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Sächsische Elbzeitung : 09.09.1919
- Erscheinungsdatum
- 1919-09-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787841065-191909093
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787841065-19190909
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787841065-19190909
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Elbzeitung
-
Jahr
1919
-
Monat
1919-09
- Tag 1919-09-09
-
Monat
1919-09
-
Jahr
1919
- Titel
- Sächsische Elbzeitung : 09.09.1919
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Kautsky gegen die M'ie. Wenn das nichts hilft! Denn eigentlich müßte es jeden Unabhängige» überzeuge». was diesmal gegen das Nätesnstem, die Diktatur des Proletariats, den Bolsche wismus und den Spartakismns vorgebracht wird. Nicht ob der dafür herangezogenen Gründe — die sind von jeher gut gewesen. Soudern um des Mannes willen, der sie vorbringt. Ist es doch kein geringerer als Herr Kautski), der in Frage steht; Genosse Karl Kcmtsky, seit jeher Zionswächter des reinen Marxismus, der Wissenschaftler des Sozialismus: einst als Geueralstabschef der Radikalen, der Ncvisionistenschreck; jebt Unabhängiger, Noske-Feind, Schcidemaun-Nerächler. Der Mann der nnausechtbaren Gradlinigkeit der Überzeugungen; der Mann, der non jeher als seine Lebensaufgabe betrachtet und betätigt hat, jede Abweichung vom reinen und kouseguenteu Marxismus mit dem groben Bauulluch zu belegen. Und der sagt es nun auch! Genosse Kautsky hat ein Buch geschrieben, das er „Terrorismus und Kommunismus" beuenut. In diesem „Beitrag zur Naturgeschichte der Revolutionen" seht er sich mit dem Bolschewismus, und der Rätediktatur aus einander. Und lommt zn ihrer Verurteilung! Zur schärfsten. Einmal ist der Bolschewismus nicht marxistisch. Die Pariser Kommune von 187! mar es — sagt Herr Kautsky —, denn die war grundsätzlich demo kratisch, „versuchte nie, das Primiu anzutasteu, das; den Erwählten des allgemeinen Stimmrechts die oberste Macht gebühre", und wenn sie Geiseln tötete, die Kanonen und Bajonette als Uberzeuguugsmittel amvaudte, deren Kraft sie durch Brandstiftungen und Exzesse wirksam vermehrte, so waren das nach Herrn Kautsky kleine Zufälligkeiten, Schönheitsfehler, Gelcgcnheitssüuden. Wo gehobelt ivird, nicht wahr?- da fallen nnu einmal Späne. Aber das Prinzip blieb unangetastet. Kari Marx, Fritz Engels haben das damals schon gesagt, Karl Kautsky bestätigt es heute. Es gehört nach bürgerlichen Begriffen eine nicht ganz unkräftige Dosis Borenigenommenhcit dazu, iu der Pariser Kommuue von 1871 etwas grundsählich Demo kratisches und Unterrvriststches zu leheu. Aber es ist nicht ohne Gewicht, wenn jemand, der sogar die Kommune im geheiligten Bereich des lonsegneuteu Marxismus »ntec- zubringen weih, das mit dem Bolschewismus schlechter dings nicht fertigbringt. Nein, Karl Kautsky bringt das nicht fertig. Die Gewalt theorie — unmarxiststch! Marx und Engels haben sie stets bekämpit. Ein Rück all in primitive An schauungen ist sie; erklärlich mir dadurch, dab der Welt krieg die uneutwiclelten Teile des Proletaiints in den Vordergrund der Bewegung brachte. Die „Wildheit und Roheit der aniangendeu Arbeiterbewegung" haben die Lenin und Trotzki in den Dienst ihrer Politik gestellt — und damit was erreicht? Die Beseitigung der Klassen? Nein, die Schaffung einer neuen Klasse von Heloten in den früheren Bourgeois — und, wie mir hinzufügen möchten, in den nicht-bolschewistischen Arbeitern. Hebung des Proletariats auf eine höhere Stufe der Moral? Nein, seine Demoralisierung. „Von da zum Banditentum braucht man nur einen Schritt." Der Münchener Prozeb jetzt erweist, wie schnell und leicht der getan wird. All das bisher Vorgebrachle mag viele Unabhängige nicht schrecken. Schön, neue Heloten — aber diesmal sind es die andern; gut, Demobilisierung — aber jetzt sind mir dir Herren. Wirklich? Karl Kautsky zerstört auch diesen Wahn. Herren, jetzt — also keine allgemeine Wehr pflicht mehr? Im Gegenteil, ein schlimmerer Militarismus denn je. Keine Todesstrafe mehr? Vielmehr Massen- erschießung. Ausschaltung der Intellektuellen? Ja, der 'Versuch dazu, und als dieser Versuch fehlschlug, meil er fehlschlagen muffte: Wiedereinsetzung der Intellektuellen mit diktatorischen Befugnissen. Abschaffung des Kapita lismus ? Nein, durch „direkt verbrecherische Praktiken", durch Verleihung von Konzessionen an das Ausland, die Bildung einer neuen Herrenklasse „Keime eines nenen Kapitalismus, der tief unter dem früheren industriellen Kapitalismus steht/' Aber die neue Herrenllasse, das siud doch mir, die Handarbeiter? Lächerlich! Die Handarbeiter diktatorisch geknebelt, die Räte wesenlose Schatten, allmächtig allein die neue Vureaukratie, die zum Teil aus den Arbeitcrräten entstanden, zum Teil vou ihnen eingesetzt, zum Teil ihnen aufgezwungen wurde. Statt Herren zu werden, den Herren gewechselt. Und welchen für dis früheren eingetauscht? Uud welche Verhältnisse für die früheren eingetauscht? Mord und Brand, Hungersnot und Massenelend, die Verewigung des Bürgerkrieges, Dezimierung der Meuscheit, mildeste Barbarei, völliges Verschütten der Quellen der Produktion: so sieht der Bolschewismus, die Verwirklichung des Nätesystems, die Diktatur Les Proletariats aus. Wie gesagt, es ist kein geringerer als Genosse Karl Kautsky, der das sagt. Eigentlich sollte das helfen; eigentlich sollte das aufklären, überzeugen. Aber ob es das tun wird? Der Erfolg von Kautskys Schrift wird sein, daff ihn die Kommunisten noch wilder als bisher schmähen, und dab ihn die Unabhängigen schliefflich aus> stoffen werden. Das vorauszusehen bedarf es keine: Vrovhetengabe. Zöllsr von BärkenfsW. Von der neuesten Republik und ihrem Präsidenten. Das von der preussischen Nheinprovinz umschlossene Ländchen Birkenfeld ist bekanntlich seit einigen Tagen eine selbständige Republik. Einige Dunkelmänner, wie sie diese trüben Zeiten an die Oberfläche unseres politischen Lebens schwemmen,, haben in dem ehemaligen olden burgischen Fürstentum die Gelegenheit ergriffen, um die linksrheinische Frage im Sinne ihrer eigenen Interessen zu lösen. Die merkwürdigste dieser Persönlichkeiten ist der Mann, der sich aus eigener Machtvollkommenheit zum Präsidenten von Birkenfeld erhoben hat, Herr Ludwig Zöller aus Zweibrücken. Seine Präsidentschaft rief in seiner Heimatstadt einen großen Heiterkeitssturm hervor, und man glaubte, als man davon hörte, zunächst an einen schlechten Witz, den sich ein Zweibrücker Spaßvogel ge macht habe. Zöller wurde, wie manche andere Leute, Jurist, meil seine Eltern nicht mufften, mas sie sonst ans ihm machen sollten. Da er megen schlecht bestandener Staatsprüfungen nach den pfälzisch-bayerischen Vorschriften zum Richter nicht befähigt mar, versah er in einem kleinen Landstädtchen den Dienst des Amtsanwalts und schwang die Feder als Landgerichtsietretüc. Dabei nahm er einmal dem ihm vorgesetzten Landgerichtspräsidenten eine dienstliche Rüge so krumm, daß er ihn ans krumme Säbel zum Zweikampf fordern wollte. Dieser Fall führte dazu, dab er seine staatliche Lnulbahn ausgab uud Rechtsanwalt wurde. Da er reich geheiratet hat, konnte er das Ausbleiben einer zahlreichen Klientel ruhig verschmerzen. Die Gerichte aber bedauerten, daß er so selten auftrcu, denn in den trockenen Verhandlungen bildete sein Auftreten stets eine heitere Abwechslung, weil er, unbeschwert durch juristische Kenut- nisse, die Hörer durch den Bortrag von Ideen, die keinem Gesetz entstammten und in keinem Urteil Verwertung finden konnten, erfreute. Es ist nicht zu viel behauptet, wenn man sagt, dab Ludwig Zöller von niemand als voll angesehen wird. Nur eiue grenzenlose Selbstüberhebung tonnte diesen geistig minderwertigen Mann dazu führen, Verrat an seinem früher so stolz bekundeten Deutschtum zu begehen, — er war extrem konservalm uno monarchtjH und verachtete das „gemeine Volk". Deutschland soll 375 Milliarden zahlens Zahlbar innerhalb 36 Jahren. Bei der Beratung des Friedensvertrages in der fran zösischen Kammer erklärte Finanzmiuister Klotz, daß Deutsch land die verwüsteten Gebiete wieder instand setzen müsse, nnd zählte die durch den Fricdensvcrtrag Deutschland über tragenen Lasten auf, soweit sie sich auf Bezahlung in Waren, Schiffen, Kohlen üsw. vor März 162! beziehen. Diese würden vielleicht die durch den Friedensvertrag vor gesehenen 20 Milliarden übersteigen. Der Minister wies mit Nachdruck auf die Wichtigkeit der Klauseln hin, die die Bezahlung der Schäden und der Pensionen an die Opfer und die Kriegsteilnehmer vor ehe», ivas einer Summe von 20 Milliarden gleiclckomme, die an Frank reich allein zn zahlen sein würde. Deutschland werde ins gesamt 375 Milliarden bezahlen und sich seiner Schuld in einem Zeitraum vou 30 Jahren entledigen können. Während der beiden ersten Jahre werde es hundert Milliarden entrichten und nachher 13,6 Aiilliardeu mit sünsprozentiger. Verzinsung. Die von Denfichlaud au Frankreich zu zahlende Gelamtlumme werde sich nach 36 Jahren auf 463 Milliarden belaufen. Klotz zeigte die Vorzüge dieses Systems gegenüber demjenigen, das die Deutschen Vorschlägen, als sie das 'verbieten machten, aut einmal 100 Milliarden zu zahlen. Weiter gab der Redner viele Einzelheiten über die von der Wiedeigulmachuugs- kommissiou getroffenen Maßnahmen, um die Bezahlung der Jahresraten durch Deutschland ncherzustelteu. „Wir werden," io erklärte er, „gegenüber Deul.chland eine Mt- trästige Politik führe». Imme, hm werben wir ihm be> hiljl '' sein, seine Erzeuguugsmittel zu entfalten, um ihm die Möglichkeit zu geben, seine Schuld abzulragen. DaS geschieht jedoch in einem Mabe, dab es nicht in eme bessere wirtschaftliche Lage versetzt ivird, als Frankreich selbst. Ausschliesslich die Wiedergutmachnngslommilsion wird niit Deutschland über oie Abtragung der Schuld ver bandeln. Ansei* Viehstand. Ergebnis der letzten Zählung. Die vorläufigen Ergebnisse der Zählung von Rindern, Schweinen und Schafen am 2. Juni 1919 ergeben, wie uns von zuständiger Seite mitgeteilt wird, bei den Rindern einen Bestand von 16 798815 Stück, davon entfallen auf Kälber unter 8 Monate 2116 920 Jungvieh 4 813808 Bullen, Stiere und Ochsen 994187 Färsen und Kalbinnen 8 843 843 Milchkühe 7 880 298 Rinder über 3 Monate im ganzen 14 681 896 Zahlen beziehen sich auf die Ergebnisse der Zahlung im Reich mit Ausnahme der Provinz Posen, der Bayerischen Pfalz und Elsaß-Lothringen. Gegenüber der letzten Friedenszählung am 1. De zember 1913 finden wir bei den Kälbern unter drei Mo- naten eine Zunahme von 21,4 "/«, bei den übrigen Zählungen eine Abnahme, und zwar bei Jungvieh um 14,5, bei den Bullen, Stieren und Ochsen 29,ch bei den Kühen, Fersen und Kallunneu 14,6, bei den Rindern über drei Monate 15,7 und bei den Rindern insgesamt 12,4 °/o. Die Zahl der Milchkühe, die in Friedenszelten letztmals am 2. Dezember 1912 fcstgestellt wurde, hat nm 15 8 °/° abgenommen. Die Zählung der Schweine hat am 2. ^,mi 1919 einen Gesamtbestaud von 8887464Stück ergeben Davvn entfallen auf Ferkel unter 8 Wochen 2 387 894 8 Wochen bis V- Jahr alte Schweine 3 889 793 ^m ganzen Schweine unter V- Jahr 6 277 676 '?2 ^,nhr bis noch nicht 1 Jahr alte Schweine 1624 640 1 Jahr und ältere Schweine ; 085 147 Gegenüber der letzten F r i e d e u s z ä h l u n g am I. Dezember 1013 bleibt das Ergebnis der Zahlung bei den Schweinen vou unter V- Jahr um 55,3, bei denen von Jahr bis noch nicht 1 Jahr um 77.9, bei den . Jahr tilgen und älteren um 58,8 und der gesamte Be stand an Schweinen um 62,3"/« zurück. Die Zählung der Schafe hat einen Bestand von 6 423 036 Stück ergeben; das bedeutet gegenüber der Zählung vom März eine Zunahme von 8.2 °/°, gegenüber der Zählnug vom 1. Juni I9l8 um 4,5 °/«. Bei der letzten Friedeuszählung am 1. Dezember 1913 betrug der gesamte Bestand an Schafen 23,5 "L weniger, die Zunahme ist als 1 erheblich. Was Asiewerch in Steiermark verliert. Deutsches Land in slowenischer Hand. In Steiermark herrscht tiefe Trauer: tiefere Wunden als der Krieg schlägt dem Lande der Friedensuertrag von St. Germain. Man hat die Grenze so gezogen, daß ganz deutsche Gebiete und deutsche Städte uuter Fremdherr schaft fallen, um auch das letzte versprengteste Dorf, in dem noch ein Slowene wohnt, zu „befreien". Au 80 000 Deutsche sollen mit dem industriereichen Drau- und dem fruchtbaren Murtale geopfert, ein einheitliches, fahr- huudertaltes Wirtschaftsgebiet soll znm Schaden beider Völker zerrissen werden. Die Mitleisteiermark bildet mit dem Draulande und dem Murtale uud der Hauptstadt Graz eine Einheit. Seit 1147 gehört das Draugebiet mit Marburg und Pettau, dem alten römischen Postvvio, zur Steiermark, und seit 1000 Jahren wohnen hier Deutsche neben Slowenen. Das Dranland ist eigenartig besiedelt. Ge schlossenes deutsches Sprachgebiet setzt sich nirgends scharf ab; es geht in eiue breite Zone eines sprachlichen Misch gebietes über, wo beide Völker nebeneinander siedeln, genau so wie es bei uus iu zahlreichen deutsch-volniichen Gebietsteilen der Fall ist. Und das ist so seit uralter Zeit. Nachdem die von Avareu und Magyaren bedrängten Slowenen dezimieit waren, wanderten seit 800 deutsche Bauern aus Franken nnd Bayern ein, siedelten sich seit 1200 deutsche Handwerker in den verödeten Stätten an und vermehrten sich stets durch frisches Blut aus dem deutschen Mutterlande. Der Slowene blieb Ackerbauer, der Deutsche begründete Städte uud Märkte. Die Slowenen haben sich im Laufe der Jahrhunderte die Sitten, Gebräuche und Sprache der Deutschen zn eigen gemacht und sich mit diesen vermischt. Deutsche tragen slowenische, Slowenen deutsche Namen. Sie sind in erster Linie „Steirer" und fühlen sich ganz als solche. Nichts ver bindet sie mii den Slowenen Krains, sie sind ihnen so fremd, daß sie kaum ihre Sprache verstehen. Leben, Handel und Volkswirtschaft zielt nach dem deutschen Norden. Das Kultur- und Wutschastszeutrinu ist die deutsche Stadt Marburg, in der neben 23 000 Deutschen nur etwa 4000 Slowenen wohnen. Das geistige Leben, die Schulen und Theater sind deutsch. Deutscher Fleiß belebte den Handel und schuf die Industrie. Der Hausbesitz ist zn neun Zehnteln deutsch. Selbst die Toten auf dem Fried hof bezeugen, daß Marburg eine deutsche Stadt ist: neben 20 000 dentichen Grabiuschristen finden sich nur an 200 slowenische. Marburg ist einer der wichtigsten Eisen- bahntnotenvnnkte Österreichs: hier liegt für .Deutsch- Oslerrcich seine einzige Hauptverbindung mit Italien nud dem Meere. Nahezu 4000 deutsche Beamte uud Arbeiter sind, da in Marburg große Werküällen uud Heizhäuser errichtet wurden, im Lause der Zeit hier seßhaft uud mit ihren Familien bodenständig geworden. Im gemischt besiedelten Draulande, wo 40 000 Deutsche leben, liegt eine Reihe fast rein deutscher Marltgemeindcn mit reger Industrie, eiue Anzahl von Dörfern, die, wie slowenische Historiler festgestellt haben, schon im 11. Jahr hundert von Dentichen besiedelt wurden. Sie tragen als Zeugen ihre deutschen Namen und bilden die Brücke zur zweiten deutschen Stadt des Drantales, Pettau. Auch hier ist alles Leben deutsch: Handel, Gewerbe, Industrie, mustergültige deutsche Schulen. Sowohl Marburg als auch Pettau haben sich sofort nach dem Umsturz in Österreich-Ungarn zur deutsch-österreichischen Republik be kannt und mit ihnen eine große Zahl von Gemeinden des ganzen Draulandes. Unter Mißachtung des „berühmten" Selhstbestimmuugsrechts wurden sie von den Jugoslawen militärisch besetzt und leiden seither unter slowenischer Gewalt- und Willkürherrschaft. Der Friedensvertrag von St. Germain verschiebt die deutschen Steirer des Drau- uud Murtales wie willen lose Steine auf dem Schachbrett ins jugoslawische Feld. Sie aber möchten samt den Slowenen des Mischgebietes ihre alte Heimat nicht verlieren und bei ihrer deutschen Mutter bleiben. Ein Volk in Not erhob seine Stimme und rief die Demokratien aller Länder auf, es im Kampfe uni sein unveräußerliches Selbstbcstimmungsrecht zu unter stützen. Aber sein Ruf verhallte uuaebürt... 8. poMische Rundschau. Deutsches Reich. Industrie und Betriebdrätcgesetz. Der Reichs verband der deutschen Industrie veröffentlicht eine Er- klÄung, in der es heißt: Die Erregung, die sich der deutschen Industrie angesichts der Verschärfungen des Gesetzentwurfes über die Betriebsräte bemächtigt hat, ist ganz außerordentlich grob und in auffälligem Maße stärker als gegenüber so mancher bedrückenden gesetzlichen und steuerlichen Maßnahme dieser für die Industrie so schweren Zeit. Durch das Mitbestimmungsrecht, den Einfluß der Arbeiter auf die Leitung der Produktion, den zwangs weisen Eintritt von Arbeitern in die Aussichtsräte, die er zwungene Vorlegung der Bilanzen, der Gewinn- und Verlustrechnung au die Arbeiter sieht der deutsche Industrielle die Zukunft der Betriebe unmittelbar bedroht. Man fürchtet, daff hieraus eine nunmehr unheilbare Krisis für das deutsche Wirtschaftsleben Heraufgeführt wird, und zwar unnötigerweise durch Massnahmen der Gesetzgebung. In der deutschen Industrie hofft man, daff Regierung und Nationalversammlung wenigstens in letzter Stunde noch sich von diesen Gefahren werden überzeugen lassen." » Kein Kaijcrprozest. Der amerikanische Staats sekretär Lausing erklärte in einer Rede, es sei vom ersten Augenblick au ersichtlich gewesen, daff die Mitglieder der Entente-Kommission entschlossen waren, vor allen anderen den Kaiser vor einen internationalen Gerichtshof zu ziehen. Drei Anklagen könnten gegen ihn erhoben werden, nämlich, daß er für den Krieg und für die Verletzung der belgisch luxemburgischen Neutralität sowie für die flagranten Ver letzungen der Kriegsgebränche durch deutsche Streitkräfte verantwortlich sei. Die Kommission habe mit der Unter suchung der stralrechtlichen Verantwortlichkeit begonnen, sei aber schließlich einstimmig zn deni Ergebnis gelangt, daß es nicht möglich sein würde, den Kaiser für den Aus- brnch des Krieges oder für den Einmarsch in Belgien und Luxemburg strawechtlich zu verfolgen. Die Kommission habe zwar anerkannt düff der .Kaiser ein morallsches Ver brechen gegen die Menschheit begangen habe, habe sich aber gleichzeitig genötigt gesehen, zu erklären, daß es kein positives Gesetz gebe, durch das das Verhalten des Kaisers zu eiucm strafbaren Verbrechen gestempelt würde. Die Schuld des Kaisers sei nicht derart, daß sie von einem Gerichts höfe festgestellt und bestraft werden könnte. H Die nngeniigende deutsche Antwort. In Abwesen heit des Varons Lersner bat Lcgationsrat Schmidt die deutsche Antwortnote auf das Ultimatum der Entente wegen des Artikels 61 überreicht. Der Oberste Rat wird sich mit ihr beschäftigen nnd beschließen, was darauf zu geschehen habe, da die Note inhaltlich uud der Form nach allgemein als nnaunehmbar bezeichnet wird. 48 Strafantrag gegen den Staatssekretär Helfferich. Der Reichspräsident hat an den früheren Staatsminister Dr. Helfferich folgendes Schreiben gerichtet: „Ans das gefl. Schreiben vom 5. September beehre ich mich Ener Exzellenz mitzuteilen, daß das Neichskabiuctt dieser Tage beschlossen hat, auf Veranlassung des Reichsministers Erz berger Strachntrag bei dem preußischen Justizminister gegen Sie zu stellen. 4- Die Provinzialwahlen in Obcrhessen ergaben im Vergleich zur Volkskammerwahl eine bedeutende Ver schiebung nach rechts. Den größten Verlust erlitt die demokratische Partei, die anstatt der zu erwartenden 8 Mandate nur 2 Mandate erhielt. Der Vanernbund und die Deutschnakionalen erhilten 15, die Mehrheitssozia listen 12, die Deutsche Volkspartei und die unabhängigen Svzialdemokaten je 5 Mandate.
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