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Allgemeiner Anzeiger : 09.12.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-12-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189612097
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18961209
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-12
- Tag 1896-12-09
-
Monat
1896-12
-
Jahr
1896
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 09.12.1896
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Volttische Rundschau. Deutschland. *Ein Berliner Blatt läßt sich aus Konstan tinopel melden, in türkischen Kreisen wolle man Visten, daß der d e u ts ch e K a i s er die Absicht bekannt gegeben hätte, zu Ostern 1898 nach Jerusalem zu reisen, um der Einweihung der dortigen neuen protestantischen Kirche beizu wohnen. Der Kaiser würde von dem Präsi denten des Evangelischen Oberkirchenrats, Herm Barkhausen, begleitet werden. Bei dieser Gele genheit dürste Kaiser Wilhelm eine (Einladung des Ehedive zum Besuch Kairos erhalten und annehmen. Im Falle der Behinderung des Kaisers soll Prinz Heinrich kommen. (Lie Richtigkeit der Meldung bleibt natürlich dahin gestellt.) * Oberst Liebertist nunmehr definitiv zum Gouverneur von Ostafrika ernannt worden. * Major v. Wißmann ist, wie die ,Post' hört, zur Disposition des Reichs- kanzlers gestellt worden mit der Absicht, feine Dienste der Kolonialverwaltung in Berlin zu erhallen. * Die Münchener ,Allgem. Ztg/ schreibt: „Zahlreiche Blätter bringen fortwährend Mit teilungen über die Stellung der bayrischen Regierung zu dem Entwürfe der Militär strafprozeß-Ordnung für das Deutsche Reich. Wir sind in der Lage, alle diese Mit teilungen als bloße Kombinationen zu bezeich nen, da die Feststellung der Instruktionen für die Lertremng Bayerns im Bundesrate erst noch bevorsteht und unter diesen Verhältnissen von Verhandlungen oder auch nur verbindlichen Besprechungen über die Stellungnahme Bayerns bisher noch nicht die Rede sein konnte. Die Behandlung dieses Gegenstandes in der Presse entbehrt überhaupt zur Zeit jeder verläßlichen Grundlage, da der Entwurf der Sirafprozeß- Ordnung noch nicht öffentlich bekannt gegeben, sondern lediglich den Regierungen vertraulich milgeteilt worden ist." *Die Verwendung des Fahrrades im H eerc soll weitere Ausdehnung erfahren. Nach dem Infanterie und Jäger mit Fahrrädern aus- geftattct sind und sich die Maßnahme dort be währt hat, soll sie auf die Pionierbataillone und die MUitür-Tclegraphenschule ausgedehnt werden. Oesterreich-Ungarn. *Das österreichische Abgeord netenhaus bewilligte 1 LOO OOO Gulden für Beschickung der Pariser Welt-Aus- stellungvon 1900 und beschloß, die Regierung zu veranlassen, auf Anbahnung von Schieds gerichten bei internationalen Differenzen hinzuwirken. Frankreich. *Die Meldung eines Gegenbesuchs des Präsidenten Felix Faure in Peters burg wird nunmehr bestätigt; der Zeitpunkt ist jedoch noch nicht festgesetzt, derselbe hängt von den Besuchen ab, welchen die Kaiser von Oester reich und Deutschland dem russischen Hofe ab statten werden. In parlamentarischen Streifen berrscht die Meinung, daß cs nicht notwendig sei, während der Abwcscnbeit des Präsidenten gesetzlich für dessen Vertretung Fürsorge zu treffen. Der Präsident bleibt auch während der Reise Chef des Staates und kann in der ihm geeignet erscheinenden Weise Rcgicrungsakte vollziehen und die notwendigen Unterschriften abgeben. Italien. * Der glcichsallS inAbessinien gefangen gehaltene General Albertonc wird erst mit der letzten Abteilung der italienischen Gesungenen nach Italien zurückkchren. Die englische Regie rung hat den Auftrag gegeben, den Transport der Gefangenen für die Fahrt von Zeila nach Aalicn in jeder möglichen Weise zu erleichtern, und Hal dem Major Ncrazzini für diesen Zweck ein Schiff zur Verfügung stellen lassen. *Der italienische Generalkonsul Cecchi, die Kapitäne der italienischen Kriegsschiffe „Volturno" und „Slaffctta" sowie etwa sechs Offiziere wurden durch Somalis in Magadazo (Mukdishu) getötet. Auch wurden 100 Mann verwundet. — Der Ort auch Magadoxa uud Mukdischa geschrieben oder ge sprochen, ist eine Araberstadt an der Ajanküste, an der Mündung des Webb. Was die italienischen Kriegsschiffe dort vorhatten, aus welchem Grunde an der unwirtlichen Küste ein Generalkonsul und ein anscheinend beträchtliches Detachement gelandet worden sind, wie der Zusammenstoß oder vermutlich der Ueberfall sich zugetragen, ist noch völlig unaufgeklärt. Belgien. * Der König Leopold erhielt ein Schreiben des Kaisers von China, worin dieser für den Empfang Li-Hung-Tschangs dankt und die Errichtung mehrerer chinesischerKonsu- late in Belgien ankündigt. Dänemark. * Im dänischen Folkething kam am Donners tag die Interpellation der Linken betreffs Auf rechterhaltung der Neutralität Däne marks zur Besprechung. Der Ministerpräsident erklärte die Gerüchte hinsichtlich eines Geheim abkommens mit Rußland für unbegründet. Im Einvernehmen mit der Negierung nahm das Haus eine Tagesordnung zu Gunsten eines stets neutralen Verhaltens Dänemarks ein stimmig an. Spanien. *Eine Depesche aus Madi überraschende Thalsache zu, daß scheu Insurgenten Wied» Thore der Hauptstadt den „sie, rungstruppen nachgerückt sind. 2 lautet: Eine kleine Abteilung Aufständischer griff das Dorf Guanabacca in der Nähe von Havana an, wurde aber mit Verlusten zurückgeschlagen. Balkanftaaten. *Jn Konstantinopel dauern die Ver haftungen fort. Dieselben sind meistens erfolgt, weil im Besitze der Verhafteten jung- türkische Blätter gefunden wurden, oder weil die Verhafteten ihrer Unzufriedenheit mit der Regierung Ausdruck gegeben hatten. Die Unzufriedenheit scheint ihre Hauptursachc in Gehaltsrück st än den zu haben. *Der Rücktritt des rumänischen Ministeriums Sturdza ist ziemlich überraschend gekommen. Den Anstoß hat nach den vorliegenden Berichten die Metropo lit e n f r a g e gegeben. Metropolit Ghenadie war im vorigen Jahre vom Synod abgesctzt und ins Kloster gebracht worden, man hatte ihm jede Verteidigung unmöglich gemacht und die Staatsgewalt hatte dieser Willkür gegenüber geschwiegen, sie hatte Ghenadie nicht erlaubt, einen Prozeß anzustrengen. Diese Metropoliten angelegenheit hat die Opposition außerordentlich geschickt agitatorisch auszunutzen verstanden, es kam in Bukarest zu Demonstrationen, die immer mehr zu Straßenkrawallen ausarbciten. Diese Agitationen hat Sturdza als gegen ihn persön lich gerichtet aufgefaßt und hat es für ange- zcigt gehalten, zurückzutreten, um ihnen den Boden zu entziehen uud damit weitere Beun ruhigung zu verhindern. Das neue Kabinett gehört, wie es sich von selbst versteht, ebenfalls der Partei Sturdzas an, die nach wie vor über eine ansehnliche Mehrheit im Parlamente ver fügt. Aegypten. * Englands Vertreter inAegypten, Lord Cromer, teilte der ägyptischen Regierung mit, daß für den Fall, in welchem das Gerichtsurteil auf Rückzahlung der aus dem Reservefonds entnommenen, zur teilweisen Bestreitung der Kosten der Dongola-Expedition verwandten 500 000 Pfund an die Schulden kassenverwaltung erkenne, die Verantwortlichkeit an erster Sicllc bei der ägyptischen Regierung bleibe; doch sei die englische Regierung bereit, denjenigen Betrag vorzuschieben, welchen nach der Annahme der englischen Regierung die ägyptische Regierung nicht selbst aufbringen könne. Die Bedingungen für diese Borschubleistung, soweit sic den Zinsfuß und die Kapitalsrück zahlung betreffen, werden später vereinbart werden. Aus drm Reichstage. Das Haus setzte am Donnerstag die erste Etats beratung fort. Abg. Liebknecht kam nochmals auf den Untergang des „Iltis" zu sprechen. Sodann id gesteht die die cubani- f bis vor die senden" Rcgie- )a^ Telegramm besprach er den Hamburger Hasenarbeiterftreik und trat mit Entschiedenheit für die Streikenden ein. Staatssekretär v. Bötticher suchte an der Hand der Lohnlisten den Beweis zu führen, daß der Streik ungerechtfertigt sei. Auch Abg. Frhr. v. Stumm (freikons.) beteiligte sich an der Debatte. Zwischen den Abgg. Grafen Schwerin (kons.) und Richter (frs. Vp.) kam es zu einer Auseinandersetzung über die Berechtigung der Landwirtschaftskammern, Er hebungen über die Getreidepreisnotierungen anzu stellen. Die weitere Debatte drehte sich schließlich nur um den Hafenarbeiterstreik. Am 4. d. tritt das Haus nach Erledigung ver schiedener Rechnungssachen in die erste Beratung des Freundschafts-, Handels-, Schiff- fahrts- und Konsular - V ertrages zwischen dem Reich und Nicaragua ein. Der Vertrag wird ohne wesentliche Debatte in erster und zweiter Lesung angenommen. Es folgen Berichte der Petitions kommission. Petitionen betr. die Abänderung des Servis tarifs beantragt der Referent der Kommission Abg. Pauli (freikons.) dem Reichskanzler als Material zu überweisen. Abg. Rickert (frs. Vgg.) macht darauf auf merksam, daß die Regierung die Ve pflichtung über nommen habp-^-noch in dieser Session einen Gesetz entwurf zur Neuregelung des Servistarifes vorzulegen. Reichsschatziekretär Graf Posadowsky be merkt, die Regierung erkenne diese Verpflichtung an; das bezügliche Gesetz werde dem Reichstag noch in dieser Session zugehen. Die Pclitionen^werden darauf, dem Kommissions autrage entsprechend, dem Reichskanzler als Material überwiesen. Eine Petition betr. Rückerstattung von Zoll für Jronbricks beantragt die Kommission, der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen. Abg. Hammacher (nat.-lib.) sührt in der Befürwortung dieser Petition aus, daß die einzelnen Zollbehörden in dieser Angelegenheit ganz wider- sp echende Entscheidungen getroffen hätten. Es handle sich hier oft um sehr wertvolle Objekte. Im Sinne des Rechtes und der Gerechtigkeit müsse immer wieder die Errichtung einer obersten Aurkuusls- behörde und ein^s NeichSzollverwaltuugSgrnchleö ge fordert werden. Abg. Rickert (ft. Vgg.) schließt sich diesen Aus führungen an. Schatzsckrctär Graf v. Posadowsky: Die »verbündeten Regierungen haben bisher den mehrsach ausgesprochenen Wünschen des Reichstags nicht folgen können, weil gewichtige Gründe dagegen vor liegen. Bei einem Gerichtshof würde die Schwer kraft der Entscheidung immer in dem Gutachten der Sachverständigen liegen, da den Richtern die prak tische Kenntnis in diesen Dingen abgeht. Die Hoff nung ist auch trügerisch, daß auf diesem Wcge clnc,, Entscheidung schneller als auf jetzt herbcigeführt werden könnte. Auch staatsrechtliche B> denken können geltend gemacht werden, denn die Reichs verfassung bestimmt ausdrücklich, daß den Einzcl- staaten die Verwaltung und Erhebung der Zölle garantiert ist. Ich bin zu einer Erklärung in dieser Angelegenheit nicht autorisiert, kann aber tagen, daß keine Hoffnung vorhanden ist, daß die verbündeten Regierungen geneigt wären, von ihren vers ssungs- mäßigen Rechten irgend etwas preiszugeben. Abg. Bachem tZentr.) bemerkt, daß man durch aus nicht beabsichtige, die Rechte der Landesregie rungen zu beeinträchtigen. Thatsachc ist es doch, daß die Klagen nicht aushören wollen, und daß bei den sich widersprechenden Entscheidungen der einzelnen Zollbehörden geradezu unerträgliche Zustände herr schen. Deshalb ist es unbedingt notwendig, daß eine oberste Instanz geschaffen wird. Schatzsekretär Graf v. Posadowsky: Man kann von einem Kaufmann, der etwas zu verzollen hat, in erster Linie doch erwarten, daß er sich die Zolltarife ansieht. Es kommen aber sehr viele Fälle vor, wo die Kaufleute sich gar nicht um den Zoll tarif kümmern, sondern sich an irgend einen unter geordneten Zollbeamten wenden, der ihnen dann eine ganz falsche Auskunft gibt. Dann konimen natürlich Irrtümer vor. Der Bundesrat hat in zahlreichen Fällen, wenn er überzeugt ist, daß die Schuld eines Beamten vorliegt, den Zollbetrag ein fach fallen gelassen. Aus den prinzipiellen Stand punkt allerdings können sich die verbündeten Regie rungen nicht stellen, daß wegen einer falschen Aus kunft eines Unterbeamten deshalb auch das Reich 1K jedem Falle den Schaden tragen soll. Die Petition wird nach dem Anträge der^Kom- mission der Regierung zur Berücksichtigung über wiesen. Durch Uebergang zur Tagesordnung werden er ledigt Petitionen betr. Rückerstattung von Zoll auf Seesalz, auf cingeführtes Holz, auf Getreide. Der Regierung zur Berücksichtigung werden überwiesen Petitionen betr. Rückerstattung von Zoll für eingesührtes amerikanisches Pökelfleisch, Rege lung des Kellnerinnenwejens. Als Material werden überwiesen Petitionen betr. Revision des Vogelschutzgesctzes, betr. Einführun- eines Zolles auf Milch, betr. Einführung eine» Zolles auf Torfstreu, betr. Abänderung einiger, da- Lohnfuhrwesen betreffenden Paragraphen der Ge werbeordnung. Bei einer Petition betr. Abänderung des Straf gesetzbuches (Bekämpfung der Unsittlichkeit, Prosti tution, Kuppelei) bemerkt Abg. Höffel (freikons.), daß die Berliner medi zinische Gesellschaft unter Vorsitz von Prof. Virchow nach mehrmaliger Beratung beschlossen habe, daß di« Wiedereinführung der konzessionierten Häuser weder vom moralischen, noch vom gesundheitlichen Stand punkt zu empfehlen sei. Trotz gesetzlicher Be stimmungen beständen aber in einzelnen Bundes staaten solche Institute noch weiter, das Selbst- bewußtsein des Volkes würde dadurch verletzt, denn diese Institution sei im Widerspruch mit de« Gesetzen. Abg. Spahn (Zentr.) bedauert, daß kein Regierungsvertreter bei einer so wichtigen Sache an wesend sei. Der Reichstag habe wiederholt ein Gesetz zur Bekämpfung der Unsittlichkeit verlangt, die wx Heinze sei leider nicht zum Abschluß gelangt. Abg. Schall (kons.) schließt sich diesen Aus führungen an. Abg. Bachem (Zentr.) bemerkt, der Gegenstand sei sehr wichtig, und deshalb beantrage er diese Petition von der Tagesordnung abzusetzen, bis riu Regierungsvertreter anwesend sei. Auf Vorschlag des Präsidenten wird die Debatte über diese Petition jetzt abgebrochen. Eine Petition des deutschen Vereins für inter nationale Friedenspropaganda beantragt die Kom mission, der Regierung zur Kenntnisnahme zu über weisen. Der Antrag der Kommission wird angenommen. Eine Petition betr. die Aushebung des Jmpf- gesctzes wird durch Kenntnisnahme für erledigt er klärt. Eine Petition betr. den Erlaß eines Gesetzes über die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten wird der Regierung als Material überwiesen. Hierauf wird die vorher abgebrochene Debatte über die Petition betr. Bekämpfung der Unsitt lichkeit wieder eröffnet, da inzwischen Staatssekretär Nieberdiug erschienen ist. Abg Frhr. v. Gültlingen (freikons.) Werst aus den Widerspruch hin, der darin besteht, daß nach dem Strafgesetz die Kuppelei bestraft wird, während die Polizei an manchen Orten den Prosti tuierten Wohnungen verschafft. Anderseits werde wieder das Vermieten von Wohnungen an Prosti tuierte verboten. Staatssekretär im Reichsjustizamt Nitb er bt n g schildert zunächst die Geschichte der I<-x Heinze, die wegen Sessionsschlusses seiner Zeit nicht mehr zur Verabschiedung kam. Die Ncichsverwaltung hat sich hierauf mit der prcuß. Negierung, deren Ini tiative der Gesetzentwurf seinen Ursprung verdankt, nftPerbindung gesetzt und ist von der preuß. Regie rung dahin verständigt worden, daß dieselbe nicht beabsichtigt, die gesetzgeberische Verfolgung der Ma terie aufzugeben, daß sie sich im Gegenteil Vorbe halte, aus die Sache zurückzukommcn, wenn die Lage der Geschäfte im Bundesrat und Reichstag das er möglichen werden, und wenn sie selbst Gelegenheit und Zeit gewonnen habe, um die anderweitigen, damals von der Kommission angenommenen Vor schläge auf ihre praktische Bedeutung zu prüfen. Die letzte Session war mit so dringenden Aufgaben belastet, daß es nicht angezcigt war, einen neuen Entwurf einzubringen. Die Erwägungen sind noch nicht ahgeschlossen und ich vermag deshalb noch nicht anzugcben, wann der Bundesrat sich mit der Sache befassen wird; wir haben aber nicht die Ab sicht, den Gegenstand ruhen zu lassen. Abg. Spahn (Zentr.) kündigt für die nächste Zeit Anträge auf Bekämpfung der Unsittlichkeit an. Hieraus wird der Kommissionsantrag ange nommen. Sodann vertagt sich das Haus. . — . . Preußischer Landtag. Das Abgeordnetenhaus trat am Donnerstag in die erste Beratung des Gesetzentwurfs betr. Besteuerung des Gewerbebetriebes im Umherziehcn ein. Sodann folgte die zweite Lesung der Konvertierungsvorlage. Dieselbe wurde niit der achtjährigen Schutzfr st an genommen. — Die Vorlage betr. die Verstaatlichung der Hessischen Ludwigsbahn wurde mit dem dazu gehörtem, Nachlragsetat in zweiter Lesung unver- änder^Knchmigt. Nächste Sitzung am 5. d. Kon Uah und Fern. Brei»«LC_Dcr hiesige Hafenarbeiter streik ist beendet. ^ifle^-Versammlung der Aus ständigen hat den von der Lagerhausgesellschaft und der Lohnkommisfion vor dem Einigungs amte des Gcwerbegerichts vereinbarten Einigungs vorschlag nach dem Bericht der Kommission ein stimmig angenommen. Schuld und Sühne. Wj Roman von A. K. Green. (Schluß „Als ich weder Honora noch irgend ein Anzeichen ihres Todes gewahrte, wurde ich von solcher krampfhaften Verzweiflung ergriffen, daß ich einen gellenden Schrei ausstieß, der das Haus erfüllte und mehr als einen erschreckten Frager an unsere Thür brachte. Denn Reue und Gewissensbisse arbeiteten bereits in mir, und in den lauernden Schatten um den Kamin glaubte ich den langen schmalen Spalt zu sehen, den die halbgeschlossene Thür in der Eichentäfelung bildete, die sich zwischen mir und dem heimlichen Grabe meines Opfers befand. Obgleich dies nur eine optische Täuschung war, denn die Thür war geschlossen, bin ich seitdem niemals im stände gewesen, mich von dem Anblick dieses Hirngespinstes mit seiner Erinnerung an Schuld und Tod zu befreien. Dieser Schattenstreifen störte meinen Frieden, Untergrub mein Leben. Wenn ich nachts meine Augen schloß, so that sich die Thür vor mir auf; wenn ich mich mit Juwelen und reichen Kleidern geschmückt, vor den Spiegel stellte, um mein Bild zu beschauen, so verdeckte dieser Schattenstreifen meinen Prunk, wenn ich in die Schlösser der Edelsten des Landes oder an den Hof des Königs ging, war ich stets nur ein trübes, elendes Wesen, das nichts vor Augen sah, als den schwarzen Spalt . er Thür, hinter dem mit dem unschuldigen Opfer zugleich die eigene Jugend, Schönheit *nd Unschuld für immer verschwunden waren! Mein Kind wurde geboren. Ach Himmel, daß ich dieses holden Wesens hier erwähnen muß! Ich thue es mit tiefem Schmerz, thue es mit unaussprechlicher Verzweiflung, denn mit ihr, der süßen Unschuld, erwachte mein Herz und um ihretwillen ist es jetzt gebrochen, um nie wieder zu heilen. Ach, wenn die Kenntnis meines Elends einen Gedanken erweckt, der nicht von Rache spricht, so werfen Sie einen mit leidigen Blick auf dieses Kleinod meiner Seele, das ich in einem verhaßten Lande ohne Freund schaft, ohne Liebe, ohne Mittel zurücklassen muß! Denn Freundschaft, Liebe und Reichtum wird mit der Enthüllung von ihr genommen werden, die der Morgen bringt, und wenn der Himmel nicht barmherzig ist mit ihrer Unschuld, wie er gerecht mit meiner Schuld gewesen ist, so wird sie keinen anderen Zufluchtsort haben, als den Abgrund, der sich jetzt vor mir aufgethan. Mit ihrem Vater mag der Himmel ab rechnen. Er gab mir dieses süße Kind, so mag ich ihm nicht fluchen, wenn ich ihn auch nicht segnen kann. Marah." Oktober 23. 1791. — Ich habe heute etwas Schönes gesehen, und das war der schwache, fast überirdische Freudenschimmer, der einen Moment unter Honoras gesenkten Lidern hervor brach, als ich ihr sagte, was Liebe sei und daß der Marquis nur ihre Erlaubnis abwartete, um sie zu sprechen und sie seiner unwandelbaren Neigung und Treue zu versichern. Hätte dieser Lichtstrahl nicht das düstere Drama erleuchtet, dann wäre mir die Welt dunkel vorgekommen, um in derselben zu bleiben, und das Leben zu entsetzlich, um ertragen werden zu können. November 30. 1791. — Ich glaubte, als Honora Urquart mein Haus verließ, um in der Kirche unten am Berge dem Marquis angetraut zu werden, der Friede würde nunmehr in mein Haus einkehren. Aber es ist kein Friede. Heute morgen vollzog sich eine neue schauerliche Tragödie auf meiner Schwelle. Ich saß in der offenen Hausthür und wartete auf die Post, denn es dünkte mich endlich an der Zeit zu sein, daß ich ein Lebenszeichen von Herrn Tamworth erhielt. Noch fehlten indessen einige Minuten an der Zeit, zu der sich das Rollen des Wagens gewöhnlich hören ließ und ich dachte — wie es ja ganz natürlich ist — über die schrecklichen Ereignisse der letzten Wochen nach, als ich den Hufschlag von Pfer den hörte. Ich sah die Landstraße hinauf und hinab und bemerkte eine kleine Gruppe von Männern, die sich von Süden her näherte. Bald konnte ich unterscheiden, daß einer der Reiter ein weißhaariger, wahrscheinlich also schon alter Mann war, und als ich endlich seine Gcsichts- züge erkennen konnte, sah ich, daß es Herr Tamworth war. Ueberrascht aufspringend, blickte ich nach den Männern, die hinter und vor ihm ritten, und bemerkte, daß der eine den Kopf gesenkt und einen auffallend düsteren Gesichtsausdruck hatte. Soeben suchte ich in meinem Gedächtnis nach dem Namen des Mannes, dessen Züge mich eigentümlich bekannt dünktcn, als das Pserd, das er ritt, plötzlich scheute, sich hoch aufrichtete, und dann im Vorwärtsrasen nach der Stelle, an der ich saß, den Reiter auf die Stufen zu meinem Hause schleuderte, wo er besinnungslos liegen blieb. Einen Moment erstarrten feine Begleiter sowohl als ich bei diesem entsetzlichen Anblick; dann aber eilte ich unter den lauten Rufen von der Straße her und einem gellenden Aufschrei im Innern des Hauses zur Unglücks stätte. Ich hob den Kopf des Gestürzten einvor und sah ihm ins Antlitz. Es war mir kein fremdes. Obgleich verändert und von tiefen Furchen durchzogen und obgleich Todesblässe es bedeckte, erkannte ich es sofort. Es war das jenige Edwin Urquarts. * * * Heute mittag nahm ich das Wirtshaus- Zeichen herunter, das zwanzig Jabre lang über meiner Thür gehangen. „Zum Willkommen ist schwerlich der rechte Name für ein Gasthaus unter dessen Dach sich solche Schreckensizenc« abgespielt. Jetzt werde ich vielleicht schlafen können. März 16. 1792. — Nachricht von Honora. Der entfernte Verwandte, welcher in den Titeln und Rechten eines Marquis de la Roche-Gnvon ihrem edelmütigen Gatten folgte, ist ein Owcr der Guillotine geworden. Wäre dies sein Schick sal geworden, wenn er sie verlassen hätte »w nach Hause zurückgekehrt wäre? Es ist web als genügender Grund vorhanden, df:s afft' nehmen. Auf jeden Fall findet sie darin ew großen Trost und eine gewisse Vergeltung ' das Opfer, welches ihr Gatte ihr mil seM' Liebe gebracht. Sie bedauert nicht länger vo-
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