Suche löschen...
Allgemeiner Anzeiger : 07.11.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-11-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189611078
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-18961107
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18961107
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-11
- Tag 1896-11-07
-
Monat
1896-11
-
Jahr
1896
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 07.11.1896
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
alten Tagen so etwas noch passieren müßte, da tvLre es ihm lieber, „unser Herrgott spanne ihn aus." Schneller als er gedacht, wurde sein Wunsch erfüllt, denn nach kaum einer Stunde >var er eine Leiche. Ein Schlagfluß hatte dem Leben des Greises ein plötzliches Ende gemacht. München. Die ,M. N. N/ hören nach einer authentischen Mitteilung, die bisherigen Erhebungen hätten ergeben, daß die Unter schlagungen des Kassierers Franz Klöcker von der Bayrischen Hypotheken- und Wcchsclbank 133000 Mk. betragen und nur dadurch möglich ducken, daß Klöcker von einem zweiten Kaffen- deamtcn der Bank durch Fälschung der Bücher Unterstützt wurde. Gegen diesen Kassenbeamten ist eine strafrechtliche Untersuchung veranlaßt. Die Kasse war am 30. September ganz in Ord nung; die Defraudation hat erst im Oktober stattgefunden. Heilbronn. Ein schweres Eisenbahnunglück, dei dem auch einige Menschenleben zu Grunde gegangen sind, hat sich am 31. v. abends zwischen Hellbronn und Ellhofen zugetragen. Die Hälfte eines Güterzuges kam bei dem starken Äahn- gefällc bei Aschenau ins Rollen. Der Train luhr mit großer Geschwindigkeit durch die Station Willsbach und stieß dort auf den Personcn- Nacht-Zug, der zur Abfahrt nach Oehringen bereit stand. Ein Glück bei allem Unglück war es noch, daß sich vor dem Personenzuge zwei Maschinen befanden. Dadurch wurde der An prall einigermaßen abgelenkt. Im Augenblick des Zusammenstoßes erloschen sämtliche Lichter in den Wagenabteilungen des Personenzuges, sinter den Paffagieren entstand eine Panik. Von den Bediensteten des Pcrsonenzuges wurden zwei Leute getötet und mehrere verwundet, deren Aufkommen bezweifelt wird. Der Heizer der einen Maschine, der getötet worden ist, hatte sich erst zwei Tage vorher verheiratet. Prag. Nach Vollendung des Neubaues des Prachatitzer Gymnasiums wollten sich die Arbeiter gemeinsam photographieren lassen. Ueber 10 Menschen stellten sich auf dem zur Anbrin- gung^Rer Aufschrift „K. K. Gymnasium" an der Front angebrachten Gerüst auf. Im Moment, als der Photograph die Gruppe ordnete, stürzte das Gerüst unter donnerähnlichem Krachen zu sammen, 28 Leute unter seinen Trümmern be grabend. Acht Personen wurden schwer ver wundet, darunter eine Frau, die bereits ihren Verwundungen erlegen ist. Paris. Das Hochwasser der Rhone hält sich auf gleicher Höhe, die Lage ist noch immer bedrohlich, die Zahl der unter Wasser gesetzten Häuser ist sehr beträchtlich, besonders jedoch in Avignon. In Lyon stehen jetzt auch die Ma schinen, die die elektrische Beleuchtung speisen, unter Wasser und funktionieren nicht mehr. — Ein stellenloser und nach Ansicht der Polizei geisteskranker Küchenjunge schoß am Sonntag in der Rue des Petits Champs auf einen Polizei-Agenten und verwundete ihn schwer am Ohr. Ein anderer Agent, der zur Hilfe eilte, erhielt einen Schuß in die Schulter. Leymarie, so heißt der Junge, plante, wie seine eigene Schwester der Polizei mitteilt, bereits lest langen: seinen Anschlag. Er bezeichnet sich selbst als Anarchist und war im Besitz zahl reicher anarchistischer Schriften. Liverpool. Am Donnerstag hat die 30 jährige Frau Kempshall einen Mordversuch aus den Kaufmann Edgar Holland gemacht, nachdem ihre Schadenersatzforderung wegen Bruchs des Eheversprechens von dem Gericht abgewiesen worden war. Um dem Aergerniffe der Oeffentlichkcit zu entgehen, hatte Holland ihr vorher 1000 Pfund angeboren, allein die Dame verlangte 10 000 Pfund. Da Frau Kempshall später noch die Schwester Vollands mit einem Revolver auf einer Londoner Straße bedrohte, mußte sie obendrem noch einige Wochen Gefängnis abbüßen. Ain Donnerstag begab sie sich in das Kontor Hollands in Liverpool und feuerte vier Revolver schüsse auf ihn ab, ehe noch die Kommis ein- schrciten konnten. Drei Schüsse trafen, einer ging in die Brust, einer in die Lende und einer in die Hüfte, Holland wurde ins Hospital ge schafft nnd die Kempshall auf die Polizeistation. Kopenhagen. Bei der Haussuchung in der Wohnung des verhafteten Redakteurs des An archistenblattes .Proletaren', Moeller, wurden mehrere Tausende gefälschter Sparkassen-Marken vorgefunden. Warschau. Bei einem Eisenbahnzusammen stoß in der Nähe von Piotrkow sind sechs Waggons, mit Getreide beladen, gänzlich zer trümmert worden; zehn Waggons wurden stark beschädigt. Eine Anzahl Bahnbeamte erlitten mehr oder minder schwere Verletzungen. Gerichtshallr. Berlin. Eine sonderbare Kunstausstellung hatte sich am 2. d. in dem Sitzungszimmer einer Abteilung des hiesigen Schöffengerichts aufge- than und auf den Gerichtstischen lag eine An zahl von „Kunstblättern" in Gestalt von Karri- katuren-Zeichnungen, bei denen übereinstimmend in groben Strichen ein Mann mit langem Vollbart, eine korpulente Frau, eine ganze Fa milie u. dergl. mit Hilfe des Blei- und Rot stiftes ausgezeichnet waren. Jedes dieser Blätter war mit lieblichen Inschriften versehen; auf der einen Zeichnung las man in großen Buchstaben: „Der Näubcrhauptmann Athanas", auf der zweiten stand geschrieben: „Zur Abweckzelung (sie) des Herrn Athanas liebe Ehefrau", auf der dritten: „Die ganze Anreißerfamilie Athanas, Petermann und der Herr Studiosus". Diese schönen Produkte eines im Verborgenen blühen den Maltalents waren wiederholt in dem Kcller- schaufenster des Herrn Fleck in der Zehdenicker Straße ausgestellt und amüsierten die Passanten, von denen die Kundigen sich in die Ohren raunten: „Das soll Herr Schönborn nebst Fa milie sein!" Herr Schönborn war der Haus nachbar des Herrn Fleck und steuert zur Zeit auf daS Jubiläum der 50. Privatklage gegen diesen los. Er verriet dem Schöffengericht, daß er bereits 46 solcher Klagen gegen Herrn Fleck hinter sich , habe und am nächsten Montag wiederum eine solche fällig sei. Vielleicht be folgt er den Rat, den ihm der Vorsitzende gab, bei solchem Masfenkonsum lieber gleich in die unmittelbare Nähe des Gerichtsgebäudes zu ziehen, da er es weit bequemer haben würde. Genug! Herm Schönborn genierte es sehr, daß sein Äuge beim Vorbeipassieren an dem Fleckschen Keller immer auf jene im Schau fenster prangenden Karrikaturen fiel, die nach seiner Meinung auf ihn gemünzt waren, da manchmal Frau Fleck, die in der Kcllerthür stand, ihm mit holdem Lächeln zurief: „Das bist du!" Er beschwerte sich bei der Polizei darüber, daß im Fleckschen Schaufenster un züchtige Bilder ausgestellt seien; der zur Recherche entsandte Schutzmann erklärte aber, daß er etwas Unzüchtiges in den Bildern nicht finden könne. Nun rückte Herr Schönborn mit dem schweren Geschütz der Privatbeleidigungs klage vor und richtete es nicht nur gegen den Keller-Raphael, sondern auch gegen dessen liebe Ehefrau. Da letztere beiden Widerklage erhoben hatten, so hatte der Gerichtshof das Vergnügen, diesem welterschütternden Falle eine recht um fangreiche Beweisaufnahme zu widmen. Herr Fleck blieb dabei, daß die Karrikaturen nur freie Erzeugnisse seiner Phantasie und von ihm zur Kurzweil der Kiuder angefertigt worden seien. Der Gerichtshof nahm aber an, daß der Kläger sich dnrch diese beleidigenden Bilder wohl getroffen fühlen konnte und verurteilte Herrn Fleck zu 20 Mark Geldstrafe, sprach dagegen die Ehefrau frei. Damit auch Herr Schönborn nicht leer ausgehe, wurde ihm die Hälfte der Kosten auferlegt. A«s Wien. Ueber die Ermordung eines Gendarmen be richten Wiener Blätter: Am Mittwoch früh wurde der Gendarm Nohl im Walde bei Hasch- Hof an einem Holzwege als Leiche aufgefunden. Der Tote zeigte an der Stirn eine breite, tiefe, offenbar von einem Säbelhieb herrührende Wunde, der ganze Mantel war durchstochen, förmlich zerhackt, und auch am Körper waren zahlreiche Stichwunden bemerkbar, dem Anscheine nach sind ihm beide Augen ausgestochen worden. Die Leiche lag in einem niedergedrückten kleinen Gebüsch. An der Kopfseite sowie zu Füßen des Toten fand man im Gesträuche Blutspuren. Gewehr, Säbel und Hut des Ermordeten fehlten. Im Gewehrlaufe war die vorschriftsmäßige Ladung, nämlich fünf Patronen, während fünf weitere sich im Magazin befanden. Neben der Leiche wurde im Gesträuch ein zinnerner Eß löffel gefunden. Dieser gab den Schlüssel zu dem Rätsel. Der Löffel zeigte Spuren davon, daß erst kürzlich in ihm Metall gegossen worden war; er war stark angeraucht. Deshalb ver mutet man, daß der Gendarm vielleicht Falsch münzer in üaxranti ergriffen habe und daß diese ihn während der Eskorte getötet hätten. Nun durchsuchte man die Uniform der Leiche nach etwa vom Gendarmen konfiszierten Objekten und fand in der Tasche des Mantels eine Marke aus Metall, wie sie in Kantinen benutzt werden, mit der Zahl 5 und ein Stück Zinn, das den Stempelabdruck eines Zwanzig - Heller - Stückes zeigte. Es war nun fast zweifellos, daß Fasch münzer den Gendarmen ermordet hatten. Auf einer Razzia fand man die Waffen und den Hut deS Gendarmen, und eine halbverfallene Steinbruchhütte, die unverkennbar Spuren da von aufwies, daß vor kurzem Falschmünzer darin gehaust hatten. Auf einem Zettel mit den Metallspuren standen Zahlen und darüber ita lienische Worte. Italienische Arbeiter mußten also den Gendarmen ermordet haben. Eine Frau aus Kierling gab an, ihr hätten zwei Schul knaben aus Kierling erzählt, sie hätten einen Gendarmen gesehen, der zwei Männer eskortiert habe. Man schickte sogleich in die Schule nach Kirling; dort waren die Knaben bald ermittelt. Die beiden Knaben waren am 27. v. gegen 1 Uhr mittags in Eichenhain, um Holz zu sammeln. Auf einem Seitenwege trafen sie den Gendarmen mit seinen Arrestanten. Die beiden Männer gingen voran und fünf Schritte hinter ihnen der Gendarm. Die Männer waren augen scheinlich italienische Steinbrucharbeiter. Die Buben grüßten die Arrestanten und den Gen darmen, und sowohl dieser als auch die Häft linge grüßten deutsch wieder. Die weiteren Er hebungen sind noch im Gange. Augenpfiege. Wenn der Satz unzweifelhaft richtig ist, daß der Hausfrau die Sorge zufällt, für Mann und Kinder die leibliche Erhalterin zu sein, dann gilt als Folgesatz: „Die Hausfrau hat auch ihr Augenmerk darauf zu richten, daß sie ihren Lieben solche allgemeinen Gcsundheitsregeln ein prägt, die es verhindern, daß ein Uebel entsteht. Vor allem mag eine treue Hausfrau und Mutter sich selbst und den ihrer Liebe und Sorgfalt Befohlenen die zehn Gebote der Augenpflege recht nachdrücklich einprägen." Es sind die fol genden : 1) Bei jeder Arbeit u. s. w., besonders beim Lesen und Schreiben, sowie bei den weib lichen Handarbeiten u. s. w. achte man genau darauf, daß genügend Licht zur Arbeit vorhanden ist und, wenn irgend möglich, von der linken Seite und von oben auf die Arbeit fällt. 2) Ver meide es thunlichst, das Sonnenlicht, wie auch das Licht der Lampe u. s. w. direkt ins Auge fallen zu lassen, oder dnrch den Reflex des selben auf Schnee, weißes Papier u. s. w. die Augen zu blenden. 3) Das künstliche Licht darf nicht flackern, unstät und ungleich sein; der An blick der Flamme muß dem Auge durch einen Schirm entzogen sein. 4) Schirme von Milch glas sind die besten, wogegen Kuppeln und Schirme von mattem Glase mit eingeschliffenen Streifen und Figuren für die Augen höchst ge fährlich und schädlich sind. Ebenso find die jenigen Schirme verwerflich, welche das Licht gar nicht durchlassen, wie z. B. die grünen Papier- und .Pappschirme, weil sie das Auge zu einem steten Wechsel zwischen greller Helligkeit und Dämmerung zwingen. 5) Man achte stets darauf, daß die Augen nicht zu nahe auf die Arbeit gehalten werden, wie dies gar leicht beim Schreiben und bei den weiblichen Handarbeiten der Fall ist. Das ist von vornherein meist nur angewöhnt und macht kurzsichtig. 6) Im soge nannten Zwielicht darf man niemals lesen, schreiben oder feine Handarbeiten machen, weil dadurch die Sehkraft der Augen unnötigerweise zu stark angestrengt wird. 7) Wenn die Augen bei der Arbeit schmerzen oder thränen, oder,' wenn die Buchstaben beim Lesen und Schreiben zusammenlaufen, so muß man von der Arbeit eine Weile weg- nnd in die Ferne, wenn mög lich ins Grüne, sehen und erst nach kurzer Rast die Arbeit wieder aufnehmen oder im Wieder holungsfälle ganz davon abstehen. 8) Das Lesen beim Liegen im Bette oder auf dem Sofa, im Gehen oder während der Fahrt auf der Eisenbahn, auf der Pferdebahn und in anderen Wagen ist zu unterlassen; diese verderbliche Ge wohnheit schadet den Augen ebenso wie flackern des Licht. Auch nach Genesung von einer schweren Krankheit muß man die Augen vor sichtig schonen. 9) Brillen darf man nur auf Verordnung eines Arztes gebrauchen, sie dürfen nicht fortwährend getragen und bei jeder Arbeit benutzt werden, weil dadurch die Augenschwäche befördert wird. Dasselbe gilt auch von den blauen Brillen. 10) Man bewahre die Augen so viel wie möglich vor schnellem Wechsel von Licht und Finsternis und bestrebe sich, dieselben durch eine vernünftige Lebensweise überhaupt und namentlich durch eine richtige Verteilung der Zeit für Schlafen und Wachen zu kräftigen. — Wer diese Gebote hält, der wird sein Augen licht sich bis ins hohe Alter bewahren und er halten. Man sieht, wie mit leichter Vorsicht man schweren Augenübeln aus dem Wege gehen kann. Nur darf man solche „gute Ratschläge" nicht nur allein lesen, sondern man muß ihnen auch folgen! (.Das rote Kren,-.) Gemeinnütziges. In Feld und Wald finden sich am Ge sträuch noch allerlei Beeren, deren Genuß schon manchem Kinde das Leben gekostet hat. Nament lich sind eS die Früchte der Tollkirsche, deren Verderben bringende Wirkung man schon oft zu beklagen gehabt hat. Es ist daher die Mahnung nicht ost und eindringlich genug zu wiederholen, die Kinder vor dem Genuß der Giftbeeren aufs entschiedenste zu warnen und ihnen d:e Regel einzuprägen, nur zu essen, was ihnen als ge nießbar und unschädlich genau bekannt ist. Der Salmiakgeist findet im Haushalt auch bei eingemachten Früchten eine gute Verwendung. Preißelbeeren, die zu herb oder Gurken, die zu sauer geworden sind, werden wieder wohl schmeckend gemacht durch Beträufeln mit einigen Tropfen Salmiakgeist. Dies geschieht etwa eine Viertelstunde vor dem Genuß. Wafferdichtmachen von Fässern und Strohgeflechten. In Rußland und China verwendet man dazu schon seit langer Zeit eine ganz leicht darstellbare Masse, welche sich vor züglich bewährt: In 3 Teilen frischen, durch heftiges Schlagen defibrinierten Blutes werden 4 Teile zu Staub gelöschten Kalkes gethan, und dieser Mischung etwas Alaun hinzugefügt. Die so erhaltene dünnklebrige Masse kann sofort zum Anstrich verwendet werden. Je nach dem gewünschten Grade der Dichtigkeit wird der An strich zwei oder dreimal wiederholt. Buntes Allerlei. Feldzugteilnehmer. Anläßlich aufgetre tener Zweifel ist entschieden worden, daß als Feldzugteilnehmer im Sinne des Reichsgesetzes vom 22. Mai 1895 nur diejenigen Veteranen zu gelten haben, die thatsächlich an einem Ge fechte teilgenommen oder in einem zu einem Feldzuge ausgerückten Truppenteile gestanden haben. Der Aufenthalt während eines Krieges in einer Garnison kann hiernach als Teilnehmer am Feldzüge im Sinne des genannten Reichs gesetzes nicht angesehen werden. Es ist daher in Zukunft bei jedem Antrag auf Gewährung der Beihilfe von 120 Mk. auf Grund jenes Reichsgesetzes der Nachweis zu erbringen, daß und wann der Antragsteller mit seinem Truppen teile zum Feldzug ausgerückt ist, beziehungs weise welche Schlachten und Gefechte er mit gemacht hat. Zukunftsbild. Beamter (einer Lebens versicherungsgesellschaft zu dem um eine Ver sicherung Nachsuchenden): „Fahren Sie Rad ?" — Applikant: „Nein, ich gehe immer zu Fuß." Beamter: „Thut mir sehr leid, aber Fuß gänger versichern wir nicht mehr." erster Blick richtete sich nach dem Kamin und der denselben umgebenden Eichentäfelung; als sie nach dieser Richtung hin alles befriedigend sand streifte ihr Blick die kahlen Wände, d:e steifen, hochlehnigen Stühle, bis derselbe auf der leeren zweischläfrigen Bettstelle haftete, deren verhüllende Gardinen ebenfalls Heruntergenom- Nen waren. „Das Zimmer ist allerdings etwas duster, sagte sie, „aber Sie können es durch frische Vorhänge und ein lustiges Feuer bald freund- kchcr gestalten. Ich bin überzeugt, daß es trotz seiner Mängel meiner Tochter besser gefallen wird, als die oberen sonnigen Zimmer. Außer dem gewährt es einen Ausblick auf den Fluß und das ist immer interessant. Nicht wahr, Sie lassen uns hier einziehen?" Ich machte noch einige Einwendungen, aber da ich sie in dem Zimmer schlafen lassen wollte, «klärte ich endlich, daß ich es bis Freitag fertigstellen würde. Hiermit mußte sie sich zu frieden geben. Oktober 21. 1791. — ES ist nur gut daß uh Herrin in meinem eigenen Hause bin. ' Ich kann jede Veränderung vornehmen lassen die mir beliebt, ohne daß es auffällt oder darüber gesprochen wird. Augenblicklich ist mir das be- wnders angenehm, denn während ich vor aller Augen in dem Eichenzimmer den Fußboden auS- oessern lasse, geschieht im geheimen noch etwas anderes, was sofort bei den beiden Damen Argwohn erwecken und meine Pläne stören Zwischen dem Zimmer, das ich jetzt bezogen, dem Eichenztmmer liegt jener geheimnis volle Raum, von welchem ich so viele Jahre keine Ahnung gehabt. Während, wie bereits oft erwähnt, ein sich mittels einer Feder drehender Teil der Eichentäfelung den Eingang vom Eichen zimmer in den geheimen Raum vermittelt, ist von meinem Zimmer Ms kein Eingang. Um einen solchen zu schaffen, lasse ich jetzt eine Wand durchbrechen und eine Thür einsetzen. Das Zimmer, welches ich mir seit dem nächt lichen Abenteuer des 10. Oktober als Schlaf raum ausersehen, ist bisher nur zu Vorräten benutzt worden. Da Mr ich allein die Schlüssel meines Hauses führe, ist die Thatsache, daß ich das Zimmer jetzt zu einem anderen Zwecke be nutze, nur Margery und einem zuverlässigen, verschwiegenen Handwerker bekannt, den ich mit dem Durchbruch der Thür beauftragte, denn ich muß einen Zugang zu dem geheimen Zimmer haben, ehe ich Madame Letellier und deren Tochter das Eichenzimmer mit seiner geheimnis vollen Nachbarschaft überlasse. Obgleich mir die Absichten dieser Frau nicht bekannt find; obgleich ich überzeugt bin, daß sie ihre Tochter liebt und daher nichts Böses gegen sie im Schilde führen kann, ist mein Mißtrauen gegen sie doch so groß, daß ich, wenn irgend möglich, bre Absichten kennen lernen muß; und um dies ;u können, bedarf ich der Mittel und Wege, alle ihre Handlungen beobachten zu können. Die Ausbesserung des Fußbodens im Eichen zimmer ist nahezu vollendet und heute Nacht wird auch die neue Thur zum geheimen Zimmer Zur Benutzun^fert^ Wenn mir jemand vor vi« Wochen gesagt hätte, daß ich nicht nur freiwillig in das geheime Zimmer Hineinblicken, sondern mich auch längere Zeit in demselben auf halten würde, den hätte ich einfach für toll er klärt. Nnd trotzdem thue ich es jetzt. Das Resultat meines ersten Lauschens war ein ganz unerwartetes. Ich hatte gehofft — ja, ich weiß selbst nicht, was ich erhofft hatte. Meine Vermutungen waren vollkommen unbe stimmte, in der Lust schwebende, aber sie führten mich den richtigen Weg. Doch ich will die Ge schichte erzählen. Nachdem ich meine Gäste in ihre neuen Räume eingeführt, leiste ich ihnen mit, daß ich mich für kurze Zeit von ihnen verabschieden müsse, da ich ein Augenleiden hätte — was leider der der Wahrheit entsprach — das mich zu Zeiten zwinge, mich in ein dunkles Zimmer zurückzuziehen und aller Geselligkeit zu entsagen; daß ich fühle, dieser Zwang werde mir wieder einmal notwendig — was allerdings nicht der Wahrheit entsprach; und daß ich bei zeitiger Anwendung meiner Kur vielleicht dem gewöhn lichen Umsichgreifen des Leidens vorbeugen könne. Madame Leüelier machte ein enttäuschtes Gesicht, vermochte aber dahinter ihre Befriedigung, ja ein gewisses Gefühl der Erlösung nicht voll kommen zu verbergen. Jetzt über allem Zweifel überzeugt, daß sie ein Vorhaben hatte, das sie meine Wachsamkeit fürchten ließ, beschleunigte ich meine erforderlichen Vorkehrungen und zog mich sofort in meine neue Wohnstätte zurück. Von hier Ms trat ich ohne Zögern in das dunkle Gemach, schlich mit äußerster Vorsicht nach der Wand, an welche das Eichenzimmer grenzte, und legte mein Ohr an den von hier aus deutlich erkennbaren Spalt, um zu lauschen. Zunächst hörte ich nichts, wahrscheinlich weil die Insassen sich still verhielten. Dann hörte ich einen Ausruf, der von Ermüdung zeugte und bald auch einige unzusammenhängende Worte eines Gespräches. Mit einem Gefühl unbeschreiblicher Freude, nicht allein weil ich hören konnte, sondern auch weil die Damen englisch sprachen, zog ich mich wieder in mein Zimmer zurück. Das Problem war gelöst. Ich hatte Mittel gefunden, mich ungesehen und unbeargwöhnt in das geheime Vertrauen zweier Frauen einzuschleichen, in Momenten, wo sie sich allein und keinem anderen Beurteiler ihrer Worte und Handlungen ausgesetzt glaubten, als Gott allein. Würde ich genug erfahren, um mich für die Demütigung meiner Lage bezahlt zu machen? Doch, ich quälte mich nicht lange mit dergleichen Fragen. Ich wußte, meine Be weggründe waren gute, ich würde nie das er schlichene Wissen anders verwenden, als um Gefahr zu verhüten, und damit beruhigte ich mich. Mehrere Male des Tages ging ich auf meinen Lauscherposten und legte mein Ohr an die Wand. Aber ich blieb nicht lange, denn die Damen unterhielten sich nur über gleichgültige Dinge und in einem Tone, der bewies, daß sie selbst kein besonderes Interesse daran hatten. Für solche Gespräche hatte ich kein Ohr. „Es wird nicht immer so bleiben," dachte ich. „Wenn die Nacht kommt und die Herzen öffnet, dann werden sie wohl von dem sprechen, was ihnen auf der Seele liegt." ss »» (Fortsetzung folgt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)