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Nummer 10 Gold-Pfg. — Bei ProduktionSverteuernngen, Erhöhungen der Löhne und Materalienpreise behalten wir nns das Recht der Nachforderung vor Nichterscheinen einzelner Nummern infolge höherer Gewalt, Streik, Aussperrung, Betriebsstörung Nr. 290 Bad Schandau, Freitag, den §2. Dezember 68. Iahrg. FUr eilige Leser. * Herriots Befinden hat sich gebessert. Er wird aber noch einige Tage das Zimcr hüten müssen. * Deutschland hat die Einladung zur Pariser kunstgewerb lichen Ausstellung aus Ersparnisgründen abgclchnt. * Im Belcidigungsprozcß des Reichspräsidenten erklärte dieser, er habe die umstrittene Äußerung über die Gestellungs befehle nie getan, während der Zeuge Syring bet der gegen teiligen Behauptung verblieb. * In Bayern hat sich eine kritische parlamentarische Lage wegen der Meinungsverschiedenheiten über die Verträge mit den katholischen und evangelischen Kirchen entwickelt. * In Lippe finden die Neuwahlen znm Landtag und der Gcmeindcvcrtrcnmgen am 18. Januar 1925 statt. Zum Regierungsrücktritt Das Merkwürdige in dem an Merkwürdigkeiten so reichen parlamentarischen Leben Deutschlands ist nun ge schehen: derVersuch, durch die Neuwahl eine neue, breitere Basis für das Kabinett M a r x zu schaffen, ist als ge scheitert zn betrachten und der Reichskanzler hat demgemäß die Folgerungen daraus gezogen. Der Beschluß des Kabi netts zurückzutreten, beweist, daß man sich doch entschlossen hat, nicht mehr in der alten Zusammensetzung Por den Reichstag zu treten, sondern dem Druck der Deutsche n Volkspartei entsprechend die Bahn für eine Ncu- odcr Umbildung freizumachcn. Ncichsanßenminister Dr. Stresemann, der Führer der Deutschen Volkspartei, betonte in der Kabincttssitznng entschieden die Notwendig keit der Biloung einer Regierung der bürgerlichen Par- »eien einschließlich der Deutschnationalen Gewiß wäre ja das Kabinett Marx so, wie es bisher bestand, einem Mißtrauensvotum des Reichstags kaum zum Opfer gefallen, wenn cs vor das Plenum der neu gewählten Volksvertretung sich hingestellt und eine aus- glückliche Abstimmung verlangt hätte; dann hätten sicher sie Parteien der alten Negierungskoalition (Volkspartei, Zentrum und Demokraten) und die Sozial- aemokralen für das Kabinett gestimmt. Nur ist es sehr zweifelhaft, ob man die parlamentarische Grundlage für die weitere Negierung gehabt hätte. Die Forderungen, die aor einigen Tagen durch den sozialdemokratischen Neichs- ÄgsabgeordnetenLoebeangcmeldetwaren, würden sicherlich nicht von der Volkspartei, vielleicht auch nicht von allen Mitgliedern der anderen Parteien getragen werden. Ein solches Vertrauensvotum durch die vier Parteien der früheren großen Koalition unter dem ersten Kabinett Stresemann wäre also nichts anderes gewesen als eine Geste, mit der praktisch nichts hätte angefangen werden können. Das Kabinett Marx ist trotz vieler Stürme mehr als ein Jahr hindurch im Amt geblieben und seine Hauptarbeit bildete die Liquidierung des verlorenen Nnhr- kampfes. An den Forderungen, die von den Franzosen an ihren Sieg geknüpft wurden, war das zweite Mini sterium Stresemann gescheitert. Versuche, schon damals bei einer Regierungsumbildung auch die Deutschnationalen hcranznziehen, sind gescheitert. Den entscheidenden Wende punkt in der außenpolitischen Lage bildete der varlamen tarische Umschwung in England, der das Kabinett Mac donald ans Ruder brachte, dann zur Berufung des Sachverständigcnkomitces, der Verfassung seines Gutachtens und schließlich znm LondvnerPakt führte. Man hat gerade in der entscheidenden Phase, nämlich den Beratungen in London der Politik des Kanzlers Marx Vorwürfe gemacht, nämlich, daß er der Weigernug der Franzosen nicht mehr entgegentrat, das Ruhrgebiet s o - fort zu räumen. Marx hat immer betont, daß ein wci- icres Entgegenkommen der Entente einfach nicht zu er- reichen gewesen sei. Das ist zwciffcllos richtig, in sofern, als die Entente es nicht für notwendig hielt, weiter nachzugcbcn. Die Schuld scheint mehr an der Schwierigkeit zu liegen, mit dem Parlament in Dentschland zu arbeiten. Herriot hat es damals anders angefapgen: er ist für ein paar Tage nach Paris gereist, verhandelte dort mit seiner eigenen Partei und der Opposition und erklärte dann in London, er sei ein politisch verlorener Mann, wenn er in die sofortige Räumung des Ruhrgebiets willigte, weil ihn dann nicht nur die Opposition, sondern auch Teile seiner Gefolgschaft auf der Linken abschlachten würden. Die andern schon lange parlamentarisch regierten Länder der Entente zeigten für diese Begründung in der Hartnäckigkeit Herriots Verständnis und traten auf seine Seite, um ihn zu retten. Von deutscher Seite haben weder Marx noch Stresemann den Versuch gemacht, mittels des gleichen Ver fahrens irgend etwas zu erlichen. Nämlich mit Hilfe des Drucks, den die starke Oppo,:.ion im Dewfchcu Reichstag ausüben konnte, eine Opposition, die gleichfalls l urch Teile der Negiernngskoalition verstärkt werden konnte, um ein weiteres Entgegenkommen in London für unmöglich zu erklären. Blieben so die außenpolitischen Dinge in Deutschland stark umstritten, so auch nicht weniger die Innenpolitik, so Nächste Woche Kabinettsbildung Marx beim Reichspräsidenten. Berlin, 11. Dezember. Heute vormittag sprach Reichskanzler Marx beim Reichspräsidenten vor, nm ihm über den Verlauf der Ka- binettssihung Bericht zu erstatten. Die Rcichsrcgicrmig hatte den Kanzler beauftragt, sich mit dem Reichspräsiden ten wegen des Zeitpunkts des Rücktritts ins Benehmen zu sehen. Für den Zeitpunkt des Rücktritts wird vor allem maßgebend sein, wann die Fraktionen frühestens in Berlin zusammcntrctcn können, um für Verhandlungen über die Regierungsbildung bereit zu sein. Der Reichs präsident hat in seiner Besprechung mit dem Kanzler er klärt, auf die Entscheidung des Kabinetts, w a n n cs seine Demission üb-rrcichen will, keinerlei Einfluß ausüben zu wollen. Die Rcichsrcgicrung wird heute wieder zu eine« Sitzung zusammcntrctcn, um sich darüber schlüssig zu werden, wann sic demissionieren wird. Da die RcichStags- fraktioncn sich zu Beginn der nächsten Woche in Berlin ver sammeln, dürfte der Beschluß gefaßt werden, Mitte der nächsten Woche dem Reichspräsidenten daö Nücktrittsgesuch zu überreichen. Es hat den Anschein, als ob namentlich auf feiten der Volkspartei der Wunsch vorhanden ist, das jetzige Ka binett noch einige Zeit bei der Geschäftsführung zu er halten. Denn die „Zeit", das offiziöse Organ des Außen ministers Dr. Stresemann, erklärt: „Unsere Lage er fordert es, daß die Tätigkeit der Negie rung nicht auf längere Zeit unterbrochen wird, da eine Anzahl von wichtigen Fragen sich noch in der Schwebe befindet und zu ihrer Lösung eine ungeschmälerte Tätigkeit der Regierung erfordert." Und ein anderes, den Rechtsparteien nahe stehendes Organ äußert sich dahin, daß gerade in den nächsten Wochen außen politische Aufgaben, so z. B. die Frage der Militärkontrolle und der Kanzler Marx Räumung der Kölner Zone zu behandeln sind und infolgedessen die Erhaltung eines poli tisch aktionssähigen Kabinetts wünschenswert erschiene. Die demokratischen Blätter treten im Gegenteil va>ur ein, daß die Bildung der neuen Negierung keinen Tag verzögert werden dürfe, vielmehr mit größter Vc schleuniguna zn geschehen habe Berlin, 11. Dezember. Die heutige Kabiucttssitzung dau erte etwa 2 Stunden. Da das Kabinett durch den Nücktritto- bcschluß am Mittwoch den Charakter eines Gcschästoministcriums erhalten hat, herrschte Einmütigkeit darüber, daß eine arbeits fähige Negierung so schnell wie möglich gebildet werden müsse. Da die Fraktionen des neuen Reichstages erst in der kommenden Woche zusammcntrctcn, ist der Wochcnansaug der früheste Termin für die Demission des Kabinetts. In politischen Kreisen ver lautet, daß Dr. Marr als Kanzler für ein Kabi nett der Rcchtskoalition nicht kandidieren werde. ttanzlerkanoidaten- Für die Übernahme des Ncichskauzlcramlcs in dci neuen Negierung werden jetzt auch andere Kandidaten genannt als der zunächst als Nachfolger des Kanzlers Marx genannte Dr. Stresemann. So wird das Gerücht verbreitet, daß Persönlichkeiten wie Gras Lerchenfeld von der Bayerischen Volkspartci oder dci Zentrnmsabgcordncte Herr v. Gnörard für den Kanzlerposten in Betracht kämen. Die Germania bemerk! allerdings dazu: „Es ist nicht gut möglich, daß ein .Kabinett mit deutschnational-volksparteilicher Mehrheit unter Zen- trumsführnng stehen kann. Glaubt Herr Stresemann, mit einem Nechtsblock die von ihm bisher betriebene Politil weiter verfolgen zu können, so wäre es das beste, er über nähme selbst die Führung der Negierung." Ziemlich zurückhaltend verhält sich einstweilen die dcutschnationale Presse. Sitzung der Deutschnatlonaken. Die deutschnationale Ncichstagsfraktion ist zu einer konstituierenden Sitzung arrs Dienstag, den 16. Dezember einbcrufen worden. An demselben Tage tritt bekanntlich auch die demokratische Ncichstagsfraktion zusammen. Be züglich der Einberufung des Reichstags ist noch keine Ent scheidung getroffen. Sie hängt von der, Rcgicrungsneu- bilduna ab. besonders das Ermächtigungsgesetz, so die Weiterregierung der mittelparteilichen Koalition nach den Wahlen vom 4. Mai. Liegen jetzt die Dinge nach der Wahl vom 7. De zember anders? Ob es diesmal gelingen wird, eine trag- und aktionsfähige Regierung mit genügender parlamenta rischer Mehrheit hinter sick ,» bilden, muß abgewartet werden. Französische Einladung abgelehni. Deutschland nicht auf der Pariser Ausstellung. Das NcMskabinctt hat dem Vernehmen nach sich mit der Einladung der französischen Negierung zur Teilnahme Deutschlands an der Pariser Internationalen Kuustge- werbeausstellung des kommenden Jahres beschäftigt. Nach eingehender Beratung und Abwägung der verschiedenen Ansichten über dies» Frage hat das Kabinett den Beschluß gefaßt, von einer Annahme dieser Einladung abzu sehen. Maßgebend für diese Entscheidung waren zwei Gründe: einmal die vorgeschrittene Zeit, die eine aus reichende Vorbereitung für ein so bedeutungsvolles Unter nehmen, wie sic die Beteiligung an einer kunstgewerblichen Weltausstellung darstellt, nach Ansicht der Negierung un möglich macht — sodann die Erwägung, das; der erforder liche Aufwand von etwa fünf Millionen Mark, die dabei verausgabt werden müßten, einem Staate, der so ge waltige Schuldverpflichtungen zn tilgen hat wie das Deutsche Reich, nicht anstchen würde. Namentlich der Ein spruch des Neichsfinanzministcrs, der diese Schwierigkeiten und Bedenken geltend machte, fiel ausschlaggebend ins Ncwicht. Um den Bericht der Kontrollkommission. Paris, 11. Dezember. Die Abrüstungskontrolle in Deutschland bildet das Tagesgespräch. Es be stätigt sich, daß der Vorsitzende der Interalliierten Kontrollkom mission General Walch zu außerordentlich ungünstigen Schluß folgerungen über die Entwaffnung Deutschlands gelangte (?) Ein offizieller Bericht des Generals liegt noch nicht vor.. Der Pariser Vertreter der Telegraphen-llnion erfährt von zuständi ger Stelle, daß die Meldungen der Berliner Vertreter der Pa riser Presse übertrieben und verfrüht seien. Die Meldung des Journals, daß die Verbündeten am 20. Dezember die Absetzung des Generals von Sccckt verlangen werden, wird als teilweise unrichtig und verfrüht bezeichnet. Man nimmt an, daß eine scharfe Note an Deutschland von der Botschafterkonferenz gerichtet wird, wenn sich das engliche Gerücht über den Inhalt des Be richtes der Kontrollkommission bewahrheitet. Die Votschafter- konferenz tritt am 17. Dezember zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen. General Walch soll an dieser Sitzung teil nehmen, um den Schlußfolgerungen Nachdruck zu verleihen. Es gehen Gerüchte um, daß Herriot dem englischen Außenminister während seiner Durchreise in Paris Angaben über den Bericht der Kommission machen wird, und daß bei dieser Gelegenheit die Frage der Räumung Kölns entschieden wird. Valdwin über die Räumung Kölns. London, 11. Dezember. Auf eine Anfrage im ttntcrhausc, ob die Regierung bereits die Frage der Räumung der Kölner Zone erwogen habe, erwiderte Baldwin, daß die Regierung gegenwärtig diese Frage einer sehr sorgfältigen Prüfung unter ziehe. Die Entscheidung würde davon abhängcn, wie Deutschland die ihm durch den Versailler Vertrag aufcrlcgtcn Verpflichtungen erfüllt habe. London, 11. Dezember. Im Unterhausc erklärte der Mi nisterpräsident, die Pressemeldungen, nach denen England aus unbestimmte Zeit in der Kölner Zone verbleiben wolle, seien völlig aus der Lust gegriffen und entbehrten jeder Grundlage. Sie Aussage -es Reichspräsidenten. 8 Magdeburg, 11. Dezember. Der Vorsitzende verliest bei Beginn der heutigen Sitzung lm Bclcidigungöprozeß des Reichspräsidenten das Protokoll dei gestrigen Nachmittagssitzung in der Wohnung des Reichspräsi denten. Syring wiederholt dabei seine vorgestrige Be kundung und erklärt weiter, der Güterbodcnarbciler Qrschcl habe im Gegensatz zu seiner Zeugenaussage vom Dienstag der Versammlung beigcwohnt nud sich bereit erklärt, Syrings Be hauptung als Zeuge zu bestätigen. Der Reichspräsident erklärte bei seiner Vernehmung: . „AlS ich bei meiner Vernehmung nm 24. November 1924 nach dem Vorgang mit dem Zettel gefragt worden bin, war ich nns eine solche Frage nicht vorbereitet. Die Frage war auch all gemein gehalten, und es ist auch häufig vorgckommen, daß dem Redner Zettel hcrunsgercicht wurden. Deshalb habe ich damals eine allgemeine Antwort gegeben. Nachdem nnn heute der Zeuge Syring in meiner Gegenwart den angeblichen Vorfall mit dem Zettel eingehend geschildert Hal, kann ich mit aller Be stimmtheit erklären, daß ich den angeblichen Vorgang mit dein Zettel für unmöglich halte. Was dir behauptete Äußerung zu meiner Rede nnbelnngt, wie der Zeuge sie dargcstcllt hat, so er kläre ich, daß cS ausgeschlossen ist, daß ich diese Äusserung getan habe." Der Zeuge Syring blieb auch angesichts der Er klärung des Reichspräsidenten bei seiner Aussage. Dei Geueralstaatsauwalt stellt den Antrag, als weitere Zcngcn Oezcl und den Gülerbeamlcn Laake zn laden. Rechts-