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Allgemeiner Anzeiger : 26.06.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-06-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189706262
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18970626
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- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-06
- Tag 1897-06-26
-
Monat
1897-06
-
Jahr
1897
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 26.06.1897
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Eilenburg. Ein Teil des Fabrikgebäudes der Maschinenfabrik von Draenert, in dessen oberer Etage sich die Wohnung des Werkführers Lache befindet, stürzte am Sonntag unter donner ähnlichem Krach in sich zusammen und begrub unter sich Maschinen und sonstige Werkzeuge. Die Ehefrau des Herrn Lache, die sich allein w der Wohnung befand, und sich auf die Rufe ewiger im anstoßenden Garten weilenden Knaben nach dem Fenster begab, stürzte mit der zu- fammenbrechenden Wand in die Tiefe, kam aber trotzdem mit nur leichten Verletzungen davon. Die in den Parterre-Räumen arbeitenden Schlosser hatten erst vor kurzer Zeit ihre Arbeits stätte verlassen. Iserlohn. Das dreijährige Töchterchen einer in der Jgelstraße wohnenden Familie gab in einem unbewachten Augenblick dem sieben Tage alten Säugling Karbolsäure zu trinken, infolge dessen das Kind innerlich schwer ver brannte und bald verschied. Kammin. Ein dreistes Manöver wurde von einer Persönlichkeit, die sich als Berliner Kaufmann bezeichnete, in Ganserin ausgeführt. Bei der dort wohnenden Kaufmannswitwe Schultze erschien in Begleitung seiner 16 jährigen Tochter ein gewisser Schultz aus Berlin und erbot sich, das Grundstück der Frau nebst dazu gehörigem Geschäft mit Warenbeständen für 13 800 Mk. zu kaufen. Man wurde handelseinig und schloß einen Vertrag ab, worauf der Käufer sofort eine Anzahlung von 4000 Mk. leistete. Hinterher kamen jedoch der Frau und deren Bruder die von Schultz erhaltenen vier Geld scheine von je 1000 Mk. verdächtig vor, wes halb sie sich mit ihnen nach einer öffentlichen Kasse in Kammin begaben. Hier wurden die Scheine als falsch erkannt. Auf den angeb lichen Schultz, der inzwischen mit seiner Tochter verschwunden ist, wird eifrig gefahndet. Oels. In dem Dorfe Mcderau bei Julius burg ist man auf die Spur eines schweren Ver brechens gekommen. Seit dem ersten Pfingst- feiertage wurde dort der 30jährige Kirschen pächter Schneider vermißt. Jetzt hat man nun seinen Leichnam gefunden. Offenbar ist Schneider einem Raubmord zum Opfer gefallen. Im Schädel fand man einen Rehposten, um den Hals war ein Strick geschlungen. Drei des Mordes dringend verdächtige Personen find in das Oelser Landgerichtsgefängnis eingelicfert worden. Agram. In Stinica bei Zengg in Kroatien befindet sich die große Landesbettlerfabrik oder besser Bettlerhochschule, in welcher allerlei Individuen, hauptsächlich Kinder, zu Bettlern zubereitet und, wenn wünschenswert, mit Ge brechen ausgestattet werden. Auf dem Kirch weihfest zu Sv. Duh (Heil. Geist) bei Agram waren am Pfingstmontag zwei Albinos zu sehen, für welche die Polizei besonderes Inter esse an den Tag legte. Die Wunderkinder und deren beide Führer wurden verhaftet und dem Strafrichter vorgeführt. Selbstverständlich stammten die Albinos aus der Landcsbettler- fabrik Stinica. Ihre Augen erwiesen sich als sehend, wohl waren sie rot angestrichen, hin gegen waren die weißen Haare waschecht; wie sie so waschecht geworden, ist Geschäftsgeheimnis geblieben. Die Führer bekamen je fünf Tage Arrest, die Pseudo-Albinos, zehn- mkd elfjährige Knaben, wurden vom Richter der Polizei znr Abschiebung in ihre Heimat übergeben. Paris. Wunderbar ging es unlängst bei dem Hochzeitsmahle zu, das aus Anlaß der Heirat des Athleten Caillo in einem Pariser Restaurant stattfand. Etwa dreißig Berufs- gcnossen jenes Herkules, sämtlich Kolosse mit Stiernacken, unter deren Schritten die Dielen erzitterten, umfaßten die Tafel. Um sich die Zeit bis zum Auftischcn der Suppe zu ver treiben, bog der schwarze Riese Bamboula Löffel und Gabel wie eitel Fließpapier zusammen, so daß das Metall nur noch einen unförmlichen Klumpen bildete. Natürlich wollten die übrigen Kraftmenschen" hinter dem fidelen Neger nicht zurückbleiben. Im Nu war unter dem Drucke ihrer eisernen Fäuste alles Eßzeug zu schänden gemacht, Messer spiralförmig gedreht, Löffel zu Armspangen umgewandelt. Man kann sich das Entsetzen der Kellner vorstellen, als die Athleten ihnen die zerknitterten Eßwerkzeuge mit dem Bemerken unter die Nase hielten, daß ihr Herr sich nach einer gediegeneren Ware umsehen möge I Warschau. Ein eigenartiger Gaunerstreich wird aus dem auch von deutschen Katholiken besuchten Wallfahrtsorte Czenstochau, im russischen Gouvernement Petrikau, gemeldet. Während der letzten Wallfahrt benutzte ein Gagner die Anwesenheit zahlreicher Geistlichen, um gleichfalls als katholischer Geistlicher auftzutreten und nicht nur Spenden für die Kirche und verschiedene fromme Zwecke unter den zahllosen Scharen der Wallfahrer einzusammeln, sondern auch die Beichte abzunehmen und Absolution zu erteilen. Als er dabei ertappt wurde, wie er eben einem Pilger den Geldbeutel ans der Tasche ziehen wollte, wäre der Spitzbube beinahe von der empörten Volksmenge gelyncht worden. Beider Durchsuchung fand man in den Taschen des Diebes einige Tausend Rubel. Konstantinopel. An Pest kommen unter den Mekkapilgcrn in Djeddah täglich durch schnittlich 3 Todesfälle vor, die Zahl der täg lichen Erkrankungsfälle läßt sich nicht feststcllen; seit dem 6. d. sind im ganzen 35 Personen an der Pest erkrankt. — 2000 türkische Pilger, die in Djeddah zurückgeblieben sind, werden bis zur Ankunft der Transportschiffe auf drei Inseln des Roten Meeres übergeführt. GrrichtslsaUe. Aachen. Eine interessante Jagdgeschichte, welche für einen Jagdpächter und dessen Gäste bedeutende Unkosten, vielen Aerger nnd eine große Enttäuschung im Gefolge hatte, fand vor der hiesigen Strafkammer ihre Erledigung. Ein dortiger Brennereibcfitzer ist Jagdpächter in der Eifel und erhielt am 27. Januar ein Telegramm, welches mit dem Namen seines Jagdhüters unterzeichnet war und dahin lautete, sofort in sein Jagdrevier zu kommen, da eine Anzahl Hirsche und Säue eingekreist sei. Der Jagd pächter telegraphierte zurück, er käme sofort, der Jagdhüter solle Treiber engagieren, und er nahm am folgenden Tage fünfzehn befreundete jagd kundige Herren mit, damit möglichst viel Wild zur Strecke gebracht werden könne. Der Jagd hüter machte ein verdutztes Gesicht, als er von dem Telegramm hörte, welches er aufgegeben haben sollte; er hatte, durch das Telegramm des Jagdpächters überrascht, sogar noch eine Anzahl Treiber für den Tag engagiert und 30 Mark Auslagen gehabt. Während nun die Herren auf der „Saujagd" waren, lief bei der Frau des Jagdpächters ein weiteres Telegramm ein, welches mit dem Namen ihres Ehemannes unterzeichnet war und besagte, sie solle drei „Schlitten" zur Bahn schicken und für den Abend im Restaurant „Küppel" für die Jagd gesellschaft ein Souper bestellen. Die Frau traute der Sache nicht, weil das Telegramm in Aachen aufgegeben war. Als am Abend die genasführte Jagdgesellschaft heimkehrte und von dem zweiten Telegramm vernahm, wurde de- schlossen, die Sache der Staatsanwaltschaft an- zuzeig^n. Diese ermittelte als den Schreiber und Aufgeber der Telegramme einen Herrn in Aachen, der sich gerühmt hatte, man würde ihn höchstens mit 3 Mark bestrafen, und eine Zivil klage würde fruchtlos sein. Er wurde aber wegen Urkundenfälschung im Sinne des § 267 in zwei Fällen zu 14 Tagen Gefängnis ver urteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte sechs Wochen Gefängnis beantragt. Köln. Der vom Oberbürgermeister Becker gegen den Eisfabrikanten Linde angestrengte Prozeß, für den von der hiesigen Strafkammer mehrere Tage angesetzt waren, ist durch einen Vergleich erledigt worden. Linde hatte be hauptet, Oberbürgermeister Becker habe unter seinem Eide die Unwahrheit gesagt. Der Ober bürgermeister wird in der nächsten Stadt- verordnetenfitzung den Sachverhalt und die Gründe, die zur Einigung geführt haben, dar legen. Leipzig. Wegen schwerer Urkundenfälschung und Bettugs wurde vom hiesigen Schwurgericht der frühere Besitzer der ,Leipziger Gerichtsztg/, Salo Werner, zu 2 Jahr 3 Monat Gefängnis verurteilt. Drei Monat wurden auf die Unter suchungshaft in Anrechnung gebracht. Würzburg. Dieser Tage wurde von der hiesigen Strafkammer der katholische Arzt Dr. Valentin Hamburger zu sechs Monat Ge fängnis verurteilt, weil er in einem Gasthause zu Zellingen sich in Aergernis erregender Weise über Einrichtungen und Geistlichkeit der katholi schen Kirche ausgelassen hatte. Wien. Die Verhandlung über die Ehren beleidigungsklage, die der österreichische Reichs rats-Abgeordnete Mittermayer gegen den Arbeiter führer Schuhmeier angestrengt hatte, wurde am am 19. d. zu Ende geführt. Schuhmeier, der bekanntlich den ersteren des Diebstahls be schuldigt hatte, wurde mit der Begründung frei gesprochen, daß der Wahrheitsbeweis gelungen sei. Auf Mittermayer haftet jetzt mithin der Makel des Diebstahls. Der Mordprozeß Brünig, der in vergangener Woche in Halberstadt vor dem Schwurgericht verhandelt wurde, baut sich auf folgenden Vorfall auf: Die Landwirte Bothe und Max Brünig waren am 16. Dezember 1896 bei dem Jagdpächter Hartmann zu Dardes heim zur Jagd geladen, begaben sich nach be endeter Jagd in einen Gasthof und fuhren um 1 Uhr nachts in dem Wagen Brünigs, einem viersitzigen, mit einem Pferde bespannten Gefährt, nach Badersleben. Bald nach 2 Uhr nachts fand sich das Pferd allein im Dorfe ein, voll ständig angeschirrt, aber ohne Wagen; auf der einen Seite des Tieres hing ein Scheerbaum herab, auf der andern Teste nur der Stumpf des zweiten, abgebrochenen Schcerbaumes, während die beiden Stränge zerrissen waren. Eine Stunde später kam Brünig zu Fuß im Dorfe, wo er angesessen war, an und klagte über körperliche Schmerzen. Er beauftragte seinen Großknecht auf die nach Dardesheim führende Landstraße zu gehen, wo der Land wirt Bothe, der mit ihm (Brünig) mit dem Wagen geschleift und schließlich hinausgeschleudert worden sei, mit zerschmettertem Kopfe liege. Bothe wurde noch lebend aufgefunden, starb aber auf dem Wege zum Halberstadter Kranken- hausc. Der Arzt stellte bei Brüning leichte Abschürfungen der Kopfhaut fest, konnte aber sonstige Verletzungen nicht entdecken, obwohl Brünig aufs lebhafteste über Schmerzen in Brust und Armen klagte. Die Anklage be hauptet, Brünig habe Bothe ermordet. Auch des letzteren Frau war wegen Mitwisscnschaft am Morde verhaftet worden. Bei ihrer Ver nehmung bestreitet sie jedoch mit vollster Ent schiedenheit, über die Beseitigung ihres Mannes mit Brünig gesprochen zu haben. Inzwischen hatte der Prozeß eine überraschende Wendung genommen. Brünig hat ein Geständnis abge legt. Der Angeklagte erklärte, er habe den Bothe mit seiner eisernen Keule zweimal auf den Kopf und einmal auf die Hand geschlagen; sie seien ins Ringen gekommen, da Bothe ge- fagt, es werde ihm gelingen, mit der Schwester des Angeklagten intimen Verkehr zu erhalten. — Im weiteren Verlauf des Prozesses wurde von einer großen Anzahl Zeugen bekundet, daß der Wagen innen und außen mit Blut besudelt war. Der Gerichtschcmiker Dr. Jeserich (Berlin) bestätigte dies und bemerkte, daß auf der Deichsel ein blutiger Händeabdruck zu sehen war. Der Angeklagte bestritt, die eiserne Keule absichtlich mitgenommen zu haben und versicherte, daß es ihm, während Bothe ihn an der Brust packte, möglich war, sie aus der Hinteren Wagcntasche hervorzuholen. Im weiteren Verlauf der Zeugen vernehmung wurde bekundet, daß die Keule, die bei der Viehtränke verwendet werden sollte, wegen ihrer Schwere niemals in Gebrauch ge nommen worden sei. Die Geschworenen er kannten den Angeklagten Brünig, unter Ver neinung mildernder Umstände, des Totschlages schuldig. Der Staatsanwalt beantragte 15 Jahr Zuchthaus und 10 Jahr Ehrverlust. Der Gerichtshof erkannte auf 14 Jahr Zuchthaus und 10 Jahr Ehrverlust. Unsere Sitte« ««d Gebräuche. Ein Kulturhistoriker, der mit unseren gesell schaftlichen Gebräuchen nicht zufrieden zu sein fcheint, läßt sich in einem kürzlich erschienenen Buche folgendermaßen aus: „Viele Gebräuche in unserem jetzigen fashionablen Leben sind nur Ueberbleibsel aus alten Zetten, die teils ihre Bedeutung behalten, teils diese aber auch gänz lich verändert haben. Die Sitte, den Hut ab zuziehen, stammt von dem Gebrauch der Ritter, den Helm abzunehmen, wenn sie sich der Gnade ihres Gegners ergaben. Deshalb nimmt der höfliche Deutsche auch den Hut vor jedermann, der Amerikaner aber nur vor Frauen, denen er sein Herz ergeben hat, ab und grüßt sonst mit bedecktem Kopfe. — Das Ausziehen des Hand schuhs deutete ein Freundschaftsanerbieten an, und noch heute gilt es als ungebildet, die Hand eines andern zu schütteln, ohne den Handschuh auszuziehen. — Die Handreichung vor dem Kampfe war die gegenseitige Versicherung eines ehrlichen Kampfes, und davon schreibt sich der Gebrauch her, daß Brautleute bei ihrer Trauung sich die Hände reichen müssen. — Ein französi scher Gefangener in der älteren Zeit Englands zog einst eigentümlichen Nutzen aus dem Ge brauche des Händcreichens. Er sollte zur öffent lichen Schau gegen einen Neger-Boxer kämpfen, da er aber vom Boxen nichts verstand, faßte er beim Beginn des Kampfes des Negers rechte Hand und zerbrach sie mit einem eisernen Druck der seinigen. — Die Verbeugung stammt von dem alten Gebrauche der Gefangenen, ihren Nacken dem Streiche des Gegners zu bieten.— Die Haarnadeln der Damen find nur verkleinerte Dolche, wie sic die alten Italienerinnen trugen, und in einigen Teilen von Sizilien werden sie noch jetzt in einer Größe benutzt, die sie leicht in Waffen verwandeln läßt. — Die Ohrringe waren in den ältesten Zeiten Zeichen der Sklaverei und waren so geschlossen, daß sie nicht aus dem Ohre entfernt werden konnten. Die Form derselben bezeichnete den Besitzer des Sklaven. Deshalb trugen auch bei vielen bar barischen Völkern die Frauen Ohrringe als Zeichen der Unterthänigkeit gegen ihre Männer, und noch heute sind sie ein Zeichen der Sklaverei unserer Damen, wenn auch nicht den Männern gegenüber, doch der einer Putzsucht, die sie zwingt, sich dem Wilden, der Nase und Ohren durchbohrt, gleichzustellen." Gemeinnütziges. Ein sehr gutes Mittel zur Stärkung der Kopfhaut. Franzbranntwein mit etwas weißer Seife läßt man in einer warmen Ofen röhre ziehen und wäscht damit die Haarwurzeln und Kopfhaut, reibt dieselbe tüchtig, bis sie trocken ist und bewahrt sie vor Zug. Es geschieht ab und zu einmal, am besten vor dem Schlafen gehen, wobei die Flüssigkeit immer etwas er wärmt wird. Um wasserdichtes Leinen herzustellen, welches man zu Wagendeckcn u. s. w verwenden will, stelle man 9 Liter Leinöl auf das Feuer, füge 100 Gramm Bleiglätte und 100 Gramm Umbra hinzu und lasse diese Mischung vierund zwanzig Stunden auf gelindem Feuer vorsichtig kochen, daß sie nicht überwallt. Alsdann streicht man die Flüssigkeit, die auch noch beliebig ge färbt werden kann, mittels eines Pinsels auf die Leinwand. Di« einfachste Möbelpolitur ist möglichst frische-Milch, womit man die Gegenstände be streicht und dann mit einem wollenen Lappen gehörig abreibt. Knntes Allerlei. Zu den Patienten des Pfarrers Kneipp gehörte vor drei, vier Jahren auch einmal Papst Leo. Bei der ersten Konsultation, so erzählte man sich damals im Vatikan, faßte der sonder bare Arzt, zum größten Erstaunen des Patienten, den Papst plötzlich am Ohr. „Was machen Sie da ?" ^agte der Papst. . „Heiliger Vater," erwiderte» Pfarrer Kneipp, „ich muß mich erst überzeugen, ob Sie meine Behandlung ver tragen, und deshalb muß ich vor allem sehen, ob der, Blutzulauf zum Ohr gut ist." Malitiös. Sie: „Sie find Handlungs gehilfe, nicht wahr?" — Er: „Ja — freilich — aber ich dichte auch daneben!" — Sie: „Sooo, dichten Sie immer daneben!" (Fortsetzung folgt.) IS s sich ihre Liebe. „Ach, daß ich eirie Königin wäre," rief sie aus, „und ich ihm alle Schätze der Erde geben könnte!" ganze Unterhaltung durch. „Ich bin ihm sicher nicht gleichgültig," dachte sie, „wenn er sogar seine Enttäuschung in meiner Nähe vergißt. Und ich — ich habe ihn ja so sehr lieb! Er ist mein Ideal, mein Held; ich werde mich nie dieser Liebe schämen." Wie manche Männer würden viel um eine solche Liebe gegeben haben! — Paul Barlow erwiderte sie nicht. Er kannte Nelly Day, seit sie noch ein Kind war, und harte sie immer gerne leiden mögen. Sie war so frisch und so natürlich und hatte so eigenartige Ideen, die sie mit großem Eifer vertrat. Er suchte Bücher für sie aus und besprach den Inhalt mit ihr; er brachte ihr Lieder, die für ihre Stimme paßten, und sorgte immer wie ein älterer Bru der für sie. General Day hatte eine besondere Vorliebe für den jungen Offizier und zog ihn oft in sein Haus. So verkehrten sie viel zu sammen, und Barlow interessierte sich auch für Nelly als die Tochter seines hochgeachteten Vor gesetzten, aber an Liebe dachte er nicht. Sein Ideal erreichte sie keineswegs. Anders bei ihr. Unter allen den Herren und Offizieren, die in ihres Vaters Haus ver kehrten, war er ihr Held, ihr Ritter ohne Furcht und Tadel. Er war die Verkörperung aller ihrer Mädchenträumc, und seine Stimme, sein Schritt auf der Treppe ließen ihr Herz höher schlagen. Und jetzt, wo sie von dem Fehl- 5. Hauptmann Barlow sprach nie von seiner Enttäuschung, so wenig wie er seine Aussichten erwähnt hatte. Aber die Herren im Regiment kannten sie und cs war nicht einer darunter, der ihm nicht aufrichtige Bewunderung zollte. Und doch niemand so sehr wie Nelly. „Wenn wir nach London kommen," sagte sie eines Tages zu Paul, „werde ich hoffentlich Ihre schöne Kousinc kennen lernen. Haben Sie sie früher schon gesehen?" „Nein," erwiderte er, „ich habe nicht einmal eine Ahnung von ihrer Existenz gehabt. Ich freue mich auf meinen Urlaub; wenn ich nach Hause komme, werde ich sie kennen lernen." „Sie wird Ihnen gewiß gefallen," bemerkte Nelly mit einem Seufzer. „Sie ist unser Familienoberhaupt, ich muß als solches zu ihr aufsehen." „Dann werden Sie sie gewiß schön finden." „Anwälte übertreiben gewöhnlich nicht, und Mr. Clemens schreibt, sie wäre sehr lieblich. Wenn es Sie interessiert, Miß Day, werde ich Ihnen meinen Eindruck mitteilen." „Natürlich interessiert es mich," erwiderte sie und fie empfand eine leise Eifersucht auf die Gräfin. Paul Barlow merkte nichts davon. Sein Herz blieb ihr gegenüber gefühllos wie Stein. „Dann ist für Sie alles vorbei? Es ist keine Aussicht mehr?" „Nein, nicht die geringste, die Sache ist endgültig abgethan." „Und das hörten Sie eben jetzt erst durch die letzte Post?" „Ja, die eben angekommenen Briefe ver kündeten mir mein Schicksal," erwiderte er. „Und gleich darauf kommen Sie so ruhig her, um eine gesellschaftliche Pflicht zu erfüllen, und erwähnen eine Sache gar nicht, die Ihnen doch sehr am Herzen liegen muß?" „Ich kann Sie versichern, daß ich, seit ich hier bin, mit keinem Gedanken an die Sache gedacht habe, bis Sie mich fragten." Es war wohl verzeihlich, daß fie ihn miß verstand. Ihr liebliches Gesicht erglühte, und ein glücklicher Ausdruck trat in ihre Augen, den fie nicht zu verbergen suchte. „Wenn Sie denn nun kein Graf sind," sagte fie, „dann werden Sie wohl Soldat bleiben." „Ihnen ist der Soldatenstand wohl sehr sympathisch?" fragte er lächelnd. .„Ja, gewiß. Mein Vater gehört ihm an, mein Bruder fand den Tod auf dem Schlacht feld, und als Kind pflegte ich alle Geschöpfe nur in Menschen und Soldaten einzuteilen; die letzteren waren mir die höherstehenden." So plauderten fie weiter. Dem jungen Mädchen erschienen solche Stunden ein Stück Paradies, so glücklich waren fie und bedauerte es, als Hauptmann Barlow endlich aufbrach. „Sie find also wirklich nicht unglücklich?" sagte fie beim Abschied. „Sie grämen sich nicht über den verlorenen Besitz und Titel?" und wenn er in diesem Augenblick in ihrem Herzen hätte lesen können, würde er nie wieder so gefragt haben. Ich bin mir nicht klar darüber. In alten Zeiten machte die Liebe Helden aus den Men- icben Heutzutage aber scheint sie mir nur ein Aneinandcrpassen von Vermögensverhältnifs-n " Ar- bWm, st- >h>- als die Liebe der ganzen Welt Sie stehen "L 'm Dienst des Mars und wollen von Amor «'Mts wissen " irow^^ wäre ein schöner Herr," warf er lächelnd ein. Nelln schwiegen eine Weile, dann wandte Nelly sich wieder an ihren Gast nnd sagte: n-w neugierige Frage Übel nehmen, Herr Hauptmann d" „Es wird niir eine Ehre sein, fie zu be antworten." ' „Heute ist das englische Postschiff ange- kommcn. Im horte von meinem Vater, welche Nachrichten Sie erwarteten. Wollen Sic mir Mitteilen, ob die Charnleighsche Erbschaft ent schieden ist?" Als er die großen Augen so voll Interesse und Teilnahme auf sich gerichtet sah, trieb es ihn, .ihr alles zu erzählen. Sie hörte mit der selben Ruhe zu, mit der er selbst den Brief ge lesen hatte, aber als er fertig war, sagte fie erregt: „Soldaten grämen sich doch wohl ernstlich 4 schlagen seiner Hoffnungen hörte, verdoppelte nur um eine verlorene Schlacht." Sie lachte und verabschiedete stch mit einem freundschaftlichen Händedruck. Nelly Day ging im Geiste noch einmal die
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