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Sächsische Elbzeitung : 23.10.1919
- Erscheinungsdatum
- 1919-10-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787841065-191910231
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787841065-19191023
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787841065-19191023
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Elbzeitung
-
Jahr
1919
-
Monat
1919-10
- Tag 1919-10-23
-
Monat
1919-10
-
Jahr
1919
- Titel
- Sächsische Elbzeitung : 23.10.1919
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Deuische Nationalversammlung. (165. Sitzung.) 6'L. Berlin, 22. Minder. Ler hcuiige Tag war der Weiterderatnng des Haus- Halts des Ncichssckintzmiiiislers gewidmet. Der Abg. K»ctz-Picheldorf (deulickmat. Vp.) trat für Sparsamkeit ein, indem er auf eine ganze Meitze von Steilen tzinmies, wo ge spart werden kvnnle. Unter anderem erwähnte er. dass 22 Millionen sür den Bau einer Wohnung für den Reichs präsidenten und 2O'/2 Millionen, die kür den Neubau des Ministeriums des Inner» aufgcwendet werden sollen. Es seien so viel Schlösser vortzanden. dab man keine neuen Wotznungen sür den Reichspräsidenten zu bauen brauchte. Rcichöbetriebc. Hierauf gab der Generaldirektor des Neichsverwertungs- amtes, Weiulich, Auskunft über die Reichsbetriebe. Unter anderem «eilte er mit. dab die Betriebe jetzt noch nicht aus den Verlusten tzeraus sind. Sic sind belastet mit einer ganzen Reibe von Abschlüssen, die init Verlust zu berechnen sind. Es bandelt sich dabei nm Aufträge, die in der Not und planlos angenommen worden sind. Weiter teilte der Generaldirektor mit. dab Bauern, Sachsen und Württemberg sich uns noch nicht nngeschiossen baden, wir also leine Einwirkung auf diese Staaten ausüben können. Da cs sich um eine Umstellung von 50 Betrieben tzandle, sietzc man vor einer setzr schwierigen Ausgabe. Der Abg. Marchty (Deutsche Vp.) kritisierte die Zustände in den Spanvauer Betrieben, und gerät dabei mit den Mehr» deitssozialisten in Konflikt Man werde allerhand erfahren wenn einmal die Rechte dazu übergehe, einen Ausschub zu biloen, um oie Machenschaften zu untersuchen, die zur Re volution geführt haben. Es wäre seinerzeit besser gewesen, die Kanonen am Rhein statt nach dem Osten, nach dem Innern des Landes zu richten. (Unruhe links.) Der Abg. Brühl (U. So».) niinmt die Arbeiterräte in Schutz, weil sie zuerst die Verschleuderung von Staatseigen tum verhindert hätten. Nach einer Erwiderung des Ministerialdirektors Kautz wurde die allgemeine Aussprache geschlossen und man trat tu die Einzelberatung ein. Amerikas Exporthandel gefährdet. Vor dem Zusammenbruch. In den ersten Jahren des Weltkrieges rieten ein sichtige amerikanische Patrioten ihrem Lande dringend, sich nicht in den Streit der Völker einzumischeu und die ganze Arbeitskraft und Geldmacht der Vereinigten Staaten in anderer Weise zu verwenden, nämlich zur Eroberung des von Deutschland und England aufgebauten Welthandels. Diesen vernünftigen Nat haben die Amerikaner zwar nicht befolgt, aber es gab immerhin eine Anzahl von Exportgeschäften, die ihren Handelsverkehr erweiterten, und ebenso entstand eine Reitze neuer Gründungen, die die aussergewöhnlich glücklichen Umstände benutzte», sich regel mässige Kunden im Auslande, vor allem in Südamerika, zu sichern. Diese zeitweiligen Vorteile für alle Ausfuhr» bestrebunge» verschwanden sofort, als die Vereinigten Staaten offen in den Krieg zogen und die reichen Hilfs- auellen des Landes ausschliesslich in den Dienst der be waffneten Macht stellte». Mit dem Waffenstillstand und der neue» Friedensperivde, die mit ihm begann, geriet der amerikanische Exportl'ansmnnn in eine Lage, die der seines englischen, französischen und skandiuavnchen Konkurrenten ziemlich glich. Er hätte g«t den Wettbewerb mit allen diesen Konkiirrenten aufnehinen können, und es erhoben sich von neuem ernste Stimmen, die den Äankee an- seuerten, alle Kräfte sür den grossen Kauimannskrieg, der sich nun in täglich steigendem Masse in der Welt abspielt, anzu» spannen. Aber während diesmal der Kammann mehr bei der Sache war und augenblicklich etngrrff, um den amerika nische» Welthandel ins Rotte» zu bringen, haben die amerikanische Negierung und die amerikanischen Finanz fachleute bisher völlig versagt. Täglich sinken die Wechselraten, und täglich mehren sich die Austragskündigungen aus dem Ausland. Zehn Monate sind seit dem Abschluss des Waffenstillstandes ver gangen; trotzdem sitzt man in Washington tatenlos da, ob wohl die Lage des amerikanischen Exporthandels täglich unhaltbarer wird und sichtlich dem Zusammenbruch entgegengeht. Das Ausland kann einfach die fabelhaften Preise für den amerikanischen Dollar nicht bezahlen, und Frankreich, Italien und England haben schon seit einem halben Jahre amtlich erklärt, dab sie nicht länger in der Lage feien, den Kurs zu stütze». Dazu kommt noch, dass die konkurrierenden Länder ihre Anslandsbanken und ihre Exportkaufleute direkt unterstützen, während Onkel Sam sich nicht darum kümmert, was seine strebsamen Bürger für ehrgeizige Ausfnhrhandelspläne haben könnten. Alle Eingeweihten sind der Ansicht, dass nur schnelles Handeln der Negierung vor einer Haudelskatastrophe — soweit amerikanische Ausfuhr in Frage kommt — rette» kann. Noch zwei oder drei Monate iveiteren Zögerns würde nach fast einstimmiger Ansicht der Fachleute den endgültigen Untergang der Welthandelsträume der Ver einigten Staaten bedeuten. 1 1 i i z S .i 's c t s 4 r r § s I 8 s L Ä 3 d 3 u n A a L is u g zi n kc W kk sind vielleicht die auimerlsamsten Zuhörer im Saal; sie lausche» gespannt, sie mache» sich Notizen; auch sie werden ja unter ihrem Eid vernommen werden . . . Im Hintergründe überall die Männer, die heute voran sind. Minister David, Neichswehnninistcr Noske, Präsident Fehrenbach. Viele, viele. Eia ständiges Kommen und Gehe». Alle aber voll höchster Aufmerksamkeit, alle sich beherrschend, wenn irgend eine unerwartete Bekundung Bernstorffs ein neues Licht auf diese alten Dinge wirst, dann geht ein unterdrückieS Zitlern der Spannung durch die Anwesenden. Denn wenn hier eine Untersuchung geführt wird darüber, ob Fricdens- möglichkeite» versäumt wurden, so wird damit ja zugleich über die Politik aller Parteien, aller Staatsmänuer Deutsch lands, iveu» nicht zu Gericht gesessen, so doch Urteils material beigebracht. II . . k. Vechandlun^öbericht. Zu der heuligc» Sitzung «var am Zeugcutisch ncöen dem frühere» Reichskanzler v. Bethmann Hollweg und dein früheren Vizekanzler Helfferich auch der frühere Staats sekretär des Auswärtigen Zimmerman» erschienen. Wie der Vorsitzende mitlellte, wirb die nächste Sitzung voraus sichtlich im Hcrrenhaussnal abgchnllcir weiden. Die Befragung des Grafen Bernstorff bringt zunächst auf eine Anregung die Bekundung des Grase», dass vom Tage der Versenkung der „Lusitania"' an bis zur Versenkung der „Sussex" in Amerika niemals ein Augenblick gewesen sei, in dem keine deutsch-amerikanische Streitfrage be stand. Jedesmal, wenn ivir glaubten, irgend etwas erreicht zu haben, gefchab wieder eine Versenkung oder etwas anderes, was.alle Verhandlungen illusorisch machte. Während dieser Zeit hatte sich der gesamte amerikanische Handel ans die Entente eingestellt. Hätte Wilson diesen Sandel gestört, so würde er dte öffent liche Meinung in Amerika gegen sich gehabt haben. Daruin lehnte cs Willem auch immer ab. dte bewaffneten Handels schiffe aus den amerikanischen Hälen fcnizuhallcn. Aus Frage» der Sachvcrsländigc» Professor Schäfer und Professor Dr. Hoetsch bestätigte Graf Bernstorff, dab zunächst gerade Bel giens wegen die öffentliche Meinung in Amerika gegen Deulschlarid aufgebracht gewesen märe. Bei der Friedens- vermittlrmn hätte man unter allen Umständen die volle Wiederherstellung Belgiens verlangt. Der Vorsitzende Warmuth fragt, ob Wiliou positiv eine Wiederherstellung Belgiens verlangt Hütte. Gras Bernstorff erwidert, eine Erklärung, dass Denischland Belgien nicht annelticren wolle, hätte genügt, um Wilson zum Beginn der Fricdcnsverband- lungeir zu veranlassem Abg. Dr. Schücking fragte, durch welche cmdcrcn Umstände äusser dem U-Boot-Krieg und der Deportation der Belgier die amerikanische Stimmung gegen uns beeinflusst wordcm sei. Gras Bernstorfs erwiderte, dass es sich da um die sogeuanntcn deutschen Verlchmörungeu ge handelt habe. Aus die Frage des Abg. Dr. Cohn, welcher Art diese Verschwörungen gewesen wäre», erwiderte Graf Bernstorff, dass nach feiner Auffassung Verschwörungen nicht beftaii deu hätten. Aber einzelne vorgekommene Handluiigcn waren tatsächlich mit den Gesetzen der Vereinigten Staaten nicht in Einklang zu bringen. Abg. Dr. Schücking fragte, ob diese Vorfälle geuicinc Verbrechen mit politischen Motiven dargcstcllt Häven. Gras Bernstorff erwiderte, dass die Verurteilung erst erfolgte, nachdem er die Vereinigten Staaten verlaffen hätte. Es handle sich um die beiden deutschen Konsuln üiid den Herrn Rinteln. Inwieweit diese Herre» überführt worden seien oder nicht, wisse er nicht, nur sollten einige Sabotage getrieben haben. Gras Bernstorfs bestätigte, dass der deutsche Marine- und Mililär-Atlnchö auf Grund solcher Angabe» abbcrufen werde» musste. Weiterhin war die Rede von der Tätigkeit dcnrschcr Agenten, und Gras Bernstorff nannte als einen solchen den Kapitän leutnant Rinteln, der sich auch an ihn herangemacht habe. Auf mehrmalige Anfrage in Berlin erhielt Graf Bernstorff schliesslich ein Telegramm des Staatssekretärs v. Jagow, wonach er die Agentrnschaft Rintelns kotegorhch dementiere» sollte. Auf Anfrage des Abg. Gvthei» erklärte Grcn Bernstorff, dass er auch heute »och nicht die Aufträge Rintelns kenne. Er könne unter jeinem Eide sagcn, dass er nicht wisse, ob jemals Fälle von Sabotage vorgekommen seien, wie es in Amerika allerdings behauptet worden wäre, wie zum Beispiel Bombenlegen auf Handelsschiffen aller Nationen und Jndie- lustsprengen von Mumtionsfabrikem Auf die Frage des Vorsitzenden Warmuth erklärte Graf Bernstorff positiv, dass das Auswärtige Amt sicher nicht hinter solcher Sabotage ge standen hätte. Auf Anfrage Dr. Siiizheimers teilte Gras Bernstorff mit, nach anfänglicher Weigerung habe ihm die amerikanische Negierung gesagt, es hätte sich Nachweisen lassen, dass Rinteln eine halbe Million Dollar von dem deutschen Mnrinc- Attachv Boh-Ed erhalten habe. Auf die offiziellen Beziehungen der amerika nischen Regierung zu Deutschland und insbesondere auf die persönliche» Beziehungen aineritanifchcr Rcgierüngskrcise zu dem Grafen Bernstorff haben diese angeblichen „Verschwö rungen" zunächst gar keinen Einfluss geübt. Auf Anfrage von Professor Bonn erklärte Graf Bernstorff, dass, als Staats sekretär Lansing von ihm die Abberufung des deutschen Militär- und Mariue-Attachvs verlangte, er sofort ihn fragte, ob auch er durch die Tätigkeit dieser beiden Herren kompro mittiert sei. Wen» die amerikanische Negierung dies glaube, würde er sofort seine Abbcrusuiig beaiitragen. Damals hat aber Staatssekretär Lansing kategorisch geantwortet: „Sie sind in keiner Weise an dieser Angelegenheit beteiligt." Er würde es ausserordentlich bedauern, wenn Graf Bernstorff Washington verliesse, da er mit allen wichtigen Verhältnisse» vertraut wäre. Diese Äusserung Lansings habe Oberst House zwei Tage später in »och schärferer Form ihm gegenüber wiederholt. Auf Befragung durch den Abg. Gothein bezeichnet Graf Bernstorff die Stellung der Militärattaches als ziemlich selb ständig. Wilsons Klagen an den Kongress über verbrecherische Umtriebe hätten sich nur aus Deutsch-Amerikaner, nicht auf Reichsdeutsche bezogen. — Abg Dr. Sinzheim er: Sie sagten gestern, dab in amerikanischen Negierungskreiscn das Friedensangebot vom 12. Dezember als Zeichen der Schwäche gedeutet worden ist. Haben Sie damals auch die Tatsache mitgeteilt, dass dieses Angebot in völliger Übereinstimmung mit der Obersten Heeresleitung verfasst worden ist? — Gras Bernstorff: Mir ist das Friedensangebot telegraphisch über mittelt morden. Irgendwelche Aufträge waren an dte Mit teilung nicht geknüpft. — Abg. Dr. Sinzheimer: Ich stelle auf' Grund der Akten fest, dass jenes Friedensangebot in voller Übereinstimmung mit der Obersten Heeresleitung zu- standegekommen ist, dass diese an dem Entwurf sogar Ver besserungen vorgenommen tzai und dass das Angebot auch in völliger übereinstimmuua mir dem Kaiser ui die Welt ge- aanaen ist. Das amerikanische Friedensangebot. Der Vorsitzende geht zu der Periode über, die mit dem amerikanischen Friedensangebot beginnt. Graf Bernstorff bemerkt, Wilson habe trotz des deutschen Friedensangebotes an der Idee der Friedensvermittlung festgehalten. Die öffent- ncye Meinung in Amerika hat den Schritt Wilsons absolut als pro-deutsch angesehen. Jetzt muss ich allerdings mrnehmen, dass unsere Antwort vom 26. Dezember die Absicht verwlate. die Willmische Friedcnsvermittlung völlig abzuschueiden. Zu dieser Auffassung bin ich vor allem durch ein Telegramm des Kaisers an das Auswärtige Amt gekommen, worin gefragt wurde, warum ich noch von Friedensvermittlungen Wilsons spräche, während eine solche Vermittlung dock aar nicht mehr bestände. Wilsons Note mar absichtlich unsicher und tastend gehalten, um eine Ablehnung unmöglich zu mache». Ich kann nur miederhole», dass nach meiner damaligen Ansicht unsere Note vom 26. Dezember nichts an dem Ver- hallcm unserer Negierung änderte. Heute bi» ich abe" anderer Auffassung. Abg. Sinzheimer stellt fest, das Kernstück der Note Wilsons vom 18. Dezember die Bitte an alle Krieg- sühreilde» ist, konkrete Friedcnsbcdingungen mitzutciten. In der deutschen Antwortnote wird aber diese Bitte WilionS überhaupt nicht erwählst, und daraufhin telegraphierte Gras Bernstorff, dass Lansing tb» nunmehr gebeten habe, «hm wenigstens vertraulich unsere Friedensbcdingungen mitzu teilen. — Grat Bernstorff: DaS ist richtig. Abg. Dr. Sinzheimer r Staatssekretär Zimmermann er, widerte zwei Tage vor dem N-Bvot-Kricg, Graf Bernstorff möge dicic Frane abwartend behandeln. — Graf Bernstorff: Daraus habe ich gerade geschlossen, dass alles so bleiben sollte wie bisher. — Abg. Dr. Sinzheimer: In einem Telegramm des Kaisers an den Staatssekretär Zimmer mann vom IC. Januar 1917 lieisst es wörtlich: „Allcr- höchstdicselbcu lege» gar keinen Wert auf Wilsons Friedensangebot. Falls Bruch mit 'Amerika unvermeidlich wäre, ist cö nicht zn ändern, cs wird vorgcgangen." (Be- wegung.) Graf Bernstorff bestätigt, dass er auf Grund dieser Tele gramme imd jetziger Vciöfsentllchungen zu der Ansicht ge kommen sei, dass die Wiffoimt'e Fncdc»-vcrmistlmm von uns beseitigt werde» sollte. Da der Zeuge die Äusserungen des Kaisers und de» Schriftwechsel mit Zimmermann uicb§ ge kannt hat, kann er Informationen über diese Dinge und ihre Wirkungen nickst geben. Deutschlands damalige FricdcnSbedinguugcn komme» Min zur Sprache. Gras Bernstorff bekunde!, Lansing habe ihm gesagt, er verstände nick», warum nur nickst ebenso viel forderten wie die andern. Man könne sich dann auf der Mitte einigen. — Abg. Dr. Cohn: Wan» nun de» die Be dingungen vom 12. Dczcmbei überreicht? — Grm Aernslorsj: Gleichzeitig mit der Erklärung deS verschäifien U-Boot- Krieges. — Abg. Dr. Colin: Bezog sich die Lansingsche Er klärung über die zu mässigen Friedensbedingungen auch ans Belgien? — Graf Bernstorffs: Nein. Eine amerikanische Friedensvermittlung ohne Wiederherstellung Belgiens war vollkommen ausgeschlossen. — Abg. Dr. Cohn: Ist Ihne» bei der Rückkehr nach Deutschland bekannt geworden, dass die Bedingungen, die Sie Wilton Mitteilen tollten, andere waren als diejenigen, die am 12. Dezember vereinbart wurden? — Graf Bernstorfs: Das höre ich beute zum ersten Mate. Im übrigen hat diese Sache nach der Erklärung des uueinge- schränkten Ü-Bvvt Kriese« kerne Ralle mehr aespielt. Oberst House über die Enlcnteabsichtcn. Zu der Ablehnung der Friedensangebote durch die Entente sagt GrafBernstorff: Soweit meine Verhandlungen mit Wilsons Vertreter in Betracht kommen, stabe ich mir immer gesagt, dass er die Bedingungen der Entente als nicht ernst zu nehmen mische. Er hat auch ausgesprochen, die Entente habe die Absicht, «ns zum rücksichtslosen U-Boot-Krieg zn bringen, nm die Vereinigten Staaten in den Krieg hincin- znzichcn. Auf eine Bemerkung Professor Bonns erklärte der Zeuge wiederholt, dass diele Ansicht oft in den vertraulichen Ge sprächen mit Oberst House au-gesprochen worden ist. Nach Wikions Wiederwahl zum Präsidenten hatte sich die Situation in Amerika wesentlich geändert. Die Stimmung der Industrie war nicht mehr io feindlich wie früher gegen einen für uns günstigen Frieden. Wilsons wirkliche Meinungen. Es folgen -einige Auslassungen über die Vorgänge im amerikanischen Senat und über das sog. Kreuzverhör Wilsons, bei dem es sich um die eigentliche Ursache des amerikanischen Eingreifens in den Krieg handelte. Graf Bernstorff sagt, unter seinem Eide könne er nicht sagen, was Wilson gedacht habe. Nach seiner Erinnerung lautete die Frage an Wilson: Glauben Sie, dass unsere moralische Auffassung über die deutsche Schuld am Kriege uni auch in den Krieg hincin- gebracht hätte, wenn Deutschland nicht unsere Untertanen und unsern Handel in unrechtmässiger Weise angegriffen hätte. Daraus hat der Präsident geantwortet: Ich Hosse cS. Auf die Frage: Glauben Sie, dass wir also doch in de» Kffeg hiiieingckommcn wären, selbst Deutschland sich nicht speziell gegen uns vergangen hätte, antwortete Wilton: Ich nehme cs an. — Der englische Text über die Vorgänge rm ameri kanischen Senat solle» in der morgige» Sitzung verlese» werden. Weiter führt Graf Bernstorff noch aus. dass Wilson einen Augenblick abwarte» wollte, wo keiner der Kriegfüstreiideii noch die Hoffnung habe, den Sieg zu erringen. Auf Be fragung durch den Abg. Sinzheimer, ob der gute Wille Wilsons zur FriedcuSvermittlmig glaubhaft sei, erwiderte Graf Bernstorff: Ja! — Dr.» Sinzheimer: Sollte es ein Friede zugunsten der Enteiste sein? — Graf Bernstorff: Wilson sagte am 22. Januar, es solle ein Friede ohne Sieg erreicht werden. Ich habe es so verstanden, dass das bedeutet, Deutschland solle seine Wellstellung im vollen Umsange bc- halten. Ich hielt Wilson für eine» ehrliche» Makler. — Aus eine Anfrage eiklärtc Graf Bernstorff: Noch niemals ist von amerikanischer Seite mit mir über einen Frieden verhandelt worden, worin uns auch nur die geringste Abtretung deutsche» Gebietes zngemntct worden wäre. Hierauf wurden die Verhandlungen abgebrochen. Sie werden am Donnerstag fortgesetzt. Schmachvolle Behandlung Mackensens. - Mit Negern zusammengepfercht! Über den Aufenthalt und die unglaubliche Behandlung des Generalfeldmarschalls v. Mackensen werden halbamtlich folgende Mitteilungen gemacht: „Der Marschall, der in kurzem sein 70. Lebensjahr vollendet, wird jetzt in Saloniki festgehalten, wo zu seiner Aufnahme das ausserhalb der Stadt gelegene bisherige Gescbästslotal der Flieger dient. Man will von der Ankunft des Feldmarschalls erst zwei Tage vorher erfahren staben, die Einrichtung ist dementsprechend. Das ganze Terri torium hat etwa 40 Bieter Breite und 60 Meter Länge — auf ihm wohnen äusser 48 Deutschen noch 50 Neger! Die Unruhe Tag und Nacht, die Hitze und schlechte Luft sind unerträglich. Allein auf der staubigen Lagerstrabe ist dem Marschall einige Bewegung möglich; auf der andern Seite grenzt das Grundstück an das Meer; dieser Vorzug wird aber wettgemacht durch die Umgebung lärmender Fabriken. Man fürchtet, für die Gesundheit des Feldmarschalls, dec unter den Eindrücken und Strapazen der jetzt einjährigen Internierung bei seinem hohen Alter schwer leidet, das Schlimmste. Dabei hat ihn: ein französischer General mitgeteilt, dab er bis zur Ratifizierung des Friedens durch sämtliche Alliierten in Saloniki sesiaestalten bleibe." Paris. Der Oberste Nat hat beschlossen, dem polni sche» Heere militärische Ausrüstungsgegenstänoe zu über mittel» und zwar hauptsächlich aus französischen Vorräten. Nie Arbeiterschutzkonferenz in Washington. Teilnahme von deutschen Delegierten. Wegen der Entsendung deutscher und österreichischer Delegierter zu der bevorstehenden Arbeiterschutzlonfercnz in Washington staben sowohl von Negierungsjeite wie von den Gewerkschastsvcrbänden weiter Verhandlungen statt- gesunden. Nach dein Ergebnis dieser Verhandlungen er scheint es angängig, von der bisherigen ablehnenden Haltung gegenüber der Frage der Beschickung der Konfe renz durch deutsche Vertreter abzusehen. Dem deutschen Gewerlschastsverband ist durch neutrale Vermittelung die Erklärung zugegaiigen, dass der Oberste Nat der alliierten und assoziierten Negierungen die Zulassung der deutschen und österreichischen Delegierten als vollberechtigte Mit glieder zn der Konferenz empfohlen hat, so dab auf diese Zulassung in der ersten Sitzung der Konferenz mit Sicher heit zu rechnen ist. Dies ist dem Vorsitzenden der deut schen Friedensdelegatiou in Paris bestätigt worden. Die deutsche Negierung hat sich unter diesen Umständen in Übereinstimmung mit der Auffassung des deutschen Ge- wcrkscstaftsvecbandes entschlossen, Delegierte nach Washington zu entsenden. Auster zwei Negierungsvertretern und je einem Ver treter der Arbeiter und Arbeitgeber werden der deutschen Delegation eine Anzahl Sachverständiger angehören. Dir Abreise wird voraussichtlich mit den österreichischen Dele gierten nächster Tage erfolgen. Da der Beginn der Konferenz, der ursprünglich auf den 29. Oktober^ angesetzt worden war, voraussichtlich um einige Tage verschoben werden wird, steht zu erwarten, das; die deutschen und österreichischen Delegierten noch rechtzeitig zum Anfang der sachlichen Verhandlungen in Washington eintreffen werden.
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