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Sächsische Elbzeitung : 18.11.1919
- Erscheinungsdatum
- 1919-11-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787841065-191911188
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787841065-19191118
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787841065-19191118
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Elbzeitung
-
Jahr
1919
-
Monat
1919-11
- Tag 1919-11-18
-
Monat
1919-11
-
Jahr
1919
- Titel
- Sächsische Elbzeitung : 18.11.1919
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Prmenor Bonn weist darauf hin, Val; WMon zu jener Zeil als Agent Deutschlands m Ainerita hingesielli worden sei. Ats weiter aui diese Eliuvernvgen cingecangen werden sali, sagt der Abg. Dr. Sinzheimer: Dem Zeugen nmrde das Wort erteilt, damit er uns die Gründe sür den Wechsel seines Standpunktes vom 9. Januar dis zum Ht. Januar rnitteilen sollte. Ich bitte, alles wegzulassen, was sich hieiaff nicht beziedt. — Vorsitzender Abg. Warmuth: Damit scheint cu ennals eine Aussprache zur Geschäftsordnung angeregt zu weiden. Ich bade mit vollem Vordedacht nie Frage gestellt, welche Stimmung zu der kritischen Zeit in Amerika gepeucht ba>. well ich daraus Rückschlüsse sieben mollic dinsichttich der Ausfassung Hclitciichs von der Sache. Deshalb gebürt diese Frage ziir Sache. Im übrigen würde ich mich nicht icheuen, da ich die Befragung Helfferichs deute abschlieszen möchte, von diesem eng begrenzten Thema auch abzuweichen. Helfferich gegen Cohn. Als im weiteren Verlauf der Unterhaltung, wobei auch die Verhaftung des Generalkonsuls Bing durch die amcnknnmhcn Behörden behandelt wird, Abg. Dr. Cohn fragt, ob Dr. Helfferich erwartet habe, die amerikanischen Behörden würden eine ihnen bekannt gewoidene Ubeitrctung gütiger Gesetze nicht verfolgen, bemerlt Dr. Helfferich: Ich habe bisher Noch niemals Fragen Dr. Co ns direkt beantwortet und bitte, mich davon auch weiterhin zu befreien. (Entrüstung bei den AusschulMitgliedern.f VorMnder Abg. Dr. Warmuth: Das bedentet allo eine ZeugntSoerweigerung gegenüber direkten Fragen des Aus» schnßmstgliedcs Di. Cohn. Dr. Heliferich: Wenn ich vor einem Gerichtshof stände, würde ich nach der Strafprozeß« ordnung das Recht baden, Dr. Cobu als Richter abzulehuen. Vorsitzender Abg.Waimuth: Die Funktionen des Ausschusses sind verfassungsmässig der Strafprozessordnung gleichzubcllen. Ste soll sinngemäb Anwendiing finden. Unentschieden ist noch die Frage, inwieweit die Bestimmungen über die SuaGrozeß» ordnung auf das Zeugnisverweigerungsrecht zutresfcn. Aber selbst wenn dies der Fall wäre, würde ein Zeugnis verweigerungsrecht nur vorliegen, wenn der Zeuge sich durch die Beantwortung einer Frage straldar machen würde. Ich bitte also um eine Erklärung des Zeugen, ob wir aus be stimmte Fragen des Ausichußmitglieües Dr. Cobn von ihm eine Antwort nicht erwaiten können? Merkwürdige Mischlingen. Dr. Helfferich: Ich möchte diese Frage, die für mich «ine ernste Gewissensfrage ist, ohne iede Schärfe bebandeln. Der Ausschuß ist ein merkwürdiges Gemisch zwischen einein Gerichtsbof und einer parlamentarischen Kommission und ich bin ein merkwürdiges Gemüch zwischen einem Zeugen und einem Angeklagten. Dr. Cohn bat ausdrücklich erklärt, der Ausschuß solle dazu dienen, festzuslellen, was Mitglieder der Kaiserlichen Negierung verbrochen haben. — Abg. Dr. Sinz« Heimer: Das Gegenteil, Exzellenz! — Dr. Helfferich: Ich lasse mich gern belehren.— Vorsitzender Abg. Warmuth: Der Zeuge hat offenbar falsch verstanden. Wenn Dr. Colm das gesagt lbätte, so hätte ich sofort dagegen Stellung genommen. — Dr. Helfferich: Wir wollen uns doch keinen blauen Dunst vormachen. Ich fühle mich hier vom ersten Augenblick an als Angeklagter. Wäre dies nun ein Gerichtshof, so würde ich Dr. Cobn als Richter ablehnen. Die Herren werden wissen, woiauf ich abzicle, und ick bitte, sich mit dieser Andeutung zufrieden zu geben, um Schärfen zu vermeiden. Wenn Sie mich aber zwingen, so werde ich auch darüber Auskunft geben. Der Ausichnß zieht sich zurück, um über den Zwischenfall SU beraten. Erst nach anderthalb Stunden betritt er wieder den Saal, wo inzwischen die Spannung aufs höchste ge stiegen ist. Ablehnung von Fragen steht den Zeugen nur nuV Gründen der Strafprozeffordnung zu. Dors. Abg. Warmuth verliest folgenden Beschluß beS Ausschusses: Der Ausschuh hat mit dem Stimmenverhältnis vier gegen zwei und der Stimmenthaltung des Abgeordneten Dr. Cohn folgenden Beschluss gefakt: Der Ausschuß ist kein Gerichtshof. Seine Verhand- sungcn sind auch kein Vorverfahren sür den Staatc-gcrichtS- hof. Er hat kein Urteil zu fällen. Die Ablehnung eincö Beisitzers aus persönlichen Gründen ist nicht zulässig, eben» sowenig die Ntchtbcantwortung der Fragen, die ein einzelne« Mitglied stellt. Eine Ablehnung der Beantwortung von Fragen sicht einem Zeugen nur auS Len Gründen der Strafprozessordnung zu. Der Vorsitzende fährt darauf fort, indem er sich an Dr. Helfferich wendet: Sind Sic bcrcl», Exzellenz, nachdem ich diesen Beschlub vorgelescn habe, jetzt die Frage von Herrn Dr. Cohn zn beantworte»? Dr. Helfferich: Der Beschlub hat an den für mich maß gebenden Gründen nichts geändert. Daher diu ich nach wie vor nicht bereit, die Fragen des Herrn Dr. Cohn zn bcmu- wortc». (Bewegung und Beifall im Zuhörerraum.) 36V Mark Geldstrafe für Helfferich. Vorsitzender Abg. Warmuth fährt fort: Für diesen Fall äst mit dem gleichen Stimmenverhältnis vier gegen zwei bei Stimmenthaltung des Avg. Dr. Cohn folgender Beschluß des Ausschusses ergangen: Der Zeuge Dr. Helfferich wird, da er sein Zeugnis ohne gesetzlichen Grund verweigert hat, entsprechend 8 69 der Strafprozehordnung in die durch die Weigerung verurmchten Kosten sowie zu einer Geldstrafe von dreihundert Mark verurteilt. Amtsniederlegung des Abg. Warmnth. Der Vorsitzende spricht weiter: Persönlich möchte ich be merken, daß ich der Auffassung bin. daß man die Slrafprozeb- ordnung n cht in so weitgehender Weise auf das ausdehnen darf was diesem Verfahre» zugrunde liegen soll, daß man vielmehr auch die persönlichen Gründe würdigen soll, die jemand bestimmen können sein Zeugnis zu verweigern. Ich habe weiter den höchsten Wert darauf gelegt, daß vor einem solchen Beschluß oie persönlichen Gründe genannt werden, die Dr. Helfferich veranlaßt haben, sein Zeugnis zu verweigern, ehe man ihn deswegen verurteilt. Für mich ist die Ablehnung meiner Stellungnahme durch die Ausfchußmehrhcit so beüeut- sam und so wichtig, daß ich den Vorsitz des Ausichuffes hier mit nicdertege. (Lebhafter Beifall bei einem Teil der Presse vertreter und im Znhörerraum.) Ich üvergebe den Vorsitz nunmehr dein stellvertretenden Vorsitzenden Goth ein. Stellvertretender Vorsitzender Gothetn: Ich muß ent schieden rügen, daß hier von Vertretern der Presse Beifalls- Nundgebuugen geäußert weiden. Wenn das noch einmal ge schieht, werde ich diesen Herren die Karte entziehen. Gleich zeitig mache ich darauf aufmerksam, daß, wenn noch einmal aus dem Zuschauerraum irgendwelche Kundgebungen er folgen, ich den Zuschauerraum räumen werde. Ist der Zeuge nunmehr bereit, feine Gründe anzugeben für die Verweige rung der Antwort aus die Fragen des Abgeordneten Dr. Cohn? — Auf besonderen Wunsch des Abgeordneten Dr. Cohn wird der Zeuge aufgefoidert, dies in öffentlicher Sitzung zu tun. Gegenseitige Anschuldigungen. Nach einer Diskussion zwischen dem stellvertretenden Vor sitzenden Gothcin und dem Zeugen Helfferich über die Mög- lickleit eines Rechtsweges in der Streitfrage benicrkt Dr. Helfferich: Ich stelle lest, daß ein Rechtsweg gegen den Be schluß des Ausschusses den Ausfchumnitglieberii offenbar nickt gegenwärtig ist. Stellvertretender Vorsitzender Gothein: Sie haben gar nichts festzustellen. Feststellungen trifft nur der Ausschuß. Dr. Helfferich: Nachdem Dr. Cohn und der Ausschuß Wert darauf legen, bin ich gezwungen, meine Gründe zu nennen. Stach meiner Ansfnssnvg ist Dr. Cvbn nm furchtbaren i Zusammenbruch unscrcS Vaterlandes, dessen Gründe der Ausschuß prüfen soll, ganz unmittelbar beteiligt. Dr. Cohn hat sich von Joffe Gelder der russischen Sowjet- rcgtcrnng zur Verfügung stellen lassen, um Deutschland zn revolutionieren. Sie können alle Zwangsmittel der Strafprozessordnung gegen mich anwenden, aber keine Macht der Wett wird mich zwingen können, Herrn Dr. Cohn hier Rede und Antwort zu stehen. Nun nimmt Abg. Dr. Cohn das Wort und führt aus: Was Dr. Helfferich hier umgeb,acht hat. ist in tatsächliche! Beziehung unrichtig. Das ist wiederholt sür die Öffentlichkeit scstgeilellt worden und die heutigen Ausführungen Dr.Helsfericlrs sind wieder ein Beim w daiür, mit welcher Leichtfertigkeit er mit den Tatsachen umwungt. Herr Helfferich muß wlffeu, daß die russischen Gelder nur zur Unterstützung russischer Gefangener in Deutschland nud zn einem kleineren Teil auch bestimmt waren znr Unterstützung der politischen Zwecke meiner Partei. Ich kann Herrn Helfferich nur sagen, daß ich tu ihm den An« geklagten dieses UntersuchnngSverfahrenS erblicke. Stellv. Vorsitzender Gothcin: Diele Äußerung ist unzn« lässig. Der Ausschuß hat nur das Neckt der Untersuchung, nicht das Neckt, Anklage zu erbeben. Abg. Dr. Cohn will sich dieser Weisung unterwerfen, kommt dabei aus eine frühere persönliche Unterredung mit Dr. Helfferich über den gleichen Gegenstand zurück. Dr. Helfferich macht den Zwischenruf: In welcher Art von Diskuision befinden wir uns?, worauf der stellv. Vor sitzende Gothetn zu ihm sagt: Das Wort hat jetzt Abgeord neter Dr. Cohn. Dr. Helfferich: Ich kauu aber mein Zeugnis verweigern, dann werde ich dcn S-al verlasse». (Bcwegung.) — Stell- vertr. Vorsitzender Gothein: Dann werden wir die nötige» Mestnnhmc» zn treffen wissen. — Dr. Helfferich: Wenn die Diskussion so wellergeht, dann verlasse ich den Saal. (Dr. Helfferich erhebt sich, rafft seine Akten zusammen und» tritt einige Schritte von seinem Platze zurück.) Abg. Dr. Cobn Da Dr. Helfferich uns gegenwärtig noch die Ebre seiner An wesenheit schenkt, darf ich ihm nur noch erwidern: Ick bin zwar nicht am Zusammenbruch schuld, aber an der Ent stehung und Führung dcö Kriege« ist nnr einer schuld: Dr. Helfferich. (Große Bewegung.) — Slelloertr. Vorsitzender Gothein: Ich muß diese Äußerung des Abgeordneten Dr. Cohn auf das Entschiedenste rügen. Der stellvcitr. Vorsitzende Abg. Gothein schließt die Sitzung, indem er bemerkt, er behalte sich die Anberaumung der nächsten Verhandlung vor. In einer der öffentlichen Sitzung folgenden vertraulichen Besprechung unter Voisitz Gotheins wird jedoch beschlossen: Dtc Verhandlung wird am Montag fortgesetzt. Neben den bisherigen Zeugen werden geladen Generalfcldmarschall Hindenburg und General Ludendorff. Begonnen wird mit der Vernehmung des Gcne- ralseldmarschalls Hindenburg, um sür ihn die Unbcqucmlich- keiten des Aufenthalts in Beilin möglichst abzukürzen. Die belgische Frage im LLniersuchzmgsausschuß. (13. Tag.) Berlin, 17. Noo. Die heutige Sitzung beginnt mit Erklärungen seitens des stellvertretenden Vorsitzenden Abg. Gothein einerseits und der Zeugen Dr. Helfferich und v. Bethmann Hollweg andererseits. Die Erklärung Gotheinö lautete in ihrem sachlichen Teile wie folgt: .Der Untersuchungsausschuß hat. wie dies auch in den Nationalversammlung selbst einwandfrei festgestellt morden ist. nur den Charakter einer parlamentarhchen Enquete-Kom mission. Ihm liegt kein Ermittlungsverfahren für dcn Staalsgerichtsbof oder sür ein Strafgericht ob. Sein Zweck ist, nicht nur Material zu beschaffen, sondern die Aufklä rung und Feststellung von Tatsachen. Ursachen und politischen Zusammenhängen. Dieser Beschluß ist unbedingt verpflichtend sür alle Mitglieder des Ausschusses, ebenso für alle Zeugen, die in ihren Aussagen sich aller Werturteile zu enthalten haben. Ich bitte also auf der einen Seite die Mitglieder deS Ausschusses, auf der anderen Seite die Zeugen, sich diesem Beschluß ent prcchend zu verhalten." Erklärung Dr. Helfferichs. Dr. Helfferich bittet ums Wort zur Abgal e einer Er klärung, wird aber vom Vorsitzenden eriucht, Liefe schriftlich zu formulieren: der Ausschuß werde alsdann über ihn beraten und belckließen. Dr. Helfferich sügt sich Vielem Wunsche, weil er, wie er betont, den Verhandlungen kein Hinocrnis ent gegenstellen will, legt aber Wert auf sofortige Veröffentlichung seiner Erk ärung durch die Presse, der der Wortlaut zugäng lich gemacht wird. Die Erklärung enthält in der Einleitung die Mitteilung, daß der Staatssekretär gegen die Verurtei lung zu einer Geldstrafe von 306 Mart Einspruch ekhebe. Weiter heißt es: Erne Verweigerung des Zeugnisses liegt meinerseits über- Haupt nicht vor. vich war und bin nach wie vor bereit, vor dem Untersuchungsausschuß, nachdem dicier einmal eingesetzt worden ist, zu allen den Gegenstand seiner Untersuchung bildenden Angelegenheiten die von mir gewünschten Be- kundurrgen, soweit ich zu solchen in der Lage bin, st machen. Ich habe mich lediglich geweigert, dem Abg. Dr Cohn R.'de und Antwort zu stehen. Da jede von mir vom Ausickug ge wünschte Bekundung au! anderem Wege als durch Freuen des Abg- Dr. Cobn hcrbeigesührt werden kann, ist düse meine Weigerung keine Zeugnisvcrweigerung. Andererseits vermag ich eine gesetzliche Beipflichtung, dem Abg. Dr. C.hn, auch wenn dieser Mitglied des Untersuchungsausschusses ist» Rede und Antwort zu stehen, nicht anzuerkennen, und zwar weder auf Grund des Artikels 34 der Neiehsoerfass mg noch aus Grund der nach diesem Artikel sinngemäb anzuwendenden Strafprozeßordnung." Heinerich geht dann auf den Fall des Dr. Cohn ein und verweist auf den vollkommenen Widerspruch zwischen der Er klärung des Herrn Abg. Dr. Cohn vom 15. November 1918 und seiner eigenen Erklärung vom 26. Dezember 1918 in Sachen der russstchen Gelder. Weiter wendet sich Dr. Helfferich gegen die Anwendung der Vorschriften der Straiprozeß- ordnung über den Zeuguiszwang. Dagegen erachte er als sinngemäße Anwendung der Strafprozeßordnung, daß den als Auskunftspersonen geladenen Mitgliedern der früheren kaiser lichen Regierung das Neckt der Ablehnung von Mitgliedern dieses Ausichuffes nach 8 24 der Strafprozeßordnung zu gebilligt wird. Waö Herr v. Bethmann sagt. Herr v. Bethmann Hollweg erklärt, er hoffe, daß der Ausschuß aus allen seinen bisherigen Aussagen die Über zeugung gewonnen habe, daß er weit ab von ieder partei politischen Tendenz lediglich bestrebt sei, der Wahrheit bei Feststellung der Tatbestände zu dienen. Das Volk habe einen Anspruch darauf, zu wiffen, wie die Dinge hergegangen sind, und er sei nicht gesonnen, in irgend einem Punkt Hcim- lichteitskrämerei zu treiben. Der Zeuge wendet sich gegen den Vorwurf, daß das Volk hinsichtlich der Friedensver» mitllung Wilsons binters Labt geführt worden sei. Ich mußte, so sagte der Zeuge, Bedenken tragen, ausdrücklich und amtlich die Parteiführer über unsere Schritte in Washington zu informieren, nicht um das Volk binters Licht zu führen, sondern um eine Friedensaktion Wilsons nicht von vornherein zu sabotieren, denn es lag auf der Hand, daß, m«nn von unseren Schritten auch nur das geringste durch' gesickert wäre, Wilton nickt mehr omau oenken tonnte, etwas für den Frieden zu tun. In einer veitraulichen Besprechung mit Führern der bürgerlichen Parteien am 11. Dezember 1916 kam die sehr ausgesprochene Abneigung der Mehrheit zum Ausdruck, den Frieden durch Wiltons Vermittlung zu er< halten. Die Sozialdemokratie, die aus anderem Boden stand, war doch nur eine Minderhcilsparlei. deren Zustimmung die Opposition der anderen Parteien nur verlchärst haben würde. Daß der U-Boot-Beschlub vom 9. Januar ohne Kenntnis de» Reichstags gefaßt wurde, folgst notwendig aus dem Charakter dieses Beschlusses als Entscheidung über eine geheimzuhaltende militärische Aktion. Es lei eine Legende, zu behaupten, die Ncichstagsparteien seien jemals im Unklaren darüber ge wesen, daß der rücksicktsloir U-Boot-Krieg den Krieg mit Amerika nach sich ziehen werde. Es entspinnt sich eine Rede und Gegenrede zwischen oem Zeugen und dem Vorsitzenden Dr. Gothein, wobei dieser bemerkt, nicht allein die Sozialdemokratie, sondern auch dl« fortschrittliche Volkspaitei sei Gegnerin des unbeschränkten U-Boot-KrlegeS gewesen. Herr v. Bethmann führt aus, er glaube, das Gegenteil nicht behauptet zu haben. Er habe gesagt, eine kompakte NcichStagckmchrhctt für dcn unbeschränkte« U-Voot-Kricg lei vorhanden gewesen, wenn der U-Doot-Krleg von der Obersten Heeresleitung sür notwendig erachtet werde. Diese Mehrheit bestand aus der Neckten, dem Zentrum und den Nationalliberalcn. Ich habe während des Krieges den Eindruck gehabt, daß inuerhalo der Fortschrittspartei die ein- lelnen Mitglieder gerade in bezug auf dtc U-Boot-Frage keine geschlossene Stellung genommen haben. Auf Sozial demokratie und Fortschritt, das werde man zugeben, habe er damals seine Politik nickt stützen können. Abgesehen davon, daß es die Minderheit war, seien auch die Meinungen in der Fortschrittsvarlei nicht einheitlich gewesen. Abg. Dr. Sinzheimer: Es ist zweifellos richtig, daß damals eine Mehrheit für dcn unbeschränkten U-Boot-Krieg vorhanden war, und daß ent'cktedene Gegner dieser Meinung Exzellenz Bethmann und Hclffcrich waien. Mußte da nicht eine Konsequenz gezogen werden, wenn diese Herren dcn un beschränkten U-Äool-Kricg als eine Gefahr für das ganze Volk ansahcn, dahin, daß nach dcn Grundsätzen der parla mentarischen Negierung oie Haltung der Mehrheit beeinflußt werden mußte. Herr n. Bethmann bestreitet diese Folgerung, selbst wenn wir damals kein parlamentarisch regierter Staat gewesen wären. Dis Haltung der Mebrhcitsparteien, diese Erfahrung Haire er machen müssen, hätte einen bestimmenden Einfluß auf die wichtigsten Phasen der Kriegsentwickluug aus- qeübt. David widerspricht Bethmann« Darstellung. ReichsministerDr.David: Der Reichskanzler vertritt den Standpunkt, der Reichstag sei ausreichend unterrichtet gewesen über die Konsequenzen des rücksichtslosen U-Boot-Krieges hin sichtlich Amerikas. Ich rann diesen Standpunkt nicht teilen; ich bin der Überzeugung, daß, wenn der Reichstag die Lage so, wie sie sich aus dem Deveschemvechfel zwischen Washington und Berlin ergab, wirklich gekannt hätte, er sein ganzes Schwergewicht in die Wagsckale gelegt hätte, um den ver hängnisvollen Beschlub rückgängig zu machen. Ich ziehe diese Folgerung einmal daraus, daß die entscheidenden Erklärungen unseres Boischaitcrs, der Krieg mit Amerika sct unvermeidlich, wenn der unbeschränkte U-Bool-Kricg beschlossen werde, dem Reichstage nickt mitgeteilt worden sind. Im weiteren Verlauf der Auseinandersetzung erwähnt Abg. Dr. Spahn eine soeben erschienene Darstellung des württembergllchen Ministerpräsidenten über die Vorgänge in der entscheidenden Sitzung des Bundesratsausschusses, Ler Dr. Heliferich widerspricht. Die Veranttvortlichkeit der Neichstagsmehrhett. Dr. Helfferich: Nach der Ablehnung unseres Friedens angebots und nach dem Sckeilcrn ocr Fricdensaktion des Präsidenten Wilson ivar der U-Baol-KUeg auch nach meiner Ansicht zu einer unentrinnbaren Notwendigkeit geworden. Er mußte gemacht werden mit und ohne Parlamentsmchrheit, und er ist gemacht worden mit Parlamcntsmchrtzcit. Daran kann nach der Erklärung des Zentrumssührers Spahn gar kein Zweifel bestehen. Es fragt sich höchstens, ob diese Stellungnahme des Parlaments herbeigesührt worden ist durch eine sastche oder unvollständige Information. Aoer auch davon kann gar keine Rede sein. Nicht nur einmal, sondern ein dutzendmal ist von mir in der bestimmtesten Foun der Überzeu gung Ausdruck gegeben worben, daß der uneingeschränkte U-Boot-Kricg uns dcn Krieg mit Amerika bringen würde. Ich habe das viel stärker betont, als es meiner Überzeugung entsprach, denn cö svllic sich jeder Rcichslagöabgeordnctc jiber dtc Tragweite llar sein. Der Reichstag ist nicht hinters Lickt gefühlt worden. Abg. Dr. Sinsheimer be stätigt dem Zeugen, daß er damals dem Reichstag die Ge fahren klar geschildert habe. Aber, sagt Dr. Sinzheimer weiter, war es nickt angebracht, die Verantwortung dieser Reichstagsmchrheit aufs äußerste zu steigern, indem Sie sagten: ich werde niemals die Verantwortung sür die Ent scheidung üicicr ReickStagsmehrheit tragen? Dr. Helfferich antwortet, darauf werde er svcuer cmtworlen und kommt aus führlich auf die Hinausschiebung der angeblichen Friede,is- pläne durch Amerika zurück. Dr. David vestreitet wiederholt die genügende Aufklärung des Reichstages, namentlich in bezug aus das alarmierende Telegramm Bernstorffs. Hätte dieses Telegramm vorgelegen, wäre die Situation ganz anders angesehen worden. A g. Dr. Sinzheimer möchte wissen, ob der unbe schränkte U-Boot-Krieg das einzige Mittel gewesen, Deutsch land zu retten oder ob es eine Möglichkeit gegeben, andere Wege zu gehen. Er denke einmal air dcn Vermittlungsversuch einer neutralen Pracht und sodann an eine bestimmte Er klärung zur belgischen Frage. Ein deutscher Miliiärattachö bei einer bedeutenden und großen Macht habe seinerzeit berichtet, wir kämen um die belgische Frage nicht herum. Darüber müsse man sich vollkommen klar sein, daß die Besitzergreifung von Belgien oder auch nur .von einem kleinen Stück Belgiens weder heute, noch jemals M erreichen sei. Wer Belgien behalten wolle, müsse der Welt .den Frieden diktieren können. Darüber sei ein Paktieren mit der Welt von heute nicht möglich. — Bet einer solchen Sach lage, bemerkt Sinzheimer, bleibe die Kernsrage, warum das letzte Mittel des U-Buok-Krieges eingesetzt und warum nickt durch eine Erklärung über Belgien eine letzte Friedenstarte ausgespielt wurde. Nur dadurch hätten wir bei dcn Gegnern den Willen zur Verhandlung schaffen können, auf den allein es ankam. Herr o. Bethmann erwidert darauf, durch den Vorredner werde das Problem angeschnitten, ob es von Anfang an nickt richtiger gewesen wäre, die ganz bestimmte Erklärung -einer Wiederherstellung Belgiens abzugeben. Eine solche Ec« -klärung in dem Augenblick, ivo die Entente uns FriedenS- dedmgungen stellte, die eine Zertrümmerung Deutschlands bedeuteten, wäre politisch unklug gewesen, sagt der ehemalige Kanzler und fährt fort: Deshalb habe ich es damals nickt getan. Später ist ein Augenblick gekommen, wo ich im Be« griffe war, eine solche Erklärung öffentlich abzugeben, weil ich diesen Augenblick pspchologisch für richtiger hielt. Aber darüber werde ich mich ipäter äußern- Äm Dezember 1916 oder Januar 1917 war dieser Augenblick dasür nicht geeignet. — Dr. Heliferich schließt sich dem an. Wir hätten Wilson unter der Haud mitgeteilt, daß wir Belgien nicht annektieren würden. — Abg. Dr. Sinzheimer ist anderer Ansicht. Wiederholt wurde amtlich erklärt, daß wir Garantien haben müßten, daß wir Belgien politisch, wirtlckaitlich und mtli« tärisch in die Hand bekommen müßten. Unter diesen Um ständen konnte unsere Erklärung nach Washington keine bc« freuende Wirkung basten.
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