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Sächsische Elbzeitung Tageblatt für die Sächsische Schweiz vtBtnl zu WMo mit ks vi»S!piimdnlit za haWii Anzeigen sind bet der Ivetten Verbreitung der „Sächsischen Elbzeitung" von gutem Erfolg. Annahme derselben nur bis svätestens vormittags 9 Uhr, gröbere Anzeigen am Tage vor dem Erscheinen erbeten. Ortspreis für di? si gespaltene Kleinschriftzeilc oder deren Raum 40 Pfg., für auswärtige Auf traggeber 50 Pfg. (tabellarische und schwierige Anzeigen nach Uebereinkunst), Reklame und Eingesandt die Zeile 100 Pfg. Bei Wiederholungen Rabatt. Verantwortlich: Konrad Rohr la pp er, Bad Schandau. Fernruf Nr. 22. Telegramme: Elbzeitung. :: Postscheckkonto: Leipzig Nr. 34V18. 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Jahrgang Kleine Zeitung für eilige Leser. * Das Nücktrlttsgcsnch dcS Neichswehrminsiters NoSke Ist vom Reichspräsidenten genehmigt morden. Seine Vertretung bat General v. Sccckt übernommen. * Gegen die Anhänger Kapps ist ein Gerichtsverfahren ein- geleitet morden. Zahlreiche hohe Beamte murden suspendiert. * Auch gegen General Ludendorff ist ein Bersahren wegen Begünstigung Kapps eingeleitet worben. * Für Mittwoch, den 24. März, ist die Nationalversamm lung nach Berlin einberulen. * Im Ruhrrcoicr hat sich eine grobe Note Armee gebildet, die, gegen Wwet oorrüclt. * Bei den Kämpfen in Gotha verloren die Aufständischen über 1VM Mann. Aufruf! Der dumme und verbrecherische Nealttionsversuch der Kapp und Lllttwitz ist endgültig niedergeschlagen. Nach den Lehren, die den Nealrtionären während der letzten Woche erteilt worden sind, besteht keine Gefahr, daß ein ähnlicher Versuch wiederholt wird. Um die durch die Ncvolution errungenen demokratischen Freiheiten zu verteidigen, sind an vielen Orten Waffen an die Bewohnerschaft verteilt morden. Da der Zweck der Waffenverteilung erreicht ist, sind die Waffen und Munition nunmehr an die Gemeindebehörden oder die Amtshaupt- mannschaften abzuliefern. Diese Behörden werden hierdurch angewiesen, Waffen und Munition in Empsang zu nehmen und vorläufig sicher zu verwahren. Der Waffenschutz der Rechte des Volkes muß wieder in geordneter Weise ge schehen. Die Negierung wird sich dafür einsetzen, daß die militärischen Formationen des Reiches von verräterischen Elementen gesäubert werden und in ihnen, wie es in Sachsen geschieht, lediglich solche Männer Dienst tun, die treu und zuverlässig ihr Leben für die Verfassung und die Freiheiten des Volkes einsetzen. Es geht nicht an, daß Waffen in den Händen un kontrollierbarer Personen verbleiben. Die Erfahrung der letzten Woche hat leider gezeigt, daß solche Personen ihren Führern nicht Folge leisten und bereit sind, teils aus Mißverständnissen, teils um unklare politische Ziele zu verwirklichen, die Dolksfreihciten anzutasten und das geordnete Wirtschaftsleben zu stören. Hungersnot und vollkommener wirtschaftlicher Zusammenbruch müßten die Folge sein. Waffen und Munition müssen daher an den Sammel- stellen wieder abgegeben werden. Dresden, den 23. März 1920. Im Auftrage der Sächsischen Regierung Heldt, Arbcitsminister. Aach der Sintflut. Dor den Iden des März, den drei mittelsten Tagen des Frühliugsmouats, haben schon die alten Römer einen heiligen Respekt gehabt. Julins Cäsar, ihr größter Feldherr, ist, aus dem Höhepunkt seiner Macht, eindringlich genug vor ihnen gewarnt worden; aber eher ging er, furchtlos und treu, wie er sich fühlte, In den sicheren Tod, ehe er auf den pflicht- mäßigen Gang in den Senat — und auf seinen Glauben an die Menschheit verzichtete. Er fiel unter Mörderhand, und die Republik, die Republik war wieder einmal gerettet. In den stürmischen Märztagcn dieses Jahres haben wir allerdings etwas mehr erlebt als die Beseiti gung eines vermeintlichen, nach der Krone strebenden Tyrannen Die Kapp und Lüttwitz wollten der Miß-- wirtschaft des neuen Systems, wie sie es deuten, i ans Leben und entrollten die Folgen des Aufruhrs. Sie sahen keine andere Möglichkeit mehr, das deutsche Land vor dem Untergang zu bewahren, sie sahen, wie die Nationalversammlung sich von ihrem Mandat nicht mehr trennen wollte, wie Vorbereitungen getrof fen wurden, das Volk um sein höchstes verfassungs mässiges Recht, den Relchspnsiwenlen in unmittelbarer Wahl zu bestimmen, zu verkürzen, wie wir dem Aus land gegenüber immer tiefer in Recht- und in Würde losigkeit in Schande und in Schmach hinctngcrieten. Das alles sahen sie und ihr Patriotismus bäumte sich dagegen auf. Was sie aber n .ht sahen, das war die Tatsache, daß hinter allen diesen Zuständen und Absichten der Wille des deutschen Volkes stand, daß dieser Wille zwar korrigiert und eingedenk wer den konnte daß dieser Versuch aber nur mit Mit teln unternommen werden durste, die dem Willen des deutschen Volkes entsprachen. Es war froh, aus der Unmöglichkeit der revolutionären Zeiten wieder zu einigermaßen verfassungsmäßigen Verhältnissen ge langt zu sei»; es war durchaus nicht entzückt von allem, was unter den Augen seiner Vol'Sregiernng, was unter Duldung oder tätiger Mitwirkung der Na tionalversammlung geschehen war: es war, in sehr be- achtenswerten Schichten wenigstens, durchaus davon überzeugt daß wir lieber heute als morgen aus der elenden Schieber- und Wucheratmosphäre wieder her- auskommcn mußten, in die wir geraten waren. Aber diese Befreiung durfte uns nur auf dem einzigen Aege, den die Verfassung zulüßt, gebracht werden: durch Neuwahlen zur Nationalversammlung. Hatten Kapp und Lüttwitz kein Vertrauen zu dieser Methode? Oder hatten sie keine Geduld, so lauge zu warte»? Sollte es ihnen an Warnungen wohlmeinender Freunde gänzlich gefehlt haben? Jedenfalls, sie rann ten am 13. März in ihr Verderben, in ihr und in unser Verderben. ES war ein unblutiger Staatsstreich; das wenig stens soll und kann man ihnen zugute halten. Kein Schuß war gefallen, als wir plötzlich einen neuen Kanzler, einen neuen Neichswehrminister hatten, als plötzlich wieder die alten stolzen Neichsfahncn von den öffentlichen Gebäuden hernbwchten. Aber als nun auch ein? neue Negierung gebildet werden sollte, ohne die ja schließlich ein Volk wie das deutsche nicht für Tage zu leben vermag, als man wieder auf deu Bo de» der Verfassung zurückkehren wollte, den via» nur für eine ganz kurze Frühlingsnacht verlasse» hatte, da zeigte sich sofort, daß hier ein ganz »»mögliches Experiment begonnen worden war. Man hatte nur die Uebereinstimmung eines oder einiger weniger Truppenführer, aber sonst stand hinter dem kühnen Handstreich auch nicht die Spur einer irgendwie ge arteten nicht militärischen Macht. Ein Paar unbeson nene Männer fanden sich allenfalls in der Reichs kanzlei zusammen, wohl mehr ihrem dunklen Drange zu helfen folgend als in dem Wahne, daß hier wirklich ein besseres Deutschland aufgerichtct werden könnte. Aber niemand, der einen Namen zu verlieren hatte, wollte mit Herrn Kapp und seinem verbrecherischen Un ternehmen etwas zu tun haben. Scho» aus diesem Grunde mußte es scheitern — wenn aus keinem an deren. Der Generalstreik, zu dem Arbeiter, Angestellte und Beamte sich allenthalben in noch nie erlebter Einmütigkeit erhoben, kam hinzu. Auch er erschien über Nacht, ohne umständliche Agitation. Er war da, riesengroß nnd unüberwindlich — daö sah jeder, der sehen konnte. Auch in der Reichskanzlei war we nigstens so viel Nüchternheit, »och zu finden, daß mau ohne langes Sperren die Notwendigkeit erkannte, die Segel zu streichen. Knapp fünf Tage hatte der verfrühte Aprilscherz gedauert. Unblutig, wie er be gonnen, hätte er beendet werden können, — wenn nicht draußen im Lande die Wut über den Berliner Militärangrifs jede Besinnnng hinweggefegt hätte. Der Aufruhr erhob sein Haupt — wo zuerst: in Nord oder West, in Süd oder Ost? Wer kann das heute noch feststcUeu? Er schritt von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf, führte zu blutigen, selbst in den schlimmsten Spartakuszeiteu unerhörten Kämpfen, nach Hunderte», insgesamt wohl nach Tausenden sind die Opfer zu zäh len, die wir zu beklagen haben, unermeßlich der Scha den, den wir auf allen Gebieten unseres öffentlichen Lebens wieder einmal zu buchen haben. Der Kampf, Einmal begonnen, setzte sich ganz natürlicherweise auch gegen die alte Negierung fort, die immerhin von jeder Mitschuld an dieser furchtbaren Katastrophe doch Wohl nicht freizusprechcn sein wird — bis er durch eine regelrechte Kapitulation des neuen, nun auch schon wieder veralteten Systems zum Stehen gebracht wurde. Darüber wird noch vielerlei zu sagen sein. Für heute muh die Feststellung genügen: in Deutschland soll fortan das eigentliche Regiment führen der neue Dreibund der Arbeiter, Angestellten und Beamten, ^yne ryn ucuw Reuyi-- uno LNamsirgwrnng, u»i keine Gesetzgebung. Vielleicht werden wir uns dabei ungeheuer wohl fühlen, vielleicht auch nicht. Die Probe muß gemacht werden. UuS vdr ungelseursii Ssnkfkuö, die wieder einmal über uns hinweggebraust ist, hebt sich langsam ei» schmales, ein ganz schmales Felsenriff empor, an das wir uns festklnmmern müssen. Niemand kann wissen, ob es halten wird. Aber es bleibt uns keine Wahl. Roch immer Gefahr! Uber die Gesamilage im Reiche wurde am DienSkag mittag berichtet, daß sie ein wenig entspannt, aber trotzdem — namentlich bezüglich Rheinland-Westfalens — nach wie vor ernst ist. In Mecklenburg und Pommern ist ebenfalls eine Entspannung zu verzeichnen, aber auf dem Lande treiben bewaffnete Banden ihr Unwesen, plündern und rauben, wobei auch in einzelnen Fällen Gutsbesitzer getötet wurden. Ein reines Arbeiterkabinett? Die Unabhängigen haben den Mehrheitssozialistcn vor geschlagen, ein reines Arbeitcrministcrium zu bilden und er klärten sich bereit, Arbeitervcrtreter auch aus den demo kratischen und christlichen Arbeiterverbänden zu beteiligen. In mehrheitssozlalistischen Kreisen wird gegen diesen Vor schlag geltend gemacht, daß seine Durchführung Schwierig keiten mit der Entente zur Folge haben könnte, die sich weigern würde, Lebensmittel zu liefern und Kredite zu ge währen. * Großkampf im Nuhrrevier, Bildung einer Noten Armee. Die Lage im Nuhrrevier hat sich keineswegs gebessert ist vielmehr direkt als verzweifelt zu bezeichnen. Im Nuhrrevier haben die aufstänvischcn Arbeiter ein« große Rote Armee gebildet. Die Reichswehr mußte zurück gezogen werden und wnrde in Wesel konzentriert, dt* Festung Wesel wird von der Noten Armee vermint. A«A Bayern nnd Württemberg rücken starke Mengen NcichS- wchrtrnppcn zur Unterstützung der Regierung gegen daS Rnhrrcvtcr;hcran. Der Machtbereich der Sloten Armee crstrcckt sich von Dorsten btS Hamm nnd an die Ruhr. Die »Note Armee" gibt bereits einen Frontbericht heraus, in dem es heißt: „Der linke Flügel der Noten Armee crstrcckt sich von Dinslaken über Holt nach Dorsten. Auf diesem Teile der Front sanden schaffe Kämpfe statt. Walsum und Dorsten sind genommen. Bei Dorsten wurden 900 Gefangene gemacht. Der allgemeine Vormarsch geht auf die Richtung von Wesel. In der Nähe von Haltern wurde ein von Münster in das Industrie gebiet entsandter Panzerzug zum Stehen ge bracht, in dem die Bahnstrecke vor und hinter dem Zuge gesprengt wurde. Auf dem Frontabschnitt zwischen Dorsten über Recklinghausen bis Dortmund ist cs ruhig. Die all gemeine militärische Lage steht für die revolutionären Truppen günstig. Aus den Kämpfen mit dem Freikorps Schulz sind bisher als Beute eingcbracht morden: 5 Geschütze, 3 Maschinengewehre, 3000 Gewehre, 25 000 Schuß Munition, 200 Pserde und viel Bagage. Das Einbringen der Beute dauert an." Sperrung der Lebensrnittel,zufuhr. Für die Regierung weilen die Minister Braun und Giesberts im Nuhrrevier, um zwischen den Kämpfenden zu vermitteln. Als Zmangsmaßregel gegen die Aufrührer hat die Neichsregierung verfügt, daß jegliche Versorgung des Nuhrreviers mit Lebensmitteln sofort eingestellt wird. Auch dürfe» aus Holland keine Lebensmittel mehr in das Neoier gebracht werden, da Holland jegliche Nätcdiktatur rundweg ablehnt. — In Duisburg haben die Belgier ihre Truppen einen Kilometer weit aus das rechte Nheinufer vor geschoben. Verfolgung der Kupp-Anhänger. Die preußische Staatsrcgieruug erklärt, daß gegen alle, die sich der Mitwirkung an dein Verbrechen von Kapp und Lültwitz schuldig gemacht haben, ohne Ansehen der Person mit der äußersten Schärfe vorgegangen wird. Die Flüchtigen werden steckbrieflich verfolgt, die Gerichte sind mit den er forderlichen Anweisungen versehen. Alle Beamten, die sich dem Kappschen Unternehme» unter Verletzung ihres der Republik geleistete» Eides zur Versüguug gestellt haben, werde», soweit diese nicht bereits erfolgt ist, aus ihren Ämtern entfernt. Vom Amt suspendiert unter gleichzeitiger Eröffnung eines Disziplinarverfahrens wurden Dope, Vortragender Nat im preußischen Ministerium des Juueril, Wnruig, Obcr- prästdcut, Königsberg, v. Hassel, Oberpräsidialrat, Königs berg, o. Braun, Regierungspräsident, Gumbinnen, Zwicker, Landrat, Nagnitz, Pauli, Regierungspräsident, Schleswig. Gegen den Landeshauptmann v. Vrüneck in Königsberg wurde das Disziplinarverfahren eingelcilct. Der Oberst v. Schönstedt ist vom Kommando der Sicherheitspolizei Berlin abbernfen worden. Sämtliche Obcrpräsidcnteu sind aufgefordert morden, über daS Verhalten der Beamten