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Allgemeiner Anzeiger : 06.02.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-02-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189702065
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- Saxonica
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- Strukturtyp
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1897
-
Monat
1897-02
- Tag 1897-02-06
-
Monat
1897-02
-
Jahr
1897
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 06.02.1897
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Von Uah und Fern. Borkum. Auf der immer noch eingefrorenen Insel Borkum herrscht seit einigen Tagen voll ständige Windstille. Die Borkumer haben am ' Januar die lebte Post erhalten. Zwei Herren aus Hamburg, die auf Borkum von dem Frost überrascht worden find, haben vermittelst eines besonders hierzu gecharterten Dampfers das Festland in Kuxhaven wieder erreicht; die Rück reise ist den Herren aber kostspieliger gewesen, als die Hinreise; denn die — noch dazu nicht ohne Lebensgefahr bewerkstelligte — Rückkehr stellte sich auf 550 Mk. Apolda. Eine interessante Wette soll dem nächst in Gotha vor Gericht zum Austrag kommen. Ein hiesiger Bürger hatte mit einem Hotelbesitzer gewettet, daß dieser sein Hotel, im Fall er etwas anderes übernehmen wollte, mit bedeutendem Nutzen verkaufen werde. Der Hotelier sprach dagegen, und es kam zuletzt zu der Wette, daß der Hotelbesitzer im Falle eines glücklichen Verkaufs die Summe an die andere Partei bezahlen solle, die den Ankaufspreis des Hotels übersteige. Der Gasthof ist nun vor einiger Zeit in andere Hände übergegangen, und der erste Besitzer erhielt als Kaufpreis mehrere Tausend Mark mehr, als er früher für das Grundstück bezahlt hatte. Nun soll der Hotel besitzer, der inzwischen nach Gotha verzogen ist, auf diese Differenz verklagt werden. Der Hotelier will zwar die Wette als Scherz auf- gefaßt haben, doch, wie die Verhandlungen stehen, wird er wohl zahlen müssen. Altona. Zum Gedächtnis Kaiser Wil helms l. wird in der Stadt Oldesloe in Holstein am 22. März ein riesiger Granitblock im Ge- wicht von etwa 13 000 Pfund errichtet werden. Derselbe wurde beim Abtragen einer Anhöhe neben dem Bahnhofe bloßgclegt und vorläufig nach der sogenannten „Scheibenhütte," einem Platze neben der Hamburgerstraße, geschafft. Der Besitzer des Grundstücks, auf dem dieser Felskoloß gefunden wurde, der Bierbrauer Stoffers, hat den Stein für den obengenannten Zweck zur Verfügung gestellt. Zwickau. Bei Pausa wurde der Brotfuhr mann Müller erstarrt aufgcfunden. Er hatte seinen Schlitten in der Oberförsterei Mittelhöhe eingestellt und war mit seinem blinden Hunde weiter gegangen. Kurz vor der Stadt lehnte er sich an einen Baum und schlief dort, von Müdigkeit übermannt, ein. Der Hund versuchte seinen Herrn durch Zerren an den Kleidern zu wecken. Als das nichts half, lief er zur Stadt und machte sich durch Heulen bemerkbar. Dann rannte er wieder zu dem Schläfer zurück und suchte ihn aufs neue zu wecken. Nach vergeb lichem Mühen ist der Hund dann querfeldein ge laufen, bis er von einem Hausbesitzer in Wolfs- hain aufgegriffen wurde. Müller wurde vom Schnee völlig zugeweht, sodaß die Leute am Morgen, nach acht Stunden, nur durch Zufall den steifgefrorenen, anscheinend toten Mann auffanden. Den Bemühungen eines Arztes ist es gelungen, das schlimmste abzuwenden; Müller soll nur einige Gliedmaßen erfroren haben nnd befindet sich jetzt im Krankenhause. Marklissa. In einem Tobsuchtsanfalle hat dieser Tage der Schuhmacher Kuhnt in Gerlachs- heim die Diele seiner Wohnung aufgerisscn. Seine Ehestau hatte den Nachbar, Weber Seeliger, zu Hilfe gerufen, und als dieser ihm gütlich zureden wollte, ergriff er ein auf dem Tisch liegendes Messer, mit dem er dem Seeliger 4 Stiche in Brust und Rücken versetzte. Seeliger siegt hoffnungslos danieder. K. hat sich selbst der Polizei gestellt und ist dem hiesigen Amts gerichts-Gefängnis eingeliefert worden. Malmedy. Schon seit Eintritt des Schnee- wctters trerben sich in den Grenzbezirken Wölfe umher. In der Gegend von Schmidtheim hat man eine größere Anzahl an den Landstraßen gesehen und jetzt haben sich mehrere bis in die obere Eifel gewagt. Bei Blankenheim ist ein Wolf bei dem Zerreißen eines Rehes getroffen worden. Rom. Am Montag entzündete sich in der Macchia bei Tcrracina eine Strohhütte, in der eine Hirtenfamilie wohnte. Die Frau, um ihr zehn Monate altes Kind zu retten, stürzte sich in die brennende Hütte und holte das Kind aus den Flammen, wobei sie furchtbare Brandwunde» erlitt, an denen sie jetzt danieder liegt. Wenige Minuten, nachdem die Frau diese Heldenthat vollbracht hatte, flog die Hütte in die Luft in folge einer Explosion von Patronen, die in einem Kasten lagen. Brüssel. Ein großer Teil Belgiens ist überschwemmt. Zahlreiche Städte, darunter Lüttich, Namur und Verviers, stehen unter Wasser, auch der Badeort Spaa ist hart be troffen, zahlreiche Villen sind eingestürzt, die Wasserfluten bedrohen das Kasino und die Villa des Königs. — Der Brüsseler Großindustrielle Vanden- broek wurde plötzlich wahnsinnig, feuerte Revoloer- schüsse auf Arbeiter sowie Passanten ab, stürzte sodann auf die Straße und schoß auf vorbei fahrende Pferdebahnwagen. Erst nachdem mehrere Personen verwundet waren, konnte der Rasende scstgenommen werden. Stockholm. In Stockholm wurden im Jahre 1896 10669 Personen, darunter 912 Frauen, wegen Trunkenheit bestraft Die Geld strafen betrugen insgesamt 104 355 Kronen. Da die Emwohnerzahl Stockholms Anfang 1896 etwa 271 000 betrug, ist jeder 26. Einwohner, nicht ganz 3 Prozent, wegen Trunkenheit be- straft worden. In Christiania, das rund 180 000 Einwohner hat, wurden etwa 20 000 Personen, darunter eine erhebliche Anzahl Frauen, wegen Trunkenheit verhaftet, also etwa jeder 9. bis 10. Einwohner. Im Jahre zuvor war die Zahl der Verhafteten in beiden Städten um je 2000 geringer. Von Kopenhagen liegen nur Angaben über 1895 vor. Hier wurden nur 6758 Personen wegen Trunkenheit verhaftet, mithin, da Kopenhagen rund 340 000 Menschen zählt, jeder 52. Einwohner. Petersburg. Dem,Daily Telegraph' zu folge hat der Zar im Anitschkow - Palais in Gegenwart der Kaiserin Mutter den Großfürsten Michael Michailowitsch (der wegen seiner Ver mählung mit Sophie Gräfin von Merenberg, in San Remo am 26. Februar 1891, von dem Kaiser Alexander Hl. aus Rußland verbannt und aus der Armee ausgeschlossen worden war) in herzlicher Weise empfangen und ihn wieder in alle seine Rechte eingesetzt. Der Großfürst hatte sich im Gehrock und ohne alle Dekoration vorgestellt. Schon während des Aufenthaltes des Zaren in Paris hat eine Zusammenkunft zwischen diesem und dem verbannten Groß fürsten stattgefunden. Lie Erkrankung seines Vaters, des einzigen noch lebenden Großonkels des Kaisers Nikolaus II., gab dann letzterem )en Anlaß, dem Großfürsten Michael Michailo witsch die Rückkehr nach Rußland zu gestatten. Lodz. Der Lodzer Polizei ist es gelungen, in der Person der Hebamme Przybylska eine „Engelmacherin" zur Hast zu bringen. Dieselbe hat neugeborene uneheliche Kinder in Pflege ge nommen und verhungern lassen. Im Lause der letzten drei Jahre sind zehn Kinder auf diese Weise ums Leben gekommen. Kairo. Eine Pferdebahn zu den Pyra mide.. ist der neueste Plan. Die egyptische Re gierung hat die Konzession dafür der Kairo- Pferdebahn-Gesellschaft erteilt, sie hat ihr ferner gestattet, den Khalig-Kanal, welcher durch Kairo ührt, zuzuschütten und eine Pferdebahnlinie mrüber zu bauen. Letzteres wird auch eine be deutende Verbesserung in sanitärer Hinsicht sein, veil damit eine der Ursachen für die Entstehung des Malariafiebers beseitigt wird. Gerichlshalle. Berlin. Die folgende Entscheidung des Berliner Gewerbegerichts dürste weitere Kreise nteresfieren: Ein Stukkateur war entlassen wor den, weil die von ihm bergestellte Zimmerdecke nach wenigen Tagen infolge mangelhafter Be- estigung abfiel. Den Einwand des Arbeiters, ,aß er genötigt gewesen sei, schlechtes Material zu verarbeiten, wies das Gewerbegericht zurück, ndem es anführte: Falls der Arbeiter auf sein Verlangen statt des unbrauchbaren Materials brauchbares nicht erhalte, sei er berechtigt, die Arbeit einzustellen und Lohnentschädigung zu verlangen. Mainz. Vor der Strafkammer des Land gerichts stand dieser Tage der Zahnarzt Dr. Bernhardt unter der Anklage, durch Fahrlässig keit den Tod seines zweijährigen Söhnchens Alfred herbeigeführt zu haben. Er hatte in seinem Atelier eine Morphiumlösung offen stehen lassen, die das Kind getrunken hat. Der Staats anwalt beantragte zwei Monat Gefängnis, weil der Angeklagte in grober Weise seine Pflicht ver nachlässigt und den Tod des Kindes verschuldet habe. Das Urteil lautete auf einen Monat Gefängnis. Das Uationaldenkmal Kaiser Wilhelms I. Das Reiterstandbild Kaiser Wilhelms I. am Nationaldenkmal steht bereits auf dem hohen Bronzepostament innerhalb des Brettcrhauses; auch der weibliche Friedensgenius, der zur Linken schreitet, hat schon seinen Platz einge nommen. Nur einzelne Teile find noch anzu setzen. In einigen Tagen wird man aus dem Portal nach dem Lustgarten mit der Aufstellung der einen Quadriga beginnen. Ende Februar muß alles so weit sein, daß überall die Gerüste entfernt werden können; es ist dann noch die Denkmalshalle zu säubern, und die gesamte An lage zur Enthüllungsfeier bereit zu stellen. Auch das 25 Dieter hohe Gerüsthaus wird ab gebrochen und das Reitermonumcnt von einem Velarium umgeben werden, das von acht mächtigen Flaggenmasten gehalten wird. Am 22. März wird das ganze Denkmal fertig sein. Erst später jedoch soll das umfangreiche Plateau mit Mosaik geschmückt werden, das nach den Entwürfen des Architesten und Malers Halm huber ausgeführt wird. Die gewählten Farben find Elfenbeinfarbe und schwarz. Das reiche Mosaik erfordert einen Kostenaufwand von rund 90 000 Mk. Rings um das Standbild und längs der Stufen läuft ein etwa 80 Meter langer Fries. Er enthält auf schwarzem Grund weiße Figuren, die alle deutschen Bundesstaaten darstellen. Es find freie, auf die Eigenart und die Produkte der einzelnen Länder bezügliche Kompositionen mit den genauen heraldischen Wappen; der Name jedes Staates ist auf Bändern verzeichnet. Getrennt werden diese Darstellungen durch geometrische Ornamente. Der Hof zwischen Denkmal und Halle wird neutral ausgefüllt mit Kreisen, die sich durch dringen und grau und weiße Dreiecke zwischen sich lassen; ringsum windet sich ein Rosenfries, und nebenher geht ein Begleitfties, zusammen gesetzt aus eisernen Kreuzen, Königskronen und den eigenartigen verschlungenen Initialen IV. I. 3. L. Besonders reizvoll wird die Mosaikausstattung in der Säulenhalle selbst. Am Eingänge der beiden Pavillons erblickt man die Jahreszahl 1870j71 mit der Kaiserkrone, von Palmen umgeben; gegenüber wird eine Trommel mit Posaunen als Ornament ange bracht; im übrigen wird der Grund in den Pavillons mit Kaiserstonen und dem Initial IV. I. geschmückt. Ringsum zieht sich die Halle entlang ein Rankcnfries von Rosen und Palmen, die sich durchdringen; zwischen den Ranken schleisen treiben allerhand Tiergestalten ihr Wesen: die Katze mit dem Vogel, der Hund, der dem Hahn nachgeht, Fuchs und Taube, Pfau, Truthahn u. dergl. An den Ecken der Halle find das Nheingold und Siegfried mit dem Drachen dargestellt. Die Figuren der Wappenfelder und die Tiere haben Lebensgröße. Das Aeußere wird von Leistner-Dortmund in Thonmosaik, das Innere von Pellarin u. Komp.- Rixdorf in echtem Marmormosaik ausgeführt. Bis Ende Mai wird der Boden mit dieser Aus stattung belegt sein. Die Herzogin von Montpenfter Bei dem Tode der alten Herzogin von Montpensier, geb. 30. Januar 1832, wird eine Prophezeihung wieder in der Erinnerung wach. Eine Schwester der Königin Isabella von Spanien, heiratete sie im Alter von 14 Jahren den Prinzen Anton von Bourbon Orleans, Herzog von Montpensier, an demselben Tage, 10. Oktober 1846, an dem diese um anderthalb Jahre ältere Schwester ihrem Vetter Franz von ! Assisi sich vermählte. Abergläubische Gemüter ! prophezeihtcn damals Unheil aus der Doppel- Vermählung der Schwestern. Sic haben nicht so unrecht gehabt. Die unglückliche Ehe der Königin, ihre Absetzung, der frühe Tod ihres Sohnes find genugsam bekannt. Die Herzogin von Montpensier, die in den letzten Jahren in Sevilla lebte, wurde zwar in ihrer Ehe glück lich, hatte aber das Unglück, mehrere Kinder sterben zu sehen, darunter ihren Liebling, ihre jüngste Tochter Mercedes, die ihren Vetter, den König von Spanien geheiratet hatte und nach kurzem Glücke im ersten Jahre der Ehe starb. Der einzige noch lebende Sohn der Herzogin, Prinz Anton, ist mit seiner Kousine Infantin Eulalia von Spanien vermählt. Die älteste Tochter heiratete mit fünfzehn Jahren den Grafen von Paris, dessen Tod (gest. 8. Sept. 1894) die Schwiegermutter in tiefe Trauer ver setzte. Die unglückliche Ehe der zweiten Enkelin, der Herzogin von Aosta, war der greisen Her zogin ebenfalls ein großer Kummer. Eine letzte Freude war ihr die Vermählung ihres ältesten Enkelsohnes, des Herzogs von Orleans, mit der geistvollen Erzherzogin Maric Dorothea von Oesterreich. In den letzten Jahren ihres Lebens hatte sie sich nach Sevilla zurückgezogen, da sie ihre Heimat über alles liebte. Gemeinniihiges. Wasserdichtes Schuhwerk. Im Herbst und Winter ist es eine oft gehörte Klage, daß daS Schuhwerk der Kinder nicht wasserdicht ist. Mit Recht wird für Erlältungen der Grund in diesem Uebelstand gesucht. Demselben läßt sich aber mit geringer Mühe und mit geringen Kosten abhelfen, wenn man neue Schuhe und Stiefel, ehe sie getragen find, folgendem Ver fahren unterwirft: Man bestreicht die Sohlen mittels eines Pinsels mit gekochtem, lauwarmen, Leinöl und läßt dasselbe einziehen. Auf dem Oberleder wird wiederholt mit einem Watte- bäuschchen etwas Rizinusöl verrieben, jedesmal aber nur so viel, daß das Leder nicht fett glänzend wird, sondern das Oel ganz aufsaugt, sonst setzt sich der Staub darin fest und das Leder bekommt dauernd eine graue, unsaubere Farbe. Durch diese Behandlung werden nicht allein Schuhe und Stiefel wasserdicht, sondern auch sehr haltbar. Ein neues und unschädliches Band wurm-Mittel ist die Milch und das Fleisch einer Kokosnuß. Diese Milch wird früh mor gens nüchtern, statt des Frühstücks genossen, schmeckt angenehm und äußert am folgenden Tage sicher seine Wirkung. Dies Mittel ist anderen angepriesenen schon deshalb vorzu ziehen, weil es sehr billig ist und die Ver» dauungsorgane nicht schwächt, so daß man auch, wenn man den Bandwurm nicht haben sollte — was trotz allen von „Bandwurmdoktoren" ange gebenen Kennzeichen nur selten vorher genau fcstzustcllcn ist — das Mittel unbedenklich nehmen kann. Auch Kürbiskerne in Preißel- beersaft gemischt, auf nüternen Magen öfters genossen, vertreiben den Bandwurm. Snntes Allerlei. Unterstützungswohnsitz. Eine Entschei dung des Bundesamts für das Heimatswesen vom 16. Januar dürfte auch für weitere Kreise von Interesse sein. Danach hat ein Arbeiter, der außerhalb des Wohnorts seiner Familie in ein dauerndes Arbritsverhältnis dergestalt kitt, daß er die Woche über an dem Arbeitsorte ver weilt und nur Sonntags regelmäßig zu seiner Familie zmückkebrt, während dieser Zeit seinen gewöhnlichen Aufenthalt im armenrechtlichen Sinne am Arbeitsort und nicht am Wohnort der Familie. Mehrere Pestfälle sollen nach italienischen Meldungen in Massauah vorgekommen sein. VerschnaPYt. Kindermädchen (allein heim- kommend unter Thränen): „Sind Se nur nich bös Madam, — ich hab' das Baby im Park verloren." — Madame: „Sie Unglücksmensch, warum haben Sic denn nicht gleich mit dem Parkpolizjsten gesprochen?" — Kindermädchen: „Ach, Madam, das hab' ich ja die ganze Zett gethan." sich auf ihn, während die übrigen sich nur um so erbitterter untereinander schlugen und die Weiber sich heulend und angstvoll unter den Thorbogen flüchteten. Da dröhnte ein Schuß über den Köpfender Raufenden. Einen Moment blickten sie alle erschreckt und unsicher empor. „Die neu angekommen.cn Arbeiter sollen ins Schloß kommen!" kommandierte des Gutsherrn Stimme von einem der Fenster herab. Er sah aus zum Fürchten. „Die entlassenen Arbeiter räumen den Hof in der Minute, oder sie tragen selbst die Folgen!" rief er mit seiner klaren, Hellen Stimme noch einmal. Die meisten folgten ohne Widerrede. Einzelne aber schimpften und wiederholten die ehren- rührigen Reden von dem großen Herrn, der doch nicht leugnen könne, daß er im Gefängnis gesessen wegen Diebstahls. Aber noch hatte der Kerl das Wort nicht ausgesprochen, als aber mals ein Pistolenschuß fiel und er mit einem Aufschrei zur Erde stürzte. „Er schießt! Er hat den Tulich totgeschossen!" heulten die Fliehenden, und mehr als alle schrie Aulich selbst, hinter ihnen dreinlaufend, toten- vor Schrecken, aber ohne jede Verwundung. < Winzcek lachte trotz seiner Erregung über komische des Austritts. unn war gut. Seine überreizten Nerven ' s." es nicht länger ausgehalten. und "e Stunde später stand er äußerlich ruhig 8anz vci der Sache, mitten unter den neuen schickte seine beiden Verwalter mit je einem Trupp zur Grummcternte in die Wiesen, einen Eleven mit den Frauen nach anderer Richtung und besprach mit allen ruhig die vor liegenden Arbeiten oder sonstige notwendige Anordnungen. Seine Energie hatte den Fremden imponiert, sie gehorchten bereitwillig, und als er sie dann verließ, um nach dem Vorwerk zu reiten, wo die erste Schar arbeitete, sagten sie unter einander leise und anerkennend: „Der versteht seine Sache! Aber ein Satans kerl ist er!" Und das klang wie eine aufrichtige Anerkennung. Totmüde warf er sich abends auf sein Bett. Das Grübeln über diese Geschichte, die Bükcrts in Kurs gesetzt hatten, ließen ihn nicht los. Max Winzcek hieß jener Bursche! Es mußte etwas Wahres an der Geschichte sein, daran war nicht zu zweifeln. Und in jenem Schranke lagen die Papiere, auf Grund deren man ihm hier Heimatsberechti- gung zugestandcn, nachdem er sie jahrelang als Legitimation benutzt hatte, und diese Papiere lauteten auf den Namen Diax Winzcek, gebürtig aus Hcrtenheim! Welche Folgen konnte dies Gerede über den Dieb Max A'inzcek aus Hertenheim nach sich ziehen? Und nur ds- Nacht sah eS, wie er in ohn- wWiger Wut und die Hände in einander krampfte. * * / * ! Nach einigen Tagen ließ sich Trautmann bei der Prinzeß melden und teilte ihr mir, daß der Oberförster in warmer Teilnahme für Winzcek - diesen eingeladcn und eine Zusage für heute zum i Mittagessen erhalten habe. „Aber wie weit sind Sie mit Luyken, lieber Trautmann?" „Ich habe ihm alles erzählt, was seine Neu gier reizen konnte, und es ist mir gelungen." Und wie verabredet, so geschah es. Zum ersten Mal seit längerer Zeit wieder erheitert, entwickelte Winzcek in dem traulichen Kreise bei Oberförsters seine volle Liebens würdigkeit. Es that ihm wohl, die erlebten Bitterkeiten zu vergessen und einmal für Stunden heiter sein zu können. Es war ein angenehmer Kreis. Die wenigen, die dem angefeindeten Mann angehangen hatten, der Rechtsanwalt, der Kollaborator und der Geistliche waren geladen. Man scherzte durch einander. Fides hatte sich nie so sanft und weich und mädchenhaft benommen; sie saß an Winzccks linker Seite und was sie an kleinen Aufmerksamkeiten für ihn ersinnen konnte, das that sie zum Erstaunen Trautmanns. Er wußte, daß seinen Verwandten noch eine Ueberraschung bevorstand. Als die Gäste die Tafel verlassen hatten und im Garten den Kaffee nahmen, stürzte atem los des Oberförsters Diener herein und ineldete, ganz blaß vor Aufregung, die Prinzeß sei vor gefahren. Dem ihr entgegcneilenden Oberförster und seiner Gattin begegnete sie am Arme des Barons von Luyken schon auf dem Hausflur und, sich alle Umstände verbittend, nahm sie des Hausherrn Arm und ließ sich in den Garten führen, während Baron Luyken mit der Haus frau folgte. Es war das erste Mal, daß die Prinzeß fest : ihrer Rückkehr einen derartigen Besuch machte; , um so größer die Ehre für die Wirte. „Ah! mein Kavalier auf der Landstraße!" sagte sie, Winzcek wiedererkennend, als dieser unter den übrigen Gästen ihr vorgcstellt wurde. ! „Ich. steuc mich sehr, meinen Dank nun endlich ' anbringen z» können, denn ich war so kopflos von dem Schrecken, daß ich über meine an scheinende Unhöflichkeit nachher tiefe Reue fühlte." Und sie reichte ihm huldvoll die Hand, die er an seine Lippen zog. Für jeden der Gäste hatte sie ein freund liches Wort und dann saß sie mit ihnen an dem runden Steintischc und plauderte so lustig und unbefangen, daß sehr bald die zuerst drohende Steifheit überwunden war. Baron Luyken sprach mit Winzcek und dem Anwalt. Seine Höflichkeit und anscheinende Unbefangenheit ließ ihn an etwaigen Klippen des Gesprächs harmlos vorübergleiten und er wußte so geschickt Winzcek zum Reden zu bringen, daß dieser Gelegenheit sand, sich so zu geben, wie alle seine Bekannten ihn stets gefunden hatten: liebenswürdig, taktvoll und vielseitig gebildet. Später ging man im großen Gatten umher, die Prinzeß naschte von dem Weinstock, der an der Mauer entlang lief, so kam es, daß sie Winzcek bitten konnte, ihr eine hochbängende Traube zu pflücken, und dann behiel: sie ih» mben sich. ss i» (Fortsetzung folgt.»
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