verheiratete Frau verschafft sich auf uner laubtem Wege ein fremdes Kind und redet ihrem reichen, hochgebildeten und vornehm denkenden, aber weltfremden Geliebten ein, daß es das seinige sei. Er vergöttert es und schwelgt in Vaterfteuden. Alle Zeugenaussagen erhärteten, daß Walcher über das Kind unsagbar glücklich sich gefühlt habe. Aber noch mehr liebte er den ersten Knaben, namens Otto, den ihm die Hörl Jahre vorher auf ähnliche Weise wie den zweiten zugebracht hatte, und der früh verstarb. Diese erste Kindesunterschiebung der Hörl ist jedoch in undurchdringliches Dunkel gehüllt und konnte auch durch den Prozeß nicht aufgeklärt werden. Aber selbst in bezug auf den zweiten untergeschobenen Knaben find nicht alle Machen schaften der Hörl vollständig aufgehellt worden, nur in der Hauptsache wurde Klarheit geschaffen. Das Ergebnis klingt wie ein Märchen. Ein reicher Jurist in einer Großstadt läßt fich von einer einfachen, unwissenden Frau durch viele Jahre düpieren, mehrere Personen wissen um das Treiben der Betrügerin, ohne daß dieser das Handwerk gelegt wird, bis endlich ein Zufall das Verbrechen enthüllt. Und der Sohn einer dem Verhungern nahen Näherin gelangt in ein wohlhabendes Haus, findet Liebe und sorgfältige Pflege, und schließlich fällt ihm ein bedeutendes Erbe in den Schoß. In einer Nacht wurde er von einer tiefverschleierten Frau aus der armseligen Wohnung seiner Mutter in der entlegenen Vorstadt geheimnisvoll abgeholt, jetzt weilt er wohlbehütet im Hause eines öster reichischen Peers, und eine hoffnungsvolle Zu kunft winkt ihm. Gememnuhiges. Ueber die gesundheitliche Bedeutung des Kochsalzes. Dr. Lahmann eifert gegen den allgemein gebräuchlichen Salzverbrauch von täglich 20—30 Gramm. Er sagt, das über schüssige Salz vermag das Blut nicht aufzu nehmen. Folglich müssen es die Nieren durch den Harn ausscheiden, wodurch sie mit der Zeit eine Ueberanstrengung erleiden, daher die vielen Nierenkrankheiten. Sein Gegner, der englische Arzt Gümper, empfiehlt dagegen reichlichen Salzgenuß., Er sagt: „Verarmen des Blutes an Salzgehalt ist tödlich." Was nun den Genuß des Kochsalzes betrifft, so ist für den Laien notwendig, zu wissen, daß der Körper dasselbe notwendig braucht. Die fünf Liter Blut des menschlichen Körpers enthalten elf Gramm Kochfalz; auf 1000 Teile Blut des menschlichen Körpers kommen 6 Teile Kochsalz. Das Zuviel müssen die Nieren ausschcidcn. Viel Salz essen macht nicht etwa kräftig, sondern es schwächt. Gegen schlechte« Geruch eingepackt ge wesener Kleider. Zwischen Kleider, welche man für eine Zeitlang einpackt, sollte man immer eine Anzahl frischer Stücke Holzkohle plazieren; dieselben verhindern allen Modergeruch. Knnles Allerlei. Eine Bierstatistik, die von einem Fach mann kürzlich aufgestellt wurde, enthält be merkenswerte Zahlen. Der jährliche Konsum vom edlen Gerstensaft in der ganzen Welt be trägt im ganzen 17 700 000 000 Liter. Davon kommen auf Deutschland 5000 Mill. Liter, auf Großbritannien und Irland 4700 Mill., auf die Bcr. Staaten 3200 Mill., auf Oesterreich-Ungarn 1350 Mill. Belgien produziert und verbraucht jährlich 1050 Mll. Liter Bier, Frankreich 840 Mill, und das große Rußland am allerwenigsten, näm lich nur 400 Mill. Liter. Raffinierte Jungen. Um vom Schul besuch befreit zu werden, haben Hamburger Schuljungen ein einfaches Mittel ersonnen, durch welches fie im stände find, gegenseitig sich „Augenkrankheiten" beizubringen. Der eine Knabe guckt durch das Schlüsselloch einer Thür, durch welches sein Genosse kräftig hindurch pnstet, waS abwechselnd so lange fortgesetzt wird, bis beider Augen fich gerötet haben. So entstanden „Augenkrankheiten", welche in bedenklichem Maße Überhandnahmen, bis endlich ein Lehrer die Jungen in ÜLxrLnti ertappte. Seitdem soll die Röte von den Augen auf einen andern Körper teil übergegangen sein. — war kein junges Mädchen gegen den Diann, den fie liebte! Wenn fie mtt Paul Barlow sprach, glänzten ihre Augen. voll Bewunderung, während er selbst selten einen Blick bekam. Aber wenn es einmal geschah, lag doch ein ganz anderer Ausdruck darin. . „Sehr liebe Freunde von mir kommen näch stens nach London," sagte Paul. -General Day und seine Tochter. Darf ich fie Ihnen vorstellen, Lady Charnleigh, und wollen Sie fich Miß Days etwas annehmen?" „Ich werde mich besonders freuen, Ihre Freunde kennen zu lcmen," erwiderte fie. „In welcher Weise kann ich Miß Day nützlich sein? n, .-Sie ist noch sehr jung und, nach meinem j^^wack wenigstens, sehr hübsch. Ihre Mutter ^nge tot, und fie steht ganz allein, es freundlich, wenn Sie das junge anck Hsu in Ihre Bekanntenkreise einführen und q^U"al bei sich sehen wollten." Day ist sehr schön?" fragte Leonie, die wan zur Sonne aufschaut, steht man " n» ist nun wieder eine Schmeichelei und Verabredung." G ?"K Day noch jung?" warf Sw Z°L" , fand es hohe Zeit, sich in das schättlbA . wischen; der harmlos fteund- ^erkehr zwischen den beiden konnte geben."'" Zett wärmeren Regungen Raum sein ^wa in Lady Charnlcighs Alter Aufseh « glaube, fie wird dak zachen in der Gesellschaft, und ich hoffe, fie .chncn gefällt," wandte er sich an Leonie! „Das wird fie gewiß, da Sie so warm von ihr fprechen," sagte diese. Lady Denham kam auf die kleine Gruppe zu und führte Leonie neue Gäste zu, die ihre Bekanntschaft suchten. 7. Lady Leonie Charnleigh gatt allgemein als die beneidenswerteste Dame der Londoner Ge sellschaft. Sie hatte alles, was fie sich wünschen konnten — Jugend, Schönheit, Reichtum, keine Wolke zeigte sich an ihrem Lebenshimmel. Aber innerlich stand Leonie Rayner, die arme Erzieherin, unendlich viel höher, als Leonie Charnleigh. Diese hatte ihre Herz voll ständig an die Schätze und Ehren der Welt ge hängt und alles andere darüber vergessen, wäh rend sie früher, als fie noch ganz verlassen im Leben stand, auch nach ernsteren Dingen im Leben trachtete. Ihr Glück war eine Feuer probe für fie gewesen, aber sie war nicht ohne Schaden an ihrem inneren Menschen daraus hervorgegangen. Eines Morgens saß das jnnge Mädchen in ihrem kühlen Wohnzimmer, die Vorhänge waren halb geschlossen, und der Dust von Rosen, die auf den Tischen herumstanden, erfüllte die Luft. Sie trug ein weißes spitzenbefetztes Morgenkleid mtt hellblauen Schleifen, und es war ein reizen des Bild, als fie im Sessel lehnte und auf das Buch blickte, welches in ihrem Schoß lag. Aber fie las nicht. Vor ihrem Gesicht standen ver schiedene Gestalten, Lord Falcon, Paul Barlow und Sir Walter Gordon, und fie dachte über die Beziehungen derselben zu ihr nach. Sie sann und sann, bis fie endlich zu dem Entschluß kam: „Ich will nur meinem Herzen folgen, mein Herz allem soll mich leiten!" Sie hatte in ihrem Nachfinnen überhört, daß die Thür ging und fie ssh erschrocken auf, als Schritte sich ihr näherten. Hauptmann Barlow stand vor ihr und neben ihm ein junges Mäd chen, etwas zurück ein älterer Herr. „Lady Charnleigh, darf ich Ihnen General Sir Day und Miß Day vorstellen?" sagte Paul. Leonie sah in ein Gesicht, welches fie gleich auf den ersten Blick anzog, es lag ein so sym pathischer Ausdruck in den dunklen Augen. Sie reichte Miß Day die Hand und sagte: „Haupt mann Barlow meint, daß wir uns befreunden werden, und ich glaube, er hat recht." Dann begrüßte fie den General, der wie jeder sofort von ihr entzückt war. „Wollen Sie mir nicht gleich den heutigen Tag schenken, Miß Day?" bat Leonie. „Haupt mann Barlow hat mir seine Begleitung nach dem botanischen Garten versprochen, und wir werden uns beide freuen, wenn Sie mit von der Partie sind. Wir lernen uns so auch besser kennen, als wenn wir uns in großen Gesell schaften treffen." So leicht schlug niemand Leonie Charnleigh eine Bitte ab, und Nelly Day versuchte es auch garnicht. Eine Stunde später gingen fie zusammen durch den botanischen Garten und zogen die all gemeine Aufmerksamkeit auf sich. Ein stärkerer Gegensatz als die beiden jungen Mädchen war nicht leicht zu finden. Beide waren schön, aber die eine blond, lebhaft und strahlenden Antlitzes, die andere dunkel, ernsthaft und mit einem melancholischen Zug im Gesicht. Zu Leonies Bedauern war die Herzogin von Rockhampton mit ihrem Sohne auch da. Sie hätte sich so gerne Nelly Day ganz gewidmet, mußte aber der Dame folgen, die ihr eine sel tene Pflanze zeigen wollte. Paul Barlow und Nelly blieben zusammen, und letztere bemerkte: „Sie haben nicht zu viel gesagt, Herr Hauptmann. Lady Charnleigh ist wirklich schön." „Nicht wahr, das finden Sie auch? Aber in meinen Augen ist ihre Schönheit nicht der Hauptreiz. Was mir besonders an ihr gefällt, ist ihr Wesen, ihre natürliche freie Art, sich zu geben und ihre herzliche Freundlichkeit." „Wie lieb Sie fie schon gewonnen haben!" bemerkte Nelly und Thräneu schimmerten in ihren Augen. . „Wir find gute Freunde," erwiderte Paul unbefangen. „Und fie hat viele Verehrer, die ihr huldigen und fie verwöhnen?" „Ja, aber sie bevorzugt keinen. Ich freue mich sehr, Miß Day, daß Sie beide öfter mit einander verkehren werden. Lady Charnleigh ist keine Natur, die fich leicht anschließt, aber ich sah es ihr an, wie Sie ihr gleich gefielen." „Das verdanke ich Ihnen," erwiderte Nelly. „Wie genau Sie aber schon studiert.haben müssen, um ihr die Gedanken von der Stirn zu lesen!" s (Fortsetzung folgt.)
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