Suche löschen...
Allgemeiner Anzeiger : 24.02.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-02-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189702241
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-18970224
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18970224
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-02
- Tag 1897-02-24
-
Monat
1897-02
-
Jahr
1897
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 24.02.1897
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
KoMische Rundschau. Deutschland. * Der Kaiser begab sich am Donnerstag nachmittag nach Jagdschloß Hubertusstock. * Offiziös wird versichert, die deutsche Regierung bestehe auf Räumung Kretas und seiner Gewässer von griechischen Streitkräften, bevor über das fernere Schicksal der Insel Verhandlungen stattfänden. * Daß sich der Reichstag um Ostern vertagen wird, gilt jetzt thatsächlich mr wahrscheinlich. Die drei Hauptaufgaben, die der Reichstag in dieser Session außer dem Etat und der Besoldungserhöhung zu erledigen hat, find die Unfallverficherungsnovelle, das Grundbuch gesetz und das Handelsgesetzbuch. In maß gebenden Kreisen denkt man das alles bis da hin unter Dach und Fach zu haben, und glaubt nicht, daß der Reichstag dann noch Lust haben wird, sich durch Initiativanträge in Berlin halten zu lassen. *Wie die ,N. B. C.' hört, soll nur wegen eines Punktes das Disziplinar-Ver fahren gegen Dr. Peters eröffnet werden. Wann die Verhandlungen stattfinden, ist noch nicht bestimmt. *Jm großen Lockstedter Lager bei Itzehoe wird in diesem Sommer ein größeres Kavalleriemanöver abgehalten werden, indem dort sechs Kavallerieregimenter sowie eine Abteilung reitender Artillerie zusammengezogen werden sollen. Die ersten Truppen werden bereits im April im Lager eintreffen. * Mit dem Sitz in Berlin ist als Unterver- Land des Allgemeinen Deutschen Genossenschafts verbandes ein Verband vonBaugenossen- schäften begründet, dessen Vorstand bei dem Bundesrat das Recht nachgesucht hat, als Nevisionsverband anerkannt zu werden. Es bestehen jetzt in Deutschland 150 Baugenossen schasten, davon sind seit dem 31. Mai 1896 23 neu gegründet. Die Entwickelung der Bau- und Sparvereine ist recht erfreulich und sie üben, wie die Baugenossenschaften überhaupt, einen sehr günstigen wirtschaftlichen und sozialen Einfluß auf die Mitglieder aus. Oesterreich-Ungarn. *Für die Neuwahlen zum Reichsrat haben die Leiter aller großen industriellen Verbände Oesterreichs einen Wahl austuf erlassen, worin sie gegenüber der der Industrie feindlichen Strömung zu stärkerer Vertretung der industriellen Interessen im neuen Reichsral ohne Unterschied der Partei auf fordern. *Jm ungarischen Abgeordnetenhause bekämpfte bei der Beratung des Budgets des Ackerbamuinisteriums der Minister Daranyi den aus der Mitte des Hauses angeregten Ge danken auf Einführung einer Ausfuhr prämie für Getreide. Schweden-Norwegen. * Das 25 jährige Regierungs-Jubi läum des Königs Oskar scheint in Nor wegen Gegenstand des Parteikampfes werden zu sollen. In Schweden wurde eine National- Sammlung ins Werk gesetzt, für deren Ertrag dem König das Verfügnngsrecht überlassen werden soll. Zu einer ähnlichen Einsammlung erließ auch in Norwegen ein Komitee, an dessen Spitze der Niinisterchef Hagerup steht, einen Aufruf, doch fehlten darauf die Namen der Präsidenten des Storthiugs, des Postmeisters und des vormaligen radikalen Ministerchefs Steen. Ersterer ist krank und kann sich daher nicht mit der Sache befassen. Vizepräsident Steen dagegen erklärte, er werde den Aufruf nur unterzeichnen, wenn er dazu einen Auftrag vom Storthing erhalte. Dies wird natürlich angesichts der radikalen Storthingsmehrheii nicht geschehen. Svanieu. * Im K a rI i st e n l a g e r macht sich, wie aus Nkadrid gemeldet wird, eine eigentümliche Unruhe bemerkbar. Der ,Heraldo' hat einen Brief gelesen, wonach man in Navarra An- sammlungew verdächtigen Gesindels (natürlich !) bemerkt hallig Der .JmparciaU hat geheimnis- voll von dM Dalum des 4. März munkeln hören, an dem ein großer Schlag geplant sei. Auch die,Epoca" will wissen, daß sich in Cuenca die Anhänger des Thronforderers rühren, ja sogar Soldaten anwerben, denen sie täglich 2 Pesetas geben. Man spricht auch davon, daß in Bilbao wieder der berüchtigte Santa Cruz aufgetaucht sei, dessen Greuelthaten im früheren Karlistenkrieg dem Don Karlos den Beinamen „Don Mordbrand" eingetragen haben. *Auf Cuba ist eine Epidemie ausge brochen, die die wunderbare Eigenschaft besitzt, nurGenerale zu befallen. Es haben nämlich nicht weniger als sieben auf einmal aus „Ge sundheitsrücksichten" um ihre Ab berufung gebeten. Ob der General Weyler über ihre geheimnisvolle Krankheit nicht nähere Aus kunft gehen könnte? Balkanstaaten. *Die Pforte thut doch wenigstens etwas. Sie hat einen neuen Generalgouverneur und einen neuen Militärkommandanten für Kreta ernannt; der erste hat kein Land, der zweite keine Truppen. * Auf Kreta herrscht Ruhe. Alle Feind seligkeiten zwischen Christen und Mohammedanern haben aufgehört. Es ist für den Augenblick keine Gefahr vorhanden, da sowohl die gelandeten Truppen der Großmächte wie die griechischen Truppen sorgfältig jede Annäherung an einander vermeiden. Ein Zusammenstoß ist also nicht zu befürchten und es dürfte noch einige Zeit vergehen, ehe es zu einer grundsätzlichen Auseinandersetzung zwischen den Großmächten und Griechenland kommt. Die Nachricht der ,Internat. Korresp.', die Großmächte hätten in Aussicht genommen, Kreta zu einem selbst - ständigen, dem Sultan nur tributpflichtigen Fürstentum zu erklären, ist wohl verfrüht, obwohl man sich schließlich auf diesen Ausweg einigen dürfte. * An eine Aenderung seiner Politik denkt Griechenland einstweilen keineswegs. Der griechische Minister des Aeußern Skuzes beant wortete die Vorstellungen dec Gesandten Frank reichs, Rußlands und Italiens kaltblütig lächelnd dahin, daß die griechische Regierung es ad le h n e, die Torpedoboots - Flottille zurück zuberufen; die derselben erteilten Befehle würden aufrechterhalten werden. *Am Mittwoch ist der Prinz Nikolaus Mit acht Geschützen nach Thessalien (Grenz provinz gegen die Türkei) abgegangen zur Aus hebung der Reserve - Marine der Jahrgänge 1873/74. Auch gingen 500 Infanteristen aus Kalamai nach Thessalien. Die griechische Re- gierung hat mit einem Temesvarer Pferde händler die sofortige Lieferung von 1200 Pferden und 450 Maultieren abgeschlossen. * Um bei der allgemeinen Teilung nicht zu kurz zu kommen, möchten sich die kleineren Raubstaaten vom Balkan zuvor im friedlichen Einvernehmen einen möglichst großen Anteil sichern. König Alexander von Serbien be absichtigt, so heißt es, sich am 9. März nach Sofia zu begeben, um mit Bulgarien eine Verständigung wegen Makedoniens zu versuchen. Anderseits meldet man, Bulgarien und Griechenland hätten wegen eines gegen Serbien gerichteten Einvernehmens in der bulgarischen Frage insgeheim verhandelt, aller dings ohne Erfolg. Vielleicht ist hieran der Umstand schuld, daß Rußland in Sofia und Belgrad gegenüber etwaigen Absichten auf Mace- donicn die bestimmte Erwartung kundgcgebcn hat, daß die Balkanstaaten nichts unternähmen, was das Friedenswerk behindern könnte. Amerika * In Washington hat der Senai den Bericht des Konferenz-Komitees beider Häuser ange nommen, der die Einwanderungsbill dahin abändert, daß von den Einwanderern verlangt wird, die englische oder irgend eine andere Sprache lesen oder schreiben zu können. Die Bill in der veränderten Form beugt auch der Möglichkeit einer Trennung des Maunes von der Frau vor und behält den Zusayantrag bei, welcher sich gegen die Beschäftigung fremder! Arbeiter in Staats - Werkstätten und gegen die Beschäftigung Fremder ausspricht, die regelmäßig nach den Ver. Staaten kommen, um als Hand werker oder Handarbeiter Beschäftigung zu suchen, mit der Absicht, nach ihrem Heimatslande wieder zurückzukehren. Aus dem Reichstage. Am Donnerstag wurde das Konvertierungsgesetz in zweiter Beratung unverändert angenommen. Es folgte alsdann die Interpellation v. Levctzow betr. die Vorlage des Gesetzentwurfs über Zwangsorgani sation des Handwerks. Staatssekretär v. Bötticher stellte die Einbringung der Vorlage um Mitte März in Aussicht. Nach der Interpellation kam noch der Etat des Pensionsfonds zur Beratung, wobei Abg. Galler (südd. Vp.) die in Gemeinschaft mit der Freisinnigen Volkspartei eingcbrachte Resolution betr. die Beschränkung der Offiziers-Pensionen be fürwortete. Am 19. d. erteilt vor Eintritt in die Tages ordnung der Präsident Frhr. v. Buol dem Abg. Ahlwardt einen nachträglichen Ordnungsruf, weil er in der Freitag-Sitzung in einer persönlichen Be merkung seinen Ausspruch, das germanische Haus müsse von dem jüdischen Ungeziefer gereinigt werden, für den ihm ein Ordnungsruf zu teil geworden war, dahin verschärft hatte, daß er erklärte, er ent schuldige sich wegen des von ihm gezogenen Ver gleichs beim Ungeziefer. Die am letzten Schwerinstage nicht zu Ende ge führte Beratung des Antrages Auer und Gen. (soz.) auf gesetzliche Einführung des Acht stundentages für alle im Lohn-, Arbcits- und Dienstverhältnis im Gewerbe-, Industrie-, Handels und Verkehrswesen wird fortgesetzt. Abgg. Hitze und Gen. (Zentr.) beantragen statt dessen die Festsetzung einer Maximal-Wochenarbeits- zeit von 63 Stunden. — Für den Fall der Ab lehnung empfehlen sie, in einer Resolution das Verlangen nach Erhebungen auszusprcchen, in welchen Betrieben durch übermäßige Arbeitszeit die Gesund heit der Arbeiter gefährdet wird und auf Grund dieser Erhebungen, Erlaß von Verordnungen ans Grund des ß 120 o, Absatz 3 der Gewerbeordnung. Abg. Rösicke (wild'» beantragt, in letzterem Falle, neben dem Verordnungswege auch den der Rcichsgcsetzgcbung vorzusehen bei Festsetzung des sani tären Maximalarbeitstages. Abg. Schneider- Nordhaufen (fr. Vp.) bean tragt, die verbündeten Regierungen zu ersuchen, inso weit auf Grund stattgehabter Erhebungen in gewerb lichen Betrieben durch übermäßige Dauer der täg lichen Arbeitszeit die Gesundheit der Arbeiter gefährdet wird, im Wege der Reichsgesetzgebung eine Regelung der Arbeitszeit herbeizuführen. Abg. Frhr. v. Stumm (sreikons.) spricht sich unter Ablehnung aller übrigen Anträge für den vom Abg. Hitze (Zentr.) eingebrachten Eventualantrag aus, welcher die Anstellung einer Enquete über die Arbeitszeit in den gewerblichen Betrieben verlangt und für den Fall der Feststellung einer gesundheits gefährlichen Ausdehnung der Arbeitszeit ihre Be schränkung fordert. Abg. Frhr. v. Heyl (nat.-lib.) äußert sich in gleichem Sinne. Abg. Förster (Antis.) beantragt, die dreiund sechzigstündige Wochenarbcitszeit, welche die Abgg. Hitze u. Gen. beantragen, nicht nur auf die in Fabriken beschäftigten Arbeiter zu beschränken, son dern sie ausdehnen auf die im Verkehrswesen thäti- gen Personen. Der Achtstundentag für alle Betriebe lasse sich zur Zeit nicht durchführen. Es müßten ganze Reihen von Ausnahmen dabei zugelassen wer den. Die sozialdemokratischen Antragsteller irren in der Annahme, daß die Lohnverhältnisse nach Ein führung des Achtstundentages sich nicht verschlechtern würden. Dazu fehle die Aufnahme eines Mindest lohnes in dem Anträge. Richtiger sei nach seiner Ansicht zur Zeit die Festsetzung einer Maximal- wochenarbeitszcit, deren Feststellung ja von Zeit zu Zeit neu erfolgen könne. Damit trage man den Be dürfnissen der Kleinbetriebe am besten Rechnung. Abg. Hitze (Zentr.) erklärt es für unthunlich, diesem Anträge hier zuzustimmen. Im Verkehrs- gewerbe herrschen so verschiedene Verhältnisse, daß zur Regelung der Arbeitszeit sehr detallierte Vor schriften notwendig sein würden. Er bitte den Eventualantrag nicht mehr als solchen zu betrachten, sondern als selbständigen Antrag neben dem Haupt antrag. Abg. Galles (südd. Vp.) bemerkt, seine Fremtde würden nicht für den Antrag Auer stimmen können, da er ihnen zu weit gehe. Sie würden aber für den Antrag Hitze und für den Antrag Schneider stiinmen. - Damit schließt die Diskussion. — Der Antrag Rösicke wird zurückgezogen. Nach dem Schlußwort des Abg. Fischer (soz.), im Anschluß an welches Abg. Frhr. v. Hertling, einer wiederholt gefallenen Aeußerung gegenüber, feststcllt, daß zwischen ihm und Dr. Hitze in der Arbeitcrschutzsragc keinerlei Gegensatz bestehe, wird der Eventualantrag Hitze (auf Veranstaltung von Erhebungen rc.) angenommen. — Alle anderen An träge werden abgelehnt. Es folgt die erste Beratung der von den Abgg. Grafen Hompesch u. Gen. (Zentr.) einerseits und von den Abgg. v. Kardorff (freik.), Liebermann von Sonnenberg (Antis.), Frhr. v. Manteuffel (kauf.) u. Gen. eingebrachten Gesetzentwürfe betr. denVer - kehr mit Butter, Käse, Schmalz und deren Ersatzmitteln. Beide sind gleichlautend und entsprechen im wesentlichen dem im Frühjahr vom Hause angenommenen Gesetze, welchem der Bundesrat die Zustimmung versagt hat. Abg. Rettich (kons.) erklärt in der Begründung die Aufrechterhaltung der Hauptforderungen des vor jährigen Entwurfs für notwendig, solle derselbe nicht unwirksam bleiben. Die Trennung der Verkaufs räume sei für die größeren Orte notwendig und auch durchführbar. Die Bedenken gegen das Färbeverbot glaubten seine Freunde dadurch beseitigen zu können, daß sie eventuell der latenten Färbung zustimmen würden. Redner beantragt Verweisung der Vorlage an eine Kommission von 21 Mitgliedern. Staatssekretär v. Bötticher: Eine prinzipielle Meinungsverschiedenheit scheint zwischen den Antrag stellern und der Regierung nicht zu bestehen. Noch nach dem Scheitern der letzten Vorlage haben wir einen Erlaß an die Behörden gerichtet, um eine möglichst strenge Handhabung des Nahrungsmittelgesetzes und aller sonstigen gesetzlichen Bestimmungen herbei zuführen. Auf diesen Erlaß sind die Einzel- regierungen in dankenswerter Weise eingegangen, und der Erfolg ist eine Verringerung der Klagen über die unlauteren Handlungen der Verkäufer ge wesen. Ich habe ferner das Gesundheitsamt zu noch- maligcrPrüsungder cmpfoh lenen Erkennungsmittcl für Margarine veranlaßt. Die Prüfung dürfte aber noch nicht abgeschlossen sein. Es bleibt aber frag lich, ob ein dauernd brauchbares Mittel überhaupt ausfindig zu machen sein wird. Was dann die Trennung der Verkaufsräume anbetrifft, so dürfte diese Forderung leicht zum Nachteil der Landwirt schaft ausschlagen, namentlich in kleinen Orten und auf dem Lande. Ich hoffe, daß wir in der Kom mission zu einer Verständigung gelangen. Abg. Bachem (Zentr.) stimmt der Verweisung an eine Kommission zu. Abg. Kruse (nat.-lib.) erklärt, auch seine Freunde wollten nicht, daß der Butter unlautere Konkurrenz durch die Margarine bereitet werde. Mit der Verweisung an eine Kommission sei auch er ein verstanden. Abg. v. Plötz (kons.) behauptet, die Ablehnung des vorjährigen Gesetzes habe im Lande große Er regung hervorgerufcn. Heute scheine ja die Regie rung zu einer Verständigung bereit zu sein, und eS würde erfreulich sein, wenn sich die Hoffnung ver wirklichen würde, daß wenigstens hier der Land wirtschaft etwas Hilfe gebracht werde. Die Trennung der Verkaufsräume in der Beschränkung auf die Orte mit mehr als 5000 Einwohnern werde ja nach den Erklärungen des Landwirtschaftsministers im Herren hause nicht mehr auf Widerstand stoßen. Auf da? Färbeverbot würden seine Freunde verzichten können, wenn ein wirklich wirksames Erkennungsmittel ge funden werde. Abg. Schneider- Nordhausen (ft. Vp.) würde in der Entdeckung eines wirksamen Erkennungs- mittcls für Margarine auch einen Ausweg aus den Schwierigkeiten scheu, welche das Färbeverbot der früheren Vorlage bereitet habe. Der Trennung der Verkaufsräume ständen seine Freunde auch «cyt noch ablehnend gegenüber. Abg. W u r m (soz.) verzichtet auf erneute Dar legung des Standpunktes feiner Freunde, da zu nächst alles darauf ankomme, ob das gewünschte Unterschcidungsmittel Wirklich gefunden wird. Abg. Benoit (ft. Vag.) regt bei der Trennung der Verkaufsräume in Städten über 5000 Ein wohner wenigstens Ausnahme zu Gunsten derjenigen Händler an, welche ihre Waren in offenen Buden fcilhalten. Damit schließt die Diskussion. — Nach dem Schlußwort des Abg. Humann (Zentr.) wird die Vorlage an eine Kommission von 24 Mitgliedern verwiesen. prk«-tschrr Landtag. Das Herrenhaus nahm am Donnerstag das Lchrerbcsoldungsgesctz im ganzen unverändert nach den Beschlüssen seiner Kammission an, ebenso die dazu von der Kommission beschlossenen Resolutionen betr. Vorlegung eines allgemeinen Volksschulgesetzes auf christlich-konfessioneller Grundlage und betr. Er leichterung der Schullasten der schlesischen Gutsbesitzer. Am Freitag nahm das Herrenhaus den Antrag, die Negierung aufzufordern, im Bundesrat für ine im Reichstag eingebrachten Margaine-Anträge zu stimmen, mit großer Mehrheit an. Darauf wurde das Schnldentilgungsgesetz und die Vorlage wegen Vereinigung der Städte Aachen und Burtscheid an genommen. Nächste Sitzung'unbestimmt. Gin Ehrenwort. LH Roman von L Haidhet» . (Fortsetzung.) Winzcek behandelte Trautmann ebenso schonend. Er wußte ganz genau, daß er die Hoffnungs losigkeit seiner Liebe zu Ulla erkannte, aber nie kam eine Frage über seine Lippen. Dagegen hatte er seinerseits mehrfach geäußert: „Ich werde genesen, Trautmann, aber ich werde die Folgen dieses Schusses nie oder erst in Jahren verwinden. Durch meine Lebenslust und Hoff nung hat das Schicksal einen Strich gemacht." Selbst als Trautmann ihm eines Tages erzählte, daß Ulla ihre Meinung über ihn ge ändert und warum sie ihn früher so hart be urteilt habe, erregte diese Mitteilung nur ein wehmütiges Kopfschütteln. „Wie seltsam das alles ineinander greift," sagte er. „Ich bin in mir ganz verändert. Niemals mehr werde ich, ein kränkelnder Mann, sie an mich fesseln wollen." Trautmann schob noch immer die Beantwor tung des Schreibens aus Hcrtenhcim hinaus — er mußte eines Tages fragen — aber nicht jetzt schon. - Oft kam seit den letzten Wochen selten nach Tristleben. Die Prinzeß war für kurze Zeit nach der herzoglichen Residenz gereist, Ulla lebte still für sich und wartete auf den immer wieder sich verzögernden Zeitpunkt ihrer Ueberfiedelung zu ihrem Bruder. Sie hatte Besuch von einer Schwester ihrer Mutter — einer Nonne, die in Tristleben eine wahre Aufregung hervorrief, denn sie nahm, freundlicher und angenehmer als jemals Ulla gethan hatte, Interesse an den ihr neuen Men schen ; sie war eine sehr wohl konservierte Frau in der Mitte der Dreißiger und trug ihr weißes Ordenskleid mit dem Anstande einer vornehmen Dame. So hatte die Oberförsterin Trautmann er zählt und auch, was man durch die heitere und offene Gesprächigkeit der Schwester Veronika von den ehemaligen Verhältnissen der Familie von Ullas Mutter erfahren hatte. Zugleich vertraute ihm der Oberförster an, eS herrsche bei Hofe die Absicht, das Schloß zu verkaufen. Der Herzog hätte niemals eine Vor liebe für dasselbe gehabt; wenn sich ein Käufer fände, schlüge man gewiß zu mäßigem Preise los, da die Ländereien unter Truhn sehr ge litten haben. Der Oberförster und seine Gattin schienen so eingenommen von all diesen Neuigkeiten, daß es ihnen nicht auffallen mochte, wie mager und ernst Fides geworden war. Von dem alten Funkeln der schwarzen Augen war nicht viel mehr übrig; sie plauderte, als seine Verwandten ihn endlich losließen, mit ihm und in herzlicherem Tone, nick.fand er zu seinem Bedauern wieder die alte freudlose Lebensan schauung in ihe lebendig. „O, ich bin ja jetzt reich! Mr kann es nicht mehr fehlen! Wer mich jetzt sieht, liebt mich und findet mich auch liebenswert," spottete sie bitter. „Nicht alle, Fides! Und wenn Sie so! sprechen wie heute, wird ein Mann von Herz j Sie unausstehlich finden." lachte er. l „Ja, das ist wahr, die Besten sragen nichts nach mir und meinem Gelde!" sagte sie mit melancholischem Blick. „Der Landrat macht ihr den Hof in allen Tonarlen!" flüsterte die Oberförsterin Trautmann nachher zu. „Und Truhn?" „Läßt nichts von sich hören; ich glaube nicht, daß er sich für Fides tiefer erwärmt hat." Trautmann besuchte, nachdem er hier Ab schied genommen hatte, noch den von neuem er krankten Gerichtsrat. Der alte Herr sah übel aus. „Ich habe dem Justiminister ein Gesuch ge schrieben, man möge Sie nach Ablauf Ihres Urlaubs hier lassen; Sie haben sich einmal ein gearbeitet, und ich fühle wohl, lange werde ich es nicht mehr machen!" sagte er gedrückt. „Darf ich Ihnen meine Hilfe sofort anbieten? Ich habe mich ausgeruht und stelle mich Ihnen zur Verfügung!" erbot Trautmann sich freundlich. Der alte Herr nahm dankbar an und so war es für den Assessor mit dem „süßen Nichtsthun" vorbei. Bei Ulla hatte er sich nicht melden lassen! Er versagte sich dies Glück, sie zu sehen; aber was sollte aus ihm werden, wenn er dieser Qual nicht eiu Ende machte? So fuhr er in schmerzlichen Gedanken nach Rheustein zurück. Er sagte sich, daß er Winzcek jetzt fragen solle; es konnte doch möglich sein, daß man über sein Bleiben oder Gehen anders verfügte, als der Gcrichtsrat und er selbst wünschte. Versetzte man ihn aber an irgend ein anderes Gericht, so wurde sein Nachsolger in WinzcekS Angelegenheit hineingezogen. -i- » * Als er im Schlosse ankam, sand er den Herrn desselben in bester Laune. Der Sanitäts rat hatte ihm freiere Bewegung und eine Aus fahrt erlaubt. Die Neuigkeit aus Tristleben bezüglich deS Schloßverkaufs interessierte ihn im höchsten Grade. „Die meisten Felder liegen im Anschluß an die meinigen, das Schloß verkaufe ich auf Ab bruch, die Stadt wird sich den Park nicht nehmen lassen — die Villa —" Er hatte das alles sofort in größter Entschiedenheit und Klarheit begonnen, jetzt stockte er, fuhr dann aber lebhaft fort: „Himmel! Wenn ich sie ihr schenken dürfte! Sie hätte doch ein eigenes Heim!" „Sie werden sich selbst sagen —" Trautmann hielt mit seiner Entgegnung mitten im Satz inne. Seine Eifersucht hatte ihm einen bösen Streich gespielt. Er wußte nicht was anfangen, sprang von seinem Stuhl empor und trat an das Fenster, in die Nacht hinausblickend. Auch Winzcek that einige schnelle schwere Athemzüge, das hörte er. Zum ersten Male sahen beide mit Schrecken, daß es einen Punkt gab, wo ihre Freundschaft in Gefahr des Scheiterns kam. Dann hörte Trautmann, wie Winzcek sich erhob und aü seinem Stocke zu ihm herankam. Er hatte nicht den Mut, sich ihm zuz^wendeN- Da legte dieser seine Hand auf Tr.autmannS Schulter, drehte ihn mit sanftem D/^ck zu siä
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)