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Bankier. „Der Bnron ist im Grunde kein schlechter Mensch, und wenn er erfährt, in welche Lage Sie durch ihn geraten sind, dann wird er sicherlich alles aufbicien, Ihnen wieder nufzuhclsen — oder ich müßte mich sehr in ihm getäuscht haben. Nehmen Sie sich übrigens die Sache nicht so zu Herzen, lieber Höhn; halten Sie den Kopf hoch, und fangen Sic rüstig wieder von vorn an; Sie sind noch jung, und ich speist einige Leute, die Ihnen herzlich gern mit Rat und That beisiehen werden." Gustav verstand den menschenfreundlichen Mann. Er wollte ein Wort des Dankes äußern, aber eine Plötzliche Rührung schnürte ihm die Kehle zu. „Sie bleiben wohl am besten in Höhns Bau, bis die Pacht zeit abgelaufen ist," fuhr der Bankier fort, in seinen Papieren kramend, um dem jungen Manu Zeit zu geben, sich zu fassen. „Wenn Sie nachher die Pacht nicht erneuern wollen oder können, dann stelle ich Ihnen mein Haus draußen vor dem Norderthor unentgeltlich zur Verfügung; es steht leer, wie Sie wissen, einen passenden Mieter finde ich nicht, und Sie könnens darin ab- warten." Gustavs Herz wurde voll und warm; die Güte dieses einen Mannes war hinreichend, ihn die Hartherzigkeit und schnöde Selbstsucht einer ganzen Schar anderer vergessen zu lassen. Während sie noch mit einander redeten, ließ sich draußen auf dem holperigen Pflaster der laute Husschlag eines eilig heran sprengenden Pferdes vernehmen. Etn Reiter hielt vor Hakenbecks HauS, schwang sich aus dem Sattel, warf einem Knaben die Zügel zu und kam dröhnenden Schrittes ins Kontor hereinmarschiert. „Halenbeck zu Hause?" rief er mit starker Stimme. ' Der Bankier und Gustav schauten einander erstaunt an. Noch ehe der erstere sich aber der Thür nähern konnte, die in das äußere Kontor führte, wurde dieselbe bereits aufgerissen und der Reiter schritt herein. Derselbe mochte in der Mitte der dreißiger Jahre stehen und war ein Mann von mächtiger Gestalt und anscheinend gewaltiger Körperkraft. Sein Auftreten verriet den Soldaten, den Offizier. Bei genauer Beobachtung aber gewahrte man> daß sein linker Unterarm gelähmt und nahezu unbeweglich war, die Folge eines feindlichen Säbelhiebes. Sein Gesicht war voll und gerötet, sein dunkelbraunes Auge hatte bereits etwas von dem stieren Blick des Schwelgers. Krauses, schwarzes, ungepudertes Haar bedeckte den runden Kopf, der auf einem roten, fleischigen Stiernaken saß. Er trug einen tresscnbesetzlen Dreispitz, einen blauen Ueberrock, damals Surtout genannt, mit langen Schößen und breiten Auf schlägen, und dazu Kanonenstiesel mit klirrenden Sporen. Im allgemeinen war der Ankömmling keine unschöne Per sönlichkeit, der Ausdruck seiner Züge verriet sogar eine gewisse Noblesse des Herzens und der Gesinnung, gepaart mit Humor und rücksichtslosem Freimut. „Sieh da, Höhn!" ries er laut und vergnügt. „Freue mich, daß ich Sie hier gleich treffe! Und Halenbeck — wie gehts Ihnen, altes Haus?" Damit schüttelte er den beiden kräftig die Hände, ohne Gustavs Zögern zu beachten. „Das nenne ich eine Ueberraschuug, Herr Baron," versetzte der Bankier lächelnd. „Soeben redeten wir noch von Ihnen." „Ja, ja, wenn man vom Wolf spricht — Sie wissen ja! Aber wahrhaftig, Menschenskind, Sie hätten einem doch ein Wort zukommen lassen können, dann wäre ich wieder hier gewesen, ehe die Heuschrecken über Höhns Bau hergefallen wären! Ich komme jetzt speziell Ihretwegen, Gustav. Warum schrieben Sie mir nicht, daß Sie so in der Klemme saßen?" „Ich habe Ihnen geschrieben, aber der Brief kam zurück." „Aha! Allerdings, daran hätte ich denken können. Ich habe nämlich in den letzten vier Wochen mein Quartier ein halb Dutzendmal gewechselt, um die vermaledeiten Manichäer von meiner Fährte abzubringeu. Doch das ist jetzt egal. Ganz durch Zufall hörte ich von dein Amtmann von Schochau, was hier los ivar. Natürlich machte ich mich gleich auf die Reise. Heute früh traf ich auf Karzig ein und jagte sosyrt hinaus nach HöhnS Bau, wo Ihre Mutter mir sagte, daß Sie zur Stadt seien . . . Eine verfluchte Geschichte!" „Die wir Ihnen zu danken haben," sagte Gustav finster. „Zu danken? Ei, Mann, zum Teufel zu wünschen haben Sie mich dafür — feien Sie nur ehrlich. Schimpfen Sie und fluchen Sie auf mich, dann wird Ihnen leichter werden!" „An meinem Ruin wird dadurch nichts geändert." „Ruin! Menschenskind, so schlimm ists doch nicht! Wir wollen Sie bald wieder obenauf und im Sattel haben. Es thut mir innig und aufrichtig leid, daß es so kommen mußte, Gustav, und durch meine Schuld — aber ich will alles wieder gut machen, auf Ehre! Sie sollen Ihr Geld haben, Mann, bei Heller und Pfennig — da, meine Hand daraus!" Gustavs Gesicht klärte sich schnell aus, er schlug ein, osten und herzlich. .Nicht doch, Herr Baron. Jetzt, da ich Ihre Gesinnung brauche hatte ihn bereits erwartet. auf ein Wort, ,Ja, und leerte in seinen ein Staats von seiner ein kolossaler w, trinken Sie Sie geben der gc- Der Baron Er empfing dem Schreibtisch einer brennenden „Gratuliere kriegen nämlich den Mammon!" U „Sie verheiraten sich?" H „Ja doch, Menschenskind, und zwar mit einer voV Krüssows Töchtern! Hol mich der Teufel!" > „Welche ists?" „Die jüngste und schönste natürlich — die Else." Das gefüllte Glas entfiel Gustavs Hand und zcrW schrillem Klang nm Boden. Der Baron lachte laut n« mit einer Gebärde komischer Tragik nach den Scherben W zugleich sein eigenes Glas. Höhn aber starrte ihn anM Augen loderte ein so drohendes Feuer, als wolle er iiH Augenblick über den breit und behaglich im Sessel lehnende »ch gar ui fielt und i ehmcn, ai irchtele. d hersallen. „Was machen Sie sür Augen, Menschenskind!" lachte ZarW^l „an dem Glas ist nichts gelegen, schade nur um den gute» Tropfen. Da, Mann, haben Sie ein anderes, nun trinken Siel Es ist alles in bester Ordnung; Sie kriegen Ihr Geld, und ich' freue mich von Herzen darüber, daß Sie aus ihren Sorgen herauskommen. Trinken Sie, Gustav Höhn, und seien Sic ver gnügt." „Ich soll vergnügt sein?" murmelte der junge Mann dumpf,. „Ich wollte Sie erst ganz anders begrüßen, Herr Baron," tdem er da sagte Gustav. „Da aber hielt ich Sie noch für . . ." Heben hat Er unterbrach sich. „Gewi „Nur immer heraus damit!" rief der Baron mit dröhnendem rregtheit Lachen. „Sie hielten mich für einen Schuft, das weiß ich ganz gut, und leider kann ich mich darüber nicht wundern. Sie sollen kennen gelernt habe, will ich gern warten." „Nein, Menschenskind, das sollen Sie nicht! Ich verschaffe Ihnen das Geld in allernächster Zeit, und wenn ich deswegen ls habe er mein letztes Anrecht auf Karzig noch verkaufen soll . . . Halenbeck, eraubt. E alter Freund, bei Ihnen habe ich wohl kein Glück, wenn ich Sie Dieser! noch um zwölf oder fünfzehntausend Ephraimiten anpumpen aut aus. , möchte?" fragte Zaruba mit schief geneigtem Kopfe und drolligem Hch sagw I Augenzwinkern. wß er mir „Sehr gern würde ich Ihnen nicht nur geschäftlich, sondern fiennte. dl auch freundschaftlich darin entgegen kommen," versetzte der Bankier ich langsam und bedächtig, „allein Sie wissen so gut wie ich, daß «eil Karzig, wie die Sache heute liegt, mir auch nicht für einen Md Pfennig Sicherheit bietet. Ja, wenn wir Frieden bekämen — ' Am Abend fand Gustav sich auf Karzig ein./ Das alte, statt- liche Herrenhaus, welches in dem vorderen Teile »wes verwilderten Parkes lag, machte einen wüsten, veruachlässiaFten Eindruck, durch einige zerbrochene Fensterscheiben im Erdgeschoß noch steigert wurde. ihn in seinem sogenannten Arbeitszimmer; standen einige Weinflaschen V.,ud Gläser, nebst Lampe. V Ihnen!" rief er dem Eintreiwnden laut und fröhlich entgegen. „Es wird gemacht! AußerUem können Sie auch mir gratulieren, hahahaha! Ein Hauptspaß? Spaß, auf Ebre! Noch nie dagewesen! Da, Gust! auf meine demnächstige Hochzeit — ich verheirate micM nämlich — und trinken Sie auch auf meinen Erfolg und Ihr GlMck — Sic laicht schlecht In der Th in Müller lmarige. E l nach der E aber so —" „Stimmt. Na, da gibts noch einen anderen Ausweg. Müller Krüssow deutete mir letzthin an, daß er mir, Wenns nölig wäre, gern mal Vorspann leisten würde. Dem Mann kann ge holfen werden." Gustav horchte verwundert auf, sagte jedoch nichts. „Zinsen verspreche ich ihm, soviel er will," fuhr der Baron fort, „wenn er nur die Summe herausrückt, die ich brauche. ' Kommen Sie heut Abend zu mir nach Karzig, Höhn, dann sollen Sie erfahren, ob ich bei dem alten Mehlsack Glück gehabt habe, oder vielmehr, ob wir Glück gehabt haben." Er nickte den beiden Männern zu, ging dröhnenden Schrittes hinaus und sprengte gleich darauf in der Richtung nach Krüssows Mühle davon. Es war ihm voller Ernst bei der Sache; wenn er einmal einen Entschluß gefaßt hatte, sei es zum guten oder s bösen, dann ließ cr auch nicht lange Gras darüber wachsen. „Merkwürdig!" sagte Höhn, als die Thür hinter deiir Baron ins Schloß gefallen war. „Mcrwürdig, daß Müller ^-flssow ihm ! Geld angeboten haben sollte, ohne daß er bis jetzt h^on Gebrauch gemacht hätte!" „Hm," machte der Bankier. „Wenn Krüssvib die Hand in j den Beutel thun soll, dann will er auch wissen, Mosür. Was sür s einen Vorteil er aber vom Zaruba erwartet, das iA „ur denn doch s ein Rätsel! I .aus den T jbrach mit 'wieder hmc >s, deutel- und w, lEst zu th Äh! ,Ganz ^unmen. s Warum hei Ich ia weiß kaum, reiche Frau Mber bei dl mich auch noch so lange schelten dürfen, bis ich Sie wieder als jtzen Sie sü den Mann hingestellt habe, der Sie gewesen sind." >e Geschieh! „Nicht doch, Herr Baron. Jetzt, da ich Ihre Gesinnung Gustav