Suche löschen...
Allgemeiner Anzeiger : 29.09.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-09-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191709293
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19170929
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19170929
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1917
-
Monat
1917-09
- Tag 1917-09-29
-
Monat
1917-09
-
Jahr
1917
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 29.09.1917
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Vie deutsche Hrau im Kriege. Wenn künftige Geschichtsschreiber einmal das Gesamtbild dieses nie erhörten Krieges um unser Dasein zu schildern versuchen, so werden darin der deutschen Frau Taten im Kriege keine geringe Stelle einnehmen. Ja, ohne ihre Ein zeichnung bliebe das Bild unvollständig. Zur gerechten Einschätzung einer Leistung gehört aber die Frage nach dem Grade der Vor bereitung. War die deutsche Frau auf all das, was sie aui sich zu nehmen halte, genügend gerüstet? Glattweg: nein! Sie war es nicht l Das Ungeheure traf sie in gärenden, unaus geglichenen, verkehrten oder lässigen Zuständen. Um so überwältigender bleibt die Tatsache, daß sie so rasch ihre Pflichten und Möglichkeiten erkannte und das Heimatheer der Unentbehr lichen wurde. Der Krieg traf die Frau in einem Übergangszustand. Und da ward es dann dem Volke ein wunderbares Schauspiel, wie der Krieg die Frau mit sich fortriß. Er sührte sie mit Sturmgewalt hinweg von allen Verzettelungen und Verkehrt heiten, vorwärts zu bewußter Tatkraft und, wunderlichster Widerspruch, zugleich zurück zu »in«r verlassenen Linie, zu ihrer eigentlichsten mütterlich waltenden Fürsorge für Herd und Haus l Nur, daß dies heilige Herdfeuer nicht Nehr allein für die Stille der Familie Be deutung hatte, ihr Wärme und Licht gab, sondern daß jedes einzelne im tiefsten Sinn dem ganzen Vaterland brannte. Und es war, als reichten Martha und Elisabeth, diese beiden herrlichsten Gestalten der biblischen und volks tümlichen Legende, einander die Hand, um in schaffender Arbeit und jürsorgendem Mitleid dem Kriege zu dienen. In politischen und anderen Kreisen hört man ost das Wort: „Man baut ein Haus nicht «m, wenn es brennt I" Das aber hat die deutsche Frau getan. Sie hat das Wunder vollbracht, mitten in der stärksten Erregung, die über Menschen verhängt werden kann, mitten in der keuchenden, erbitterten Ver teidigung unseres Seins, umgestaltend, neugestaltend für die brennende Gegen wart und die ernst - stolze Zukunst, der Frauenbewegung andere, die wichtigsten und richtigsten Bahnen zu weisen, überall sind so ziale Frauenschulen gegründet worden oder im Entstehen. Sie wollen und werden die Frauen zu gründlich vorbereiteten Volksgenossinnen er ziehen, die nicht erst Lehrgeld zu zahlen brauchen, wenn es wieder einmal gelten sollte, den streit baren Mann an der Front im Heimatdienst zu ergänzen, zu ersetzen, seinem wirtschaftlichen wie seinem kriegerischen Werk Helferinnen zu sein. Welche Größe zeigte die Frau auch als Leid tragende. Es wurde nicht laut gejammert, wenn ein nie verwindbares Opfer gebracht werden mußte; die Frau nahm den Tod ihrer Liebsten auf sich als ein Schicksal, das ihr Herz nur fester ans Vaterland band. Eine Pflicht, die zu seinem Heil, in seinem Dienst zu erfüllen war, ward keinen Tag versäumt, um der Tränen willen. Und welche Zähigkeit zeigt die Frau als Arbeiterin! Dem ewigen Weh und AH und allen lastvollen Zuständen trotzend, mit denen die Natur nun einmal das Weib bedacht hat, sieht das Volk sie an allen Stellen, wo man sie sich vordem nie als wahrhaft leistungs fähig hätte denken können. Von der unendlichen Mühe, die wohl alle Frauen auf sich nahmen, auch jene, die scheinbar unberührt vom Kriege blieben und ohne eifrige Teilnahme an den unmittelbaren Arbeiten für ihn — von der Fülle weiblicher, kaum bemerkter Selbstlosigkeit* auf dem wichtigen Ernährungs gebiet macht man sich kaum genügende Vorstellung. Die Tischversorgung war und ist eine schwere Sisyphusaufgabe, Gedanken und Nerven ver zehrend und schließlich doch immer irgendwie ge löst. Die Frau wurde zum Kochgenie und eine Künstlerin im Einteilen knappen Vonats. Und im stillen Heldentum mögen Millionen Mütter, Gattinnen, Schwestern es verstanden haben, beim Mahl dem männlichen Teilnehmenden die besten und reichlichsten Bissen zuzuschieben, mit heuchlerischen Gesten tuend, als langten sie selbst zu. — Lächelnd geleistete, immer .wieder holte Beweise der Liebe zugleich zum Manne und zum Vaterlande. Rührend und nie genug zu preisen! Ganz gewiß sind diese überwältigenden Taten durch dis fortwährende Erregung geheizt, die aus uns allen unerschöpfliche Akkumulatoren macht. Aber ich fürchte keinen Zusammenbruch, keinen Nachschlag der Ermattung, wenn dieses flammende Feuer der Not um unser Vaterland erlischt. Dann wird die Helle Sonne des Glücks über einen stolzen Frieden andere, neue, ruhigere Lebenskräfte wecken in der Frau, und sie wird sich auch dann als das erweisen, was sie jetzt im Kriege war und ist: pflichtbewußt! Denn sie hat vollkommen begriffen, wie groß und verantwortungsvoll, aber auch wie erhebend und sie ehrend ihr Anteil an der Gestaltung der deutschen Zukunft ist. verschiedene UriegsnachrWen. Friedensfreundliche Flugschriften in Frankreich. Der Pariser ,Temps' meldet, daß in der Hauptstadt sowie in der Provinz seit einiger Zeit Flugschriften friedenssreundlichen Inhalts von verdächtigen Ausländern verteilt werden, ohne daß die Polizei bisher eingeschritten wäre. Die Agenten betrieben besonders in Mönil- montant und Montmartre ihr Unwesen. ES ist recht zweifelhait, daß feindliche Agenten am Werke sind. Es scheint vielmehr, daß die kriegsmüden Franzosen selbst diese Friedens werbung betreiben. * Der Ruf nach einem Kriegsplan. ,Echo de Paris' erklärt bei Betrachtung der allgemeinen Kriegslage, die Verbündeten müssen einen neuen Kriegsplan ausstellen, dem die Tat sache zugrunde liege, daß d e r d e u 1 s ch e P l a n in Rußland erfolgreich gewesen sei. Deutschland werde deshalb künftig über größere Kräfte an der Westfropt verfügen, so daß die Verbündeten das Gleichgewicht erst wieder brechen können, wenn die Ver. Staaten die zahlenmäßige Übermacht wiederhergestellt hätten. Was die Blockade anbelange, so brauchten die Mittelmächte heute weniger be sorgt zu sein. Die wachsende Ausdehnung der Kriegskarte setze die Mittelmächte instand, auf alle Elemente, die für den Frieden arbeiten, z. B. die Neutralen, einen größeren Druck aus zuüben als je. Alles in allem sei es sicher, daß das Aktivum der deutsch-österreichischen Kriegsbilanz zunehme, was aber nicht bedeute, daß dir Mittelmächte auf den Sieg rechnen könnten. * Auch die lrüte Hoffnung schwindet! In einer bemerkenswerten Rede betonte der amerikanische Senator Lewis in Philadelphia, daß die bedeutendsten militärischen Sachverstän digen der Welt, soweit sie nicht „unter sremdem Einflüsse" ständen, erklärt hätten, daß die kämpfenden Heere den Krieg nicht zur Entscheidung bringen würden. Auch das Eingreifen Amerikas könne diese Tat sache nicht ändern, Amerika werde niemals imstande sein, eine Truppenmasse nach Europa zu entsenden, die dort den Ausschlag geben könnte. Aus den englischen Verlustlisten gehe hervor, daß ein eventueller Transport von 20—30 000 Mann in vier bis sechs Tagen auf gerieben sein würde. Es sei frevelhaft, trotz dieser Erkenntnis den Krieg fortzusetzen. Warum die jetzigen Machthaber in Amerika den Krieg getrieben hätten, sei seiner Ansicht nach nicht ersichtlich. Sie würden die Verantwortung dafür zu tragen haben. Pflicht eines jeden Friedens anhängers sei es aber, mit allen Mitteln für den Frieden zu kämpfen. Politische Kuncischau. Deutschland. * In der letzten Sitzung desBundes- rats gelangten zur Annahme der Entwurf eines Gesetzes, betr. die Feststellung eines zweiten Nachtrags zum Reichshaushaltsetat für das Rechnungsjahr 1917, der Entwurf einer vierten Ergänzung des Besoldungsgesetzes, der Entwurf tner Betannimachung über die Geltendmachung von Ansprüchen von Personen, die im Ausland ihren Wohnsitz haben, der Entwurf einer Be kanntmachung, betr. die Fristen des Wechsel- und Scheckrcchts für Elsaß-Lolhringen und der Entwurf von Bestimmungen über die Verwen dung von Neichsmitteln für Zwecke der sozialen Kriegsinvalidenjürsorge. * Die Fahrt der Neichstagsabge ll r d n e t e n an die Ostsront hat den pro grammäßigen Verlauf genommen. Die Herren wurden in Warschau vom Generalgouverneur von Beseler empfangen und nahmen zahlreiche Vorträge entgegen, in denen sie sich über poli tische und wirtschaftliche Fragen und über die verschiedensten Zweige der Verwaltung unter richteten. Eingehende Besichtigungen amtlicher Stellen, Schulen und Wohlfahrtseinrichtungen folgten. Auch der Festung Nowo-Georgiewsk, dem jetzigen Modlin, statteten sie einen Besuch ab. Am 18. September weilten sie beim Fürsten Lubomirski, wo sie mit einer großen Anzahl von Vertretern der verschiedenen polnischen politischen Parteirichtnngen und Wirtschastsgruppen sowie der Presse zusammentrafen und eingehende Aus sprache pflegten. Am 20. September besuchten sie Lodz. Eine Fahrt auf der Weichsel nach Plock und Wloclawek bildete den Abschluß der vielseitigen Orientierungsreise. ' UI Teicknet äie siebente Kriegsanleihe! * Wie aus parlamentarischen Kreisen ver lautet, rechnet man damit, daß im Zusammen hänge mit den Vorlagen über die Reform der inneren Staatsverwaltung auch eine Er gänzung zur preußischen Städte- ordnung eingebracht werden wird. Es dürste dabei die engere Begrenzung der kommunal- aufsichtlichen Befugnisse der Regierung und die Einschränkung des Bestätigungsrechtes sür eine Anzahl minderbelangreicher ortsstatutarischer Festsetzungen in Betracht kommen. Polen. *Nach einer Meldung der,Nowa Reforma' hat der Übergangsausschuß des Staatsrates den Kommissären der Okkupationsmächte erklärt, daß zu Mitgliedern des Negentschafts- rates Graf Tarnowski, Fürst Lubomirski und Erzbischof Krakowski vorgeschlagen werden sollen. — Generalgouverneur v. Beseler hat sich nach Berlin begeben, um weitere Vollmachten für die Einsetzung des Negentschaftsrates ent- gegenzunehmeu. Italien. "Ohne Zweisel durchlebt Italien gegen wärtig eine schwere innereKrisc. Die Friedensbewegung hat mit dein Versagen der 11. italienischen Jsonzo-Ofsensive mit erneuter und verdoppelter Kcait eingesetzt. In sozialisti schen Rundschreiben weiden die Gemeinderäte aufgefordert, alle Bürgermeister zum Rücktritt zu zwingen, um so einen Stillstand der Ge meindeverwaltungen zu erzielen. In ver schiedenen anderen sozialistischen Rundschreiben werden die Genossen zum Durchhalten er muntert, die Entscheidungsstunde sei nahe. Die allgemeine Losung sei, keinen Winter im Schützengraben mehr! Die süditalienischen Bauern werden aufgefordert, alle Landarbeit, insbesondere die Aussaat einzufchränken, damit ein allgemeiner Nahrungsmittelmangel im Lande dem Krieg ein schnelles Ende bereite. Russland. * Die vorläufige Regierung hat beschlossen, daß Genera! Kornilow vor ein Kriegs gericht gestellt werden soll, das auf Wunsch des Arbeiter- und Soldatenrates an der Front zusammentreten wird. — Nach einer Verfügung des Kriegsministers können russische Untertanen deutscher Abstammung, die in den deutschen Siedlungen in Rußland leben, in Zukunst mili tärische Schulen besuchen und Offizier werden. * Der außerordentliche kurländische Landtag hat folgenden Beschluß über die Bildung einer allgemeinen Landesverfammlung gefaßt: Zur Beratung und Beschlußfassung über allgemeine Landesfragen soll eine all- ständische, von Vertretern, ^es Großgrundbesitzes, der kurländischen RitteMaft, der städtischen Ein wohnerschaft, der Geistlichkeit und des Kleiu- grundbefitzes gebildete Versammlung in Milan unter denr Präsidium des LandboteumarschallS, des außerordentlichen Landtags, der kurländischen Ritter- und Landschaft einmalig zusammenlreten. Kleine Nachrichten. — Die schwedische Negierung hat wegen der Luxburg-Depeschen in Berlin formellen Ein spruch erhoben. — Nach verschiedenen Bläticrmcldungen bat di« spanische Negierung ihrs Bereiiwilligkeit erklärt, sich den Schritten des Papstes zur Anbahnung des Wettsricdens in aller Form anzuschtichcu. — Die Petersburger Regierung hat beschlösse», dem Zarenpaar die Freiheit zu gewähren, sobald die neue Regierungsform von den Mächte» anerkannt ist. — Nach einer Rcutcrmcldung hat sich der Argen tinische Senat fast einstimmig für den Abbruch der Beziehungcn mit Deutschland anS- geipr-chen. Vie belgische frage. In den letzten Tagen, die besonders reich an Friedenserörterungen mancherlei Art waren, ist die belgische Frage wieder in den Vorder- > gru,nd des allgemeinen Interesses getreten. Das ,W'T. B.' veröffentlicht dazu eine Auslassung der .Münchener Neuesten Nachrichten', die in diesem Falle wohl zweifellos als gutunterrichtet gelten können. In dem Artikel heißt es: In den letzten Tagen sind über di« Stellung Deutschlands zur Frage der belgischen Zukunft so viel durcheinanderlauscnde Be hauptungen und Vermutungen verbreitet worden, daß es nützlich erscheint, diesem Wirr warr ein in festen Strichen gezeichnetes Bild von dem bisherigen Stand der Auffassungen gegenüberzustellen. Für uns ist die eine, alles beherrschende Tatsache, von der wir ausgeheu, die, daß wir Belgien fest in der Hand haben, und daß es dem Gegner versagt geblieben ist, trotz der ungeheuerlichsten Anstrengungen und Opfer uns aus dieser festen Stellung zu ver treiben oder in ihr zu erschüttern. Das ist der Ausgangspunkt sür jede deutsche Er wägung und für jede Verhandlung mit dem heutigen Gegner. Die Frage der Zukunft Belgiens ist aber, wie sich das von selbst versteht, nicht abgesondert zu betrachten und zu lösen. Auch sie muß im Zusammenhang mit den gesamten Kriegs- und Friedensfragen erfaßt und entschieden werden. Für das Gesamtgebiet aller dieser Fragen aber hat sowohl die deutsche Negierung wie die deutsche Volksvertretung als Richtschnur an erkannt, daß nicht Eroberungen, sondern Ver ständigung und Ausgleich sür uns das Ziel seien/ unter der selbstverständlichen Voraus setzung, daß auch unsere Gegner ebenso rück haltlos auf Eroberungen verzichten und Ver- stäudignug und Ausgleich suchen. DaS gilt sür die Gesamtheit der Fragen, und es gilt im Rahmen dieser Gesamtheit auch für die belgische Frage. Wenn die Gegner bereit sind, auf ihre territoriale und wirtschaftliche Eroberungspolitik und auf die während dieses Krieges bereits ge machten Eroberungen gegenüber Deutschland und seinen Verbündeten zn verzichten, so sind auch wir dazu bereit, und was insbesondere die belgische Frage angeht, sür deren Beantwortung man sich in England besonders interessiert, so sind wir unter der genannten Vor aussetzung zweifellos bereit, die Unabhängigkeit Belgiens wieder- herzu st eilen unter der Sicherung des Daseiusrechtes der verschiedenen in Belgien wohnenden Nationalitäten und unter Garantien sür die wirkliche Neutralität Belgiens, über die noch zu reden sein wird. Bis znr Ent scheidung der Gesamtheit der Friedensfragen dient unsBelgien wie jedes andere besetzte Gebiet selbstverständlich unverkürzt als Pfand. Es ist anzunehmen, daß der Reichs kanzler unmittelbar nach Wiederaufnahme der Sitzungen im Reichstag über diese Fragen sprechen wird. schützen ' ' „Ich weiß wohl, Herr Graf, daß eine solche Heirat nicht gerade gentlemanlike ist, ich weiß wohl, daß die Gesellschaft über eine solche Heirat die Nase rümpfen würde, wenn sie davon hörte, ich kenne alle Einwendungen, welche Sie mir machen können, aber ich weiß auch, daß die Gesellschaft von der Heirat nichts «fahren wird — das lassen Sie meine Sorge sein -- ich weiß auch, daß eS Ihnen ziemlich einerlei sein kann, was man hier in der Gesell schaft spricht, der sie seit Jahren fremd geworden sind, ich weiß, mit welcher Liebe Sie an Ihrem Besitz hängen und ich weiß kein anderes Nettungsmittel." „Aber könnte ich die junge Dame nicht wenigsten? kennen lernen?" „Nein —" ' „Aber wenn wir uns irgendwo begegneten?" „Das erscheint ausgeschlossen. Wenn eS aber der Zufall will, nun, manche geschiedene oder getrennt lebende Eheleute begegnen sich anbesangen in der Welt." „Wird denn die Frau Gräfin hier in Berlin leben?" „Nein — in Wien oder Paris ..." „Ah — das wird ja immer interessanter. Und wird sie ganz allein leben?" „Nein — mit ihrem väterlichen Be- bunt, Justizrat. Ich kann mich für das Ge schäft wirklich nicht entschließen." „Schade, schade — ich hätte Ihnen so gern die halbe Million gegönnt. Sie wären dann mit einem Male ans allen Ihren Schwierig keiten heraus und könnten Einödt wieder empor bringen." „Was nutzte das mir. Wenn ich die aben teuerliche Ehe eingehe, stirbt mein Geschlecht mit mir ja doch aus." „Werweiß ?" sagte der Justizrat mit schlauem Lächeln. „Wie meinen Sie das? — Soll mir diese Ehe auch noch einen falschen Sohn bringen?" „Nein, nein, behüte Gott! So war es nicht gemeint. Aber man kann ja nicht wissen — Sie, bester Graf, sind sünfunddreißig Jahre alt, sind eine schöne, aristokratische, männliche Er scheinung . . ." „Danke sür das Kompliment." „Bitte — es ist die reine Wahrheit. Ihr Charakter ist tadellos, Ihr Ruf ebenfalls, denn die Leutnantsstreiche sind längst vergessen — wäre es da nicht möglich, daß die Frau Gräfin ein menschlickies Rühren empfände?" „Und mich wirklich zu ihrem Gatten erhöbe?" lachte Graf Alexander. „Nun, das muß ich sagen, ihr Juristen seid doch die verschlagendsten Schlauköpfe, die eS gibt ! Und auf diese Even tualität hin, meinen Sie, sollte ich cs wagen?" „Allerdings." „Es ist unmöglich!" „Nun, Sie brauchen sich ja nicht sofort, zu , entschließe». Beschlafen Sie die Angelegenheit „Die Geschichte wird mir denn doch zy s und kommen Sie morgen zu mir, dann be-. Vas Katlel seiner 6ke. N Roman von Ludwig Hasse. sprechen wir alle? noch einmal, und ich kann Ihnen das Nähere über die Vermögensverhält nisse Ihrer künftigen Fran Gemahlin mitteilen. Einstweilen leben Sie wohl . . . überlegen Sie sich meinen Vorschlag reiflich, lieber Graf, und vertrauen Sie mir, daß ich Ihnen zu keinem schlechten Geschäft rate." „Geschäft — eine Heirat soll kein Geschäft sein!" „Im gewöhnlichen Laufe der Dinge aller dings nicht. Aber sind Sie nicht hierher ge kommen, um eine derartige geschäftliche Heirat zu schließen? Machen wir aus unserem Herzen keine Mördergrube, Graf. — Und eine solche Heirat bietet sich Ihnen so leicht nicht wieder. — Adieu . . ." Der alte Herr ging. Er halte sich in Eiser geredet und war ordentlich böse auf den Grafen, daß er seinem Vorschläge Bedenken entgegen setzte. Was wollte denn Graf Alerander mehr? — Wenn er diesen Rettungsanker nicht benutzte, war er verloren. In einigen Monaten stand er am Bettelstab — ja, eigentlich war er jetzt schon ein Bettler, denn von Einödt gehörte ihm kein Ziegel mehr. Und doch war Schloß Einödt ein so schönes stattliches Schloß, daS noch aus der Zeil der Deutschritter herstammte, mit denen die Gallen bergs auS ihrer österreichischen Heimat nach Ostpreußen gekommen waren. In Tirol und Steiermark gab es noch Gallenbergs, aber dick üm- merten sich schon seit Jahrhunderten nicht mehr um die ostpreußischen Stammesvettern. Von denen war also nichts zu holen. . Na, und nun sollte Schloß Einödt Zn die > Hände eines Königsberger Kornhändlcrs über gehen, der die Schlinge, welche dem Giaien schon lange um den Hals saß, znr rechten Zeit zugezogen hatte? Ei. das wäre doch des Teufels! — Und was sollte aus dem Grasen Alexander werden? Champagner-Reisender oder Versicherungsagent? Oder Stallmeister bei einem amerikanischen Multimillionär? — Oder Inspektor auf dem Ritterguts eines seiner Staudesgenosseu? Oder Direktor einer Omnibnsgesellschaft? Der alte Herr war ganz aufgeregt und nahm sich vor, dem Grasen noch einmal in daS Gewissen zn reden. Und dann hatte ocr alte Pfijfikus noch einen geheimen Plan und wenn er an diesen dachte, 'lächelte er wieder scclen- vergnügt und schlau. Merkwürdig war, daß Graf Alexander, als er nachdenklich in seinem Hotelzimmer aut und abging, denselben Gedankengang hegte wie sein juristischer Berater und sich dieselben Fragen, was ans ihm werden solle, vorlegte. Er gelangte sogar auf der Stufenleiter der Stellungen, die sich ihm darbotsn, noch tiefer und meinte bitter lachend: „Wer weiß, vielleicht wirst du noch einmal Omnibuskuttcher oder Schaffner auf der eleltrijchen Straßenbahn." Diese hervorragenden Aussichten seiner Zukunft stimmten ihn denn doch sehr nach denklich. „Wenn ich meine zukünftige Frau Gemahlin nur kennen lernen dürfte," murmelte er. „Gewiß, ich wollte eine Geldheirat schließen, ich hätte es auch mit den Ncbrnumständen nicht allzu genau genommen ah» diese Heirrt
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)