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Z872 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 54. 5. März 1912. alten Angaben, viele auf denen des Ptolemäus, oder auf un sicheren Schätzungen, und der Kompaß war kein sicherer Helfer, da seine Mißweisung die größten Fehler Hervorrufen konnte. Diese beiden Mängel erkannte Mercator nicht nur, sondern er fand auch Mittel zu ihrer Beseitigung. Mercator hatte ursprünglich nicht mathematische Wissenschaften, sondern hu- monistische Studien getrieben. Mit mathematischen und geo graphischen Dingen hat er sich auf eigene Faust beschäftigt. Ganz allgemein untersuchte er als erster die Frage, wie man die Kugel in einer Ebene so darstellen könnte, daß man auf einer so erhaltenen Projektion dieses Körpers Messungen anstellen könnte. Im Jahre 1569 und zwar im Monate August erschien die wich tigste Frucht seiner Studien, die große Weltkarte zum Ge brauche der Seefahrer, die nicht nur eine Umwälzung auf dem Gebiete der Kartenkunde, sondern zugleich auf dem der Steuermannskunst bedeutet. Bei dieser Karte ist zum erstenmal die winkeltreue Zylinder-Projektion angewendet, bei der die »Loxodrome«, die krumme KurSlinie des Schiffes, die alle Meridiane unter gleichem Winkel schneidet, als gerade Linie erscheint. Dabei sind zwar die Größenverhältnisse ver zerrt, aber die Richtungen sind beibehalten. Als Mercator diese Projektion anwandte, wußte er genau, warum er ge rade sie wählte: »Weil die Vierecke bleiben und weil auch die Breiten- und Längengrade unter sich dasselbe Verhältnis be wahren wie auf der Kugeloberfläche, so behält das Bild über all seine ursprüngliche Gestalt, ohne irgendwelche Verzerrung«. Was man in der Kartenprojektionslehre heute als »konforme, Abbildung« bezeichnet, hatte Mercator also damals bereits in einer Form ausgesprochen, die beinahe als Definition anzu sehen ist. Merkwürdigerweise wurde der Wert dieser Projek tionsart besonders für die Steuermannskunst erst viel später erkannt. Die Mercatorschen Karten wurden zwar nachgedruckt und nachgeahmt, aber manchmal ließ man die Gradnetze weg. Das große geographische Kartenwerk Mercators, das zum erstenmal den Namen »Atlas« trug, erschien übrigens erst 1695, ein Jahr nach Mercators Tode, von dessen Sohne heraus gegeben. Sieben Jahre später war es bereits vergriffen, so daß ein neuer Druck erscheinen konnte; dann gingen bald die Originalplatten Mercators in holländischen Besitz über, und von 1611 an erschienen in Amsterdam zahlreiche Auflagen nach- einander. 1653 erschien eine sechsbändige Atlasausgabe in Folio, die nicht weniger als 451 Karten umfaßte. Bei einem Manne von der Bedeutung Mercators ist es kein Wunder, daß einige ausländische Gelehrte ihn nicht als Deutschen gelten lassen wollen, sondern für Holland in Anspruch nehmen, besonders da in den Niederlanden bald nach der Zeit Mercators tatsächlich die Karten kunst außerordentlich aufblühte. Allein Mercator, der eigentlich Kremer hieß, ist nach seinem eigenen Zeugnis ein echterDeutscher In der Widmung seiner »'lladulas 6ailias st 6srmanias«, die 1685 zu Duisburg erschienen, sagt er selbst: »Obwohl ich in Flandern (und zwar in Rupelmonde) geboren bin, so sind doch die Herzöge von Jülich meine angestammten Herren, und unter ihrem Schutze bin ich im Jülicher Lande von jülichschen Eltern erzeugt und erzogen«. Gegen den Lchecksternpel. - Die Ältesten der Kaufmann schaft von Berlin schreiben: Die durch die Finanzreform von 1909 eingeführte Besteuerung des Scheckverkehrs hat bekanntlich einen sehr bedeutenden Rückgang dieses Verkehrs und einen voll ständigen Mißerfolg in finanzieller Hinsicht bis jetzt zur Folge gehabt. Die Ältesten hatten sich seinerzeit auf das entschiedenste gegen die Besteuerung ausgesprochen, nachdem es durch jahre lange Aufklärungsarbeit gelungen war, das Publikum im Interesse der Vereinfachung und Verbilligung des Ver kehrs und im Interesse unserer gesamten Geld- und Volkswirtschaft mehr und mehr an bargeldlosen Zahlungsverkehr nach englischem und Hamburger Vorbild zu gewöhnen. Die schweren Schäden, die dieser hoffnungsvollen gesunden Ent wicklung durch den Scheckstempel zugefügt worden sind, zu be seitigen, ist der Zweck eines jetzt im Reichstage eingebrachten Antrags Ablaß und Genossen auf Aufhebung des Scheckstempel?. Die Ältesten, die sich in ihrer letzten Sitzung mit diesem Antrag beschäftigten, begrüßen ihn mit Freuden und bitten den Reichstag, ihn anzunehmen. Zeit«ngSverkauf auf den Bahnhöfen. — Es ist darüber geklagt worden, daß von den Bahnhofsbuchhändlern einzelne be stimmte Zeitungen dem reisenden Publikum vorzugsweise ange boren werden, während andere Zeitungen, die gewünscht werden, nicht zu haben sind. Im Bereich der preußisch-hessischen Staatsbahnen find des halb die Bahnhofsbuchhändler neuerdings wieder angewiesen worden, alle diejenigen Zeitungen vorrätig zu halten, für deren Feilhalten nach den Verhältnissen der Station ein Bedürfnis be- steht. Zeitungen von politischer Bedeutung sollen die Bahnhofs buchhändler auch bei geringerer Nachfrage führen, soweit ihnen dies ohne nennenswerte Verluste möglich ist. Die Zeitungs verkäufer müssen von allen diesen Zeitungen stets einige Exem plare bei sich haben, damit sie die Wünsche der Reisenden gleich auf dem Bahnsteig und am Zuge befriedigen können. Das Ausrufen der Zeitungen an den Zügen soll sich auf die Ge samtbezeichnung »Zeitungen« oder »Neueste Morgenzeitungen« oder »Neueste Abendzeitungen« beschränken. Das Ausrufen be stimmter Zeitungen ist untersagt. Den Eisenbahndirektionen ist zur Pflicht gemacht, für Befolgung der Anordnungen zu sorgen und sie zu überwachen. Das klingt zwar etwas anders als die früheren Erlasse, aber gerade deswegen recht verständig, und es wäre nur zu wünschen, daß auch die übrigen Eisenbahn-Direktionen sich diesem Vorgehen anschließen möchten. Ne«e österreichische Tageszeitung. — Im Palais des Grafen Mensdorf in Wien finden derzeit Verhandlungen behufs Gründung eines großösterreichischen, katholisch.konservativen großen Tageblattes statt, das in nationaler Hinsicht völlig indifferent sein soll. Im Gegensatz zur gemäßigt-nationalen christlichsozialen »Reichspost« soll das neu zu gründende Organ den feudalen Adel vertreten, der durch die Blattgründung die verloren gegangene politsche Macht teilweise zurückzuerobern versuchen will. rreue Bücher, «ataloge »s». für Buchhändler. trag rum Vsrlaggicatalog 1862—1905). 6rr.-8". 36 8. Sprechsaal. Anastatischer Druck. (Vgl. Nr. 49 u. S2.> Zu dem Artikel in Nr. 49 »Anastatischer Druck« bemerke ich daß der anastatische Druck ein »Nachdruck« ist, bei dem der Druck spiegel von einem vorhandenen gedruckten Original reproduziert und dann in der Steindruckpresse gedruckt wird, also mit Buch druck nichts zu tun hat. Unter Neudruck versteht man allgemein Buchdruck-Neusatz.*) Es gibt nur sehr wenige Steindruckereien, die anastatischen Druck ausführen und sich als »Spezialität« damit befassen. Berlin. Conrad Paris. Anastatischer Druck ist m. E. nicht als Neudruck aufzufassen, denn dann müßte esneuerSatz und Druck sein.*) Der anastatische Druck ist sozusagen nur ein Abklatsch insofern, als mit diesem Ver fahren alle gedruckten Werke ohne Satz und ohne Buchdruck wieder hergestellt werden. Das Werk wird bogenweise auf den Stein gebracht und so gedruckt, kann also als Neudruck, bzw. als Buch druck nicht aufgefaßt werden. Berlin. A. Dannenberg. *) Diese Sätze werden nicht ohne Widerspruch hingenommen werden können. So wenig wie der Begriff neue Auflage einen Neusatz zur Voraussetzung hat, so wenig ist ein Neudruck an einen Neusatz gebunden. An den beiden Gutachten selbst wird da durch nichts geändert, weil es sich bei dem anastatischen Druck um ein ganz spezielles, dem Lichtdruck näher als dem Buchdruck stehendes Verfahren handelt. Red.