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Sächsische Elbzeitmg Sächsische Schweiz Tageszeitung sitr die Landgemeinden Altendorf, Kleingießhübel, Kleinhenners dorf, Krippen, Lichlenhaln, MIttelndorf, Ostrau, Porschdorf, Postclwiß, Prossen, Rathmannsdorf, Neinhardtsdorf, Schmilka, Schöna, Waltersdorf, Wendisch- sähre, sowie slir das Gesnmtgeblet der Sächsisch - Böhmischen Schweiz Druck und Verlag: Sächsische Elb,Zeitung, Alma Hieke — Verantwortlich: K. Nohrlapper Anzeigenpreis (In Goldmark!: die 7gcspalte»e 35 mm breite Petit,zelle 15 Pfg-, für aus wärtige Auftraggeber 20 Pfg, 85» mm breite NeklamczeUe 80 Pfg. Tabellarischer Satz nach besonderem Tarif. — Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt Anzeigenannahme für alle in- und ausländischen Zeitungen »sw. berechtigt den Bezieher nicht zur Kürzung des Bezugspreises oder zum Anspruch auf Lieferung der Zeitung Tageblatt siir die Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen für den Stadtrat, das Amtsgericht, das Hauptzollamt zu Bad Schandau und des Finanzamtes Sebnitz Gcmeindeoerbands-Girokonto: Bad Schandau 36 — Bankkonto: Dresdner Bank Zweigstelle Schandau — Postscheckkonto: Dresden Nr. 333 27 Fernsprecher: Bad Schandau Nr. 22 — Drahtanschrift: Elbzeitnng Bad Schandau Erscheint täglich nachm. 5 Uhr mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. — Bezugspreis halbmonatlich in« Hans gebracht 90 Gold Pfg.. siir Selbstabholer 80 Gold-Plg. Einz. Nummer 15 Gold-Pfg. — Bei Prodnklionsveilcucrnngcn, Eibühuugcn der Löhne und Maleralicnprcisc behalten wir uns das Recht der Nachsordcrung vor Nichterscheinen einzelner Nummern infolge höherer Gewalt, Streik, Aussperrung, Betriebsstörung Nv. ^ckandau, Montag, den 5t- März 68. Iahrg. Für eilige Leser. * Der dänische Reichstag hat eine Gesetzvorlage zum Ban einer Brücke über den Kleinen Belt angenommen. * Wie zuverlässig verlautet, steht nunmehr endgültig fest, das: die Wahlen zum Bayerischen Landtag in der Pfalz gemeinsam mit den Rcichstagswahlen am 4. Mai stattsindcn. * DaS Konkordat zwischen dem Vatikan und der bayerischen Negierung wurde offiziell in München durch die beiderseitigen Vertreter unterzeichnet. * Poincars soll nach' einer halbamtlichen Notiz jetzt bereit lein, eine Lösung der Sichcrheitssragen durch den Völkerbund anzunchmcu. * In Ncwyorkcr Bankkreiscn werden die Aussichten einer deut schen Anleihe in Höhe von 50, bis 100 Millionen Pfund Ster- Ung als günstig angesehen. Eine Lsbenssrage. über die zurzeit so lebhaft betonte Notwcirdlglelt ^cü Ab- oder Umbaus der sog. Micumvcrträge mit der In dustrie im besetzten Gebiet wird uns geschrieben: . Das neue französische Ministerium Poincarü weist unter feinen Mitgliedern auch Herrn Loucheur auf, der aber merkwürdigerweise das Post- und Handelsministe rium übernommen hat. Nur nach einer Seite hin ist die Tätigkeit dieses Mannes, dessen Anregungen bekanntlich die 1922 und 1923 abgeschlossenen Sachliescrungs« Verträge zwischen Deutschland und Frankreich ihren Ursprung verdanken, auch jetzt für Deutschland von be sonderer Wichtigkeit: nämlich in der Frage der Erneue rung der Micu mv ertrüge. In den letzten Tagen sind die Vertreter der Ruhr- bcrgarbciterschast beim Reichskanzler gewesen und haben ihm die Notwendigkeit vorgetragen, das; die Reparationö lasten, die jetzt nur von der Ruhrindustric, vor allem von den Bergwerken getragen werden, auf breitere Schultern, nämlich auf die Schultern des ganzen deutschen Volke- gelegt werden müssen, weil sie siir die Nuhrindustrie und damit auch für die Arbeiterschaft geradezu mörderisch siud. Die Werke können diese Verträge nicht mehr erfüllen, weil infolge der ihnen auferlegten Lieferungen bzw. finanziellen Lasten die Kosten derartig hoch steigen, daß für die deutsch: Kohle dieses Gebietes einfach keine Absatzmöglichkeit mehr besteht. Eine Tonne westfälische Fettförderkohle kostet 20,60 Mark, d. h. 72 mehr als im Frieden. Mit dieser« Preise liegt die Produktion aber unter dem tatsächlichen Selbstkostenpreis; denn auf ihr lastet eine effektive Preis erhöhung der Kosten um 40 Das sind die Kosten, die aus der Erfüllung der Micumvcrträge entstehe», nud die wenigstens zum Teil hereingebracht werden müssen. Da durch wird um; der Preis für die anderen Industrie» Produkte, nameutlich natürlich für die eisenbearbeitende Industrie Hochgetrieben, weil der Kohlenprcis für die Kosten dieser Industrie zu etwa 30—40 cutscheidend ist. Außerdem lasten auch auf dieser Industrie sehr erhebliche Verpflichtungen auf Grund der Micumvcrträge, so daß auch die deutschen Eisenprcise jetzt wieder über Weltmarkt preis stehen. Auf der anderen Seite erhält die französisch-belgische Kohlen- und Eisenindustrie die deutschen Kohlenliefernngen zu sehr billigem Preise und kann bei ihren An- geboten außerordentlich niedrige Preise stellen. Das hat zur Folge, daß die französisch-belgischen Werke jetzt bis zum Platzen mit Aufträgen übersättigt sind, während die deutschen die Konkurrenz nicht mitmachcn können und aus viele» Absatzgebieten bereits verdrängt sind. Dazu kommt ferner noch, daß die Vcrbrauchsmöglichkcilcn gerade für die 'eisenverarbeitende Industrie sehr stark gesunkcu sind, daß auf der anderen Seite allgemein in der Welt aber eine erhöhte Produktionstätigkeit schon lauge eingesetzt hat, so daß die Konkurrenz auf diesem Gebiete eine sehr viel schärfere geworden ist, als sie vor dem Kriege war. Tatsächlich leiden wir an eine Überproduktion au Eisen- erzcuguissen in der Welt, so daß schon eine ganze Reihe von Staaten zur P r o d u k t i o n s e i n sch r ä u k u » g iibcrgcgangen ist. Frankreich denkt aber gar nicht daran, trotz seiner überreichlichen Produktion sich diesem Beispiel irgendwie anzuschließcn, sondern hat gar nichts dagegen, die Absatzgebiete der deutschen Konkurrenten mit Hilfe der Belastung durch die Micumvcrträge zu erobern. So sicht also die deutsch-französische wirtschaftliche Zusammenarbeit aus. Die Entwicklung seit Ende No vember hat deutlich genug gezeigt, daß der französischen Schwerindustrie an einem arbeitstcilcude» Zusammen gehen mit der deutschen gar nichts gelegen ist. Ebenso wenig wie cs Herrn Poincarü ernst ist um die Produkts vität der von ihm eroberten Pfänder. Atan schätzt das, was die deutsche Industrie an monatlicher Belastung auf Grund der Micumvertrnge im besetzten Gebiet zu trage» hat, a»f etwa 80—90 Gold- Millionen. Das entspricht einer Summe im Jahr, für die mau 1923 die gesamte deutsche Stein- und Vrann- kohlenproduktion hätte auskanfen können-. Es ist also ein Aussaugcsyslem allerschlimmster Art, was mit diesen Micumvcrträgen beabsichtigt und eingerichtet ist, und die Schwere der damit auf uns gelegten Laste» ist viel zu Nie Lebenden an die Toten. Ein E r t u n e r u n g s b l a tt zum 31. März. Am 31. März jährt sich zum erstenmal der Tag, an dem tu Essen dreizehn Arbeiter der Krupp Werke von den Franzosen erschossen wurden. In traurigster Erinnerung lebt dieser blutige Tag, und die erschütternde Osterbotschaft, die damals wie ein Sturm durch alle deutsche» Laude gi»g: dem; es war der Ostcr- fo » ntag , der Tag der Auferstehung, an dem uns die niederschmetternd« Kunde von dem Ungeheuerlichen, das in Essen geschehen war, in unserem Innersten traf. Man brauch au die Vorgänge nicht zu erinnern, denn sie sind in unser aller Gedächtnis und werden nie aus unserem Ge dächtnis schwinden. Arthur Zickler, ein Dichter, der selbst aus dem Arbeiterstunde hervorgegaugen ist, schrieb damals ein ergreifendes Gedicht, das bei der Beerdigung der dreizehn unschuldigen Opfer französischer Gewaltpolitik von Hand zu Hand ging. An dieses Gedicht, das getreu widerspiegelt, was uns damals alle bewegte und noch heute bewegt, mag anläßlich des trarn-igen Jahrestages erinnert werden: es lautet: Unseren toten Kameraden! Dreizehn Tote. Gefallen durch Mörderhand, Männer der Arbeit — gestorben fürs Laudl Ade, Kameraden! So wie ihr standet, am Letzten des März, ' Drückt euch die rote Erde ans Herz: Friedlich und stark! Daß frei die Arbeit und frei der Mann, Errer Blut in westfälische Erde rann — Ade, Kameraden! In Treue verbunden, im Schicksal vereint, Ganz Deutschland uni euch, seille Söhne, weint: Gestorben fürs Volk! Solange der deutsche Hammer noch klingt, Er das Lied vom Sterben der Dreizehn singt, Von euch, Kameraden! Eure tote Hand in die Zukmrst weist?, Mit euren Herzen, mit eurem Geist Wird Deutschland besteh'n! Weinender Stolz urrsere Seele erhebt: Ihr seid gestorben, daß Deutschland lebt Ade, Kameradell I Die ihr vom bittersten Kelche trankt —> Lon siebzig Millionen sei's euch gedankt In Ewigkeit, Brüder! groß, als daß sic auch vou dem gesamten Deutschland ge tragen werden könne. Die Frage der Abänderung bzw. Aushebung der Micumvertrnge ist also eine Frage des Lebens und Sterbens Deutschlands. FrMm'ch.s KM ReMlW. „Zug nach links?" Die zunächst bckannntgegcbcne Ministerliste hat sich nur insofern geändert, als das Innenministerium nicht de Leygucs, sondern de Sclves übertragen worden ist, und der Abgeordnete C a p n s das Laudwirtschaftsministe» Nun; an Stelle Lefebvre du Preys übernommen hat, der Jnstizminister wurde. Das Kabinett ist dadurch verkleinert worden, das; das Ministerium der Wohlfahrt uud der Arbeit zu einem ein zigen Ministerium zusammcugezogcn ist. Post und Tele graph fallen mit den: Handelsministerium zusammen. Bon den neuen Ministern haben gegen das Ermüchtigungs- nnd Finanzgesetz, das von Poincarü verlangt und durch gedrückt wurde, gestimmt im Senat Henri de Jouvenel, in der Kammer Loucheur uud Daniel Vincent, während sich Francois Marsal der Stimme enthalten hat. Nur Ma gi n o t lind Le Trocquer sind aus dem alten Kgbinett übernommen worden. Französische Stimmen. Die französische Presse beschäftigt sich durchweg mit Untersuchungen über die Eigenart dieses neuen Kabinetts, das offenbar einen „Zug nach liicks" aufweise und starke Gegner Poincarüs in seinen Reihen berge, so Loucheur und Vincent, die das Ermächtigungsgesetz bis zur letzten Minute bekämpft hätte», und Jouvenel, eines Mitgliedes uud Vorkämpfers des Völkerbundes und seiner Ausdehnung. Loucheur habe Verträge mit Deutsch land gemacht. Einige Blätter vermuten eine Abschwen kung Pomcarös von seiner früheren Politik unter dem Druck der Verhältnisse, nachdem er vorsichtigerweise feine bisherigen Mitarbeiter über Bord geschickt habe. Einst weilen verharrt die Presse aller Parteien in ziemlicher Zurückhaltung, glaubt aber, daß Potucaros Stellung um nichts leichter geworden sei. Geteilte Aufnahme in England. In England findet das Kabinett vielfach deutliche Zustimmung. Man bezeichnet Loucheur als „Verbindungs- offizicr" zwischen den gemäßigten Elementen in Frankreich und England und als den geeigneten französischen Unter händler bei einer vernünftigen Regelung der Repara tiv n s f r a g e. Andererseits werden aber Stimmen laut, die in der Beibehaltung Le Trocqucrö uud Maginots ein demonstratives Bekenntnis zur Beibehaltung der bisherigen Nuhrpolittk erblicken. Poincarsü Außenpolitik. Paris, 30. März, über de» gestrigen Kabinettsrat gibt Havas eine Mitteilung aus, in der gesagt wird, das; der Kabi- ncttsrat nach einer Nachprüfung der auswärtigen Lage ein mütig beschlossen habe, die Politik der bisherigen Negierung weiter zu betreibe». Gegen Frankreichs Gewaltpolitik. Eine Unterredung mtt Dr. Stresemann. Berlin, 30. März. Ler Außenminister Dr. Stresemann hatte eine Unter redung mit einem französischen Journalisten, in der er folgendes aussührte: Der Beginn der Untersuchung durch die Sach verstärk digen war von Optimismus begleitet worden. Jetzt besindez sich die ganze auswärtige Politik in einer Sackgasse. Es ist unser lebhafter Wunsch, daß die Vorschläge der Sachverständi. gen bald bekannt werden. Auch für Frankreich und England kann es nicht erwünscht sein, nach dem 15. April eine Situation vorzufindcn, wie wir sie nach der Aufhebung des passiven Widerstandes im Ruhrgebiet gehabt haben, und die einer wirtschaftlichen Katastrophe gleichkommt. Der deut schen Großindustrie ist cs absolut unmöglich, die Anstrengungen weiter fortzusctzen, die sie seit einigen Monaten erträgt. Das Reich selbst ist außerstande, gegenwärtig irgendwelche Sach leistungen zu finanzieren, denn es bedarf für mehrere Jahre eines wasserdichten Moratoriums, um selbst wieder zu Kräften zu kommen nach all den Schwächungen, die cs durch die Ereig nisse der letzten Jahre erfahren hat. Ich glaube in der Tat, daß der Bericht der Sachverständigen eine klare Situation hätte schassen können durch den Vorschlag, Deutschland die freie Verfügung über das Ruhrgebiet wieder- zu geben und durch die bestimmte Festlegung der Höhe seiney Schulden. Wir fordern die freie Verfügung über die besetzten Gebiete, aber wir sind durchaus geneigt, mit Frankreich das Sicherheitsabkommcu abzuschließen, obwohl bereits der Vertrag: von Versailles nach meiner Auffassung Frankreich alle wün schenswerten Garantien gibt. Je länger die Ausweisungen und die Freiheitsberaubungen deutscher Bürger audaucrn würden, um so schwieriger wird cs sein, zu einem Einvernehmen zu ge langen. Dr. Stresemann gab auch Erklärungen über die innere Lage Deutschlands ab. Nach aller Wahrscheinlichkeit würden die deutschen Wahlen im Zeichen der Verstärkung der extremen Pavz teie» stehen. Die Wahlen in Mecklenburg, in Hamburg uud in Potsdam seien vielleicht von bestimmten Erwägnngcn bccin-- fußt worden. Dennoch entsprechen sic der Ansicht der Wähler im ganzen Reich. Die Unzufriedenheit gewisser Volksschichten! trage zur Stärkung der Oppofiition bei. Die Sozialdemokratie sei von einer ernsten Schwächung zugunsten der Kommunisten bedroht. Andererseits sehe sich ein großer Teil der Bevölkerung zu neuen Parteien und neuen Idealen htngezogcn. Es würde töricht sein, wollte man leugnen, daß die ultranationalistische Bewegung beträchtlichen Zufluß aus de» Reihen der Rechten und auch der Linken erhalten werde. Die Mehrzahl der Bevölke rung sei in der Tat unuikrieden. Der Reichskanzler über die Zukunstsp(sichten. Braunschweig, 30. März. Reichskanzler Marx empfinge den Chefredakteur der Braunschweigische» Staaiszeituug zu ci»cr Unterredung, in deren Verlaus er sich wie folgt äußerte: Der neu zu wählende Reichstag wird sich vor ricscnhaste Aus gaben gestellt sehen, die der Lösung nur zugcsührt werden kön nen, wenn eine entschlossene, vcrautwortuugsbewußtc, ver fassungstreue Mehrheit das Rückgrat der Negierung bildet. Es heißt, Vernunstpolitik, nicht Gefühlspolitik machen, über das Ziel dieser Politik dars im deutschen Volke kein Zweifel be stehen: Einheit des Reiches und Wiederausrichtung nach langen, bösen Leidensiabren. Mr, Lossow «h Scher im AuMO Mit unbeschränktem Urlaub. Die mehrmals angckündigte, ebenso oft widerrufen« Abreise der Herre» v. Kahr, Lossow und Seiß er, der sog. Kronzeugen im Hitlcrprozcß, nach dem Mittelmeer hat mm tatsächlich stattgefundcn. Die d.ci Genannten siud mit ihre» Familie» nach Italic» oder Österreich abgereist, wahrscheinlich nicht nach Korfu, vou dem die Rede war; v. Kahr und Scißer haben dazu einen unbeschränkte!; Ur- laub erhalten und werde» aus ihre Poste» mit Sicherheit nicht mehr zurückkehreu. Die AbAisc und die dazu erforderliche!; Pässe wurden ohue weiteres bewilligt, obwohl bekanntlich ein Vorver fahren wegen Hochverrats infolge der Aussage» in; Hitler- Prozeß gegen sie schwebt. Diese Tatsache erregt in allen Kreisen ziemliches Aufsehen.