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fach den Gesetzen. Sie erkannten dem Staate nicht die Berechtigung zu, Zölle zu erheben. Sie hätten ihrer Ueberzeugung vom Recht auch nötigenfalls offenen Ausdruck gegeben, aber da sie sich als die Schwächeren wußten, so fingen die Waldhofer Bauern es vor sichtiger an und paschten. Das wußten die Zollbehörden der beiden Grenzländer sehr Wohl und trafen demgemäß ihre Vorkehrungen. Aber trotz aller Vorsicht und Aufmerksamkeit gelang es den Wächtern nur selten, einen Waldhoser des Schmuggels zu überführen. Rauh wie das Klima und das Gebirge, welchem sie entsprossen, waren auch die Bauern selbst. Trafen Pascher und Zollbeamte zusammen auf nächtlicher Streife, dann floß regelmäßig Blut, die kurzen Stutzen fuhren hüben wie drüben an die Wangen, und der schweigende Wald sah in manches gebrochene Auge, welches kurz zuvor noch lebensmutig geleuchtet hatte. Aber solche Vorkommnisse waren häufig und nachgerade all täglich geworden; man beachtete sie kaum mehr. Dagegen wurde der Haß von Tag zu Tag reger und während die Beamten alle Kräfte daran setzten, die Gesetzesübertreter zu ertappen, wußten diese allen Nachstellungen geschickt zu entgehen. Die Grenzjäger sahen jeden Waldhofer als Pascher an — vermutlich, weil sie keinen einzelnen thatsächlich als solchen be zeichnen konnten. Nur zwei Männer im Dorfe erfreuten sich in dieser Be ziehung eines makellosen Rufes. Der eine von ihnen war der Waldhosbauer Andres. Er war „steinreich," wie sie im Dorfe sagten, und zugleich der älteste Erb- eingesessene^im Dorf. Er war ein richtiger Herrenbauer, stolz auf sein Besitztum, welches seiner Faniilie seit Jahrhunderten zu eigen.gehörte. Sein nannte er die Wiesen und Acckcr, welche sich jäh herab über die ausgerodeten Bergcsstrecken zogen, ihm gehörte auch manch gutes Stück Wald, welches an die Gebirgsseldcr grenzte. Nach seinem Hofe hieß ferner das Dorf, denn erst all mählich hatten sich andere Bauern angesiedelt. Neben ihm vermochte nur noch der Mattenbauer als wirk licher Bauer zu bestehen. Dieser war zugleich der Ortsschulze, eine Würde, welche der stolze Waldhosbauer anzunehmen ver schmäht hatte. Dabei war jedoch kein Vergleich möglich zwischen beiden, denn der Mattenbauer hatte gerade genug Land, daß er darauf die Kartoffeln und den Roggen für den Lebensunterhalt seiner zahlreichen Familie zu ziehen vermochte. Aber er hatte doch immer sein gutes, geregeltes Auskommen im Gegensatz zu den übrigen Insassen, welche von der Hand in den Mund leben mußten, denn die ein oder zwei Felder, welche die anderen Bauern besaßen, reichten kaum hin, um Futter sür die Kuh oder die zwei Ziegen zu liefern. Dabei lebten die Waldhoser trotzdem besser, wie die Bauern im Allgemeinen. Ihr gesetzwidriges Treiben warf Geld ab, und sie machten sich dies zu Nutze. ES war nährend einer kalte» Adventnacht. Bis dicht aus die hochwipfligen Tannen und Fichten herab hing schweres Gewölk, und dicke Schneeflocken wirbelten durch die Lust. Es hatte schon scsi gefroren und der Boden, war rauh und unwegsam geworden. Im nahen Forste heulten während der langen Nächte die Füchse — und hin und wieder klang ein schriller Todcsschrei, einem gehetzten Opfer erpreßt, zum Dorfe herüber. „Das ist eine Nacht sür das verdammte Paschergesindel," hatte der graubärtige Anton von den Grenzjagern gesagt, als er im Dorskruge am Nachmittag einen erwärmenden Trunk zu sich genommen. Es waren gerade um den Ofen einige Burjchen ge sessen, und als der Anton sie nach diesen Worten drohend an gesehen, hatten sie höhnisch aufgelacht, und der Uebermüligste von ihnen hatte gemeint, der Jäger möge nur Passen, bis einer komme. Das hatte den Alten verdrossen, und es war zu spitzigen Reden in der Schenke gekommen. Der Anton war schließlich als der Klügste sortgegangen — aber er hatte es sich fest vorgenommen, diese Nacht besonders zu wachen. Um die zweite Morgenstunde ungefähr zerriß das dichte Ge wölk und ließ die silbernen Moudesstrahlen aus den träumenden Wald hcrniedersallen. Auf dem Boden lag der Schnee wohl fußhoch ausgebreitet und der Mvndesstrahl mühte sich vergeblich, die starre Schicht zu durchdringen und nach tausendjähriger Gewohnheit seine alte i Liebste, die Erde, zu küssen. Feierliche Stille ringsum — nur nach laugen Zeiträumen schien sich hin und wieder der eine" oder andere knorrige Tannen stamm zu bewegen — es war, als ob sich ein Teil von ihm ab löste sür einen Moment und dann Schnee auf die Erde siel. Der Mond richtete verstohlen seine Strahlen nach den selt samen Stämmen, und da sah er, daß dicht an die Stämme hin geschmiegt grüngekleidete Männer standen, die Büchse schußfertig j in der Hand — der silberne Mondesstrahl funkelte sür Augen blicke in den blanken Läufen, ehe er sich bestürzt wieder hinter die schützende Wolkendecke zurückzog. Was meiw im vor als .Du p — es i vor und von gaben. . Man konnte so leicht kein schöneres Paar neben einan^ sehen. Das Mädchen mit den laugen, braunen Zöpfen, feuchten Rehaugen in dem rosigen Antlitz und den vollen K»> lippen — der Nazi dagegen hochaufgeschossen und männlich bro» im Gesicht, dazu einen kecken, blonden Schnurrbart und das hch Haar krausgelockt. Nur der Blick des Burschen befriedigte Als es wieder dunkel geworden war im Walde, wurde daS feierliche Schweigen Plötzlich durch ein leises, fernes Geräusch unterbrochen. Ganz vorsichtig und in bestimmten Zwischenräumen wiederholte es sich — es war, als ob ein Wolf sein schlafendes Opfer beschleiche. Der Mond lugte wieder mit einem Auge hinter den Wolken hervor, daß es ganz schwach dämmerte im Walde. Nun kam das Geräusch näher und näher, schon knirschte der Schnee leise unter herannahenden Schritten, und jetzt erschienen dunkle Gestalten, vor sichtig hintereinander schreitend und schwere Päcke auf dem Rücken tragend. Sie strebten der Grenze zu, welche sich in knapper Ent fernung von der Stelle hinzog. Der Vordere der Männer blieb plötzlich stehen und lauschte ie Jungfer „Ich w -Du bist de >ri Dorf." „Jäher tcrBurschgc Aber heut „Mach stad," drängte der andere ungeduldig, „S ist Schnee gwesn, welcher vom Baum fallen ist." „Vorwärts, Nazi," flüsterte ein anderer, „wir sind gleich an der Grenz." Der Vordermann begann wieder auszuschreiten, und die anderen folgten ihm vorsichtig nach. Plötzlich stieß der erste, welchen seine Genossen mit Nazi an geredet hatten, einen schwachen Schrei aus. „Zrück," rief er hastig, indem er seitwärts sprang, „da ist ein Grenzer!" Die übrigen Pascher stießen Rufe des Erschreckens aus. In diesem Augenblicke wurde cs lebendig ringsum. Man hörte herbeieilende Schritte, dazwischen knarrten die Schlösser der er in zwei starrgebrochene Augen und nahm es wahr, wie dA Schnee sich rings um den gefällten Mann rosenrot zu färbe» begann. . Als cs wenige Stunden darauf hell wurde, und der junge Tag begann, wußte man im Dorfe schon, daß der Jäger Anto» von Paschern im Walde erschossen worden war. Wer es zuerl' gesagt hatte, das war unbekannt— aber man wußte die Schrecken^ künde schon allgemein. Der Anton war der tüchtigste Beamte gewesen und obendre»' noch der Vorsteher der Station. Was würde es nun geben allen Dingen — wer hatte cs gethan? In der Mitte des Dorfes stand der Gemeindebrunnen, gcra^ dem Hause des Waldhosbauer». Dort holten die Töchs^ Mägde das Wasser jeden Morgen. Heute wurde natürliK nichts gesprochen als von der grausigen That. Die Marei, des Mattenbaucrs Aeltcste, stand gerade dab^' der Nazi, des Waldhosbauern Einziger, aus dem Thor väterlichen Gehöftes schlenderte. Die jungen Leute im Dorfe meinten, die beiden hätten ein wenig mit einander — und es erregle deshalb kein Nufsehc^ als sie etwas seitab von den anderen traten und sich die Ha>» degen." Der N sin Hübschei linem eige wchcln m der Hau Vchnurrbart Lieber L>crr din ich sro feinst — s flacht den muon versl .. Der B> üh znsannm die Marei ih ^traclnetc. -nen Sa ritt 'hin heran heftig seine . '„JcsuS »ammelic sie °erschrockn ' ^vrdn aus dc „DuDa Burgb > fuf. „Wen ^bens versc „Den lntou —" Der N Dvaltinmm rellubei mr „No ja, ^dlicb. „Do Hf unser all »ott schenk i §uh -- D>e Bla »och immer »s daS blcic -se genmlm !»it bewrgN ^gle sie lcis . Der B 'Am scheue »he Wort °ß die N °sr S ml ßc a'-Ug/ mm selber " Er bra soll m H mein nu k „Jenes ^rfchcn nb bestimmten Umrissen vor seinen Auge» auf. „Der erste, der noch seinen Fuß einen Schritt weiter setzt/ wird niedergeschossen!" rief der Anton mit dröhnender Stimme. „Drauf, Kameraden!" Eine kurze, unheimliche Stille — inan meinte, die Herze» schlagen zu hören, und die Augen de? feindlichen Männer suchte» vergebens die Dunkelheit zu durchdringe». Plötzlich flammte es feurig auf durch die Nacht, bei dei» jähen Blitze sah man fliehende Gestalten. Ein scharfer Knall ertönte, von einem gräßlichen Todesschrci gefolgt. Nun blitzte es da und dort auf — die Greiizjäger hatte» geschossen auf das Geratewohl. Dem Jäger Anto» aber war der Stutzen entfallen, und al§ der Mond durch die Wolkendecke herabschautc auf die Erde, sc^ angestrengt durch die Nacht. „Pst, still," sagte er zu seinem Hintermann, indem er warnend jl . den Finger an den Mund legte, „hast D nix ghört?" > ° knz. Für ruck — ab „Hasts e einige S 'ehcn bliebt „Was »chlässig z> I /-Bist s 'och nicmm „Ja w f Nacht Hal „Isis a „Jetzt t ermied, dc kurzen Stutzen. „Steht!" donnerte eine rauhe Stimme durch die Nacht, Namen des Gesetzes, Ihr seid verhaftet!" „ c. „Das ist der Anton," flüsterte es bei den Paschern zurück, welche hastig ihre Bündel abgeuwrsen hatten und nun Miene 's machten, sich zu entfernen. pnwiu r ia; Dem scharfen Ohre des Grenzjägcrs entging nicht das ge ringste Geräusch. Er beugte sich weiter vor, um durch die Dunkelheit spähe» zu können, denn der Mond war hinter den Wolke» versunken, aber nur nachtschwarze, unheimliche Gestalten tauchten in un