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Allgemeiner Anzeiger : 15.04.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-04-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189604158
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- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-18960415
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18960415
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-04
- Tag 1896-04-15
-
Monat
1896-04
-
Jahr
1896
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 15.04.1896
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Politische Rundschau. Deutschland. * Wie die ,Bad. Landesztg.' meldet, wird der Kaiser am 16. d. mittags in Karls ruhe eintreffen und sich in das Residenzschloß zur Einnahme eines Imbisses begeben. Am Abend desselben Tages wird sich der Kaiser in Begleitung des Erbgroßherzogs nach Kalten bronn zur Auerhahnjagd begeben. Der Aufent halt daselbst dauert bis zum 18. d., an welchem Tage die Weiterreise nach Ko bürg erfolgt. Der Kaiser wird im strengsten Inkognito reisen. * Der Reichskanzler Fürst Hohenlohe weilt außer amtlich in Paris. Wenn dieser mit der Politik in keinerlei Zusammenhang stehende Umstand — die Gemahlin des Fürsten konimt jedes Jahr nach Paris und der Fürst hat sogar dort eine ständige Wohnung — ver zeichnet wird, so geschieht es, um allen politi schen Mutmaßungen die Spitze abzubrechen. Fürst Hohenlohe wird sich übrigens schon in den nächsten Tagen nach Wien begeben, um der Begegnung zwischen Kaiser Wilhelm und dem Kaiser von Oesterreich beizuwohnen. *Die Vorlage über die Handwerker organisation ist nach der,Nordd. Allg. Z.' dem preuß. Staatministerium noch nicht zu gegangen. Die Nachricht, der Gesetzentwurf habe das Staatsmimsterium bereits in seiner am vorigen Donnerstag abgehaltenen Sitzung beschäftigt, ist unrichtig. * Ein neuer Vorschlag aus Anlaß der Mar garine-Vorlage geht von den Margarine fabrikanten aus. Die Erschwerung, welcher die Kaufleute durch die neue Margarine-Gesetzes vorlage ausgesetzt sind — es soll Butter und Margarine nicht gleichzeitig in einem Geschäft feilgeboten werden — hat die Margarinefabri kanten veranlaßt, mit dem Vorschlag hcrvorzu- treten, die Fleischermeister möchten den Verkauf der Margarine übernehmen. Der Vorschlag findet in Fleischerkreisen Zustimmung. Die .Deutsche Fleischerztg.', das Organ des Deutschen Fleischerverbandes, empfiehlt denFleischermeisteru, dem Anerbieten der Margarinefabrikanten ein wohlwollendes Entgegenkommen zu bezeigen. *Mit der Duell frage hat sich der Deutsche Adelstag beschäftigt und sich dahin ausgesprochen, daß die prinzipielle Ver werfung des Duells und die daraus folgende Ablehnung einer Forderung (selbstverständlich aus ehrenhaften Gründen) als eine in sich be rechtigte Handlung zu bettachten sei, durch die die Ehre des Betreffenden in keiner Weise ver letzt werde. Es wurde die Konstituierung eines Ehrengerichts für diejenigen Mitglieder be schlossen, die ihre Ehrenhändel auf gesetzmäßigem Wege und nicht durch Zweikampf geschlichtet sehen wollen. Oesterreich-Ungarn. * Die Wiener Bürgermeisterwahl ist auf den 18. April anberaumt worden. Frankreich. * Der französische Ministcrrat beschäftigte sich am Donnerstag mit den Madagaskar- Angelegenheiten. Aus einigen Gegenden Madagaskars werden Unruhen gemeldet. Der Gcneralresident Laroche hofft indessen, daß in Zukunft unter den Fremden und den Ein geborenen das Gefühl völliger Sicherheit Platz greifen werde. England. * Von geplanten eng tischen Truppe n- scndungen nach Südafrika in der Stärke von 5000 Mann war neulich in den Blättern die Rede, doch, wurde das Gerücht von feiten der englischen Regierung sofort dementiert. Trotzdem scheint dasselbe in Trans vaal eine gewisse Beunruhigung verursacht zu haben; man befürchtete dort, die Truppen seien nicht ausschließlich für den Matabelc-Aufstaud bestimmt, sondern sollten überhaupt der Stärkung des englischen Einflusses in Südafrika, eventuell auch den Boern gegenüber dienen. Vielleicht ist daraufhin von Prätoria aus eine Anfrage an die englische Negierung erfolgt, jedenfalls läßt sich jetzt ,Daily Telegraph' von dort melden, die Regierung der Südafrikanischen Republik habe vom Staatssekretär Chamberlain die Mitteilung erhalten, es sei nicht beabsichtigt, noch mehr Truppen nach Südafrika zu senden. Italien. * Laut offiziösen Mitteilungen hatte Menelik bei Adua 5060 Tote und acht- bis zehn tausend Verwundete. Die offiziöse ,Italic' schreibt, die eventuelle Preisgabe Kassa las stehe ganz bei General Baldisscra, mit England würde darüber nicht verhandelt. Die Lage Kassalas sei kritisch, weil die Garnison schon jetzt 500 Fieberkranke per Woche habe. Der Kriegsminister verfügte die Herstellung von 70 000 neuen Kleinkalibergewehren, da infolge der Ausrüstung der Afrikatruppen mit dem neuen Modell die Armee von jenen Gewehren ent blößt ist. *Dic ,Italic' schreibt, eine englische Bankengruppe habe kürzlich dem Schatz minister Colombo 25 Millionen Pfund zu 4 Prozent angeboten. Colombo habe jedoch das Anerbieten abgelehnt, da er wie sein Vor gänger beschlossen habe, bei der bevorstehenden Anleihe auswärtige Kapitalisten nicht in Anspruch zu nehmen. Spanien. * Die Rüstungen Spaniens fangen an, sich auch auf die spanischen Küstenplätze zu erstrecken. Ferner sind Befestigungen vorge sehen für die kanarischen Inseln, Tarifa, Ceuta und die Gibraltar beherrschende Sierra Cam- broneras. * Eine in Madrid eingettoffene amtliche Depesche aus Havana bestätigt, daß Palma von einer Schar Aufständi s ch e r unter Maceo angegriffen wurde. Die Ausständischen wurden zurückgeschlagen, wobei 39 derselben fielen und 80 verwundet wurden. Das Kanonenboot „Gaviota" hat ein den Aufständischen gehöriges Schiff weggenommen. Drei Kompanien Genie truppen sind von Madrid unter lebhaften Kund gebungen der Bevölkerung nach Cuba abgegangen. Rustland. *Wie der ,Grashdanin' mitteilt, wird in sämtlichen militärischen Kreisen das bestimmte Gerücht kolportiert, daß nach der Kaiser - krönung für die ru s s i s ch e Arm e e neue Uniformen eingeführt und daß die Armee- Ulanen und Husaren wieder ins Leben gerufen werden sollen. (Alexander der Dritte hatte diese Truppengattungen in Dragoner umgewandelt.) Balkanstaaten. * Aus Paris schreibt man, daß der E x - König Milan von Serbien sich für eine Reise nach Amerika vorbereitet; er soll die Absicht haben, eine Reise um die Welt zu machen. *D:e Fürstin von Bulgarien und die beiden Prinzen verlassen am 26. April Süd frankreich und treffen am 29. April in Ebenthal ein, wo der Fürst von Bulgarien auf seiner Rückkehr von Petersburg mit seiner Familie zu sammentrifft. Von dort erfolgt die Heimkehr der fürstlichen Familie nach Sofia. Bian ge denkt daselbst dem Fürsten und der Fürstin einen besonders festlichen Empfang zu bereiten. *Die Gläubiger Griechenlands haben durch die Verhandlungen ihrer Komitees mit der griechischen Regierung eine prinzipielle Einigung herbeigeführt, nach der eine etwaige Besserung der griechischen Finanzen den Gläu bigern zu statten kommen soll. Gegenwärtig bleibt noch über einzelne Fragen zu verhandeln. U. a. wünscht die griechische Regierung, daß der ans der Besserung der griechischen Währung für das Budget entstehende Gewinn zur Hälfte der Regierung zufallc, während die Gläubiger- Komitees den Gewinn ganz für die Gläubiger beanspruchen. Afrika. *Ganz bedenklich schweigsam zeigen sich wieder die Drähte vom Sudan und von Abessinien her. Einige Blätter haben aus den Telegrammen des italienischen Obersten Stcvani, die den Rückzug seiner Kolonne nach Algordat enthält, seltsamerweise die Aufgabe von Kassala herausgelesen, das verproviantiert worden ist, seine Besatzung hat und dessen Räumung im jetzigen Augenblick eine moralische und thatsächlichc Stärkung der Mahdisten, eine direkte Förderung ihrer bedrohlichen Bewegungen gegen General Kitchener und gegen Suakim be deuten würde. Regen sich doch ohnedem bereits Befürchtungen für das anglo-egyptische Expe ditionskorps, dem das Schicksal Hicks Paschas prophezeit wird. Man spricht von 50 000 gut bewaffneten Derwischen, die in seiner Flanke stehen sollen, und die Aera der Ueberraschungen am Nil erscheint somit noch ganz und nicht als abgeschlossen. Asien. *Alle Städte Persiens, besonders die Hauptstadt Teheran, treffen Vorbereitungen zur Feier des auf den 6. Mai fallender! fünf zig st e n I a h r e s t a g e s der Thronbesteigung des Schahs. Der Kaiser von Rußland wird dem Schah als Ehrengeschenk zu seinem Thron jubiläum eine Batterie Kruppscher Feldgeschütze mit Munition übergeben lassen. Zur Kaiserkrönung in Moskau. lieber die Vorbereitungen zu VrU Wnungs- fcicrlichkeiten in Moskau sind den "russischen Blättern folgende Mitteilungen zu entnehmen: Behufs einer systematischen und möglichst ein heitlichen Schmückung der Stadt Moskau ist die alte Residenz in acht Bezirke geteilt und die Leitung der Arbeiten in jeden: Bezirk einem be währten Architekten übertragen worden. — Als eine der grandiosesten Vorbereitungen zu den bevorstehenden Festlichkeiten muß der Pavillon an der alten Triumphpforte bezeichnet werden, wo die Vertreter der Stadt das russische Kaiser paar begmßen werden. Der Pavillon :st in alt- russischem Stil gehalten; in der Mitte erhebt sich ein Turm mit einer gewaltigen Spitze, an deren oberstem Ende das Wappen des Hauses Romanow angebracht werden soll, während die Front des Turmes durch das Wappen der Stadt Moskau geschmückt werden wird. Neben dem Pavillon sollen Estraden für das Publikum errichtet werden. — Im Hofe der Uspenski- kathedrale sind Sitze für die höheren Beamten des Hostessorts und andere hochgestellte Persön lichkeiten errichtet worden. Der kaiserliche Pavillon gegenüber dem Petrowski-Palais ist zwei Stockwerke hoch und mit Kuppel und Flaggstock versehen, auf welch' letzterem im Augenblick der Ankunft des Kaiser paares die kaiserliche Standarte gehißt werden wird. Vor dem Pavillon wird ein prachtvoller Blumengarten angelegt. Auf der nach der Chaussee zu gelegenen Seite wird eine Anfahrt für die Equipagen und eine breite Paradetreppe errichtet. Im ersten Stockwerk befinden sich ein großes Empfangszimmer mit Gastzimmern zu beiden Seiten. Eine große Terrasse vor dem Empfangszimmer führt nach dem Chodynkafeldc. Die zweite Etage nimmt ein großes Gastzimmer ein, um welches sich eine Terrasse hcrumzicht. Das Innere des Pavillons wird mit Seiden stoff drapiert und erhält stilvolles Ameublement. Die Eingänge werden mit Plüschdrapcrien nnt goldenen Onastcn geschmückt, vergoldete Adler vollenden die Ausschmückung des Pavillons, dessen Kuppel und Türmchen mit poliertem weißen Zinkblech gedeckt werden. Rechts und links vom Pavillon befinden sich Estraden mit je 400 Plätzen für die geladenen Personen und weiterhin je eine Tribüne nnt 4300 Plätzen für das Publikum, für das Einzelplätze zum Preise von 2 bis 10 Rubel, Logen zu 25 bis 40 Rubel zur Verfügung stehen. Gegenüber den: Pavillon befinden sich eine Rennbahn für den Zirkus, Kletterstangen, zwei größere und zwei kleine Theater für Opern-, Ballet- und andere Vor stellungen, ferner zehn Musik-Estraden, zehn Karuffels und zwölf Schaukeln. Bereits vor einigen Tagen sind in Moskau 78 Kutschpferde und 14 Staatswagen mit dem erforderlichen Personal eingctroffen. DaS Ge schirr ist reich mit Gold ausgclcgt und in Paris im Auittage des Hostessorts angcfertigt worden. Das Hostcsfort hat außerdem bei Moskauer Equipagcubcsihern 250 Paar Pferde gemietet, die den anläßlich der Krönungsfeier nach Moskau kommenden hohen Gästen zur Verfügung gestellt werden. - Die Nachrichten über die Krönung, die von den Herolden unter die Bevölkerung Moskaus verteilt werden sollen, werden in Moskau in kunstvoller slawischer Schrift angefertigt. Der Text ist von einem Rahmen in allrussische Stil umschlossen und geschmückt mit ornamtt talen Darstellungen der kaiserlichen Wappen B Regalien sowie mit dem Namenszuge dc Kaisers. Mit Genehmigung des Ministers B kaiserlichen Hofes sollen die Nachrichten, die ci' Meisterwerk der lithographischen Kunst sind, - größerer Auflage hergestellt werden, um spät» nachdem sie unter das Volk verteilt worden fÄ an etlvaige Liebhaber noch verkauft werden K können. Den ,Now. Dnja' zufolge würden aut prachtvolle Menükarten in zwölf verschieden Mustern angefertigt. Während der Krönungsfeierlichkeiten solB die beiden Gebäude der Moskauer Universa besonders glänzend illuminiert werden. So Hs man die Absicht, in der Mitte der Gebäude d Initialen des Kaiserpaares, umgeben von M 'Adlern, anzubringen. Die der Mochowas Straße zugewandtc Seite wird mit unzählig Flämmchen erleuchtet werden. Auf der groU Treppe, die in das Hauptgebäude der alten M versität führt, soll ein mit Guirlanden B Blumen umwundener Dreifuß in antikem SH ausgestellt werden, der in bengalischer Bclem tung, die nach einer neuen, sehr originell-' Methode im Laboratorium der Universität N gestellt wird, erstrahlen und für die Dauer B drei Stunden abwechselnd alle Regenbogenfartt' ausstrahlen soll. Auf der Kuppel des Haup gebäudes und auf den Dächern der auf d Mochowaja hinausgehcnden Gebäude beabsichtig man ähnliche Dreifüße, nur in kleineren DimC sionen aufzustellen. In: mittleren Fenster B Beletage des neuen Universitätsgebäudes soll? historische Bilder aus der Rcgierungszeit Romanows gezeigt werden. Uon Uah und Fern. Potsdam. Am Freitag morgen hat d" schon lange angekündigtc Duell zwischen B höheren Hofbeamten v. Kotze und v. Schrod stattgefuudcn. Der Letztgenannte wurde dB einen Schuß in die Brust unterhalb der LuE lebensgefährlich verletzt. Augsburg. Ein bettübender Todesfall § eignete sich am Ostersonntag morgen in d Stiftskirche St. Stephan. Der Pater ZicB war an den Altar getreten, um die Messe l lesen. Nachdem er das Stufcngebct volles hatte, stürzte er, vom Schlage getroffen, Altar zusammen. Man brachte ihn sofort sein Zimmer. Während ihm die dritte OelB gespendet wurde, verschied er. . Breslau. In einer Manier, wie sie W nur im amerikanischen Wild-West Mode ff suchte sich hier ein sonderlicher Gast einen Lils zu verschaffen. Der Kellner befand sich alB in dem Gebäude, als zu später AbcndstuB noch ein Mann Einkehr hielt. Als deifB einen Likör verlangt, jedoch nicht sofort vcr^ reicht bekam, zog er einen Revolver aus" Tasche und richtete den Lauf gegen dcnKcllB Dieser merkte noch rechtzeitig die Gefahr, in er schwebte und versuchte dem unheimlichen die Waffe zu entreißen. Dabei krachte Schuß und der Kellner erlitt eine schwere N letzung der rechten Hand. Der Thäter enM leider. Borna. Die hier zuerst beobachtete E artige Pserdckrankhcit ist jetzt auch in B schiedencu Dörfern des Kreises beobachtet B' den. Durch Zufall haben die Besitzer nunBf dcu ersten Fingerzeig zur Behandlung der krankten Pferde erhalten. Die Krankheit ist H mit tödlichem Ausgang verlaufen, wenn d Pfcrdestall stets gcheitzt wurde, so daß die SA tcmpcratur immer einige 20 Grad betrug, iv den Rücken der Tiere wurden Säcke mit -t wärmten: Hafer gebunden. Allerdings hat Krankheit vielfach ein schweres AugenlcN' zurückgclassen, das aber wohl auch noch hoben werden kann. .Karlsruhe. Ein Heilkünstlcr namens ist jcwski, der hier seit Anfang des Jahres dB „Anwendung von tierischem Magnetismus" LB hastet, gegen eine Kaution von 5000 Nik., s ein Patient lieh, aber aus der Hast entlaß und ist jetzt flüchtig. Der witöe Lusch. 7) Erzählung von Reinhold Gehlhar. lFortsetzung.) Anfangs blieb Wilhelms Freund nur kurze Zeit, allmählich dehnten sich seine Besuche aus. Anna wurde dieser Gast mit jedem Mal unheimlicher. Sie erschrak vor seinen lauernden Augen — er schrak um so mehr, je zudringlicher seine Freund schaft wurde. Was wollte dieser Mann von ihr? — Einmal, als sie auf dem Felde war, ging Karl Woltcrmann vorüber. Er grüßte und blieb stehen. Kaum hatten sie jemals ein Wort ge wechselt ; jetzt mußte er etwas Besonderes haben. „Schwerer Dienst," sagte er. „Nacht für Nacht liegen wir im Revier. Es wird wieder gewilddiebt." Anna wußte,, was diese Worte bedeuteten. Es war eine Warnung. Wilhelm hatte wieder die Dorfjagd gepachtet, und man munkelte, daß die Pachtung der Jagd immer nur ein Vorwand gewesen sei, das Wild des Stadtforstes bequemer abzuschießen. Eben bog ein kleiner einspänniger Wagen in den Feldweg ein, der zu Wilhelms Hof führte. Beide erkannten ihn trotz der ziemlich großen Entfernung. Er gehörte dem Gefängnis aufseher. „Was will der Spitzbub' denn auf dem Ho?" fragrc Karl. „Spitzbub' ?" fragte Anna entgegen, im Grunde wenig überrascht über diese Be zeichnung. „Rian sagt so. Wen der zwischen den Fin gern hat, der kommt nicht wieder los." Nachdenklich ging sie nach Hause. An der Thür begrüßte sie Michalski mit seiner lauern den Freundlichkeit. „Wilhelm ist nicht zu Hause, wie ich sehe," sagte er. „Ja, ja, es ist eine Sünd' und Schande! Hat ein junges, hübsches Weib und treibt sich so tagelang herum! Ich will Ihnen ein Stündchen Gesellschaft leisten." „Ich danke Ihnen, ich bin das Alleinsein gewöhnt." „Das soll heißen, daß ich wieder gehen kann S" Ja." Er überlegte einen Moment, dann trat er näher an sie heran. „Anna, Sie sollten schon lange wissen, daß ich es gut mit Ihnen meine. Und Sie sollten mich nicht schlecht behandeln. Es könnte viel leicht die Zeit kommen, wo Sie gute Freunde brauchen. Gute Freunde sind rar. Auf mich können Sie zählen, wenn es so weit ist." „So west wird es nie sein, daß ich Ihre Hilfe brauchen werde!" „Sie sind heute schlechter Laune. Ich werde warten, bis meine Zeit gekommen ist, dann werde ich wiederkommen —" Es war einige Wochen darauf — spät abends. Anna saß noch wachend an der Wiege ihres Kindes, dessen schmales Gesichtchen sich wachs bleich von dem roten Kissenbezug abhob. Es war der Jahrestag ihres Hochzeitstages. Alles, was sie an Leid in diesen Jahren durch ¬ gemacht, zog noch einmal an ihrer Seele vor über. Und unter der verklärenden Diacht der Erinnerung löste sich die herbe Bitterkeit, welche ihr Herz umpanzert hatte, eine weiche, wehe Stimmung überkam sie. Sie kniete an der Wiege nieder, legte den Kopf auf die Kissen und weinte — weinte, wie seit lange nicht mehr. Sie wußte selbst nicht, wie lange sie so ge legen. Da nahten hastige Schritte. Schnell richtete sich sie auf und trocknete ihre Augen. Es war Wilhelm. Er schien überrascht, fast erschreckt, daß er sie noch wach fand. Ohne Gruß, ohne ein Wort ging er durch das Zimmer und verschwand in dem nächsten, dunkeln. Sie hörte ihn eine Welle herumsuchen. Dann hörte sie die andere Thüre gehen, hörte seine Schritte auf dem Flur — die Hintere Hausthür wurde geöffnet und wieder zugeschlagen — er war wieder fort. Eine bange Ahnung stieg in ihr auf. Sie nahm das Licht und ging in das Nebenzimmer, in dem er sich eben aufgehalten hatte. Unter einer losen Diele des Fußbodens — sie wußte es — hatte er sein neues Jagdgewehr versteckt — es war fort. Nun wußte sie, wohin er gegangen. Eine Angstwelle schlug siedend heiß in ihrem Herzen auf. Wenn sie sich trafen — l Es mußte ein Unglück geben. Und mit gebundenen Händen saß sie da; nichts konnte sie thun, um es zu verhüten. Sie wartete. Eine fieberhafte Unged^ folterte sie. Dann versuchte sie wieder, fich's auszuredA Er ist gewiß schon ost genug gegangen, wo es nicht gewußt hatte, und niemals ist etnA passiert — weshalb gerade heute? WeSha' bildete sie sich durchaus ein, daß er übcrhaB auf städtischer Jagd jage? Konnte er nicht B seinem Terrain einen Wechsel beobachtet Habens War eS überhaupt erwiesen, daß Wilhelm r gewllddiebt hatte? Man munkelte. EiM darunter der Vater, schwuren darauf! AB konnte man ihm nicht unrecht thun mit deH Gerede? So redete sie sich's ein, daß E Angst thöricht sei. Drum sei's auch thöriB zu warten. _ Und, als könnte sie sich damit zur M zwingen, ging sie zu Bett. Doch sie fand E Ruhe. Ihre erregte Phantasie malte sich ds schrecklichsten Bilder aus — sie sah ihren Ata»" im blutigen Kampf mit ihrem Vater und ihm. Entsetzt richtete sie sich im Bett auf.Ti verstört sah sie um sich. Sie schalt sich thöE ihrer Gespenstcrseherei wegen; doch sobalog die Augen schloß, waren sie wieder da, dick blutigen ängstigenden Bilder. Da — ihre fieberhaft gespannten SB"' nahmen mit übernatürlicher Schärfe jedes räusch auf — sie sprang aus dem Bett — war ein Schuß gewesen! , Sie riß das Fenster auf und lauschte hinaB Durch zerrissene Wolkcnfctzen goß der MB sein bleiches Licht über die Heide. In Moornebel formten seine Strahlen gespenstig Gestalten, die zu dem Lied des leise pfeifen^
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