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Allgemeiner Anzeiger : 18.11.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-11-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189611189
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- Zeitungen
- Saxonica
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1896
-
Monat
1896-11
- Tag 1896-11-18
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Monat
1896-11
-
Jahr
1896
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 18.11.1896
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VoMische Rundscha«. Deutschland. * Der Kaiser wohnte am Donnerstag in der Berliner Garnisonskirche der Traucrfeier- lichkeit für den verstorbenen Oberhofpredigcr Frommel bei, nahm sodann im Lustgarten den neuen Rekruten der Garde den Eid ab, empfing pSter im Schlosse den siamesischen Prinzen Bhanuranafi und fuhr nachmittags mit dem Großfürsten Wladimir von Rußland zur Jagd nach Letzlingen. *Bon einer dem verstorbenen Kardinal Hohenlohe nahestehenden Seite wird dem ,B. Tgbl/ versichert, der Kardinal habe wenige Monate vor seinem Ableben eine Anzahl inter essanter politischer Dokumente, dar unter Briefe des Fürsten Bismarck, einem italienischen Politiker übergeben. Der be treffende Politiker sei autorisiert, wann er es für angebracht halte, diese Dokumente zu ver öffentlichen. * Den Kaiser-Wilhelmkanal haben der,Ostfce-Ztg.' zufolge vom Tage der Eröffnung bis Ende September 1896 461 deutsche Kriegsschiffe und Kriegsfahrzeuge benutzt. Auch ausländische Marinen, deren Kriegsschiffe und Kricgsfahrzeuge nur nach vor gängiger, auf diplomatischem Wege zu erwirken der Erlaubnis in den Kanal einlaufen dürfen, haben von diesem neuen Wasserweg vielfach Gebrauch gemacht. In dem genannten Zeitraum ist der Kanal von 18 fremden Kriegsschiffen be nutzt worden, von denen 5 von der Nordsee nach der Ostsee und 13 von der Ostsee nach der Nordsee gingen; unter der letzten Zahl be fanden sich allein 8 auf deutschen Wersten für ausländische Marinen neu erbaute Schiffe. Der Nationalität nach gebürten von den 18 fremden Schiffen 6 zu Rußland, 5 zu China, je 2 zu Oesterreich und Niederlande, je 1 zu Schweden, Brasilien und der Türkei. *Der Reichstagsabg. Ahlwardt beab- fichtigt, neueren Nachrichten zufolge, zu Weih nachten wieder zu dauerndem Aufenthalt und zur ferneren Ausübung seines Mandats in Berlin cinzutreffen. Oesterreich-Ungarn. *Jm österreichischen Rcichsrate beklagte sich ein Abgeordneter über den Umstand, daß in Galizien 700 000 Kinder keine Schule be suchen können, weil 2500 Gemeinden nicht im stände seien, Schulen zu erhalten. Ferner beschwerte sich derselbe Abgeordnete, daß in Galizien die Gymnasiasten gezwungen werden, Uniformen zu tragen, welche so kostspielig sind, daß sich nur wenige ent schließen, das Gymnasium zu besuchen. Frankreich. * Die französische Regierung ist ängstlich be müht, zu verhindern, daß Alton über die „P a u a m i st e n" Auskunft erteile. Es würden eben dadurch zu viele der heutigen Größen Frankreichs arg kompromittiert werden. Der Generalprokurator Bertrand und der Prokurator der Republik, Atthalin, find darüber einig ge worden, daß dem Wunsche Artons, wegen der ihm zur Last gelegten Panama-Bestechungen gerichtlich belangt zu werden, nicht zu willfahren sei. Als Grund dieses Beschlusses wird ange geben, daß Arton wegen dieser Bestechungen, die er im Auftrage des Baron Reinach voll zogen haben wollte, nicht verfolgt werden könnte, ohne daß zugleich die Untersuchungen gegen die wirklichen oder vermeintlichen Bestochenen, die entweder frcigesprochen oder verurteilt worden find, von neuem eröffnet und so das ganze Ver fahren wiederholt werden müßte. Arton wird daher nur zugelasscn werden, sich wegen der Bestechung des Senators Sans-Leroy zu ver antworten, weil er um dieser willen in eontn- »smam verurteilt worden war, ein Richterspruch aber Sans-Leroy freigesprochen hat. »Das „französische Komitee für die Be freiung Cubas", dessen Präsident Henri Roche fort ist, erließ eine Aufforderung an das fran zösische Volk, es möge seine Stimme erheben, damit die cubanische Republik von den übrigen Staaten anerkannt werde. * Da Frankreich zur Zeit in der Orient- frage die Führung übernommen hat, so fühlt »—WW-— Schutd und Kühne. ° «I Roman von A. K. Green. s <Fo«sq«ng.> t „DaS wollen wir sehen," lautete die donnerde s Antwort; und in diesem Momente erschütterte die Decke über unserem Kopfe und wir wurden s mit Gipsstücken überschüttet. Hierdurch wurde r wenigstens der Bann gelöst, in welchem meine t Glieder gefesselt waren, ich fühlte, daß ich mich > endlich bewegen konnte, sprang auf und stieß e nun einen Schrei nach dem andern aus. Aber e sie blieben aus neu erwachender Furcht in r meiner Kehle stecken; denn in diesem Augenblick i ergriff Cäcilie meinen Arm. Als ich mit ent- r setzten» Blick der Richtung ihrer ausgestrccktcn k Hand folgte, sah ich die gerade Linie des s Fensterrahmens sich neigen, und ihrer durch l Angst gestählten Kraft nachgebend, ließ ich mich c über tMl Flur ziehen, während vor mir, unter c und über mir sich ein Chaos von Trümmern s häufte, welche im nächsten Moment mit einem s Krach zusammenfielen. Einen Augenblick sahen wir nur Dunkelheit und Tod vor unseren Augen, t Wir waren sicher, denn wir hatten den Flur 5 des zweiten Hauses erreicht, ehe der des ersten c Hauses vollständig verschüttet war; aber ich e Linnte weder an mich denken, noch an die <! wunderbare Weise, in welcher Cäcilie und mir c der Weg zur Rettung enthüllt worden war. t Den« über mir, so hoch, daß ich kaum hinauf- r sehe« konnte, iah ich die Gestalt eines Mannes mir einem Arme an einem Balken hängen; f während in seiner Nähe auf einem Stück Fuß- - Lod«, das «och au der Waud haftete, eia sich die Pforte veranlaßt, über Paris ihre Mit teilungen betr. die Reformmaßregeln zu ver breiten. Am Donnerstag brachte im französischen Ministerrate der Minister des Auswärtigen Hanotaux zur Kenntnis, daß ihm der türkische Botschafter Munir-Bei schriftliche Mitteilung von den ersten Ergebnissen der ausgefnhrten Maß regeln gemacht habe, zu denen sich die Pforte in der armenischen Frage verpflichtet hatte. Demgemäß seien alle in Konstantinopel verhafteten und dem Anscheine nach unschuldigen Personen gegenwärtig in Freiheit gesetzt. Ferner l sei der Erlaß, der die Reformen auf das ganze i Reich ausdehnt, Mittwoch vormittag amtlich vcr- r öffentlicht worden. Endlich solle die Polizei in - Konstantinopel nach europäischem Muster reorgani- - fiert werden. Des weiteren teilte Hanotaux mit, , daß die Verhandlungen zwischen den europäischen - Kabinetten einerseits und der Pforte anderseits - bezüglich der weiteren Durchführung der bereits ° seitens der Pforte zugestandenen Reformen und der Erlangung anderer Reformen, die für das > türkische Verwaltungs- und Finanzsystem uner- I läßlich erscheinen, jetzt mit größerem Nachdruck ' fortgesetzt werden. Belgien. * Die Krisis in Belgien verschärft sich ° immer mehr. Sie hat sich zu einem offenen ' Konflikt zwischen König und Ministerium zu- > gespitzt. Der König besteht auf der Hceres- i reform, die das Kabinett vereiteln will. Dem Blatt ,Reforme' zufolge lehnten bisher alle ' Generale die Uebernahme des Kricgsporteseuilles ab, sodaß die Verlegenheit der Klerikalen steigt. Zahlreiche Osfizierklubs sandten dem General Brasfine wegen seines energischen Auftretens ' Zustimmungs-Telegramme. Es heißt, Ent- ' lassung des gesamten Ministe riums und Auflösung der Kammer sei wahrscheinlich, falls das Kabinett keinen Kriegsminister finde. Spanien. »Folgende Episode aus der Rebellion auf den Philippinen erzählt der ,Jm- parcial': Es steht jetzt fest, daß viele Soldaten des Eingeborenen-Heeres von Mindanao ver sprochen hatten, sich am Ausstande zu beteiligen. Einer von den Verschwörern, ein Barbier, seifte eines Tages den General Huertas ein. Der General merkte, daß der Barbier sehr aufgeregt war, und fragte ihn nach dem Grunde seiner Bestürzung; da warf sich der Mann zu Boden und sagte: „Verzeih mir, Herr, ich will alles gestehen, wenn du mich nicht tötest. Ich habe geschworen, dir beim Rasieren die Kehle zu durchschneiden, aber ich will den Schwur nicht halten." General Huertas bewahrte seine ganze Kaltblütigkeit und erwiderte: „Wenn es weiter nichts ist, dann rasiere nur weiter." Der Barbier zitterte jedoch an allen Gliedern und wollte davonlaufen; der General zwang ihn jedoch, zu bleiben und sein Werk zu vollenden. Beim Rasieren gestand der Barbier alles, gab die Namen der Verschworenen, die Pläne und alles andere preis, und auf Grund seiner Aussagen wurden sofort mehrere höhere Militärs fcstge- nommen und kurz darauf erschossen. Balkanstaaten. * Als vorläufig noch recht mageres Ergebnis des Drängens der Mächte bei der Psorte, mit den Reformen Ernst zu machen, ist eine amtliche türkische Mitteilung zu betrachten, welche die im letzten Jahre festgesetzten und sanktio nierten Reformen für die Provinzen des türkischen Reiches aufzählt. Es wird hinzuge fügt, die Provinzialbchörden seien angewiesen, mit der Durchführung der Reformen zu beginnen. *Die Erregung auf Kreta nimmt nach und nach einen solchen Umfang an, daß man derselben Beachtung schenken muß. Es ist zwar bei den Zuständen im türkischen Reiche eine übertriebene Forderung, daß die neue Verfassung sofort ins Leben treten soll, doch wird durch allerlei Vorfälle, insbesondere das verfassungswidrige Weiterfungieren der alten Gerichte, die Unzufriedenheit der Kreter mit Recht in hohem Grade erweckt. Schuld an diesen Vorkommnissen gibt man dem Vali Berowitsch Pascha. Die Lage auf Kreta ist sehr unerfreu lich; der Haß zwischen Türken und Christen anderer Mann kauerte, in dessen edlen, wenn auch durch die Auflegung des Augenblicks ent stellten Zügen ich denjenigen erkannte, der mir vor vier Wochen mit seinem Blicke die ganze Welt verändert hatte. Ach, Mama, und tausend Tode lagen zwi schen uns; wir konnten ihn weder erreichen, noch ihm Hilfe bringen oder Lärm schlagen, denn der Raum, in dem wir uns befanden, war nur klein und von der äußeren Welt durch eine verschlossene Thür getrennt. So waren auch wir hilflos und in Todesgefahr. Aber unsere eigene Lage schreckte uns nicht, denn diejenige der Männer war so viel schrecklicher, namentlich des einen, der nur an einem Arme hing und sobald die Hand versagte in die Tiefe stürzen mußte. Ich konnte nicht nach ihm und kaum nach dem andern sehen. Aber ich that es, denn in dieses letzteren Gesicht malte sich ein so hoher, edler Entschluß, der mich seine ganze Gefahr vergessen ließ, bis ich ihn endlich sprechen hörte: „Verzweifle nicht, Isidor; ich denke, ich kann dich erreichen und auf den Balken Heraufziehen. Du sollst nicht wie ein Hund sterben, wenn ich eS hindern kann; halte aus, ich komme." Und er begann sich zu regen und auf dem schmalen Stückchen Grund, welchen sein Körper hatte, aufzurichten; ich sah, daß er sich auschickte, zu thun, was er gesagt hatte; und aller Vernunft vergessend, schrie ich unwillkürlich: „O, thun Sie eS nicht I Er ist Ihr Feind. Retten Sie sich selbst — er ist nur ein Mörder — überlasten Sie ihn seinem Schicksal!" Ich sagte das — ich, die niemals m meinem ist infolge der während des Aufstands beiderseits vorgckommenen Grausamkeiten sehr groß. Die großen Waffenankäufe, die von Kretern gemacht worden, bedeuten nichts Gutes und für das nächste Frühjahr darf man sich auf Ueberraschun- gen gefaßt machen. *Das Gericht in Sofia hat dem Gesuche der Frau Stambulow um Aufhebung der gerichtlichen Verwaltung des Grundbesitzes ihres ermordeten Gatten stattgegeben. An alle Bürger meister ist der Befehl ergangen, auf Verlangen der Erben die nötigen Papiere auszufolgen. Amerika. * Gerüchte,welche von gespanntenBeziehungen zwischen den Ver. Staaten und Spanien wissen wollten, werden von Washington aus als durchaus unbegründet erklärt. Aus dem Reichstage. Das Haus fuhr am Donnerstag mit Beratung der Justiznovelle fort. Eine längere Erörterung knüpfte sich an die von der Kommission zu 8 62 angenommene Bestimmung, wonach nur ständig an gestellte Richter Mitglieder der Strafkammer sein dürfen. Hierzu lagen mehrere Anträge vor. Der Kommissionsbeschluß wurde schließlich mit einen: Zu satzantrag Strombeck, wonach die Assessoren auch von den Schwurgerichten auszuschließeu seien, mit großer Mehrheit angenommen. Es wurde dann 8 73, der die Zuständigkeit der Strafkammern behandelt, beraten. Die Kommission will die Fälle des Widerstandes gegen die Staatsgewalt und des Meineids den Schwurgerichten belasten. Die Kommissionsfassung wurde denn auch angenommen. Am 13. d. wird die zweite Beratung der Justizgesetz-Novelle fortgesetzt bei 8 73 des Gerichtsverfassungsgcsetzcs, welcher von der Zu ständigkeit der Strafkammern handelt. Nach der Regierungsvorlage soll die Zuständigkeit derselben auch auf Urkundenfälschung, Verbrechen im Amte sowie betrügerischen Bankrott ausgedehnt werden. Abg. Munckel (fr. Vp.) beantragt, es bei dem bisherigen Zustand, wonach die Schwurgerichte für diese Delikte zuständig sind, zu belassen. Die Schwur gerichte hätten sich auch hier bewährt. Geheimrat Lucas befürwortet dagegen den Kommissionsbeschluß. Es handelt sich bei den er wähnten Delikten häufig um so schwierige Rechts fragen, daß Geschworenengerichte dafür nicht am Platze seien. Abg Stephan- Benthen (Zentr.) schließt sich diesen Ausführungen an. Besonders die Frage der Zahlungseinstellungen stelle so schwierige juristische Anforderungen, daß denselben einfache Laien-Ge- schworcnen nicht entsprechen könnten. Abg. Pieschel (nat.-lib.) stinunt auf Grund seiner Erfahrungen als Vorsitzender von Schwur gerichten dem Kommissionsbeschluß zu. Bei der Abstimmung wird der Antrag Munckel gegen Freisinnige und Sozialdemokraten abgelehnt. Es verbleibt also beim Kommissionsbeschluß. Bei 8 80, welcher von der Zuständigkeit der Schwurgerichte handelt, beantragen die Abgg. Beckh und Munckel Ueberweisung der Prcßvei gehen, welche durch den Inhalt einer im Jnlande er schienenen Druckschrift begangen sind, an die Ge schworenen. Abg. Beckh (fr. Vp.) bemerkt zur Begründung des Antrages, derselbe fügte sich ohne weiteres in die bestehende Organisation ein, er erfordere keinen größern Apparat und keine andere Organisation. Anderseits sei es unbedingt nötig, der Presse einen weitergchenden Schutz zu gewähren. Dem Begriff der Beleidigung, und namentlich dem Begriffe der Standesbelcidigung fei von den gelehrten Gerichten in neuerer Zeit eine Ausdehnung gegeben worden, wie sie vor Schwurgerichten nimmermehr möglich fein würde; ja selbst unter den groben Unfugs paragraphen habe man Preßdelikte rubriziert, wenn man sie anderweit nicht unterbringen konnte. Redner schließt mit dem Hinweis auf die guten Erfahrun gen, die man in Bayern mit der Aburteilung der Preßdelikte durch die Schwurgerichte gemacht hätte. Geheimrat v. Lenthe führt aus, daß nicht der geringste Anlaß vorliege, die Frage der Aburteiluug der Preßdelikte bei dein vorliegenden Gesetzentwürfe zur Erörterung zu stellen. Schon in den Jahren 1876 bis 1879 hätten die verbündeten Regierungen in der damaligen Justizkommission den Standpunkt vertreten, daß die Preßdelikte den Strafkammern zu- zuwcisen sind. Seither sei nichts geschehen, was ein Abgehen von diesem Standpunkte begründen könnte. Ein über den jetzt bestehenden hinausgehender Schutz der Presse sei um so Weniger erforderlich, als vor liegender Gesetzentwurf ja gegen die Urteile der Strafkammern die Berufung einführt. Die An nahme des Antrages Beckh müsse für die verbün deten Regierungen die Vorlage unannehmbar machen. Abg. Frohme (soz.) erklärt, seine Freunde Leben einen grausamen Gedanken gehabt. Er aber antwortete kühn, ohne zu wissen, woher die Stimme kam: „Gerade, weil er mein Feind ist, deshalb will ich ihn retten. Niemals könnte ich mich eines Vorteiles erfreuen, den ich durch seinen Tod gewann. Isidor, du mußt leben. Halte dich fest, Vetter." Und ohne ein weiteres Wort unternahm der Brave eine Aufgabe, die mir in diesem Moment nicht nur übermenschlich, sondern unmöglich er schien. Sich aufraffend, machte er sich sprung bereit und im nächsten Momente würde er sich auf den scheinbar in der Lust schwebenden Balken geschwungen haben, wenn nicht Cäcilie durch das leise Beben des Fußboden , auf dem wir standen, zum Aeußersten getrieben, ge- schrieen hätte: „Und um ihn zu retten, wollen Sie uns um- kommcn lasten?" Er sah sich jetzt um. „Ja," rief er ; „Gott sei Ihnen gnädig, doch Sie sehen wie zwei unschuldige Mädchen aus, während er —" der Sprung war geschehen; er lag auf dem Balken, den er umklammerte. Sein Kousin, der nicht herabgestürzt war, warf einen Blick zu ihm hinauf; ihre Augen begegneten sich, und Isidor seufzte tief auf. „O, Louis," rief er, dann schwieg er. Und dann, Mama, begann ein Kampf mit der Unmöglichkeit, um diesen Unwürdigen zu retten. Ich sah es, denn ich konnte nirgends anders Hinsehen, aber ich wußte, daß ich selbst HSite sterben müssen, wenn er umgekommcn wäre. Uild während der ganzen Zeit hing die würden, entsprechend dem gestern vom Abgc- ordncten v. Vollmar gekennzeichneten Standpmm, hier für die geforderte Erweiterung der Zuständig keit der Schwurgerichte eintreten. Das Volk M eben in den letzteren einen Schutz gegen tendcnzM Rechtsprechung. Der Regierung wäre eine solche allerdings lieber, und deshalb versuche sie, die Schwurgerichte möglichst zu diskreditieren. Lie Preßvergehen hätten meistens einen pouttM» Charakter, und in politischen Prozessen könne der gelehrte Richter am allerwenigsten eine obiemm Haltung bewahren. Man habe es ja erlebt, das Richter es selbst ausgesprochen, daß es schwer sm sie fei, die nötige Unabhängigkeit zu wahren. Abg. Günther (nat.-lib.) weist den Vorwml, baß die Richter sich nicht die genügende uvad- hängigkeit zu wahren verständen, mit aller Ent' schiedenheit zurück. Der deutsche Richte" werde « sich nicht nehmen lasten, streng nach Recht und wissen zu urteilen. Vor allem aber würden sie B nicht durch die sogenannte öffentliche Meinung be einflussen lassen. Abg. Conrad (südd. Vp.) sieht in der Had der Negierung nur einen neuen Beweis für d>e reaktionären Bestrebungen derselben. Keine HaE fpaltercien könnten darüber hinwegtäuschcn. Sen* Freunde würden selbstverständlich für den Ant»» Beckh-Munckel stimmen. Abg. Träger (fr. Vp.) bemerkt dem rungskommissar gegenüber, jedes einzelne Mitguck des Hauses werde bestrebt sein, etwas zu stE zu bringen. Aber es solle auch etwas Gutes stiir Die Berufung sei immer eine Art Phantom, um für ein Phantom dürfe man etwas als gut um richtig Erkanntes nicht preisgeben. Als ri<W hätten seine Freunde schon von jeher die M urtcilung der politischen und Preßdelikte durch dU Schwurgerichte erkannt. Leider hätten sic die Fordb rung 1876 nicht durchsetzen könne». Er bezeichn« den im Jahre 1879 geschlossenen Kompromiß, d« von der Ausdehnung der in einzelnen Staaten be stehenden Einrichtung der schwurgerichllichen M urtcilung der Preßdelikte auf das ganze Reich ab gesehen habe, als höchst unglücklich. Der Ant»» Beckh-Munckel sei durchaus gerechtfertigt, er bitte, demselben zuzustimmen. Geh. Rat v. Lenthe konstatiert, daß auch dck Abg. Träger nicht einen Gesichtspunkt vorgebrE habe, welcher die verbündeten Regierungen veran lassen könnte, von ihrem Standpunkte abzugeh» und für die Aburteilung der Preßvergehcn eine Aus nahmestellung zu schaffen. Die Unabhängigkeit dck Richter sei mit so starken Garantien umgeben, b» ihre Beeinträchtigung von irgend einer Seite, Iven» der einzelne Richter überhaupt einen unabhängig Charakter habe, unmöglich erscheine. . Abg. Stadthagen (soz.) verweist daraus, bau man eS den Beamten durch besondere Erlasse zu> besonderen Pflicht gemacht habe, sich nicht an A- strebungcn zu beteiligen, die auf Bekämpiung vf" Negierungsmaßnahmen gerichtet feien. Zu den Be amten zählten aber auch die Richter. In Preßp^ zcssen machte sich der Mangel an Unabhängige" aber besonders fühlbar. Die Preßfreiheit sei infoiS? dessen geradezu in eine Vogelfreiheit der Presse gewandelt worden. Ein Schwurgericht wurde E ein Urteil, wie das in dem bekannten Gummischla«" Prozeß gefällte, niemals gesprochen haben. Abg. Günther (nat.-lib.) stellt fest, daß " den vom Vorredner erwähnten Ertasten den Be amten nur untersagt worden fei, gegen Maßnah^ der Regierung zu agitieren. Das sei ganz berechtigt- Hätte Abg. Stadthagen ein Geschäft und Unter gebene darin unter sich, so würde er ihnen da» Agitieren gegen seine Maßnahmen auch verbieten Abg. Bebel (soz.) erklärt, daß der voM Stadthagen erwähnte Erlaß den Beamten ausdrün sich nicht nur das Agitieren gegen die Regiert verbiete, sondern sie sollen auch ihre UeberzengunS nicht bethätigen. Daß der Arbeitgeber dem Arben" gegenüber ein gleiches Verbotsrccht habt, müßt " mit aller Entschiedenheit bestreiten; seine FrellE würden auch iu jedem Falle gegen ein solches gehen Einspruch erheben. Die Schwurgericht- schienen seinen Parteigenossen keineswegs das 3^". eines Gerichtshofes, sie betrachten sie nur als da relativ beste. Der Antrag Beckh-Munckel wird da-""' abgelehnt. Dafür stimmen nur die Freisinnig^ die Sozialdemokraten und drei oder vier Zentrum Mitglieder. 8123 (Zuständigkeit der Oberlandesgerichte) angenommen. - Zu dem 8 124 deS Gerichtsverfassungsgest^Z welcher die Bildung der sog. detachierten Strafst""., regelt, lagen ein paar Anträge vor, welche di-""7- wähl der Mitglieder dieser Strafsenate, die " Mitgliedern der Ober-Landesgerichte und der s, treffenden Landgerichte zusammengesetzt werden beschränken wollten. Die Anträge werden nach erheblicher Debatte abgelehnt und der Nest k ausdasGerichtsversassungsgesctz bezüglichen VorMA des Gesetzentwurfs ohne Acnderuug genehw'" Gestalt an dem schwebenden Balken. EndliH gelang eS dem Mutigen, seinen Vetter E dem Arm zu fassen und ihm auf diese WE behilflich zu sein, auch die andere Hand um Balken zu legen. Jetzt gewann die Situam zuversichtlicheres Aussehen und wir alle crhoM, schon daS Beste, als der beinahe Gerettete lich aufschrie: „Du hast gesiegt!" und m Abgrund hinabstürzte. . Und ich wurde nicht ohnmächtig, eine ganz unnatürliche Lkraft beseelte mich- - ich sah auf den Marquis und er auf mich " z allmählich verwandelte sich der Ausdruck Entsetzens, mit dem er seinem Vetter ui Tiefl nachgeschaut, zu dem sanftesten und.1 lichsten, den je ein Gesicht getragen. Jetzt mu»^ ich, daß aus dieser Stätte deS TodeS «»« ^ den eine Liebe entstanden war, die nicw^ enden könne, daß wir einander angchörtcn, unser Leben nur noch nach Stunden zählte ewig währte. Sein eigenes Herz schien mm selbe süße Versicherung zuzuflüstern, denn - nächsten Augenblick erneuerte er seine übcrinem^ lichcn Anstr ngungen, dieses Mal zu unserer zu seiner eigenen Rettung. Vorsichtig Iw sich bis an das Ende des Balkens, «uv einem Sprunge stand er an unserer Sc» ricß die verschlossene Thür auf, durch welch- nunmehr in wenigen Minuten den Ausgang sz der Seitenstraße fanden, in welcher h«>d ch, versammelt fchicn. Ehe aber «och die dra v Menge mich umschloß, fand er Zett, m> Ohr zu flüstern: . , , „Jch bin der Marquis de a Roche-GE Ich werde stets meinem Schöpfer dankbar
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