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Tageblatt für die Sächsische Schweiz WÄntt siir ks AmlsUriA, ks ßWlBM stick sSr dtü Sstiini pi Sui CGgmi md i^ SisüiztMkiüiitr'iil zu htisciii Anzcigen finden die weiteste Verbreitung. Anmchme derselben bis spätestens vormittag» 9 Uhr, größere Anzeigen nm Tage nor dem Erscheinen erbeten. OrlSprcis für die Klein- schriftzcile 60 Pf., für auswärtige Auftraggeber 75 Pf. (tabellarischer und schwieriger Saß nach Ucbercinkuuft), Reklame n. Eingesandt die Zeile 150 Pf. Bei Wiederholungen Rabatt. Verantwortlich: Konrad Rohrlapper, Bad Schandau. Postscheckkonto Leipzig Nr. 34918 :—: Telegramme: Elbzeitung. Druck und Verlag: Sächsische Elbzcimng, Alina Hieke. Fernruf Nr. 22 Gcmeindcverbanbs , Girokonto Bad Schandau 36. Die .Sächsische Elbzeitung" erscheint täglich mit Ausnahme der Soun, und Feiertage. Die Ausgabe erfolgt nachmittag« 5 Uhr. Bezugspreis: nicrtcljährlich 6.50 M„ monat- sich 2.20 M., durch die Post vicrlcliährl. 6.l>0 M. sehne Bestellgelds. Einzelne Nr. 20 Pf. Bestellungen nehmen die Briefträger nud Postamlnlten, sowie alle Zcitnngsbolcn entgegen. Nr. 141 Bad Schandau, Sonnabend, den ^uni 6H. Jahrgang Kleine Zeitung für eilige Leser. * Mit Ausnahme von Getreide und Milch soll die geplante Zwangswirtschaft bis zum 1. Oktober abgcbant werden. * Wie verlautet, ist eine weitere Erhöhung der Eisenbahn» gütertarife um 30 bis 50"/o beabsichtigt. * Die Rheinische Zentrnmsvartei erhalt siir den Wahlkreis Koblenz-Trier noch einen weileren Abgeordnetensitz, der auf den Wtnzer Veltin entfällt. * Wegen der gesetzwidrigen Verballung Dr. v. Holtums hat die deutsche Negierung eine Protestnote nach Warschau ge richtet. Die Interalliierte Kommission in Marienwerder hat Schritte zur Befreiung des Festgehaltenen unternommen. * In München liegen sebr beunruhigende Nachrichten über bevorstehende neue französische Gcwaltmaßnahmen in der Pfalz vor. * Die polnische Negierung hat über Warschau den Be lagerungszustand verhängt. * In Persien ist unter Ms.tzung der Monarchie die Räte republik ausgerufcn worden. GekMesO'Mrmmg. Zwei Wochen bald sind es her, das; das deutsche Volk sich einen neuen Reichstag gegeben hat: aber die Zeit hat nicht ansgereicht, auch eine neue Negierung zustande zu bringen. Ein kleines Geschlecht, das; die Neuordnung be wältigen, das die furchtbaren Wirkungen des Versailler Friedcnsvertragcs bereinigen soll! Die Sache wird nicht im geringsten dadurch gebessert, das die Rechte der Linken und die Linke der Rechten und die U. S. P. D. beiden vorzu- wcrfen nicht müde werden, sie seien schuld an diesem Bankerott des Parlamentarismus. Jedes Reglerungsspstem muß in sich selbst zerfallen, wenn es sich nicht auf die Bereitschaft des Volksganzen zu gemeinsamer Verrichtung staatsnolwendiger Arbeit stützen kann. Ein schrcckensoolles Verhängnis wäre es allerdings, wenn das parlamentarische System in Deutschland schon so sehr kurze Zeit nach seiner Einführung als eine vollendete Unmöglichkeit erwiesen würde. Es hätte dann nicht einmal die Möglichkeit gehabt, die auf bauende Kraft, die ihm zweifellos innewohnt, zum Wohle des Ganzen zu betätigen, sondern wir wären an seinen Schattenseiten, die ja auch niemand bestreiten kann, vorzeitig zugrunde gegangen. Gewiß, unter günstigeren äußeren Ver hältnissen mären auch wir wahrscheinlich leichter mit ihm ausgekommen. Aber die darauf bestanden, daß mir zu ihm übergingen, mußten ja, daß auf absehbare Zeit in Deutsch land nichts weniger als erträgliche Zustände herzustellen waren. Um so mehr waren sie dazu verpflichtet, alles auf zubieten, um die Einbürgerung des neuen, den westlichen Demokratien entlehnten Systems bei uns zu ermöglichen. Können sie von sich behaupten, in dieser Beziehung ihre Schuldigkeit getan zu haben? Ein Wahlausgang, wie ihn der 6. Juni gebracht hat, mußte selbstoersländlich bei allen politischen Berechnungen in Erwägung gezogen werden; anstatt dessen nahm die Ver hetzung unter den Parteien immer unschönere Formen an, und das Ergebnis ist, daß jetzt allenfalls zwei regierungs fähige Parteien notdürftig unter einen Hut zu bringen sind, die Hinzunahme einer dritten dagegen schon auf schier un überwindliche Widerstände stößt. Daß solche Erscheinungen in den breiten Volksmassen alles andere eher, nur keine Achtung vor den jetzt im Lande herrschenden Zuständen aus lösen, kann nicht wundcrnehmcn. Eine Gewitterstimmnng wird von Tag zu Tag fühlbarer, und erstickende Schwüle legt sich auf Herz und Hirn der Menschen. Ob nun Fehrenbach der Name heißen soll, in dessen Zeichen die Kabinettsbildung geboren wird, oder ob ein anderer Staatsmann schließlich das Opfer wird bringen müssen, in keinem Falle können die Erfahrungen, die jetzt gemacht worden sind, für unsere Zukunft als ermutigend bezeichnet werden. Nascher ist cs dem alten Giolitti gelungen, für das Königreich Italien ein neues Ministerium zusammenzustcllen. Ihm kam dabei allerdings das große Ansehen zustatten, dessen er sich aus seiner langjährigen Wirksamkeit im Staats dienste zu erfreuen hat; ein Kapital, von dem Politiker kleineren Formates ein ganzes Leben lang zehren können. Giolitti hat es verstanden, so ziemlich die besten Namen aus allen Parteilagcrn in seinem Kabinett zu vereinigen, sodaß man wohl sagen darf, daß er auf festem Grunde ans Werk gehen kann. Er sott vor allen Dingen der unge heueren Steigerung der Lebensmittclpreise ein Ende machen und das Land vor weiteren kriegerischen Abenteuern be wahren, die in den adriatischen Küstenstrichen schon im besten Gange sind. Auf diesen beiden Gebieten allein liegen für den neuen Mann so schwere Aufgaben vor, daß er den Dingen, die uns nächst der endlosen Ministerkrisis am meisten beschäftigen, fürs erste wenigstens kaum die not wendige Aufmerksamkeit wird zuwenden können. Die Kon ferenz von Spa? Da braucht man nur einen tüchtigen Kaufmann hinzuschickcn, der unsere Forderungen anmclden kann, soll Giolitti gesagt haben. Er selbst denke nicht daran, nm des willen außer Landes zu gehe». Vielleicht ist dieser Gleich mut nur vorgetänscht, nm dem alten Gerede über seine Dcutschfreundttchkeit in diesem kritischen Augenblick nicht neue Nahrung zuzuführen. Aber immerhin, für Deutschland wäre cs zweifellos eine Erleichterung gewesen, wenn Italien in dieser Zelt etivas weniger mit seinen eigensten Angelegen heiten zu tun gehabt hätte. * Schars« Kriscnluft weht auch immer noch in Wien. Dort haben die Sozialisten es gut verstanden, viele Monate hindurch mit den Christlich-Sozialen zusammenzuarbeiten, obwohl zwischen diesen beiden Parteien noch ungleich tiefere Gegensätze klassen als bei uns zu Lande zwischen Sozialisten und Deutscher Volkspartet, die jetzt trotz der Not des Reiches absolut nicht zu einander kommen können. Aber auch in Österreich ist der Krug so lange zu Wasser gegangen, bis er brach. Man halte wirtschaftliche, man hatte militärische Fragen ersten Ranges immer wieder zurückgeschoben, um sich nicht an ihnen zu veruneinigen. Nun aber doch endlich Entscheidungen fallen mußten, ist man sich um so tückischer in die Haare geraten, und keinem Ausgleichs künstler scheint es gelingen zu wollen, die beiden feindlichen Brüder wieder zur Raison zu bringen. Mit grimmrgec Kampfeslust stehen die Christlich-Sozialen bereit, das Stants- sleucr nach rechts herumzuwcnden. Die Stimmung auf dem Lande ist fraglos mit ihnen. Ob der Zo^n der städtischen Arbeiter ausreichen wird, um die Allein- oder zum mindesten die maßgebende Mitherrschaft der Sozialisten zu erzwingen, ist schwer zu sagen. Sicher nur so viel, daß auch, an der Donau die Zeit idyllischer Koalitionsfreuden zu Ende ist. Aufhebung der Zwangswirtschaft. Spätestens zum 1. Oktober. In den letzten Tagen haben im Ernährungsministerium eingehende Besprechungen über die Aufhebung der Zwangs wirtschaft stattgefunden. Das Ergebnis dieser Besprechungen scheint eine allge meine Aufhebung der Zwangswirtschaft zn sein. Grmid- sählich hat sich der Ernährnngsministcr Hcrmcö auf den Standpunkt gestellt, das; die Zwangswirtschaft siir allo Nahrungsmittel, mit Ausnahme von Milch nnd Getreide, möglichst umgehend beseitigt werden muss. Alle Fesseln sollen spätestens bis zum 1. Oktober dieses Jahreö ge fallen sein. Für die Beseitigung der Zwangswirtschaft ist rin gewisses Programm ausgestellt worden, daö mit der Aufhebung der Zwangswirtschaft für Fische beginnt. ES folgen daun Gemüse, soweit da überhaupt noch einschnei dende Bestimmungen bestehen, Fleisch nnd Fette, sowie Öle. Die endgültige Entscheidung wird natürlich bei dem neuen Neichskabinelt sichen, das vermutlich vorher noch den demnächst zusammentretenden Ncichswirtschaftsrat hören wird. Anstelle der Zwangswirtschaft wird man, um Erschütterungen zu vermeiden, zu dem Mittel der Lieferungsverträge greifen. Hochspannung in der Pfalz. Die Machtprobe! Nach einer amtlichen Meldung der bayerischen Negierung droht die Lage in der Pfalz zu einer Katastrophe auszu- wachscn. Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß die franzö sische Besatzungsbehörde die jüngst vollzogene Verhaftung sozialistischer Arbeiterführer zu einer Machtprobe aus- nutzen will. In Ludwigshafen sind Truppenverstärkuugen eingetroffen. Stärkere Patrouillen mit Maschinen gewehren durchziehen die Stadt. Harmlose Passanten werden auf ihre Ausweise geprüft. Bekanntmachungen verlangen die Ablieferung versteckter Wassen. Die Verhängung des Belagerungszustandes über die Pfalz wird befürchtet. In zwischen läuft auch das von der Arbeiterschaft an die Fran zosen gerichtete Ultimatum ab und die Arbeiterschaft der Pfalz erwartet Antwort auf ihren Protest wegen der Ver haftung der Arbeiterführer. Dann wird eS sich zeigen, ob in der Pfalz der französische Militarismus neue, vielleicht blutige Triumphe feiert, wie seinerzeit im Ludwigshafener Postamt, oder ob doch noch Vernunft und Menschlichkeit den Sieg davon tragen. In Wiesbaden ist der erste Vorsitzende des rheinischen Mieterschutzverbandes, Direktor E. Abigt, von den Franzosen verhaftet worden, unter der Beschuldigung, einen Brief politischen Inhalts an den preußischen Ministerpräsidenten gesandt zu haben. Der Brief ttl aus den Akten des Re gierungspräsidenten entwendet uno den Franzosen in die Hände gespielt worden. In der Bevölkerung Wiesbadens herrscht über diele Maßnahme der Franzosen große Erregung. Der Terror m Odessa. Es ist nach nicht lange her, daß die radikale deutsche Presse über die von der Sowjetregierung verfügte Ab schaffung der Todesstrafe triumphierte und die Menschlichkeit und Milde der Bolschewisten nicht genug loben konnte. Wie es mit der Abschaffung der Todesstrafe bei den Bolschewisten in Wirklichkeit aussieht, darüber berichten die zahlreichen aus «südrußland in Mitteleuropa eingetroffcnen Flüchtlinge. So haben die Bolschewisten bet der Einnahme von Odessa eine große Anzahl von Einwohnern erschossen. Unter den Opfern der bolschewistischen Henker befindet sich auch ein Bankier Kussis, der in .den Augen der Bolsche wisten ein zweifaches Verbrechen begangen hatte: erstens war er durch seine Eigenschaft als Bankier todesrcif und zweitens hatte er sich im Dienst der Frciwilsigenarmee mit qntibolschcwistischer Propaganda beschäftigt. Kussis wurde ,um Tode durch den Strang verurteilt und vor dem Gebäude des englischen Klubs aufgehängt. Auswanderung. AuS verschiedenen Gegenden Deutschlands, ln der HaUPk- sache aus Mitteldeutschland, erhalten wir eingehende Berichte über eine großzügige Propaganda unter der Arbeiterschaft, um diese zur Auswanderung nach Rußland zu be wegen. Nach zuverlässigen Mitteilungen sollen sich allein in der Magdeburger Gegend über 0000 Arbeiter unterschriftlich bcrciterklärt haben, mit ihren Familien nach Rußland über- zusiedeln und bereits mit Neiscpapieren und Pässen versehen sein. Die Vorbereitungen sind schon soweit gediehen, daß die Auswanderer bereits mit der Veräußerung ihres Haus rates begonnen haben, da ihnen versprochen worden ist, das; die russische Negierung ihnen alles zum Leben nölige zur Verfügung stellen wird. Es handelt sich dabei fast aus schließlich um Leute, die nie in Rußland gewesen sind und weder Sprache noch Verhältnisse dort kennen. Von genauen Kennern des heutigen Rußland werden wir eindringlich ermahnt, unsere Landsleute vor derartigen Versuchen zu warnen. Wer aber diesen nicht glauben will, der halte sich an die Ausführungen der russischen Machthaber selbst oder an die Warnungen, die deutscherseits' von Stellen kommen, die nicht im Verdacht der Gegnerschaft zu Rußland stehen. Der Vorsitzende des obersten Nats für Volks wirtschaft, Miljutin, hat zu Beginn dieses Jahres ein Nadiotclegramm abgesandt, worin er den Arbeitern aus allen Ländern, welche nach Rußland kommen wollen, um dort Arbeit zu suchen, rät: „zuerst spezielle Delegationen dorthin zu senden, um die Verhältnisse zu studieren. Arbeiter, welche nach Rußland auswandern, können nickst darauf rechnen, bessere Be dingungen zu finden, als die russischen Arbeiter selber." Und ein ebenso unverfänglicher Zeuge, die Berliner „Note Fahne" bringt in ihrer Nr. 81 vom 10. Mai unter dem Titel „Gegen die Auswanderungspropaganda" folgende Notiz: „Ein Nuswcmdcrcrvercin, dessen Zentrale ihren Sitz in Leivzig hat, entfaltet in verschiedenen Gegenden Deutsch lands, insbesondere in Rheinland-Westfalen rege Pro paganda für. die Auswanderung nach Rußland. Die Agenten dieses Vereins behauplcn, mit Radek in Verbindung zu stehen. Wir machen erneut darauf aufmerksam, daß die Eizählungen der Agenten ein ganz falsches Bild über die Belätigvngsmöglichreit deutscher Arbeiter in Rußland entwerfen. Bei dein außerordentlichen Mangel an Pro- dullionsmitteln und Rohstoffen in Rußland kommt eine Aucwanderung von Arbeitern erst dann in Frage, wenn Rußland wiederum Handelsbeziehungen zu Len anderen Staaten unterhält." Würde es sich bei diesen Auswanderern um jene Elemente handeln, die durch ihre aufrührerische und hetzerische Tätigkeit im Lande dem Wiederaufbau Deutschlands immer neue Schwierigkeiten bereiten, so tonnte man deren Abwan derung ja nur auf das Freudigste begrüßen. Die werden sich aber schön hüten, da sie genau wissen, das; der wirkliche Zustand der Dinge dort recht wesentlich von ihren Schilde rungen abwischt. So steht aber zu fürchten, daß sich manche fleißigen und tüchtigen Arbeiter verleiten lassen mit ihren Familien auszuziehen, um in der Ferne das Glück zu suchen, das von ihrer Heimat gewichen ist. Wie vielen anderen vor ihnen, die in früheren Jahrzehnten bei ähnlichen wirtschaft lichen Verhältnissen den gleichen Weg gingen, wird es auch den meisten von ihnen gehen: sie werden in der Fremde der Kulturdünger für andere Nationen werden. Oie NatLonatLürksn vor Konstantinopel. Eine Schlappe der Engländer. Die nationalen Streitkräfte rücken in den Küsten^ gegenden des Marmara- und des Schwarzen Meeres immer weiter vor. Es scheint, daß die Inseln des Marmara- Meeres von den Anhängern Kemals besetzt worden sind, denn der Metropolit von Merefte drahtet, daß die Ort schaften in Flammen stehen. Eine an Zahl überlegene natioualiflische Streitmacht hat gestern eine schwache Abteilung englischer Trnppc» ms der Ismail-Front umzingelt. Der englische Befehlshaber! verhandelte mit den Nationalisten, die ihm freien Abzug gewährten. Die Borhnt kam unbehelligt durch, aber au? die Hauptabteilung eröffneten die Nationalisten vcr, räterischerwcife daö Fcner, verwundeten 3V Man» und nähme» den englischen Nachrichtenoffizier gefangen. Hilfe ist sofort abgesandt worden. Ein ruglischeö Kriegsschiff hat die Stellungen der Nationalisten mit Granaten be schossen nnd sie dadurch bei der Verfolgung anfgchalten. Aus einer weiteren Meldung geht hervor, daß dis Türken bei Bozanti zehn französische Offiziere und ungefähr 550 Soldaten gefangengenommen haben. Man hält daS hier für einen Verstoß gegen den mit y ' stam Kemel Pascha in Angora abgeschlossenen WaffenstlMcnm.