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Allgemeiner Anzeiger : 19.02.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-02-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189602199
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- Saxonica
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1896
-
Monat
1896-02
- Tag 1896-02-19
-
Monat
1896-02
-
Jahr
1896
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 19.02.1896
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Volittschr Urm-sllMt. Deutschland. * Der Kaiser ist am Donnerstag flir einige Tage zur Jagd in HubertnSstock cingctroffcn. *DaS deutsche Weißbuch über Transvaal hat den Zorn der Londoner Spekulanten erregt. Allen voran gehen natür lich vie .Times*, die ihre Besprechungen mit den Worten schließen: „Falls die Deutschen zu irgend einer Zeit die Neigung spüren sollten, ihre Versuche wieder aufzunehmen, ein deutsches politisches Interesse in Transvaal aufzubauen, würden sie daS damit verknüpfte Risiko kennen lernen. Chamberlain hat eS ihnen gesagt, Groß britannien werde jeder derartigen Anstrengung, von welcher Seite sie auch kommen möge, um jeden Preis Widerstand leisten." * Der Seniorenkonvcnt deS Reichs tages hat beschlossen, daß daS Zucker st euer- gesetz auf längere Zeit hinmisgeschoben wird. Zunächst soll bis Ende nächster Woche der Etat in zweiter Lesung beraten werden. Alsdann find für daS Plenum acht bis zehn Tage Pause in Aussicht genommen, damit die Kommission für das Bürgerliche Gesetzbuch aus giebige Gelegenheit gewinne, ihre Arbeiten zu fördem. Durch diese Maßnahme wird man die laut gewordenen Befürchtungen beschwichtigen, als solle daS Tempo der Beratungen über das Bürgerliche Gesetzbuch absichtlich verlangsamt werden. Der Termin für die Inangriffnahme der Zuckersteuer ist vollständig offen gekassen. * Der Kommission für Arbeiter stat istik ist mit den Erhebungen über die Arbeitsverhältnisse in der Konfektions branche eine Aufgabe gestellt, die erhebliche Arbeiten veranlassen wird. Die Kommission setzt sich gegenwärtig auS sieben Beamten, darunter den Unterstaatssekretär Lohmann, und aus den sieben ReichstagSabgg. Hitze, Kropatscheck, Letocha, Merbach, Molkenbuhr, Schmidt und Siegle zu sammen. Oesterreich-Ungar«. *DaS offiziöse,Wener Fremdenblatt' be zeichnet als selbstverständlich, daß Oesterreich- Ungarn mit seiner Zustimmung zu der An erkennung des Fürsten Ferdinand nicht zurückhalten werde. Wenn von mehreren Seiten daS Wachsen deS russischen Einflusses in Bulgarien vorhergesagt werde, so könne unter dem dehn baren AuSdrucke „Einfluß" jeder verstehen, was er wolle. Man könne nicht voraussetzen, daß die russische Politik der Tendenz des Berliner Vertrages entgegen zu handeln suchen werde; ebensowenig werde irgend ein Balkan-Staat sein Recht der Selbstbestimmung freiwillig aufgeben wollen. Bei den friedliebenden Gesinnungen des Zaren sei im Gegenteil bestimmt vorauSzu- setzen, daß Rußland mit seinem neuen Einfluß in Bulgarien den alten Einfluß anderer Mächte dahin verstärken werde, daß Bulgarien das Seinige zur Erhaltung der Ruhe auf dem Balkan thue. Frankreich. *Die französische Deputiertenkammer hat dem Kabinett Bourgeois in der Südbahn-Ange legenheit mit großer Mehrheit ein Ver trauensvotum erteilt. Italien. * Die italienis che Kammer ist zum 5. März einberufen worden. Wie es heißt, hat Crispi sich zu diesem Schritt entschlossen, weil im letzten Ministerrat der Arbcitsminister Saracco erklärte, daß er seine Entlassung geben würde, wenn die Regierung den von der Kammer bewilligten Kredit für Afrika ohne deren Ge nehmigung überschreite. Da derselbe Ministerrat die Entsendung von weiteren 10 000 Mann nach Afrika beschloß, wurde, um eine Krists zu vermeiden, die Zusammenberufung des Parlaments be schlossen. Holland. * Wie in Hofkreisen zu Amsterdam verlautet, (soll wohl heißen: „geklatscht wird") bestehen zur Zeit zwischen dem englischen und dem holländischen Hofe wenig erfreuliche Be ziehungen. Die Königin-Regentin von Holland hat die offizielle Mitteilung vom Ableben des Prinzen Heinrich von Battenberg nicht erhalten -nd deshalb auch keine Trauer angelegt! ! ' Auf Mnwegen. 16) Original-Roman von Alice v. Hahn. (Fortsetzung.) Teresa war in die Kniee gesunken. Schreck und Aufregung hatten sie bis aufs äußerste erschöpft. Die Arme über der Brust gekreuzt, die Blicke starr zu Boden gerichtet, verharrte sie noch in derselben Stellung. Erst als Bossart sich ihr näherte und sie bat, sich zu erheben, kam sie zu sich. Verstört blickte sie um sich. — „Ist er fort?" flüsterten ihre bebenden Lippen. „Er ist fort! Stehen Sie auf, mein Kind," entgegnete Bossart teilnahmsvoll, und war ihr behilflich, als er sah, daß sic kaum im stände war, sich zu rühren. Alle die erlebten Auf regungen hatten sie derartig ermattet, daß sie sich kaum aufrecht erhalten konnte. Bossart schlang ruhig seinen Arm um ihre Gestalt und führte sie zur nächsten Bank, wo sie sich nieder ließ und ihr Haupt an einen Baumstamm lehnte. Beide schwiegen. Voll ernster Teilnahme blickte Bossart Teresa an, die mit geschlossenen Augen neben ihm saß. Nur flüchtig hatte er sie einigemal seit ihrer Verheiratung gesehen, — was war geschehen, das diesen holden Zügen so tiefe Spuren des Leides anfgedrückt hatte? „Sie ist unglücklich, tief unglücklich," seufzte er schwer, als er daS blasse Gesicht betrachtete, das so deutlich von gramerfüllten, schlaflosen Nächten sprach. Sein Herz wallte über in Bitterkeit. „Wärest du mein,"' sprachen seine sehnsüchtigen Gedanken, „auf Händen hätte ich dich durchs ganze Leben getragen." SPaMkN. * AuS Cuba wird gemeldet: Die spanischen Truppen schlugen die Insurgenten in mehreren Treffen; in einem derselben fielen 15 Insur genten. General Weyler erklärte in einer Unter redung, er habe alles in größter Unordnung vorgefunden; er werde jetzt energisch und schnell handeln, um den Ruin der Stadt zu verhindern. Die Kavallerie werde er reorganisieren, um sie in großen Massen wirken zu lassen, endlich werde er seine Streitkräfte zusammenziehen, indem er das System der kleinen Kolonnen fallen lasse. Rußlvmd. * Sehr beruhigende Versicherungen knüpfen Petersburger Blätter an die Mitteilungen über die veränderte Stellung Rußlands zu Bulgarien. So bekämpfen die ,Nowosti' den Glauben der Bulgaren, daß Rußland ihnen helfen könnte, Macedonien zu gewinnen. „ Die Befreiungskriege Rußlands auf der Balkanhalbinsel, schreibt das Blatt, sind beendet. Es ist dort eine Reihe von Staaten gebildet worden, welchen Rußland stets durch Rat und That zu helfen bereit ist; diese Staaten sind aber so gekräftigt, daß sie selbst für sich sorgen müssen, im entgegengesetzten Falle entstände eine nicht zu rechtfertigende Ausbeutung Rußlands. Bulgarien, Griechenland und Serbien erheben Anspruch auf verschiedene Teile Makedoniens, und Rußland hat durchaus keine Interesse daran, daß macedonische Griechen, Serben und Rumänen unter bulgarische Herrschaft kommen. Hier kann und darf Rußland den Bulgaren nicht helfen." Valkanstaaten. * Der ,Polit. Korr.' wird aus Konstantinopel gemeldet, der Auftrag, die Zustimmung der Signatarmächte zur Anerkennung des Prinzen Fe r d inand einzuholen, sei den türkischen Vertretern telegraphsich zugegangen. Der darauf bezügliche Erlaß des Ministers des Aeußcrn Tewfik-Pascha sei sehr knapp gefaßt und beschränke sich auf die Konstatierung, daß die Wahl des Prinzen Ferdinand in Ueberein stimmung mit dem Berliner Vertrage erfolgte, und daß der Sultan bereit sei, ihn als Fürsten von Bulgarien anzuerkennen. "Die „Umtaufung" des Prinzen Boris hat am Freitag in Sofia unter großem Pomp stattgefunden. Die Sobranje hatte dafür 929 000 Frank bewilligt. *Zu einem erschütternden Fa miliendrama haben sich die Veränderungen in Bulgarien zugespitzt. Aus Belgrad wird nämlich mitgcteilt: Authentische Berichte aus Sofia melden über geradezu erschütternde Vor gänge bei der Abreise der Fürstin Louise. Diese habe sich um keinen Preis vom Prinzen Boris trennen wollen und sei fest entschlossen gewesen, den bulgarischen Thronfolger mitzunehmeu. Es habe förmlicher Anwendung von Gewalt bedurft, um den Prinzen Boris seiner Mutter zu ent reißen, was jedoch erst nach stundenlangen Be mühungen des Präsidenten der Synode und Metropoliten Gregorius gelungen sei, der die die Fürstin beschwor, von ihrem Vorhaben ab zustehen; es handle sich, so habe er ihr auS- einardergesetzt, um eine einfache Salbung, und der Prinz werde seine weitere Erziehung von katholischen Priestem erhalten. Als der Prinz von der Fürstin getrennt wurde, sei diese in einen Ohnmachtskrampf verfallen, der zwei Stunden gedauert habe. Von einer Rückkehr der Fürstin könne keine Rede mehr sein; sie sei trotz aller gegenteiligen Berichte von ihrem Manne, der sie bis zur Grenze begleitete, un versöhnt geschieden. Von dort habe die Fürstin Louise ein Telegramm an den Papst gerichtet. Die Mission des Grafen Foras beim Herzog von Parma sei gescheitert. Der Herzog habe es sogar abgelehnt, ein Schreiben des Fürsten Ferdinand aus den Händen des Grafen an zunehmen. *Jacobsohn, der seiner Zeit an Stam- bulow russische diplomatische Dokumente verkauft hat, ist aus Sofia verschwunden. Er wollte sich nach London flüchten, ist aber in Belgrad ver haftet worden. Jacobsohn soll noch viele interessante Dokumente besitzen, die ihm angeblich ein „benachbarter Souverän" (damit ist wohl Alexander von Serbien gemeint) abkaufeu wolle. sei ein völkerrechtswidriger Akt. England in dieser Angelegenheit. der fortgesetzten zweiten Etatsberatuug die Etats deS des Ministeriums der aus- müßten. Es handle sich aber nur um die Erhaltung des früheren Zustandes. preußischer Landtag. Ain Freitag wurden im Abgeordnctenhause bei *Jn ZeitUN ist eine allgemeine Am nestie proklamiert worden; die Insurgenten haben diese angenommen und sich zurUeber - gäbe bereit erklärt. Asien. * In Söul auf Korea ist am 11. d. ein Aufstand ausgebrochen. Der Premierminister und sieben Beamte sollen getötet, König und Kronprinz in die russische Gesandschaft, zu deren Schutz 200 russische Soldaten gelandet wmden, geflüchtet sein. Am 14. d. wird die zweite Beratung des Etat 8 des Auswärtigen Amtes fortgesetzt. Beim Titel „Gesandtschaft in Athen" fragt Abg. Schmidt (Zentr.) an, ob die Ansprüche der deutschen Gläubiger gegenüber Griechenland auch kräftig vertreten werden; es handele sich um zwei hundert Millionen nur für Preußen. Staatssekretär v. Marschall verweist auf seine vorjährige Erklärung, daß die Rechte der Gläubiger die nachdrücklichste Unterstützung seitens der Regierung finden würden und gefunden hätten. Der Titel wird bewilligt. — Beim Titel „Bot schaft in Petersburg" teilt auf eine Anfrage des Abg. Spahn (Zentr.) Staatssekretär v. Marschall mit, daß die russischen Durchgangstarife für Getreide nach unseren Ostseehäfen dieselben geblieben seien, wie vor Abschluß der Handelsverträge. Abg. v. Jazdzewski (Pole) tritt für Erleichte rungen im Grenzverkehr mit Rußland ein. Geheimrat Hellwig erwidert, Verhandlungen in dieser Richtung schwebten, und der Botschafter hege die Hoffnung, daß sie zu gutem Erfolge führen würden. Der Titel wird bewilligt. — Beim Titel „Bot schaft in Wien" bemängelt Abg. Bebel (soz.), daß zur Zeit der Ermordung Stambulows, die ganz Europa in Erregung versetzt habe, der deutsche Bot schafter in Wien seinen gerade damals verant wortungsvollen Posten verlassen habe, um Spazier fahrten auf der Nordsee auf einem Vergnügungs dampfer zu machen. Staatssekretär Frhr. v. Marschall: Die Frage, wann die Botschaft auf seinen Posten sein soll oder nicht, ist lediglich Sache des Kaisers und des Reichskanzlers. Ist der Botschafter abwesend, so wird für ordnungsmäßige Vertretung gesorgt. Die Kritik des Vorredners ist also unberechtigt und ich weise sie entschieden zurück. Abg. Richter (freis. Vp.): Der Staatssekretär ist auch für die Botschaften verantwortlich. Ich stimme Herrn Bebel bei. Die Vorkommnisse in der Wiener Botschaft drücken den Botschafter zu einer repräsentativen Figur herab. Frhr. v. Marschall: Ich erkläre, daß es sich lediglich um eine interne dienstliche Angelegenheit handelt, über die wir dem Reichstag keine Auskunft geben können. Der Abg. Jebsen (nat.-lib.) hatte um Herab setzung der Schiffsgebühren, der Abg. v. Mär st ar dsen um die möglichste Einsetzung von Be rufskonsuln gebeten. Der Etat wird sodann angenommen und zur Beratung des Militäretats übergegangcn. Auf eine Anregung des Abg. Bürklin (nat.- lib.) verspricht der KricgSmiuister Bronsart von Sch'llendorff, eine Gehaltserhöhung der Militär kapellmeister ck Aussicht zu nehmen. Abg. Weiß (fr. Vp.) bringt die neuen Vor schriften über den Einjährigen - Dienst der Volks- Ans dem Reichstage. Am Donnerstag wurde die Etatsberatung beim Etat des Auswärtigen Anits fortgesetzt. Staats sekretär Frhr. v. Marschall gab auf eine Anfrage des Abg. Hammacher eine Uebersicht über die Lage in Transvaal. Er betonte, daß die deutschen Interessen in Transvaal von uns gefördert werden ist das Recht bereits verliehen, für die anderen Staaten steht es nach Befürworten seitens der an deren Bundesstaaten ebenfalls in Aussicht. Abg. Bassermann (nat.-lib.) bittet mit den Kaserncnbauten in Mannheim schnell vorzugehen, vielleicht ließe sich das ganze 116. Regiment in Mann heim zusammenziehen. . Kriegsminister Bronsart v. Schellendorf entgegnet, die bisherigen Schwierigkeiten bezüglich der Erwerbung eines geeigneten Bauplatzes scheinen jetzt gehoben zu sein; er hoffe, in dem nächsten Etat die erste Rate für die Kaserne einstellen zu können. Abg. Bebel spricht sein Befremden darüber aus, daß ein liberaler Abgeordneter den Kriegs- ' Minister zu Kasernenbauten dränge, während die Buogetkommission alljährlich bemüht sei, Abstriche bei diesen Bauten zu machen. Er seiner- ! seits müsse auch in diesem Jahre eine Reihe von - Beschwerden bei diesem Titel vorbringen. Die Ab- ' nähme der Selbstmorde im Heere lasse auf Abnahme der schweren Soldatenmißhandlungen schließen, diese > ! aber sei nur eine Folge der fortgesetzt hier vor- ' gebrachten Beschwerden. Bereits im vorigen Jahre t Sitte." Durch die fortdauernde Begnadigung der Schuldigen werde ja auch der Glaube geweckt, als sei das Duell etwas durchaus Berechtigtes. Redner kritisiert dann die Voranstellung des militärischen Ranges vor den bürgerlichen in der Ordensliste beim letzten Ordcnsfest. Bezüglich des Beschwcrdewesens habe er zu rügen, daß der Kriegs Minister in einem Erlaß die Auffassung als irrig bezeichnet habe, daß die Soldaten die Pflicht zur Anzeige bei Mißhandlungen u. s. w. haben. Alle Mißstände zu beseitigen, werde am besten durch weitere Verkürzung der Dienstzeit er reicht. Für die Kavallerie würde ein Jahr, für die Infanterie sechs Wochen zur Ausbildung für den Kriegsfall genügen. Aber auch die Behandlung müsse besser sein, damit die Leute mit Freudigkeit ihren Dienst versähen. Redner führt darauf Fälle von Mißhandlungen auf aus den Garnisonen Potsdam, Freiburg i. Br., Trier, Gera, Königsberg i. Pr. Auch sonstige Eingriffe erlaubten sich die Militär behörden. Sie veranlaßten verheiratete Mannschaftw ihre nicht getauften Kinder taufen zu lassen. Auch in wirtschaftliche Verhältnisse mischen sich die Militär behörden. Ein Streik könne doch ganz berechtigt sein, wie selbst der Preuß. Handelsministcr aner kannt habe. Kricgsminister Bronsart v. Schellen- dorff: Ginge es nach meinem Bedürfnis, so würde ich Herrn Bebel garnicht antworten, aber die Pflicht nötigt mich dazu. Das Kapitel „Soldaten- mißhandlungen" hat er nur gestreift. Bezüglich der im vorigen Jahre vorgebrnchtw Beschwerden muß ich doch mitteilen, daß sich dieselben zum großen Teil als übertrieben, zum Teil als auch objektiv unwahr herausgestellt haben. Ich komme zu dem Hamburger Fall. Was ich im vorigen Jahre gesagt, habe, hat sich als durchaus richtig hercuMejrellt. Daß der Offizier in unerlaubter Weise Selbsthilfe gebrauchte, habe ich nie geleugnet. Er ist deshalb bestraft worden. Ich habe nur für mildernde Um stände plädiert. Herr Bebel wundert sich so sehr über die Duelle, und daß ich sie verteidigt hätte. Sein erster Parteiheiliger, Ferdinand Lassalle, ist aber doch selbst im Duell gefallen. Der Amnestie-Erlaß ist leider dem .Vorwärts' vorzeitig durch Diebstahl bekannt geworden, aber nicht den Kommandos ikl Königsberg oder Saarbrücken. Daraus erklärt sich die Vollstreckung von Strafen kurz vor der Amnestie. Wenn Herr Bebel gern Broschüren liest, in denen die Militärverwaltung kritisiert wird, ich habe sie alle und stelle sie ihm zur Verfügung. Daß Leute zn Taufen und Eheschließungen genötigt werden, ist mir nicht bekannt. Ich würde es aber sehr ver nünftig finden. Abg. Schall (kons.): Gegen das DuellunweseN habe ich mich schon öfter entschieden ausgesprochen, weil es dem Geiste des Christentums widerspricht. Ich habe das Duell nur in einzelnen Fällen für be greiflich und entschuldbar erklärt. T aß Soldaten desertieren, führt Abg. Bebel auf schlechte Behand lung zurück. Sind denn die Sozialdemokraten, die aus der Partei ausgetreten sind, auch schlecht be handelt worden? Bei Ihnen gilt doch das Wort: Wer sich nicht fügt, der fliegt! schullehrer zur Sprache. Die Berechtigung sei ledig lich eine Frage des Vermögens. Lediglich entscheide der Besitz, ob die Lehrer des Vorzuges teilhaftig würden, nicht ihre Bildung. Staatssekretär v. Bötticher erwidert, daß dem oer rorigr,er.icn zioencn criaisoerninng vu c-uuo vc» Reichskanzler ein Preuß. Antrag vorliege, wonach den ' KriegSmimstcrinms, des Ministeriums der auS- Schullehrer-Seminaricn allgemein das Einjährig- i wärtigen Angelegenheiten und der direkten Steuern freiwilligenrccht verliehen werden soll. Für Preußen erledigt. - habe er die Mißhandlung eines Hamburger Bürgers ^mesons , ^rch einen Offizier erwähnt, der Kriegsminister . , ' .e, -rrandent Kriiger es damals so dargestellt, als ob der Zivilist ^abe unsere Intervention^^ angcrufen. Der ^d an dem Vorfall sei. Inzwischen sei aber der Staatssekretär erkenn- voll an, dap d-e cnglnche . Offizier zu zwei Monat Gefängnis vermrteilt worden. Negierung mtt großer Energie und Umsicht gehandelt^ habe man allerdings die Ge- um Blutvergießen z^ in F-stungsstraf- verwandelt Jedenfalls wurde absolute Zurückhaltung beobachten Tas s^i also der Offizier nicht schuldlos gewesen. Die Weißbuch über Transvaal enthalte sämtliche Schrift- Zahl der Duelle habe nicht ab- sondern zugenommen, '^'-Be^ uns und Lachtet der Parole „Für Religion, Ordnung und Endlich halte sich Teresa erholt, sie richtete sich empor, und mit dem Ausdruck rührender Hilflosigkeit zu ihm aufblickend, sagte sie bewegt: „Ich danke Ihnen! Sie haben mich vor dem Schrecklichsten bewahrt!" Sie faßte seine Hand, es schien, als wollte sie noch weiter sprechen, doch wieder lehnte sie sich zurück und senkte die Lider, die eine dunkle Färbung angenommen hatten und ihren bleichen Zügen einen eigentümlichen, fast gespensterhaften Ausdruck verliehen. Alle die schmerzlichen, sehnsuchtsvollen Ge fühle, die er für Teresa hegte, wallten mächtig in Bossart auf, nun, da er ihr so nahe war. „Ein einziges Mal dein holdes Antlitz küssen!" dachte er verzweiflungsvoll. Die Versuchung nahte ihm, sie, die in so rührender Zutraulichkeit wie Schutz suchend seine Hand umklammert hielt, in seine Arme zu nehmen. Keine sinnliche Regung war es, die ihn be wegte, eine reine und doch unendlich qualvolle Sehnsucht, ein hohes Gefühl ohne Selbstsucht und Begierde, der Drang zu beglücken, wie ihn nur ein unverdorbenes Gemüt hegen kann. Aber er hielt an sich, mit Anstrengung kämpfte er die Erregung, welche ihn zu übermannen drohte, nieder, und fragte Tereia dann mit halblauter Stimme, wie sie sich befinde, ob ihr Wohler sei. Noch ganz erschöpft hörte sie nicht, daß seine Stimme zitterte und welche tiefe Bewegung seine Worte begleitete. Sie öffnete die Augen und sah ihn eine Weile mit innigem Dankesblick stumm an, dann sagte sie leise, mehr zu sich selbst, als zu ihm sprechend: „Wie gut Sie find! Mir ist jetzt wieder wohl! Ich bin nur müde, so müde," wieder holte sie, die Augen geschlossen. „Dieser Elende!" flüsterten ihre Lippen, und ein Beben überflog ihre Gestalt. Noch eine ganze Weile saßen sie so in stummes Nachdenken versenkt. Endlich hob Bossart wieder an: „Frau Heinrich, wollen Sie sich nicht lieber nach Hause begeben? Sie sehen so blaß und angegriffen aus, gehen Sie zu Bett und haften Sie sich ruhig, jeder Erregung fern." „Ja, gehen wir," stimmte die junge Frau bei, während eiu schwerer Seufzer über ihre Lippen drang. „Ich wollte eigentlich zu In spektors gehen. Herr Bahlke, der mir gefolgt war, hat die schreckliche Szene herbeigeführt. Und nun fühle ich mich so elend, daß ich nur das eine Bedürfnis habe: Ruhe! — Ruhe!" Sie erhob sich, und langsam schritten sie dem Ausgange des Waldes entgegen. Kaum hatten sie den Feldweg betreten, als sie das Rollen eines sich nähernden Wagens vernahmen. Beide blickten dorthin, woher das Geräusch kam, Teresa erschrak. Sie strengte ihre Augen an und erkannte ihren Gatten, welcher derselben Richtung zustrebte, die sie einzuschlagen im Begriffe waren. Eine unendliche Bitterkeit stieg iu ihrem Herzen auf, als sie ihm hier so unerwartet begegnete. Gestern glaubte sie noch an ihn, — er war der Ihre, und heute war alles so anders, — so kalt und leer. Einer unwillkürlichen Regung folgend, wollte sie wieder in den Wald zurücktreten, aber noch rechtzeitig besann sie sich. Was mußte Bossart denken, wenn sie ihrem Gatten iu so auffallen ¬ der Weise auswich? Mußte sie dann nicht Ast! klärung geben? Er ahnte gewiß nichts, und sie konnte iw durfte ihm keine Aufschlüsse geben. So M sie denn, und beide schritten ihren Weg weitst Paul hatte Teresa schon aus der Emfernust erkannt. Erstaunt, sie hier und in Gefeilscht dieses Mannes zu treffen, trieb er seine Pfeil zu eiligstem Lauf an. Nun hatte er die beiden eingeholt, Bossart blieb stehen und veranlaßte damit Tereß ein gleiches zu thun: er grüßte gemessen, ", Paul dankte oberflächlich, zwang seine Pferde I mäßigerer Gangart und sagte dann zu Ter« gewendet mit schneidendem Hohn: „Es frt mich, meine Liebe, daß du dir angenehme Gesö schäft aufgesucht hast. Viel Vergnügen! — 3" will nicht stören." Damit hieb er auf die Ti^ ein und sauste eilends davon. , Besorgt schaute Bossart auf Teresa, die gesenkten Lidern neben ihm herschritt. Vor dem Mühlenhofe angelangt, verabschied^ er sich von Teresa, sagte ihr, daß die Dank^ Worte, die sie hervorbringen wollte, ganz st verdient seien und empfahl ihr nun nochnttst sich Ruhe zu gönnen, damit sie bald wie' frisch und munter sei. Die Begegnung mit Teresa und der a< regende Vorfall hatten Bossart mächtig erschüt^ mehr als er sich eingestehen wollte. Most" hatte er in stiller Resignation dahin gelek schon hatte er zu hoffen begonnen, die Ä werde auch sein bitteres Leid lindern, er nA Teresa vielleicht vergessen lernen. Sein M hältnis zu Wanda schien ihm nun. wo er
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