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Allgemeiner Anzeiger : 14.03.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-03-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1917
-
Monat
1917-03
- Tag 1917-03-14
-
Monat
1917-03
-
Jahr
1917
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 14.03.1917
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Deutschtum im Zuslanäe. Die Welt von Haß und Unverstand, die sich gegen uns auftürmte und bald nach Beginn des Krieges gelegentlich den Eindruck erstehen ließ, als ob Deutschland und die anderen Länder niemals in engerem Zusammenhang ge wesen wären, hat erst in weiteren Kreisen unseres Volkes Interesse und Aufmerksamkeit für das Auslandsdeutschtum hervorgerufen. Man fragte sich, ob es denn den über die ganze Welt verstreuten Volksgenossen, deren Zahl auf über dreißig Millionen geschätzt wird, nicht hätte gelingen können und gelingen müssen, ihren Wirtsvölkern ein klareres Bild von den wahren Charaktereigenschaften der Deutschen zu geben. Ernste Männer haben seit Beginn des Krieges diesem Problem unermüdlich nach gespürt, haben auf die Zusammenhänge der lateinischen Kultur, auf die geschickte anglo-sran- zMche Propaganda, auf den unter Anwendung jedes Mittels organisierten Nachrichtendienst hin gewiesen und gefragt, was demgegenüber von deutscher Seite geschehen sei. Seit Jahrzehnten ergießt sich ein Strom deutscher Auswanderer in alle Lande. In manchen Staaten zählt die Schar der Deutschen und Abkömmlinge von Deutschen nach Millionen. Ihr wirtschaftlicher Einfluß ist oftmals groß, ihr kultureller Einfluß vielfach recht gering. Haben wir Deutschen in der Heimat auch diesen unseren Brüdern immer das richtige Verständnis enl- gegengebracht? Haben wir stets empfunden, daß es gilt, ihnen die Hand zu reichen, um ein lebendiges Band zu knüpfen zwischen uns und ihnen? Haben nicht aber auch die im Auslande lebenden Millionen von Deutschen, insbesondere diejenigen, die in Ländern englischer und fran zösischer Zunge einen Wirkungskreis gesunden, oftmals gar zu rasch ihre alte Heimat aus den Augen verloren? Mächtiger denn je hat dieser schreckliche Krieg das Band der Zusammengehörigkeit der deutschen Brüder auf der ganzen Welt neu geknüpft und die Liebe zur Heimat, zum Volkstum, zur Scholle und damit zum Ursprung des eigenen Jchs, die wohl schlummern, aber nie erlöschen kann, zu lodernder Glut entfacht! Das zeigt sich an allen Orten und in allen Landen, wo Deutsche wohnen. Mit heißem Atem und brennenden Augen ver folgen sie die Waffentaten der Brüder und fühlen sich selbst in ihnen größer und freier werden! Wenn sie, durch Ozeane getrennt, nicht mit den Waffen helfen konnten, so sandten sie Gaben der Liebe, um die Wunden und die Schmerzen der Schlachten zu lindern. Zu den größten Ver mächtnissen des Krieges wird und muß es ge hören, die in eiserner Zeit gewonnene innere Einheit des Deutschtums auf dem ganzen Erdenrund nicht wieder sprengen zu lassen. Kein britischer Hochmut, kein fränkischer Kultur- dünkel soll sich je wieder deutscher Treue, deutscher Ehrlichkeit und deutschem Pflicht bewußtsein überlegen fühlen dürfen! Während die jenseits der Meere wohnenden Deutichen den Kamps der Heimat auf Leben und Tod aus weiter Ferne verfolgen müssen,, von jeder direkten Verbindung abgeschnitten, während sie nur aus dürftigen drahtlosen Nach richten sich ein Bild von dem Stand der Dinge machen können, ist es den in Bulgarien woh nenden Deutschen beschießen, im Brennpunkte der Ereignisse den größten Vorgängen, die die Weltgeschichte je gesehen, aus nächster Nähe folgen zu können. Sie haben sogar das Glück erlebt, daß das Land, in dem viele von ihnen eine zweite Heimat gefunden, sich ihrem Vater lande angeschlossen hat und gemeinsam mit ihm kämpfen und siegen will. Die deutsche Kolonie Bulgariens begrüßt diese Entwicklung mit inniger Freude in dem stolzen Gefühl, daß sie es verstanden hat, deutsche und bulgarische Art in sich zu vereinen, daß ihre Mitglieder stets gehorsame und loyale Bürger des Staates waren, dessen Gesetzen sie unterworfen sind, daß sie aber nie und in keinem Augenblick die Pflicht vergessen hatten, deutsch zu fühlen und zu denken und ihre Kinder als gute Deutsche zu er ziehen. Dankbar muß des verewigten Fürsten Alexander von Battenberg gedacht werden, der in der Kapelle, die er in der Mitte der achtziger Jahre in Sofia errichtete, einen Mittel punkt schuf, um den sich die damals kleine deutsche Gemeinde sammelte. Auch Zar Ferdinand und seine hohe Gemahlin begleiteten stets die Entwicklung des Deutschtums in Bulgarien mit förderndem Interesse und teilnehmendem Ver ständnis. Insbesondere gewährte die König lich Bulgarische Unterrichtsverwaltung der deutschen Schule in Sofia jede nur mögliche Unterstützung. Diese deutsche Schule ist der wahrhafte Mittelpunkt des Deutschtums in Bulgarien. Aus kleinsten Anfängen hervor gegangen, hat sie sich zu einer Hochansehnlichen Lehranstalt entwickelt, die von Kindern deutscher und bulgarischer Eltern gemeinsam besucht wird. So wird schon die Jugend im Geiste gegen seitigen Verstehens erzogen und der Grund gelegt zur bulgarisch-deutschen Kulturgemein schaft. Das künftige Verhältnis der beiden Völker wird begründet sein auf das Bewußtsein beider seitiger Kraft, Tüchtigkeit und auf das Streben nach Fortichreiten. In den Bulgaren stehen uns selbstbewußte Bundesgenossen zur Seite, die stolz sind auf ihre Geschichte, ihre Eigenart und ihre Überlieferungen. Sie wollen mit uns gehen als gleichberechtigte Freunde, und wir wollen mit ihnen sehen in dem Gedanken, sie verstehen zu lernen, ohne sie beherrschen zu wollen, in der Überzeugung, daß die geschicht liche Entwicklung und die Gemeinsamkeit der höchsten Lebensinteressen sie mit uns zusammen geführt hat. Wenn einst, wir alle hoffen recht bald, der Friede wieder seinen Einzug gehalten hat, dann werden und müssen auch die Äuslandskolonien der Deutschen wieder auferstehen, schöner und größer als sie je gewesen. Sie- werden macht volles Zeugnis ablegen von der ungebrochenen Kraft deutschen Unternehmungsgeistes. Mehr als bisher werden die Auslandssiedelungen und die überall hin verstreuten Deutschen zu zeigen wissen, daß sie Deutsche sind, nicht in hohler Ruhmredigkeit, sondern in Tatkraft und Pflichterfüllung. Und sie werden dabei Unter stützung finden in dem im Mutterlands heran gereiften Verständnis für die großen Aufgaben des Auslanddeutschtums, als Pfeiler unseres Außenhandels, als Vorposten deutscher Kultur und Gesittung. v. Ul. verschiedene Uriegsnachrichten. Die D-Bootbeute im Februar. Nach einer . Statistik des holländischen Blattes ,Maasbode' wurden im Februar 1917 237 Dampfer und Segelschiffe durch Unterseeboote oder Minen versenkt. Von sieben Schiffen ist das Tonnenmaß nicht be kannt. Die übrigen verdrängen insgesamt 519 845 Bruttoregistertonnen. Die Schiffe ver teilen sich auf folgende Länder: England 96, Norwegen 41, Frankreich 35, Italien 20, Holland 12, Schweden 8, Rußland 7, Spanien 5, Dänemark 2, Ver. Staaten 2, Belgien 1, Por tugal 1; 6 Schiffe waren ehemals in griechischem Besitz. Vom 1. März 1916 bis 1. März 1917 wurden im ganzen 1446 Schiffe mit 2 966 326 Bruttoregistertonnen versenkt. Das Blatt meint, wenn die Torpedierungen in der nämlichen Weise wie seit Oktober fortgesetzt werden, könne man mit einem jährlichen Vertust von mindestens 4 Millionen Tonnen rechnen, die durch Neu bauten unmöglich ersetzt werden können. Einheitliche Führung beim Feind ? Die Konferenz der Verbündeten, die in Petersburg zusammengetrelen war und kürzlich ihre Arbeit beendet hat, hat, nach Vierverbands berichten, von neuem den Beweis des immer engeren Einvernehmens der Verbündeten er bracht und gezeigt, daß sie der Sache, die sie eint, unerschütterlich treu sind. Die Konferenz war berufen worden, um das Werk der früheren, unter den verbündeten Mächten abgehalteuen Konferenzen sortzufetzen und auszubauen. Die Konferenz in Petersburg hat den gleichen Weg verfolgt wie die Konferenzen von Paris und Rom und hat praktische Lösungen gesunden, um das militärische, politische, industrielle, wirtschaft liche und finanzielle Zusammenarbeiten immer enger zu gestalten. Sie hat daran gearbeitet, die Einheit der Handlung bei der Führung des Krieges wirksam zu ver bessern und zu festigen, indem sie zu diesem Zweck die Schaffung eines eigenen Organs vorsah. Die Petersburger Konferenz wird so wirksam dazu beigetragen haben, auf allen Fronten durch Einschließung des Feindes mög lichst günstige Bedingungen für den Kampf vor- zubreiien und die Stunde des Sieges schneller herbeizuführen. -t- England ersehnt den deutsch-amerika nischen Krieg. Nach Meldungen aus London rechnet man in dortigen politischen Kreisen damit, daß die Ver. Staaten in den nächsten Tagen Deutsch land den Krieg erklären werden. Die zuversichtliche Stimmung ist überall sehr groß. Besondere Bedeutung wird dem Besuch bei gemessen, den der amerikanische Botschafter in London zusammen mit dem englischen Außen minister Balfour, dem Ministerpräsidenten Lloyd George in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Kriegs-Kabinetts abgestattet hat. In maß gebenden englischen Kreisen ersehnt man die Bewaffnung der amerikanischen Handelsschiffe, da eine Unterlassung dieser Maßnahmen all gemein als An großer Melstand angesehen würde. * Die russische Friihjahrsoffensive. Die ,Wiener Allgem. Zeitung' meldet: Unser kürzlich ersolgter Angriff im Mestecanestigebiete beiderseits der Valeputna war ein Stich in ein Wespennest und dadurch wurde auch seine opera tive Bedeutung offenkundig. Man erhielt durch die letzten Ereignisse Einblick in die russischen Absichten für das Frühjahr. Die russischen Deüstellnngen bei Kirlibaba, Mestecanesti, Here« strau und im Susitagebiet weisen mit den Vor kehrungen an der Sereth- und Donaulinie auf eine großzügig gedachte kombinierte russische Unternehmung zur Wiedererobe rung der Walachei hin. Es darf daher angenommen werden, daß die russische Früh jahrsoffensive, von der es heißt, sie werde im April beginnen, vornehmlich der Front zwischen unseren Stellungen in der Bukowina und den Donaumündungen gelten wird. * Böses Erwachen in Italien. ,Avanti' veröffentlicht eine Tagesordnung des Abgeordneten Enrico Ferri, die besagt: Die Kammer behält sich jedes Urteil über die politische Tätigkeit derjenigen vor, die Italiens Mitwirkung cim Kriege vorbereitet haben, und stellt jetzt fest, daß die hauptsächlichste Ur s ach e des Berproviantierungs mangels und der hohen Valuta in der un v ors i ch tig en A r t besteht, in d er I t a li e n in den Kri e g eintrat, und in dem Fehlen an einem vorherigen positiven Abkommen mit den Verbündeten in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht. In der Kammer soll ferner ein Antrag eingsbracht werden, der die Regierung auffordert, dem Volte die unbedingte Wahrheit über die Kriegslage mitzuteilen. Voiitiscke Aunälcbau. Deutschland. * Im Hauptausschuß des Reichstages gab der Staatssekretär des Äußeren Zimmer mann eine eingehende Darstellung der mit der Instruktion an den deutschen Ge sandten in Mexiko verfolgten Absichten. Daß wir uns für den Fall des Ausbruchs des Krieges mit Amerika nach Bundesgenossen um gesehen hätten, sei eine natürliche und berechtigte Vorsorge. Er bedauere es auch nicht, daß durch die amerikanische Veröffentlichung die Instruktion auch in Japan bekannt geworden sei. Für die Beförderung der Instruktion sei der sicherste Weg gewählt worden, der zurzeit zur Verfügung gestanden habe. Wie die Amerikaner in den Besitz des Textes gekommen seien, der mit einer ganz geheimen Chiffre nach Washington ge gangen ist, fehlt uns noch alle Kenntnis. Daß die Instruktion in amerikanische Hände gefallen ist, sei ein Mißgeschick, das nichts daran ändere, daß der Schritt im vaterländischen Interesse notwendig war. Am wenigsten habe man gerade in Amerika das Recht, sich über unseren Akt aufzuregen. * Dem Reichstage ist ein Weißbuch über die Gefangenenbehandlung zu gegangen, das eine Zusammenstellung der Ver einbarung zwischen Deutschland und den feind lichen Staaten über die beiderseitigen Zivil- Kriegsgefangenen enthält. *Dem gemei nschaftlichen Landtag der Herzogtümer Coburg und Gotha ist ein Gesetzentwurf (Verfassungsänderung) vorgelegt worden, nach welchem Mitglieder des herzoglichen Hauses, die einem außerdeutschen Staat angehören, das Recht der Regierungs nachfolge für sich und ihre Nachkommen ver lieren, wenn ihr Heimatsstaat Krieg gegen daS Deutsche Reich führt. Diese Vorlage soll offen bar verhüten, daß beim Aussterben des Mannes stammes des regierenden Herzogs Carl Eduard englische Prinzen oder Statthalter aus der Sonderlinie des Prinzen Albert, des einstigen Prinzgemahls der verstorbenen Königin Viktoria von England, einen deutschen Fürstenthron ver walten könnten. Österreich-Ungar«. * DieAntwort der österreichisch-ungarischen Regierung aus die amerikanische Note über den A-Boot-Krieg gibt eine ge schichtliche Darstellung des O-Bnot-Krieges vom Beginn des Krieges und schließt mit der Äußerung, daß Österreich-Ungarn sich mit Deutschland solidarisch sühlt und seinen Anteil an der Blockade-Arbeit im Mittelmeer und in der Adria auf sich nimmt. Polen. * Die polnische Zeitung .Dziennik Naradowy' in Petrikau bringt eine Besprechung mit dem Oberst Sikorski über die Heer es frage. Sikorski sagte u. a.: Wir haben genug Menschen material, um eine starke, der polnischen Nation würdige Armee auf die Beine zu stellen. Es stehen uns die ganz intakten Jahrgänge 1915, 1916 und 1917 und die gewaltige Zahl der aus verschiedenen Gründen Zurückgestellten und Befreiten zwischen dem 22. und 26. Lebens jahre sowie alle älteren Jahrgänge vom 36. Jahrs an, die von den Russen noch gar nicht einbe rufen waren, zur Verfügung. Außerdem wurden in einigen Gouvernements auch der Jahrgang 1914 von den Russen nicht einberufen. Indem man Schaffung einer möglichst zahlreichen regu lären polnischen Armee anstrebe, werde man zunächst mit der Werbung von Freiwilligen an- fangen. Frankreich. * DerNationalrat der französischen Sozialisten partei hat mit 1553 gegen 1377 Stimmen die Beschlüsse der Konferenz der verbün deten Länder angenommen. Damit hat sich, also auch der französische Nationalrat gegen die Verhandlung mit den deutschen So zialisten erklärt. Amerika. *Nach den Berichten amerikanischer Blätter stellt der mexikanische Minister des Äußern amtlich in Abrede, daß der mexikanischen Regierung Bündnisvorschläge sei tens Deutschlands zugegangen seien. * In einer durch die Zeitungen veröffentlichten Erklärung teilt Wilson dem Lande mit, es könnte sein, daß er mangels einer Ermächtigung vom Kongreß nicht die Voll macht haben werde, die Handelsschiffe zu be waffnen oder andere Maßregeln zu er greifen, um der A-Boots-Gefahr zu begegnen. Es würde eine außerordentliche Session des Kongresses erforderlich sein, um ihm dis nölige Ermächtigung zu geben, aber es wäre zwecklos, eine außerordentliche Session einzuberufen, so lange der Senat unter der gegenwärtigen Ge schäftsordnung arbeite, die es einer kleinen Minderheit ermögliche, eine überwältigende Mehr heit im Schach zu halten. Der Präsident schlage deshalb vor, eine außerordentliche Session des Senats einzuberufen, um die Geschäftsordnung abzuändern und für Mittel zu sorgen, um das Land vor einer Katastrophe zu bewahren. Droknen. ist Roman von M. Berger. Gorge-mi,.) „Es lebe das Geld und alles, was für — Vardon, das gehört nicht hierher, „unterbrach sich Herr von Hupfer. Er warf dem Doktor einen triumphierenden, herausfordernden Blick zu, den dieser vollständig unbeachtet ließ, und »rrrte fein Glas Wein auf einen Zug. 5. Der Kommerzienrat war ein stattlicher Mann, von hohem Wuchs, eleganter Haltung und imponierendem Auftreten. Er kam beute nicht allein, sondern brachte noch den Baron von Trewitz und den Kaufmann Grübel, einen drolligen, alten Herrn mit, der unbedingten Einfluß auf die mittlere Bevölkerungsklasse aus- ibte. Ms die drei Herren in das Zimmer traten, erhoben sich die Kommerzienrätin und ihrs Gäste zur Begrüßung. Dr. Faller ahnte, daß ihm di« Herren eine Mitteilung von Wichtigkeit machen würden. „Guten Abend, meine Herren," begrüßte der Kommerzienrat den Doktor und seinen Neffen, dann wandte er sich an seine Frau: .Anna, ich bringe dir Gäste mit." Die Kommerzienrätin und ihrs Tochter begrüßten die beiden Herren in herzlichster Weise. .Wir fallen doch nicht lästig, gnädige Frau," schnarrte Baron Trewitz. „Herr Gemahl hatte Liebenswürdigkeit, uns in Ihrem Namen ein- ,»laden." Er führte die Land der Kommer zienrätin an die Lippen; dann wandte er sich mit einer faden Schmeichelei an Hedwig. Das junge Mädchen verbeugte sich lächelnd und duldete es, daß der galante alte Herr ihr die Hand küßte. „Ich bin als der dritte Mann hergekommen, Frau Lang," sprach Herr Grübel die Kommer- zienrätin an. „Wir haben, da wir den Doktor hier zu finden hofften, zugleich eine politische Mission." Der Doktor hatte die letzten Worte ver nommen. „An mich etwa, Herr Grübel, das klingt ja feierlich!" „Ich freue mich, lieber Dokter," wandte sich jetzt der Kommerzienrat an Dr. Faller, „der Überbringer einer frohen Botschaft zu sein. Meine Parteifreunde sind in Würdigung der politüchen Lage und Ihrer verschiedenen Ver dienste um den sozialen Frieden unserer Stadt, die Sie sich durch Beilegung des letzten großen Streiks erwarben, ferner in Anbetracht Ihrer persönlichen Beziehungen zu den Arbeitern, übereingekommen. Ihnen die Kandidatur zum Reichstage anzutragen. Ich hoffe, daß Sie uns keinen Korb geben werden." Hedwig reichte dem Doktor beide Hände und freudig leuchtete es in ihren Augen anO „Wie ich mich der Ehrs freue, für Sie freue" — sagte sie, und ihre Stimme zitterte. — „Ich gratuliere von Herzen, ja, ich werde Sie be wundern." Er hätte ihr zu Füßen fallen mögen. „Ich danke Ihnen, Fräulein Hedwig," sagte er gerührt, und ein seltsam aufleuchtender Blick aus seinen Augen traf sie, daß sie wonnig er schauerte. „Wie gut Sie sind." — Dann wandle er sich zu den Herren, die einer zu sagenden Antwort gewiß, sich ein gönnerhaftes Ansehen gaben. Herr von Hupfer knirschte mit den Zähnen, doch wie erstaunte er, als der Doktor in bestimmtem Tone meinte: „Ich muß zu meinem Bedauern diese Ehre ablehnen, Herr Kommerzienrat!" „Wie? Was? Korb!" schnarrte der Baron. „Meins Berufstätigkeit, meine Neigungen hindern mich daran, den Gegner in offener Schlacht zu bekämpfen," fuhr Doktor Faller er klärend fort. „Dazu ist nur ein gänzlich un abhängiger Mann berufen, der sich völlig seinem Mandat widmen kann, dazu aber, meine Herren, sehe ich mich nicht in der Lage." „Nun schlag' einer lang hin," platzte Kauf mann Grübel heraus. „Ich wähle Sie und garantiere für 1000 Stimmen; Sie wissen, Doktor, ich bin ein einfacher Bürger, mein Schäfchen habe ich allerdings im Trockenen, trotzdem ist mein Einfluß so groß, daß mir 1000 wahlberechtigte Bürger auf meinen Wink folgen. Mir gönnt man das, was ich habe. Sie müssen 'ran, ich habe alle Hoffnung auf Sie gesetzt. Ich opfere mich fast aus für unsere Sache, tun Sie desgleichen." Der Doktor blieb fest, auch als die Kommerzienrätin ihm ver- sicherte, daß er bei ihr in Ungnade falle, wenn er ablehns. Herr von Hupfer schnitt seine blasierteste Visage; ihm war nur zu sehr ausgefallen, daß ! Dr. Faller, seitdem er in der Familie des Kom- - merzienrats verkehrte, fleißiger schrieb und öfters ' und sorgjälliger öffentlich redete. „Biene flieht nicht umsonst den Honig, da müssen wir dahinter kommen," nahm er sich vor und studierte auf merksam jede Miene in dem offenen Gesicht des Doktors. „Dürfen uns keinen Korb geben, Doktor," krächzte jetzt der Baron. „Dürfen das Mandat nicht verlieren, haben hin und her überlegt, alle sind wir der Ansicht, daß nur Sie die ge eignete Persönlichkeit find. Ihre 8000 Arbeiter gehen für Sie durchs Feuer, werden auch für Sie stimmen." „Herr Kommerzienrat, Sie sind der einzige, der das Mandat retten kann," redete der Doktor dem ulten Herrn zu. „Die Arbeiter hassen mich," entgegnet? dieser fast schroff. „Ich halte ihnen die Zügel zu stramm und Leuge vor ihnen den Nacken nicht. Ich trete zurück, um nicht Beweise zu erhalten, daß man mich hier vernichten will, ist doch die Täuschung die Mutter der Hoffnung. Herr Doktor, wir geben Ihnen Zeit bis morgen, überlegen Sie sich's, bis dahin erwarten wir Zusage oder Absage. Ich hoffe, das letzteres nicht der Fall sein wird; es würde mir in der Tat schwer werden, mich in Ihnen getäuscht zu haben, denn ich war cs, der Ihre Kandidatur vorschlug und warm befürwortete." Dr. Faller machte zwar dem Kommerzien rat eine dankende Verbeugung, allein aus seinen entschlossenen Mienen las Hedwig, daß er bei seiner Absage beharren werde. Sie flüsterte da her ihrem Vater zu, daß sie eS aus sich nehme, den Doktor zur Zusage zu veranlassen. Der Koni- merzienrat schien damit einverstanden, denn er nickte ibr freundlich z«.
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