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Allgemeiner Anzeiger : 31.03.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-03-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189703314
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18970331
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- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1897
-
Monat
1897-03
- Tag 1897-03-31
-
Monat
1897-03
-
Jahr
1897
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 31.03.1897
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Politische Rundschau. Deutschland. * DerKaiser ist zur Beiwohnung der Bei setzungsfeierlichkeiten nach Weimar abgereist. *Der Kaiser empfing am Donnerstag den Staatssekretär des Aeußern Frhrn. Mar schall v. Bieberstein zu einem längeren Vortrage und wohnte am Abend beim Fürsten Pleß einem feierlichen Akt des Ordens von St. Huberti bei. * Zu dem geplanten Besuch der Königin von England in Darmstadt schreibt die .World': Wahrscheinlich wird die Königin auf der Rückfahrt von der Riviera nach England durch Deutschland reisen. In diesem Falle wird die Königin eine Woche in Darmstadt zubringen und dort den Besuch des d euts ch en K ais er- Paares, der Kaiserin Friedrich, des Prinzen und der Prinzessin Heinrich und anderer hoher Verwandten erhalten. Der Kaiserin Friedrich würde die Königin, die am 22. April in Darm stadt eintreffen will, einen kurzen Besuch auf Schloß Cronberg im Taunus abstatten. Sollte dieser Plan zur Ausführung kommen, so wird die Königin am 29. April die Rückreise von Darm stadt über Vlisstngen antreten und am 30. April abends in Windsor anlangen. *Die Begnadigungen anläßlich der Centenar - Feier scheinen in erster Linie den wegen Duellvergehens Verurteilten zugute zu kommen. Nachdem bereits die Begnadigungen der Herren v. Kotze, Assessor Borchardt und Landesältefter Sprenger gemeldet worden, kommt jetzt aus Bromberg die Mitteilung, daß auch der dortige Gutsbesitzer Ritter, der am 20. Januar v. den Gerichtsasseffor Wollstein im Duell erschoß, aus der Hast, die er auf der Festung Glatz ver büßte, entlassen worden ist. *Das deutsche Schulgeschwader ist nach seiner Ausfahrt ins mittelländische Meer gestern in Kiel wieder eingetroffen. *Das kaiserliche Patentamt hat den Handelskammern und wirtschaftlichen Vereinigun gen die Mitteilung zugeben lassen, daß den Auslegungsstellen für die Patentschriften künftig die Verzeichnisse der erteilten Patente zugeiandt werden. Oesterreich-Ungarn. * Anläßlich der letzten Reichstags wahlen in Wien find nicht weniger als hundertzehn Personen teils wegen versuchten, teils wegen verübten Wahl schwindels dem Gerichte übergeben worden. Die meisten Fälle beziehen sich aus Stimmen abgaben für längst verstorbene Wähler. Andere versuchten, unter falschem Namen das Stimm recht mehrmals auszuüben. Die Angeklagten gehören verschiedenen Parteirichtungen an. Frankreich. *Die Pariser Presse ist wieder einmal in Aufregung geraten infolge einer Meldung, wo nach der gegenwärtig in Berlin anwesende Graf v. Flandern den deutschen Kaiser zum Besuche derBrüsselerAusstellung ein geladen hat, indem er verlauten ließ, der Pr ä - sident d er fr anz ö sis ch en R e p ub lik werde sich ebenfalls um die gleiche Zeit in der belgischen Hauptstadt einfinden. Offiziös ver lautet nun, der Präsident der Republik sei von dem König der Belgier nicht eingeladen worden, die B> üsscler Weltausstellung zu besuchen. Falls Herr Felix Faure aber eine solche Einladung erhielte, so brauchte er darum noch nicht in Brüssel mit dem deutschen Kaiser zusammenzu- treffen, wie ein belgisches Blatt ankündigt. Das wird hoffentlich die Gemüter wieder etwas be ruhigen. England. * Der Kolonialminister Chamberlain hat eine dringende Note an den Präsidenten Krüger gerichtet, die ausführt, das Preß gesetz sowie die Einwanderungs-Verordnung ver stießen gegen die Londoner Konvention. Die- selbe verbürge den britischen Einwanderern Be wegungsfreiheit. England habe auf Grund dieses Artikels das Recht, die Abschaffung der gegen die Uitlanders gerichteten Gesetzgebung zu verlangen. Die Note betont die oberherrliche Stellung Englands und fordert unbedingte Beobachtung der Konventton. Man hört ferner Leidenschaft und Liebe. Roman von C. Belm ar. (Fortsetzung.) .Minna!" rief Konrad unwillkürlich. Der Ton seiner Stimme hatte einen ver wundert fragenden Klang. War es möglich daß ein Mädchen so um Liebe flehen konnte, sie, die ihr Herz als Ge schenk weggeben, aber nie selbst anbieten sollte! Hatte diese Gabe dann noch überhaupt Wert für einen Mann? Minna sah den vorwurfsvollen Blick, der auf ihr ruhte und eine heiße Röte stieg ihr ins Gesicht. „Sie verdammen mich, well ich Sie um Ihre Liebe bat," sagte sie bitter. „Nun ja, ich gestehe es, mein Bettagen ist der sonstigen Art entgegen — Sie meinen, nur der Mann habe das Recht, sein Herz anzubieten und um Gegen liebe zu flehen, das Mädchen müsse warten, bis es gewählt werde. Andere mögen thun, was ihnen beliebt, ich handle nach meiner Weise. Ich bin ein verwöhntes Geschöpf, mir ist noch nie ein Wunsch versagt geblieben, warum soll ich jetzt, da es sich um mein Glück handelt, schweigend resignieren; nein, ich will darum kämpfen und es mir erringen! Ich bringe Ihnen ein Herz voll heißer Zärtlichkeit entgegen. Warum soll ich schweigen und dulden, bis es zu spät geworden ist, wamm soll ich es nicht versuchen, in Ihrem Herzen für mich dieselben Gefühle rege zu machen? Ich will nicht und ich kann nicht! Konrad, noch einmal: wollen Sie es versuchen, mich zu lieben?" zuverlässig, die Regierung lasse infolge der Spannung mit Transvaal die Vor bereitungen für die Sudan-Expedition vorläufig einstellen, um Aktionsfreiheit für Südafrika zu gewinnen. — Nach diesen Meldungen erscheint, da ein Nachgeben der Boern nicht zu erwarten ist, ein offener Bruch zwischen Großbritannien und Transvaal so gut wie unvermeidlich. Spanien. * Von den Philippinen wird ein neuer Erfolg der Spanier verkündet. Eine amtliche Depesche aus Manila meldet, daß Jmus durch die spanischen Truppen genommen sei, und daß die spanische Flagge auf den Forts gehißt wurde. Cavite Viejo sei durch das spanische Geschwader in Brand geschossen worden. Rustland. * Der Großfürst- Thronfolger Georg, der bekanntlich seit Jahren schon lun genkrank ist, soll plötzlich von einem so starken Anfalle heimgesucht worden sein, daß man das Aeußerstc fürchtet. Der Großfürst hält sich schon längere Zeit in Algier auf. * Rußland hält anscheinend den Augenblick für günstig, um seine Truppen gegen Armenien vorzuschieben. Nach einer Mel dung des .Standard' aus Konstantinopel habe der Vali von Erzerum an die türkische Regie rung telegraphiert, daß zwei Divisionen der russischen Armee in der Provinz Kars die türkische Grenze besetzt hätten. Von dem russischen Generalkonsul sei die Er klärung abgegeben worden, daß die Truppen den Auftrag hätten, die russische Grenze gegen die Einschleppung der Pest zu schützen. Der Vali habe in seiner Depesche an die Negie rung hinzugefügt, er erachte die Erklärung für ungenügend und erbitte den Befehl zu Gegenmaßregeln. Balkanstaaten. *Die Blockade Kretas, die zur Be ruhigung der Insel eingeleitet wurde, hat neues Unheil gezeitigt. Die aufs äusterste gebrachten Insurgenten, die in der Blockade eine Maß regel zu gunsten der Türkei erblicken, erstürmten am Donnerstag das Fort Malaxa und machten 54 Mann der Besatzung nieder, die überhaupt nur aus 60 türkischen Soldaten bestand. In folgedessen griffen die europäischen Kriegsschiffe ein und schossen das Fort vollständig in Trümmer. Auch die „Kaiserin Augusta" beteiligte sich mit 13 Schuß an dem Bombardement. * Immer wieder taucht das Gerücht auf, daß der Sultan eine Verständigung mit Griechenland anzubahnen sucht. Neuerdings wird hinzugefügt, daß sich der Groß herr des russischen Botschafters Nelidow als Vermittlers bediene; dieser wolle erst die übrigen Mächte befragen. * Die ,Politique Coloniale' meldet aus Athen, König Georg sei fest entschlossen, den Krieg in Macedonien zu beginnen, wenn die Großmächte die griechischen Häfen blockieren würden. Der König will von seinen fürstlichen Verwandten keine Ratschläge mehr annehmen. Die griechische Regierung befahl, alle türkischen Schiffe in Grund zu bohren, die Truppen nach Macedonien bringen sollten. *Der ,Matin' berichtet, die Großmächte hätten über die Persönlichkeit eines Gouver neurs von Kreta sich noch nicht geeinigt, doch sei sicher anzunehmen, daß dieser Gouver neur kein Türke sein werde. Man habe schon verschiedene Vorschläge gemacht, welche aber bisher die Zustimmung der Mächte nicht ge funden haben. Als Kandidaten seien ein däni- fcher, ein montenegrinischer und ein belgischer Prinz genannt worden. Der Gedanke, einen ftanzösischen General zum Gouverneur zu machen, sei von Frankreich abgelehnt worden. Deutscher Reichstag. Am 26. d. tritt das Haus in die dritte Lesung des Etats. Abg. Liebknecht (soz.) wiederholt den in erster Lesung bereits erhob-" ° Vorwurf, daß an dem Untergang des „Iltis" in erster Linie die Er sah sie starr an; aus dem schönen Ge sichte des Mädchens sprachen Eigenfinn, Trotz und Leidenschaft eine wilde Sprache. Er suchte vergebens in den erregten Zügen des Mädchens nach der Spur eines tiefem edleren Gefühls; sie liebte ihn, aber sie liebte ihn nicht mit jener wahren reinen Liebe, welche die einzige Bürgschaft für deren Fortdauer bildet; sie liebte ihn wie eben ein eigenwilliges Kind ein lang begehrtes Spielzeug liebt und wenn es dasselbe endlich erlangt hat, es nach kurzer Zeit kalt und gleichgültig in die nächste Ecke wirft, um sich bald ein anderes zu suchen, das den Reiz der Neuheit an sich trägt. Mehr Wert hatte er für Minna nicht; in wenigen Tagen schon vergaß sie wahrscheinlich ihre Laune, an gebrochenem Herzen würde sie gewiß nicht sterben. „Wollen Sie versuchen, mich zu lieben?" wiederholte Minna ungeduldig. „Ich bin zu ehrlich, um zu heucheln! Wie sollte ich Hoffnungen in Ihnen rege machen, welche ich nie erfüllen kann!" entgegnete er mhig und langsam. „Sie täuschen sich selbst über Ihre Gefühle; nur zu bald würden Sie einsehen, daß Ihre Liebe zu mir mehr in Ihrer Einbildung als in Ihrem Herzen Platz ge nommen hatte." „Ist das Ihr letztes Wort?" unterbrach ihn Minna. „Es ist meine feste Ueberzeugung." „Nun also, dann find wir miteinander fertig! Vergessen Sie, was ich gesprochen, ich werde Sie nie mehr mit meinen Geständnissen be helligen." Marinevecwaltung schuld sei, da das Schiff nicht mehr seetüchtig genug gewesen sei. Der Kapitän selbst habe bezweifelt, daß er sich in einem heftigen Sturm werde halten können. Das Urteil aller Menschen in Deutschland, die den Sachverhalt kennen, erkläre es daher für unverantwortlich, ein solches Schiff auf der ostasiatischen Station zu verwenden. Um so weniger werde man im Lande für neue Flotten forderungen begeistert sein können und die Abstimmung in dritter Lesung werde nur das Resultat der zweiten bestätigen, um so mehr, als die Marinevcr- waltung auch ihrerseits den Kampf gegen die sozial demokratischen Arbeiter ausgenommen habe. Kontreadmiral Büchsel: Nach dem dem Hause vom Staatssekretär des Reichsmarineamts mitgeteilten Bericht des letzten Kommandanten des untergegangenen Schiffes „Zltis" ist dasselbe zur Zeit des Unter ganges vollkommen seetüchtig gewesen. Abg. Lieber (Zcntr.) kann es nicht anerkennen, daß die Marineverwaltung einen Kampf gegen ihre sozialdemokratischen Arbeiter führe. In den meisten Fällen haben die Arbeiter freiwillig den Dienst ver lassen. Damit schließt die Generaldiskussion. — In der Spezialdiskussion gelangt beim Etat des Reichs tages zunächst eine Resolution des Abg. Ancker und Gen. (fr. Vp.) auf Bewilligung von Diäten an die Reichstags-Abgeordneten zur Besprechung. Abg. Richter (fr. Vp.) weist bei Begründung dieses Antrages darauf hin, daß er bereits neun mal vom Reichstage angenommen worden sei. Der Bundesrat habe sich bisher immer ablehnend ver halten, obwohl der Reichstag immer seltener beschluß fähig sei. Die schwache Präsenz sei eine Folge des Mangels an Diäten, sie führe aber auch zu einer Verschleppung der Geschäfte, denn es könne keine Diskussion geschlossen werden. Die konservative Partei wende immer gegen den Antrag ein, an der Verfassung dürfe nicht gerüttelt werden. Sie selbst möchten aber in anderen Punkten gern die Ver fassung geändert wissen, namentlich im Punkte des Wahlrechts. Er bitte daher, sich an dieses Bedenken nicht zu kehren, sondern dem Anträge zuzustimmen. Abg. Bassermann (nat.-lib.) erklärt nemens des größeren Teiles seiner Freunde die Zustimmung zu dem Anträge. Man habe geglaubt, durch dlc Diätenlosigkeit die Sozialdemokraten vom Reichstage fern halten zu können trotz der Diätenlosigkeit seien die Sozialdemokraten um Kandidaten nie verlegen gewesen. Abg. v. Kardorff (Rcichsp.) erklärt, seine Freunde blieben auf ihrem früheren Standpunkt stehen. Die Diätenlosigkeit sei ein Korrelat des allgemeinen Wahlrechts. Sie könne nicht beseitigt werden, so lange das letztere besteht. Abg. Gröber (Zentr.) erklärt, seine Freunde würden für den Antrag stimmen. Schon durch die Verlängerung der Legislaturperioden sei die Diäten- loligkcit hinfällig geworden, denn für die längeren Perioden sei es eben doppelt schwer, Männer zu finden, die ein Mandat übernehmen können. Abg. Singer (soz.) erklärt, seine Freunde würden für den Antrag stimmen. In namentlicher Abstimmung wird darauf der Antrag Ancker mit 179 gegen 49 Stimmen ange nommen. Der Etat selbst wird ohne weitere Diskussion genehmigt. Beim Etat des „Auswärtrgen Amtes" bringt Abg. Bebel (soz.) die grausame Behandlung der als angebliche Anarchisten in Barcelona Ver hafteten durch die spanischen Behörden zur Sprache. Unter den Gefolterten befänden sich auch Deutsche. Er frage, welche Schritte die Regierung gethan habt, um diese schadlos zu halten. Staatssekretär v. Marschall erwidert, nur einer davon sei nachgewiesenermaßen deutscher Unter- than: zwei andere Hütten ihre bezügliche Behauptung nicht nachweisen können. Ersterer sei wiederholt in Deutschland bestraft und vom Militär desertiert. In Spanien sei er ebenfalls wiederholt bestraft, u. a. wegen Kirchenraubs und wegen Teilnahme an anarchistischen Bestrebungen. Es sei ihm auch der Aufenthalt in Barcelona untersagt worden. Aber er sei doch wieder dorthin zurückgekehrt. Gleichwohl hat sich der deutsche Generalkonsul bemüht, dem Mann Milderungen zu verschaffen, und er hat es durchgesetzt, dast er nicht sofort vor ein Kriegs gericht kam. Mehr konnte nicht geschehen, da auch andere Staaten für ihre Angehörigen nicht mehr erreicht haben, zumal es sich um einen Deserteur handle. Abg. Bebel bemerkt, es müsse doch jedem Deutschen im Auslande der volle Schutz gewährt werden ohne Rücksicht darauf, was er früher im Jnlande auf sich geladen und wünscht nähere Aus kunft über die Stellung, welche die deutsche Regie rung in der Kretafrage einnehmc. Deutschland hätte alle Veranlassung gehabt, in der kretischen Frage Zurückhaltung zu üben, jedenfalls sei es unbillig, daß es dazu mitwirke, die Kreter in ihrem Sclbstbcstimmungsrecht zu beschränken, nachdem die selben ihre Zugehörigkeit zu Griechenland pro Sie trat zurück und gab ihm so den Weg frei. Konrad blieb aber zögernd stehen. „Sie wollen hier bleiben?" , „Ich werde Ihnen folgen, gehen Sie voran." Sie warf hochmütig den Kopf in den Nacken, indem sie ihm fest ins Gesicht sah. „Sie sehen, ich bin ruhig," fuhr sie in eiskaltem Ton fort, „fürchten Sie nichts! Ich werde nicht an un glücklicher Liebe sterben." „Ich füge mich Ihrem Wunsche," war Kon rads Antwort. Er zog mit einer leichten Ver neigung seinen Hut und ging langsam voran. Minna wandte sich ab und eilte weiter; als eine Wendung des Weges sie seinen Blicken entzog, blieb sie stehen und preßte die Hände krampfhaft ineinander. „Er verschmäht mich," rief sie wild, „er — ein Bettler gegen mich — und ich, die ihn reich und glücklich machen wollte, ich bin abgewiesen worden gleich einer elenden Magd — o, — o, aber ich werde mich rächen! So sehr ich ihn geliebt, so sehr hasse ich ihn jetzt. Er soll es dereinst bitter bereuen, meine Liebe zurückgewiesen zu haben." Wenige Minuten später hatte Minna dm langsam Voranschreitenden eingeholt. Gleichgültige Worte wechselnd, gingen beide dem Schlosse zu; die Rätin empfing sie mit heiterm Lächeln. Herr Hellbronn war unter dessen angekommen und leistete ihr Gesellschaft; sie hatte sich, wie sie versicherte, vortrefflich amüsiert. „Wir wollten Veilchen suchen," sagte Minna lachend, „aber wir find vor Plaudern nicht da zu gekommen. Der Herr Professor versteht es so hübsch, von seinen Reisen zu erzählen." klamiert. Er müsse daher im Namen des größeren Teiles seiner Freunde gegen die Politik Einspruch erheben. Damit schließt die Diskussion. — In persönlicher Bemerkung konstatiert Abg. Hammacher (nat.-lib.), daß in der neu lichen Debatte gegen die Politik der Regierung in Kreta von keiner Seite Einwendungen gemacht worden seien. Staatssekretär Frhr. v. Marschall: Damit aus unserem Stillschweigen keine falschen Folgerun gen gezogen werden, erkläre ich, daß ich Mitteilungen über den Stand der kretischen Angelegenheit zur Zeit nicht machen kann. Sobald der Zeitpunkt ge kommen, wird der Reichskanzler die gewünschte Aus kunft gern erteilen. Der Etat des Auswärtigen Amts wird darauf bewilligt. — Beim Kolonial-Etat fragt Abg. Bebel (soz.) an, wie weit das gegen Dr. Peters schwebende Disziplinarverfahren vor geschritten sei. Kolonialdirektor Frhr. v. Richthofen teilt mit, daß das Verfahren abgeschlossen und Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Disziplinar kammer auf den 24. April angesetzt worden sei. Die Verzögerung der Angelegenheit erkläre sich daraus, daß Ermittelungen angestellt und Zeugen in Afrika vernommen werden mußten. Der Kolonial-Etat wird darauf bewilligt. Zum Etat des Reichsamts des Innern be antragt Abg. Schultz-Lupitz (freikons.) folgende Reso lution: „Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, eine landwirtschaftlich - technische Reichsanstalt für Bakteriologie und Psychopathologie in das Leben zu rufen und die hierzu erforderlichen Mittel in den Reichshaushaltsetat für das Etatsjahr 1898/99 einzustellen." Staatssekretär v. Bötticher erkennt an, daß die der Resolution zu Grunde liegende Idee eine löbliche sei. Es seien ja aber von den Einzeistaaten bereits solche Anstalten errichtet. Man „könnte die Aufgabe einfach dem Gesundheitsamt überweisen. Den Grundgedanken der Resolution werde er sich aber gern zu eigen machen und Erwägungen an- stellen, wie er am zweckmäßigsten zu verwirklichen sein könnte. Abg. Schultz- Lupitz zieht darauf seine Reso- lütion zurück. Abg. Schmidt- Frankfurt (soz.) beschwert sich darüber, daß die Thätigkeit der Gewcrbeinspektoren vom Versichcrungsaml nicht kontrolliert würde. Staatssekretär v. Bötticher stellt fest, daß die Gewerbeinspcktion Sache der Einzelstaaten sei, denen also auch die Aufsicht über dieselben zusteht. Beim Kanalamt befürwortet Abg. Hahn (nat.-lib.) mehr Fähren bezw. Brücken über den Nordostseekanal. Staatssekretär v. Bötticher: Solange die er hobenen Kanalgebühren noch nicht die Betriebskosten deckten, werde der Reichstag schwerlich bereit sein, mehr Mittel für den Kanal anfzuwenden. Unzu- träglichkeiten seien mit einer großen, das Land durch ziehenden Wasserstraße immer verbunden. Im Laufe der Zeit werde man durch bessere Zusammenlegung der Kirchspiele und Schulverbände teilweise Abhilfe schaffen können. Das Kapitel wird bewilligt. — Das Ordi- narium des Mlitärctats wird ohne erhebliche De batte bewillig t. tNrnßitcher Kanvta». DaS Abgeordnetenhaus nahm am Freitag die Vorlage betr. Verbesserung der Fürsorge für die Witwen und Waisen der unmittelbaren Staats beamten in dritter Lesung dcbattclos an. Ent sprechend dem Kommissionsbeschluß wurden auch die Vorlagen betr. Eingemeindung von Burtscheid in Aachen und Eingemeindung der Breslauer Vororte Pöpelwitz und Kleinburg in die Stadt Breslau an genommen. Uon Nah und Fern. Braunschweig. Eine hiesige höhere Töchter schule wollte den Ertrag einer Feier dem Marine- Amt zur Flottenvermchrung zur Verfügung stellen. Staatssekretär Hollmann lehnte dies mit dem Anheimstellen ab, den Ertrag einer der milden Marinestiftungen oder dem Alldeutschen Verband, der aufklärend über die Notwendigkeit von Deutschlands Seestärke wirke, zu über weisen. Königsberg. Die Errichtung einer Kaiser Wilhelm-Heimstätte für Genesende mit dem Kapital von 100 000 Mk. aus Anlaß der Kaiser Wilhelmseier hat der Kaiser den hiesigen städtischen Behörden mit dem eigenhändigen Zusatz ge nehmigt : „Den städtischen Behörden in Königs berg ist meine Anerkennung und mein Dank für ihren patriotischen Beschluß auszusprechen." Frau Wellendorf warf ihrem Neffen einen dankbaren Blick zu; sie ahnte nicht, wie sehr dieser ihren Wünschen entgegen gehandelt hatte. Minna trug eine etwas erzwungene Heiter keit zur Schau, auch Konrad bemühte sich nach Kräften, ein munteres Gespräch in Gang zu bringen, allein es gelang beiden schlecht; der Nachhall der verlebten Stunden zitterte noch zu lebhaft in ihren Seelen nach, um sie für die Außenwelt ruhig und unbefangen erscheinen zu lassen. Beide atmeten erleichtert auf, als die Großmama an die Heimfahrt mahnte; endlich nahm das Komödienspiel ein Ende! Auf dem Rückwege blieb Konrad schweigsam und verschlossen, so sehr es auch die Großmama nicht an Anspielungen und Anfragen fehlen ließ, er wollte die reizbare alte Frau heute nicht mehr aufregcn, sie sollte nur zu bald da^ Resultat seines Alleinseins mit Minna erfahren Am andern Morgen hatte Konrad eine lange Unterredung mit Onkel Oskar; am Nachmittage machte er mit Melitta den versprochenen Aus flug. Als sie des Abends cinkehrten, faßte der junge Mann die Hand des Mädchens und sah lange in das rosige Kindcrgesicht, das ihm gleich einer noch fest verschlossenen Rosenknospe ent gegenlächelte. „Melitta," sagte er bewegt, „ver giß die Lehren meiner guten Mutter nie! Sei brav und liebe Onkel Oskar; er hat es um dich verdient." Das Kind sah ihn verwundert an. „Wie du nur sprichst! Man sollte meinen, du hättest die Absicht, weit wegzureisen, und doch haben wir noch Wochen bis dahin, wo du nach der Hauptstadt ziehst."
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