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Allgemeiner Anzeiger : 08.09.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-09-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191709088
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19170908
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19170908
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- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1917
-
Monat
1917-09
- Tag 1917-09-08
-
Monat
1917-09
-
Jahr
1917
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 08.09.1917
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Ein KevolutionsiäyU. Von dem eigenartigen Leben, daS sich in Odessa seit den Tagen der Re volution entwickelt hat, entwirft ein Berichterstatter der ,Times', der die Stadt in jüngster Zeit besucht hat, ein anschauliches Bild. Odessa, die wirkliche Hauptstadt des südwest lichen Rußland, der einst so geschäftige welt- städtische Hafen, aus dem das fremde Element heute so gut wie ganz verschwunden und durch Flüchtlinge aus Rumänien ersetzt ist, gilt als der Mittelpunkt revolutionärer Betätigung im Süden; nur Kiew, die Heimstätte der ukraini schen Bewegung, vermag dagegen noch aufzu kommen. Unzählig find die Versammlungen, die in Odessa tagen; Kongresse, Vorträge, Komitees, die der Welt die Beschlüsse der neuen Demokratie verkünden, lösen einander ab, und man verhandelt über alles, was es in der Welt gibt, über soziale, politische und wirtschaftliche Fragen, über die Wohlfahrt der Menschheit im allgemeinen und die Rußlands im besonderen. Als der Engländer in Odessa einiraf, fand er die Stadt völlig ruhig. Die große Umwälzung hatte keine äußerlich sichtbaren Spuren hinter lassen. Die bürgerlichen Behörden waren ab gesetzt: der Stadtrat — eine wahre Diebes bande — war davongejagt, einige hervorragende Mitglieder der „Schwarzen Hundert" faßen hinter Schloß und Riegel, die Poiizeimacht, die ihre Gewalt durch Einschüchterung und Er pressung aufrecht gehalten hatte, war aufgelöst und an ihre Stelle eine „Miliz" von Studenten, alten Soldaten und anderen getreten. Da auch die Flotte sich für die Revolution erklärt hatte, war die ganze Umwälzung ohne Blutvergießen vollzogen worden. Odessa ist also ruhig und nüchtern, aber es ist keineswegs schweigsam. Im Gegenteil, eine wahre Überschwemmung von Beredsamkeit hat sich über die Stadt ergossen, vielleicht zu ihrem Segen, da sonst manche Kräfte wohl einen gefährlicheren Ausweg für ihre Betätigung ge sucht hätten. Außer den Kongressen und Komiteeversammlungen finden Tagungen von Gruppen der allerverschiedenstrn Art, Gewerk schaften, Berufsvereinigungen usw. statt, von denen man 20—30 an einem Tage in den Zeitungen angekündigt findet. Sogar die Taschendiebe haben ihre Tagungen; bei einer von diesen wurde eine Tagesordnung ange nommen, die eine gewisse Selbstverleugnung darstellte, indem nämlich jede Betätigung des ehrenwerten Berufes während der Maifestfeiern streng verboten wurde. > Es heißt, daß in den folgenden Tagen ein Mitglied der Vereinigung bei der Polizei vor- fprach, um sich zu erkundigen, ob seine Kollegen das Verbot auch wirklich befolgt hätten. Die Sträflinge, die in den Tagen der Revolution auf nicht ganz klare Weise aus dem Gefängnis befreit wurden, hatten natürlich gleichfalls ihre Versammlung, bei der die Presse vertreten war. Auch sie nahmen eine Entschließung an, die eine Verbesserung ihrer Lebenshaltung bezweckte. Ihr Präsident, von dem es heißt, daß er 40 Morde auf dem Gewissen hatte, besuchte die Herausgeber der verschiedenen Zeitungen. Er erschien dann auf der Bühne des Opernhauses und versteigerte seine Handschellen sür 2000 Mark; zum Schluß machte er der Regierung den Vorschlag, ihn in besonderem Auftrage nach Kischmew zu schicken, wo schwere Unruhen aus gebrochen waren, um seinen „großen Einfluß" Lei der Bevölkerung geltend zu machen. Daß die überströmende Freude über die neu gewonnene Freiheit, sich in den roten Kostümen der Damen auf der Straße geltend machte, ist nur natürlich. Im allgemeinen aber benahm sich die Menge, die den Straßenrednern stundenlang zuhörle, ruhig und zog nach Schluß der Versammlung friedlich ihres Weges, um am nächsten Tage wieder zu erscheinen. Die Soldaten und Watrosen, die sich unter das Volk mischten, schienen andere Aufgaben nicht zu haben. In Rußland hat eben jedermann viel Zeit, heute noch Viel mehr als sonst. Die arbeitende Be völkerung der großen Handelsstadt verlebt in der Tat schöne friedliche Tage. Wenig Arbeit, ihren Namen erfahren hätte, daß sie alles wüßte, daß sie selbst in den jungen Jahren ihrer Ehe schweres Leid zu tragen gehabt hätte, «nd wollte ihr die Hand zur Versöhnung bieten. Inzwischen blieb sie allein mit ihren Sorgen und ihrem müden, angegriffenen Gehirn. Endlich Anfang Dezember, als sie in der Mittagspause aus dem Lazarett zurückkam und mechanisch und ohne Hoffnung die eingelaufenen Briefschaften durchsah, fand sie einen Feldpostbrief darunter. Als Absender war der Name ihres Mannes verzeichnet, aber der Brief kam nicht aus Lion- -tlle und zeigte eine fremde Handschrift. Mit vor Erregung bebenden Fingern riß Sabine den Umschlag ab. „Geliebte Sabine —" Es war also Werner, der schrieb. Die fremde Hand beirrte sie ein wenig. Hastig überflog sie die Zeilen und preßte dann aufatmend die Hände gegen die pochenden Schläfen. „Er ist nur verwundet! Nur leicht ver wundet. Herrgott, ich danke dir l" Sie nahm den Brief wieder auf, las ihn noch einmal und las ihn zum drittenmal. Werner lag in einem Lazarett nahe der französischen Grenze. Er hatte in einem Gefecht einen Streifschuß am rechten Arm erhalten, der ihn am Schreiben hinderte. Nrm hafte er die Gelegenheit gefunden, ihr durch einen genesenen Kameraden Nachricht zu geben. Ihren Brief hatte er erhalten, mit all den bösen Nachrichten, die er enthielt. Und er schrieb warme Worte voller Liebe und Verstauen auf die Zukunft, riesige Löhne und interessante Ausflüge in das unbekannte Reich der Politik und hohen Staats kunst. Außer den Sonntagen gibt es viele Feiertage; die Läden schließen um 6 Uhr, der Achtstundentag ist die Regel, Streiks sind an der Tagesordnung, jeder arbeitet, so viel es ihm Vergnügen macht. Auch in den besten Gasthöfen kann es dem Besucher begegnen, daß ihm plötzlich mitgeteilt wird, es könne ihm keine Mahlzeit verabreicht werden, da die ganze Dienerschaft des Hauses an dem Tage gerade einen Ausflug unternommen hätte; will er dann ein Speisehaus aufsuchen, so wird er sie alle geschlossen finden. Die Diener sind in Odessa die Herren geworden. Von Mk unä fe^n. Straferlaß für Kriegerfrauen. Eine Amnestie zugunsten der Frauen und Witwen von Kriegsteilnehmern hat der König von Bayern aus Anlaß seines Namensfestes erlassen. Diesen werden danach alle Strafen bis zu zwei Wochen Haft oder Gefängnis und Geldstrafen bis zu 100 Mark, die die bürgerlichen Gerichte oder Verwaltungsbehörden rechtskräftig erkannt haben, gnadenweise erlassen. Eine Ehrengabe für Herrn v. Waldow. Die Hommerschen Landkreise haben dem bis herigen Oberpräsidenten v. Waldow, dem jetzigen Leiter des Reichsernährungsamtes, eine Ehren gabe in Höhe von 200 000 Mark zugedacht. Herr v. Waldow hat bestimmt, daß die Summe je zur Hälfte dem Provinzialverein zur Be kämpfung der Tuberkulose und der Säuglings fürsorge zugeführt wird. Ein scharfes Mittel. Der Landrat des Kreises Köln-Land gibt bekannt, daß zahlreiche Landwirte mit der vorgeschriebenen Lieferung der Frühkartoffel im Rückstand geblieben find. Die Mengen, die als angebliche Saatkartoffeln in den Kellern zurückbchalten wurden, würden rücksichtslos enteignet werden. Wer die Kar toffeln verstecke, um sie eigennützig zu teuren Preisen unter Umgehung der Bestimmungen zu verkaufen, habe nicht mehr auf Berücksichtigung bei Zurückstellungsanstägen vom Heeresdienst zu rechnen. Seine sofortige Einstellung werde rück- fichlslcö veranlaßt werden. Beschlagnahmte Steckrüben. Ein großer Waggon Steckrüben, der auf dem Bahnhof Hemmingstedt von der Marsch geliefert war, um nach Berlin weiter geführt zu werden, wurde beschlagnahmt. Aufkäuser hatten die Steck rüben für 15 Mart pro Zentner erworben, während der Höchstpreis 1,75 Mark beträgt. Außerdem ist von den Aufkäufern und den Landleuten, die verkauften, auch noch gegen eine andere Verordnung verstoßen worden, da lant Verfügung des Landrats in Meldorf das Aufnehmen von Steckrüben vor dem 15. Sep tember überhaupt verboten ist. Die Rüben wurden dem Magistrat in Kiel überwiesen. Kriegslöhne und Vermietung. In einigen Städten hat sich eine Wohnungsnot für Familien herausgestellt. Nach den Fest stellungen ist diele Lage besonders darin be gründet, daß vielfach größere Wohnungen in Anspruch genommen werden zur Abgabe von Wohnräumen an ledige Personen, die, wie z. B. der Magistrat zu Koswig ausführt, in folge außerordentlich hoher Löhne in der Lage sind, in keinem Verhältnis zum Werte der Woh nung stehende hohe Preise zu zahlen. Einspruch gegen die Gasbeschränkung hat aus drahtlichem Wege die Stadtverwaltung von Mainz erhoben. Es wird hervorgehoben, daß die Vorschriften undurchführbar sind, unsozial gegen die Kleinverbraucher und ungerecht gegen die Sparsamen. Eins, zwei, drei . . . Dein zurzeit in Posen in Garnison stehenden Grundbesitzer Johann Misegaiski aus Dormowo bei Meseritz, der bei Kriegsausbruch bereits Vater von sieben Kindern war, wurde von seiner Ehefrau während des Krieges zunächst noch ein Kind, darauf Zwillinge und jetzt Drillinge — ein Knäbe und zwei Mädchen — geboren. Seifenkarten in Österreich. Durch eine Bekanntmachung des österreichischen Handels- .ministeriums und eine Ministerialverordnung wird, abgesehen von den Vorschristen für den Verkehr mit fetthaltigen Waschmitteln, eine Seifenkarle eingeführt, die für einen Zeitraum von vier Monaten ausgestellt ist und nur eine sehr beschränkte Menge an Waschmitteln den Verbrauchern zuweist. SchließungderTirolerSommerfrische». Die Tiroler Statthalterei ordnet für Anfang September die Schließung der Sommersrischen- Saison an. Lebensmittelkarten werden vom 10. September ab an Sommerfrischler nicht mehr ausgegeben. Das Gepäck der abreisenden Fremden wird behördlich untersucht. Kein Marmor mehr. Die Bergwerke von Carara (Italien), die den Künstlern der ganzen Welt den besten Marmor lieferten, teilen mit, daß sie die Ausfuhr einstellen müssen, da die Eisenbahn, die sie mit der Welt verbindet, infolge von Kohlenmangel den Verkehr einge stellt hat. Kältewelle in Amerika. Wie die Pariser Blätter aus New Jork melden, geht über Nord amerika eine ungewöhnliche Kältewelle. Das Thermometer fiel in Chicago am Montag auf 8 Grad unter Null, in Wisconsin auf 3 Grad unter Null. ZbsaUstoffe unä Mläkrückte. Eine Mahnung zur Sammlung. Immer von neuem muß darauf verwiesen werden, wie dringend notwendig es ist, daß alle Abfälle für die Polksernährung und Rohstoff versorgung unserer Kriegswirtschaft restlos aus genutzt werden. Zu dem Zwecke darf nichts, was nur irgendwie hierfür geeignet oder bei dem vorangegangenen Gebrauche noch nicht völlig ausgenutzt wurde, achtlos unverwertet gelassen werden. Auch der geringste Abfall aus gewerblichen Betrieben oder Haushaltungen muß sorgfältig aufbewahrt werden. Nichts ist wert los, selbst die kleinste Menge hat ihren Wert, selbst der 'unscheinbarste Gegenstand kann noch mit Nutzen ftgendwie verbraucht werden. Die Abfälle, insbesondere die Küchenabfälle, dürfen aber nicht in einem schmutzigen Winkel oder in einem vorher für Kohle oder dergleichen benutzten Kasten aufbewahrt werden, sondern müssen so sauber wie möglich gehalten und ge sammelt werden. Papier, Kohlen-, Holz- und Metallstückchen, Asche und dergleichen darf nicht mit ihnen vermengt werden. Getrennt von Kartoffel- und Gemüseabfällen ist auch der Kaffeesatz aufzubewahren, der eine wertvolle Ergänzung zu den Futtermitteln bildet; schon jetzt werden monatlich 3000 Zentner Kaffeesatz als Viehfutter verwendet. Auch Papierabfälle, sür die durchschnittlich 8 bis 10 Mark für 100 Kilo bezahlt werden, sowie Gummiabsälle aus alten Gas- und Wasserschläuchen, Gummi unterlagen, Flaschenscheiben usw., für die eben falls ein guter Preis bezahlt wird, ferner Korken und Korkabsälle, Frauenhaare (Preis 14 Marl per Kilo), für deren Heranschaffung sich namentlich die Schülerinnen der Lyzeen und Mädchenschulen verdient machen können,Weißblech- und Metallabsälle aller Art, wie sie in jedem Haushalt in Stadt und Land sich vorfinden, Glühlampensockel von ausgebrannten Glüh lampen, Knochen zur Gewinnung von Speise fett, Knochenextrakt, Suppenwürze, Futtermehl usw., Obslkerne zur Hebung der Olwirtschast — alles das muß gesammelt werden und wird auch von den Verwertungsstellen entsprechend bezahlt. Indessen nicht auf diese Abfälle darf sich der Sammeleifer allein beschränken, sondern er muß sich auch auf das Einsammeln von Wildfrüchteu und Wildgemüse erstrecken. Welch' gar nicht voll gewürdigter Reichtum ist in unsern Wäldern, auf den Feldern und Fluren zu finden! Da gibt es Weißdornfrüchte als Kaffeeersatz, Eicheln und Kastanien zur Vermehrung der Bestände an Nahrungs- und Futtermitteln, Pilze zur willkommenen Bereicherung unseres Küchen zettels, Brennesseln zur Verwertung für Ge spinststoffe, aber auch begehrt als wohl schmeckender Salat, da bieten die Blätter des Brom beer- und Himbeerstrauches und der Erd beerpflanzen willkommenen Ersatz für Tee, und welch' reiche Auswahl noch nicht gekannter, aber der Tafel nicht zur Unehre gereichender Wild gemkse und Salate setzt uns des weiteren die gütige Mutter Natur vor. Wir nennen nur Sauerampfer, Melde, Wegerich, Schafgarbe, Hederich, Knopfkraut, wilder Hopfen, Gunder mann, Ochsenzunge, Löwenzahn, Pimpinelle, Rapunzel, Erdnuß, Nachtkerze, das sehr wohl- schmeckende Wurzelstück von Rohrkolben, Pfeil kraut u. a. Aber freilich, nur eine große, vielseitige und zielbewußte Sammeltätigkeit kann das er wünschte Ziel erreichen. Es ist die vaterländische Pflicht jedes einzelnen von uns daheim Ge bliebenen, daran mitzuwirken. Niemand darf sich davon ausschließen. Nicht eindringlich genug kann dies betont werden. Vor allem gehört auch eine wohldurchdachte Organisation dazu, wie eine solche schon in vielen Städten und Dörfern besteht und dort die schönsten Ergebnisse erzielt. An die Verwaltungen der Städte und Dorfgemeinden ergeht daher immer wieder der Mahnruf, solche Organisationen, wo sie noch nicht bestehen, ins Leben zu rufen. Lehrern und Vereinsleitern bietet sich hier eine dankbare Gelegenheit, durch Veranstaltung von Ausflügen, die das Angenehme und Lehrreiche mit dem Nützlichen verbinden, den Sammeleifer anzuregen. Kriegsereignisse. 25. August. Neue Angriffe der Engländer bei Ipern abgeschlagen. — Ebenso Vorstöße bei Lens. — Die Franzosen vor St. Quentin blutig abgewiesen. — Starke Angriffe der Franzosen bei Verdun abgewiesen. — Starkes Artilleriefeuer an verschiedenen Stellen der Ostfront. — Vergebliche verlustreiche Angriffe der Italiener auf der Hochfläche Bainsizza- Heiligengeist. 26. August. In Flandern nur schwaches Ar- tillerieseuer. Mehrere Vorstöße der Engländer abgewiesen. — Schwere Kämpfe bei Beau mont. — An der mazedonischen Front auf lebendes Artillerieseuer. 27. August. Die Schlacht in Flandern dauert an. Starker Artilleriekampf an der Küste und zwischen Iser und Lys. — Verschiedene Vor stöße der Engländer verlustreich gescheitert. — Erbitterter Kampf um Beaumont, das ver loren geht und wiedererobert wird. — Die Russen geben einige Stellungen am Südufer der Düna auf, die von uns besetzt werden. — Bei Soveja stürmen deutsche Truppen rumänische Höhenstellungcn, Gegenstöße deS Feindes brechen verlustreich zusammen. 28. August. In Flandern brachen neue nach stärkstem Trommelfeuer unternommene Massen angriffe verlustreich zusammen. — Die Fran zosen am Chemin-des-Dames abgewiescn. — Por Verdun an der Straße Beaumont— Vacherauville erlitten die Franzosen bei er- solglosen Teilangriffen schwere Verluste. — Die Insel Oesei von deutschen Bombenfliegern erfolgreich angegriffen. — Am Jsonzo tobt die Schlacht mit unverminderter Kraft fort.— Auf dem Nordufer des Pruth russische Höhenstellungen erstürmt, über 1000 Ge- sangene. 29. August. Lebhafter Artillcriekampf in Flan dern. — Die Engländer nordöstlich Frczsn- Lerg zmückgeworfen. — Im Ojwztale erobern schlesische und österreichisch-ungarische Truppen russische Höhenstellungen. 600 Gefangene ein gebracht. — Im Susitatal werden die Russen zurückgedrängt. Russisch - rumänische Gegen angriffe scheitern. Der Feind büßte 1000 Ge- sangene, drei Geschütze und 50 Maschinen gewehre ein. — Auf der Hochlläche von Bain- sizza-Heiligengeist alle Angriffe der Italiener abgeschlagen. 30. August. Teilvorstöße der Engländer in Flandern abgcwiesen. — Starker Ailillciie- kampf vor Verdun. — An verschiedenen Stellen der Ostfront lebte das russi'che Arlilleriefeucr aus. — Die Russen und Rumänen nordwestlich von Focsanr wefter zurückgedrängt. Entlastungsangrisse des Feindes blieben erfolglos. An der mazedoni schen Front, gesteigerte Feucrtätigkeit. — Neus Angriffe der Italiener aut dis Hoch fläche von Bainsippa-Heiligengeist und den Mt. Gabriele gescheitere Worte, die sich wunderbar mit Sabines Ge fühlen berührten. Als sie den Brief zum dritten Male gelesen hatte, sah sie einen Augenblick nachdenklich aus das Papier nieder. Die Worte klangen hoffnungSfroh, aber eS war ihr, als liege eine gewisse traurige Ent sagung zwischen den Zeilen, die zu den Worten nicht recht passen wollte. Litt Werner vielleicht doch schwerer unter dem Umschwung der äußeren Verhältnisse, als er es zugeben wollte? Be reute er vielleicht gar schon die Folgen sstnes Handelns? Unwillig über sich selbst runzelte die junge Frau die Stirn. Wann würde sie es endlich lernen, mit Grübeln aufzuhören? Nein, sie wollte den Tag feiern, sie wollte froh sein! Aber es gelang ihr nicht recht. „Ich bin zu abgespannt," dachte sie. „Müde von all der Unruhe und all den schlaflosen Nächten." Im Lazarett duftete es nach Tannengrün. Adventskränze an roten Bändecn hingen phan tastisch von der Decke hernieder, überall spürte man Weihnachten. Zum ersten Male sah Sabine Schwester Franziska Wätjens wieder. Sie stand schmal und gebrechlich in der Tür des großen Kranken- faales und sah in dis brennenden Lichter der Tanncnkränze. Das Gesicht leuchtete förmlich in durchsichtiger Blässe. Sabine fühlte, wie ihre Absicht, zu ihr zu gehen und wie eine Freundin zu ihr zu sprechen, vor diesen steinernen Zügen dahinschmolz. Sie fühlte sich seltsam bedrückt durch die Gegenwart der Malerin, die sie vor wenigen Tagen noch lebhaft herbeigesehnt hatte. Denr Blinden, der sich täglich danach erkun digte, ob inzwischen Nachricht von Werner ein gelaufen wäre, brachte sie die frohe Botschaft. Er lächel.te. „Ich habe es heute morgen geahnt, daß dieser Tag glücklich sür Sie sein würde." „Merkwürdig," dachte Sabine, „und dabei fühle ich mich gar nicht so glücklich, wie es nach solcher Botschaft der Fall sein müßte." Die quälende Unruhe, die nach Empfang des Briefes auf kurze Zeit von ihr gewichen war, steigerte sich wieder von Stunde.zu Stunde. Es war, als ob etwas Schweres, Drückendes, Unheil volles in der Lust läge. Sie war noch stiller und verschlossener als sonst, während sie abends bei Beate in dem halbausgsräumten Salon saß. Beale hatte plötzlich Ernst gemacht und wollte die Versteigerung noch vor Weihnachten abhalten. „Ich erlrag's nicht, eh' nicht alles vorüber ist, Sabine. Es ist lein Leben so. Hans sitzt in seinem Zimmer und wagt sich nicht mehr auf die Straße, weil er sich vor Bekannten sürchtet, Johannes ist so ungezogen wie nie, wird von den Dienstboten herumgestoßen, wenn ich ihn hier nicht gebrauchen kann, heult und beschwert sich bei mir. Und ich kann doch den Leuten jetzt nichts mehr sagen, Sabine." Wie sie so saß, den blonden Kopf gegen die vergoldete Lehne des matlrotcn Empire sessels gelehnt, sah sie gealtert und verbittert aus. Sabine betrachtete sie mitleidig. Sie war auch müde und brauchte Ruhe, müde und nervös wie hier alle. Man war eben an keine Strapazen gewöhnt im Hause der GroleniuS. weder an körperliche noch an seelische. Darum wurde jede Reizung hier so quälend und nieder drückend empfunden. Hier in der Atmosphäre gediegenen Reichtums schauderte mau zusammen vor jeder Berührung mit dem wirklichen Leben. Nun kam dies Leben und forderte sein Recht. Solche Gedanken hatte Sabine ost abend? Vorm Einschlafen oder bei ihren Nachtwachen im Lazarett, wenn draußen der weiße Dez^nber- schnee mit weichem Knistern an die Schemen schlug. , Sie wollte sich stark machen mit solche!: Ge danken und schwächte sich mit nutzlosen Grübe leien. War es nicht ein tragisches Verhängnis, daß sie jetzt, wo die- Sorge nm Werner von ihr genommen war, diese sorgenfreie Zeit nicht besser genießen konnte, sondern die Tage schwer wie mit bleiernen Füßen über sich dahingehcn fühlte? War sie der Sorge um Werner wirk- sich ledig? Fast täglich bekam sie Nachricht von fremder Hand, die den Briefen das Persönliche nahm, sie kalt und fremd erscheinen ließ. Und irgend etwas NnauSsprechliches war in diesen Briefen, das ihr ins Herz schnitt und ihrs Besorg nisse immer leidenschaftlicher wieder auf« flackern ließ. War die Verwundung wirklich nur so leicht, wie eS auf denr Papier stand ? War noch irgend etwas anderes da, das ihr verheimlicht wurde? N° ir (Fortsetzung folgt,)
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