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Allgemeiner Anzeiger : 20.02.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-02-20
- Sprache
- Deutsch
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- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
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- Saxonica
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1897
-
Monat
1897-02
- Tag 1897-02-20
-
Monat
1897-02
-
Jahr
1897
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 20.02.1897
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politische Rundschau. TeutschlanS. *Das Kaiserpaar hat am Dienstag dem Reichskanzler und seiner Gemahlin zu ihrer goldenen Hochzeit persönlich gratuliert. Der Kaiser überreichte dem Fürsten Hohenlohe die goldene Ehejubiläumsmedaillc und seine Büste in Marmor. * Deutschlands Haltung gegenüber den kre tischen Wirren stellt folgende von ,Wolffs Büreau' veröffentlichte kurze Note dar: Die Vor stellungen, welche die Vertreter sämtlicher Groß mächte in Athen gemacht haben, find von dem griechischen Minister des Aeußern mit der Er widerung beantwortet worden, daßGriechen - land Kreta besetzen werde. Nach diesem Vorgänge erachtet es die kaiserliche Regierung zunächst nicht mehr ihrer Würde ent sprechend, weitere diplomatische Schritte in Athen zu thun. Nach vorherigem Meinungsaus tausch mit den Kabinetten der übrigen Großmächte erhielt der Kommandant der „Kaiserin Augusta", welche in den nächsten Tagen vor Kanea ein trifft, den Befehl, im Einvernehmen mit den kommandierenden Offizieren der übrigen in den kretischen Gewässern versammelten Seeftreitkräfte der Großmächte jeden feindseligen Akt Griechenlands zu verhindern und außerdem zur Wiederherstellung der Ordnung und zur Vermeidung weiteren Blutvergießens thunlichst mitzuwirken. *Der Präsident des Reichstags Freiherr von Buol gratulierte am Dienstag zur Feier der goldenen Hochzeit des Reichs kanzlers persönlich und überorachte die ihm aufgetragenen Glückwünsche des Reichstags. Das gleiche that Herr v. Köller namens des Preuß. Abgeordnetenhauses. *Die Generalkommandos haben vom Kaiser den Befehl erhalten, fich mit dem Oberpräfidenten in Verbindung zu setzen und die Pionier-Bataillone bereit zu halten, damit bei plötzlich eintrelend' n Hoch wassergefahren sofort militärische Hilfe geleistet werden kann. Auch haben die Eisen bahndirektionen die Anweisung zu geben, an den Garnisonsorten der Pionier-Batailb ne zur Be förderung der etwaigen Pionier-Konmandos bis auf weiteres Sonderzüge bereit zu halten, die bei Eintritt einer Gefahr unverzüglich nach den gefährdeten Punkten abzulasscn sind. *Der Seniorenkonvent des Reichs tags trat am Montag nach Schluß der Plenar sitzung zusammen, um sich von neuem über die Reihenfolge zu verständigen, in welcher die zahlreich vorliegenden Initiativanträge erledigt werden sollen. Man einigte sich dahin, die in dem gegenwärtigen Tagungsabschnitt, also seit November 1896, eingebrachten Anträge zunächst zu erledigen, und von diesen soll zuerst, am „Schwerinstage" dieser Woche, der Marga rine-Antrag zur Beratung gestellt werden. * Die Anfrage der Konservativen über den Stand der Handwerkervor lage im Bundesrat wird in den nächsten Tagen zur Plenarberatung im Reichstag gestellt werden. Der Verhandlungstag ist vorläufig noch unbestimmt, da die Reichsregierung bezüg lich der Beantwortung derselben noch nicht feste Stellung genommen zu haben scheint. * Von einem hannoverschen Blatte wurde die Nachricht verbreitet, daß Diäten für die Reichstagsabgeordneten in Sicht ständen: zwischen den Negierungen der Einzel- ftaaten fände zur Zeit ein Notenwechsel statt und es sei anzunehmen, daß noch in der lau senden Session eine dementsprechende Vorlage an den Reichstag gelange. Diese Mitteilungen entbehren, wie die ,Nat.-Lib. Korr.' hört, feder Begründung. * Die Kommission für A rb eit e rft atisti k wird am 20. d. zur Feststellung ihres Berichts über die Erhebung betr. die Arbeitsverhältnisse in der Kleider- und Wäsche - Kon fektion zu einer Sitzung zusammentreten. *Die Nachricht mehrerer Blätter, daß die Regierung,yon Reuß ä. L. es abgelehnt habe, eine Lardesseier zum 100. Geburtstage! Kaiser Wilhelms I. zu veranstalten, wird von der Greizer .Landesztg.' dementiert. Eine derartige Antwort sei von der Regierung nicht ergangen. . Frankreich. * Da Minister Hanotaux bis jetzt in der Orientfrage blindlings den Weisungen Rußlands gefolgt ist, welche den Tendenzen des französischen Volkes durchweg cntgegenstehen, ist die Begeisterung für Rußland auf Null gesunken. Die Kammer wird voraussichtlich in den nächsten Tagen eine Ge legenheu benutzen, um das Kabinett Meline zu stürzen. ^aufständische Banden an der brasilianischen Grenze fich gesammelt hätten. Afrika. *Der gemäßigt denkende Gouverneur der Ks^-Kolonie, welcher mehrfach Ge- legenheMgenommen hatte, die Nhodesschen Pläne zu durchkreuzen, ist von seinem Posten weggeärgert oder weggelobt worden. Nach amtlicher Meldung hat der Gouverneur Lord Rosine ad (früher trug er den Namen Robinson) seine Entlassung erbeten, der Präsident des Departements für die inneren Einnahmen Sir Alfred Milner wurde zu seinem Nachfolger er nannt. Spanien. *Die Reformen für Cuba sollen nun doch vor der völligen Niederwerfung des Auf standes zugestanden werden. Der Minister- Präsident Canovas del Castillo erklärte auf Be fragen, er werde die für Cuba beschlossenen Reformen bald zur Anwendung bringen. Er werde nicht warten, bis die Ruhe auf Cuba vollständig wiedcrhergestellt sei; es werde ge nügen, daß die aufständige Bewegung auf den westlichen Teil der Insel beschränkt sei. Rustland. * Trotz der neuerdings in der Presse mit großer Hartnäckigkeit immer wieder gustretenden Gerüchte von der baldigen Abschaffung der Verbannung nach Sibirien bezw. deren Beschränkung auf Sachalin, wird von Petersburg aus auf das bestimmteste versichert, daß das Justiz - Ministerium keine derartigen Abfichten hegt. Balkanstaaten. *Die Griechen haben an mehreren Stellen der Küste Kretas Truppen ge landet; die Großmächte haben Kanea besetzt. 100 Russen, 100 Franzosen, 100 Englä^er, 100 Italiener und 50 Oesterreicher unter gemein samer Führung eines italienischen Offiziers bilden die Besatzung und ein ebenso staickes Korps soll zur ferneren Landung bereit sein. Die Griechen halten Kanea in halbstündiger Entfernung umzingelt. Sie sind etwa 1000 Mann stark und werden von dem Adjutanten des Königs Georg, Oberst Vassos, geführt. Derselbe hat die Annexion der Insel an Griechenland proklamiert und auch die Bevölkerung von Kanea aufgefordert, die Stadt zn übergeben. Trotz der gespannten Situation hofft man noch immer auf friedliche Beilegung des schweren Konflikts. Wie es heißt, hat der Befehlshaber der nach Kreta abgegangenen Truppen, Oberst Vasos, den Auftrag, nach seiner Landung auf Kreta einen Aufruf zu veröffentlichen und die Annexion der Insel an Griechen land zu erklären, sowie die griechische Ver fassung und Gesetze in Kraft treten zu lassen. *Der Exkönig Milan hatte kürzlich eine längere Unterredung mit dem Kaiser von Oesterreich in Wien. Milan scheint etwas im Schilde zu führen; nach der „Köln. Ztg/ ver lautet, er wolle die Regentschaft an sich reißen und sei zur Stunde aus Leibeskräften bemüht, das Wiener Auswärtige Amt für diesen Plan zu gewinnen. Inzwischen ist die Negie rung von den Plänen Milans genau unter richtet. Simitsch, der schon lange die Abberufung in Wien überreichen sollte, blieb während der Anwesenheit Milans in Belgrad und folgte ihm aus der Ferse nach Wien, um ihn zu beob achten. Uebrigens durchkreuzte die Regierung schon früher den Plan einigermaßen dadurch, daß sie den Wiener Professor Dräsche nach Belgrad kommen ließ, der den König Alexander vollkommen gesund befand. In Belgrad und Serbien hat die Sache einfach Eckpörung her vorgerufen. Mehrere Blätter mußten beschlag nahmt werden, weil sie über die Audienz Milans bei dem Kaiser Franz Joseph Schmähartikel veröffentlichten. Nnieri^ *Jn Uruguay dauern die Wirren fort. Die Regierung hat eine beabsichtigte öffentliche Versammlung verboten, weil Grund vorhanden sei, eine Revolution zu befürchten und weil Aus dem Reichstage. Am Montag wurde bei der fortgesetzten Beratung des Militär-Etats das Gehalt des Kriegsministcrs und dann auch einige weitere Kapitel dieses Etats genehmigt. Abg. Bebel (soz.) erneuerte noch einmal die Kritik der militärischen Einrichtungen. KriegS- minister v. Goßler sowie die Abgg. Graf Roon (kons.), Frhr. v. Stumm (ireikons.) und Hasse (nat.- lib.) erwiderten auf die Angriffe von sozialdemo kratischer Seite. Beim Kapitel „Militärscclsorge" erklärte der Kricgsminister auf Anfrage des Abg. Lingens (Zcntr.), daß mit der päpstlichen Kurie be züglich der Eruennung katholischer Militärpfarrer Verhandlungen eingeleitet seien. Am 16. d. wird die Spczinlbcratung des Mili- täretats fortgesetzt beim Kapitel „Höhere Truppen- befehlshaber". — Hierzu beantragt Abg. v. Vollmar (soz.) folgende Resolution: „Den Herrn Reichskanzler zn veranlassen, daß bei Aufstellung deS nächsten Etats der Grundsatz durch geführt werde, daß Fouragerationen an Offiziere künftig nur für zum Dienst notwendige und jeden falls nur thatsächlich vorhandene Pferde geliefert werden." Referent Abg. v. Podbielski (kons.) beantragt, die Resolution, welche der Kommission nicht vor gelegen, der Budgctkommission zu überweisen. Abg. v. Vollmar ist damit einverstanden. Die Resolution wird darauf der Budgctkommission überwiesen. Beim Titel „Militärärzte" befürwortet Abg. Fritzen (Zentr.) eine weitergehmde Be rücksichtigung der Wünsche der Militärärzte. Die Scheidung der Oberstabsärzte in zwei Klassen sei nicht gerechtfertigt, sie sollten durchweg in Rang und Gehalt den Bataillonskommandcnren gleich gestellt werden. Auch müßten die Stabsärzte besser gestellt werden. , Kriegsminister v. Gotzler erklärt, er wolle gern den vom Vorredner bezeichnetem Weg beschreiten und die Frage erneuter, wohlwollender Prüfung unterziehen. Der Titel wird darauf bewilligt. Beim Titel „Feldwebel, Vizefeldwebel, Stabs hoboisten u. s. w." bemängelt cs Abg. Weitz <fr. Vp.), dah die Musikmeister der neueren Regimenter besser gestellt werden sollten als die der alten. Durch die neuen Mi!ilw.kovcllen würde die Konkurrenz gegen die Zlvilmusikcr noch mehr verschärft. Redner bringt sodann das Verbot der Königsberger Kommandantur an die dortigen Militärkapellen, im Börsengarten zu konzertieren, zur Sprache und behauptet, die Musikmeister, die Verträge mit dem Etablissement eingegangcn wären, seien dort zum Kontraklbruch gezwungen worden. Kriegsminister v. Goßler verzichtet darauf, die Notwendigkeit der Musik für die neuen Regimenter näher darznlegen. Ohne sie würden die Regimenter zu solchen zweiter Klasse degradiert werden. Zu einem Kontraktbruch seien die Musikmeister in Königsberg keineswegs genötigt worden; die be stehenden Verträge seien im Einvernehmen mit dem Vorstand des Börsengartens gelöst worden. Abg. Schädler (Zentr.) hofft, es werde ein Ausgleich zwischen den Interessen der Zivil- und Militärmusiker gefunden werden. Abg. Lieber 'Zentr.) hält die Militärmusik für die neuen Regimenter für notwendig, damit diese nicht als Regimenter zweiter Ordnung erscheinen. Der Titel wird darauf bewilligt. Beim Kapitel „Naturell-Verpflegung" gibt Abg. Schädler (Zentr.) dem Wunsche Aus druck, daß den Soldaten möglichst bald eine, bessere Abendkost verabreicht werde. Der Kriegsminister habe zwar neulich zugesichert, die Sache solle im Auge behalten werden. Aber oft behalte man etwas leider sehr lange im Auge. Reichsschatzsekrclär Graf PosadowSky erklärt, er sei mit dem.Kricgsminister durchaus einig in dem Bestreben, die Abendkost zu verbessern und eine ent sprechende Forderung in den Etat für 1898 99 cin- zustellc». Weitere Mitteilungen könne er heute noch nicht mache». Das Kapitel wird darauf bewilligt. ! Beim Kapitel „Bekleidung und Ausrüstung der Truppen" rügt Abg. Weiß (fr. Vp.) die Monopolisierung einiger großen Lcderhändler und Gcrbereigenossen- schaften, durch welche die kleinen Geschäftsleute bei Militärlieferungen fast ganz verdrängt worden seien. Generalmajor Frhr. v. Gemmingen erwidert, daß in neuerer Zeit die Bekleidungsämter ausdrück lich angewiesen worden seien, einzelne Geschäftsleute deshalb von den Lieferungen nicht auszuschließen, weil sie den Gerbervereinigungcn nicht angehörten. Mit letzteren habe übrigens die Militärverwaltung durchaus gute Erfahrungen gemacht. Das Kapitel wird bewilligt. Beim Kapitel „Garnison- und ServiSwesen" be schwert sich Abg. Nadbyl (Zentr.) über die unzureichende Bemessung der Entschädigung für Flurschäden bei den Manövern. Es liege das namentlich daran, daß die Taxkommission oft erst sechs bis acht Wochen nach den Manövern die Abschätzung vor nehme. Spätestens acht bis zehn Tage nach Abzug der Truppen könnte das Abschätzungsverfahrcn doch ganz gut vor sich gehen. Generalmajor Frhr. v. Gemmingen er widert, nach dem Gesetze sollten die Abschätzungen so schnell wie möglich vorgenommen werden. Be ginne die Kommission sonach sofort mit dem Tax- geichäst, so könne es immerhin vorkommen, daß sich dasselbe für einzelne Distrikte auf sechs bis acht Wochen in die Länge ziehe. Abg. Bachem (Zentr.) beschwert sich über die den an sich armen Eiffclkreisen fortdauernd aufge- bürdeten Manöverlasten. In keinem Jahre blieben die Bewohner davon verschont. Kriegsminister v. Goßler erklärt es für sehr schwierig, in der Rheinprovinz ein Terrain zu finden, das die gleichen Vorteile biete. Es würden aber gerade in der Eiffel sehr hohe Entschädigungen gezahlt. Abg. Frank- Baden tnat.-lib.) hat auch m seiner Heimat viele Beschwerden über die Flur- schäden-Regulierung gebürt und erklärt eine einheit liche Regelung des Äbschätzungsvcrfahrens für drin gend notwendig. Außerdem sei der Verpflegungssatz für einquartierte Soldaten mit 80 Pfennig zu niedrig bemessen. Kriegsminister v. Goßler kann letzteres nicht anerkennen, da die Militärverwaltung für die Ver pflegung des Soldaten selbst nur 58 bis 62 Psg. aufwcnde. Ausnahme» kür einzelne Landtsteile zu konstruieren, sei aber eine etwas schwierige Ausgabe. Abg. Bachem befürwortet eine Bemessung oeS Verpflegungssatzes nach den Servisklaffen der be treffenden Orte. Kriegsminister v. Goßler sagt Erwägung dieser Anregung bei den Beratungen über den dem nächst vorznlegenden Entwurf eines neuen ServiS- klafsentarifs zn. Das Kapitel wird darauf bewilligt. ' Beim Kapitel „Garnison-Bauwesen" befürwortet Abg. Rösicke (wildlib.) eine Aufbesserung der Verhältnisse der Militärbanbeamten. Kriegsministcr v. Gotzler erklärt sich bereit, die Bitte, gegen die er prinzipielle Bedenken nicht habe, dem Reichskanzler zu unterbreiten. Das Kapitel wird darauf bewilligt. Eine zum Kapittcl „Reisekosten und Tagegelder, Vorspann- und Transportkosten" vorliegende Resolution von Vollmar auf Beschränkung der Reisekosten und Tagegelder wird auf Antrag der Referenten Abg. v. Podbielski an die Bildget-Kom- mission verwiesen. Eine bereits im vorigen Jahre angenommene Resolution, eingebracht v. Abg. v. Podbielski, aus angemessenere Bemessung der Veegütungsjätze für Vorspanndienste, wird ohne wesentliche Debatte an genommen. Darauf wird die Weiterberatung vertagt. DIreutzikchee Landtag. Das Herrenhaus, das am Montag wieder zu sammentrat, beriet nur Petitionen. Am Dienstag erledigte das Herrenhaus einige kleinere Vorlagen und beschäftigte sich sodann auf Grund eines Antrages des Grasen Frankenberg mit der Frage der allgemeinen Einführung von Staffel tarifen für Produkte der Industrie und der Land wirtschaft. Das Abgeordnetenhaus überwies am Montag die Novelle zum Reliktengesetz für unmittelbare Staatsbeamte an die verstärkte Budgetkommission, nachdem in der Debatte das allgcmciuc Einverständ nis mit der Novelle ausgesprochen worden war- Sodann wurde der Justizetat beraten. Im Abgeordnetenhaus« wurde am Dienstag bei Fortsetzung der Beratung des Justizctats auch wieder das Begnadigungsrecht der Krone zur Sprache ge bracht. Auf Anfrage des Abg. Wctekamp erklärte der ^ustizminister, daß die Negierung erst im nächsten Jahre ihre Studien über die bedingte Verurteilung abgeschlossen haben werde. Girr Ehrenwort. Llj Roman von L. HaidH cm !F«rlk»ona.> Ganz erfüllt von allem Gehörten ging Trautmann in seine Wohnung hinauf. Er hatte noch lange zu arbeiten, aber zuerst schickte er zum Gendarmcrieivachrmeistcr, sprach lange mit ihm und entließ den verständigen Mann mit genauen Instruktionen. Kaum hatte er fich aber hingesetzt, so kam der Oberförster, um ihm zu erzählen, daß Fides ihren Prozeß gewonnen habe. „Und was meinen Sie!" fuhr er fort. „Hat sie uns nicht immer vorerzählt, daß sie auf das Geld den vollen Wert legt, den es verdient? Und nun fitzt sie und weint, seufzt, ist blaß und sagt: „Was mache ich mir daraus? Es macht mich nicht glücklich! Wäre ihr Prozeß verloren, so tanzte sie wahrscheinlich vor Vergnügen." Trautmann freute sich aufrichtig über diese glückliche Wendung, denn ost hatte er daran ge dacht, was aus dem verwöhnten Mädchen wer den sollte, wenn eS mittellos dem Leben gegen über stehe. „Sie kann ja nun Truhn heiraten " dachte er. Endlich ging der aste Herr, und hochauf atmend durfte Traiumann nun an seine dringende Arbeit gehen. Als er am nächsten Tage in Rheustein an kam, empfing ihn Winzcek, wenn auch noch matt, zum ersten Male mit einem fröhlichen Gruß. Er kühlte fich wohler und sprach länger mit Trautmann, der heute mit heimlicher Ungeduld fich fortsehnte. Die Ankunft des Sanitätsrats machte ihn frei; auch dieser war hoch erstellt über die sicht liche Besserung seines Patienten, verlangte aber nur um so energischer jetzt die größte Ruhe und ! Schonung. Unterdes ließ Trautmann die gerade ab ziehende Haushälterin mit ihren Koffern anhalten und kehrte sich nicht an ihr Geschrei. Das Er gebnis der Untersuchung war ein nieder schmetterndes, nicht nur für sie, sondern auch für Trautmann, denn wenn er bei dieser lang jährigen Dienerin eine solche Untreue fand, was konnte er von dem übrigen Personal erwarten? Seine Leute waren zur Stelle. Mit ihrer Hilfe begann eine Inspizierung des Inventars, unterbrochen von Verhören, die dieselben traurigen Resultate lieferte. Es war ein bettübendes Bild, welches fich da entrollte. Es ergab fich, daß man Kühe zu halben Preisen verkaufte, well der Verwalter betrunken war; den Profit teilten sich Käufer und Knechte. Ganze Wagen voll Hafer und Korn waren durch Albers' Vermittelung weggefahren. Keiner wußte, wohin, bis fich in größter Angst der Käufer meldete und fich unter tausend Schwüren als den Hintergangenen darstelltc. So fand man immer neue Betrügereien. Trautmann blieb nichts übrig, als die er weislich Strafbaren in das Gefängnis abführen zu lassen, dem Verwalter den Laufpaß zu geben und die übrigen unter strengste Kontrolle zu stellen. Einer der Gutsnachbarn Winzceks, an den Trautmann schrieb, kam sofort herüber, brachte seinen Obcrverwalter mit und übernahm die Leitung der vernachlässigten Wirtschaft für seinen kranken Kollegen auf das bereitwilligste. Frau Erdmeier hatte inzwischen für eine neue Haushälterin gesorgt, und so gut es ging, blieb die Maschine im Gange; aber das alles belastete doch Trautmann so schwer, daß er hoch aufatmete, als er einen Brief des Genchtsrats erhielt, der ihm in froher Stimmung seine Ge nesung und baldige Rückkehr meldete. „Und nun fordern Sie Urlaub! Ich kann Sie nicht entbehren, lieber Freund, so daß ich Sie dringend bitte, kommen Sie zu mir heraus. Sie sollen sehen, in Ihrer steten Gegenwart ge nese ich noch einmal so schnell!" bat Winzcek, und Trautmann schrieb das Gesuch sofort, um so mehr, als er sich in der That überarbeitet fühlte. Und Ruhe konnte er hier haben. So schrieb er also an seinen inzwischen zum Minister ernannten Vater die Bitte, sein Gesuch zu unterstützen, und wartete auf den Gerichts rat, der in der That seinem Schreiben auf dem Fuße folgte. Aber auch eine unangenehme Ueberraschung sollte Trautmann zu teil werden. Unter den am letzten Tage eingelaufenen Briefschaften be fand sich ein längeres Schreiben des österreichi schen Gerichts Hertenheim, und hierin wurde dem königlichen Gericht zu Tristleben mitgeteilt, daß man durch die Nachforschungen des Herrn Apotheker Bükert zu Tristleben dort aufmerksam geworden sei, daß im Jahre 1854 ein gewisser Maximilian Winzcek aus Hertenheim, welcher sich der Abbüßung einer mehrjährigen Zucht ¬ hausstrafe wegen Diebstahls und Unterschlagung, verübt gegen seinen derzeitigen Diensthcrrn, den Obergespan Baron von Lonitzey in Wien, durch die Flucht entzogen habe, in der Nähe von Tristleben angesessen sein solle. Das königliche Gericht Tristleben werde hier mit aufmerksam gemacht auf besagtcnMax Winzcek aus Hertenheim, dessen Signalement anliege,! und höflichst gebeten, JdentitätsnachforschnngeN anzustellen und dem Hertenheimer Gericht die gemachten Ermittelungen zur Verfügung zn stellen. Trautmann durfte und wollte dem Ge richtsrat, dessen Gesinnung er so gar nicht kannte, die Erledigung dieser Sache nicht über lassen, und so setzte er fich noch in selbiger Nacht nieder und benachrichtigte das Gericht z» Hertenheim, daß allerdings ein Rittergutsbesitzer Max Winzcek aus Oesterreich aus dem WM hörenden Schlosse Rheustein seit ctwM Jahren lebe, daß das eingelegte SignaM ans denselben möglicherweise angewcndct könne, soweit die Farbe der Haare und M stimme, daß im übrigen der RittergntslW Winzcek ein durchaus gebildeter Herr sei, W Identität mit dem Hertenheimer WinzccM möglich scheine, daß aber die erbetenen M forschungen zur Zeit und im Lause der Monate wohl kaum angcstellt werden da der besagte Herr lebensgefährlich daniedcrliegc und die Acrzte äußerste forderten. Im übrigen solle dein Gerichts zu Hcrtenheim baldmöglichst M: / gehcndste Folge geleistet werden. In tief bedrückter Stimmung
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