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Sächsische Elbzeitung Tageblatt für die Sächsische Schweiz AmtsblM A ks MWrU liüs solvik ffir Die „Sächsische Elbzeitung" erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. Die Ausgabe des Blattes erfolgt nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: vierteljährlich 3 Mk., monatlich 1 Mk., durch die Post vierteljährlich 3 Pik. (ohne Bestellgeld). Die einzelne Nummer kostet 12 Pfg. Alle Postanstalten jm Reiche und im Auslände, die Briefträger und die Geschäftsstelle, sowie die Zcitungsbotcn nehmen jederzeit Bestellungen auf die „Sächs. Elbzeitung" an. Druck und Verlag: Sächsische Elbzeitung, Alma Hieke. LlMnl zu UM» M Stu vllckWckdml zu Wchin Anzeigen sind bei der weiten Verbreitung der „Sächsischen Elbzeitung" dv» gutem Erfolg. Annahme derselben nur bis spätestens vormittags tt Uhr, größere Anzeigen am Tage vor dem Erscheinen erbeten. Ortsvreis für die 0 gespaltene Klcinschriftzeile oder deren Raum 25 Pfg., für auswärtige Auf» traggeber 30 Pfg. (tabellarische und schwierige Anzeigen nach Ucbcreinkunft-, Reklame und Eingesandt die Zeile 75 Pfg. Bei Wiederholungen Rabatt. Verantwortlich: Konrad Nohrlappcr, Bad Schandau. Fernruf Nr., 22. Telegramme: Elbzeitung. :: Postscheckkonto: Leipzig Np. 34918. Gcmeindeverbands-Glrokonto Schanda» 36. Tageszeitung für die Landgemeinden Allendorf, Kleinhennersdorf, Krippen, Lichtenhain, Mittelndorf, Ostrau, Porschdorf, Postelwih, Prossen, Rathmannsdorf, Neinhardtsdorf, Schmilka, Schöna, Maltersdorf, Wendischfähre, sowie für das Gesamtgebiet der Sächsisch-Böhmischen Schweiz. 63. Jahrgang Bad Schandau, Sonnabend, den 30. August M9 Mr. 166 Der amtliche Teil befindet sich auf Seite 7. Kleine Zeitung für eilige Leser. " Nach einer allerdings noch nicht beslnliatcn Mcldnna soll der Oberste Rat in Paris beschlossen babcn, die deutschen Kriegsgefangenen schon vor der Ratifizierung freizulasscn. * Die Gesamtstärke der bolschewistischen Armee wird aus 1200 000 Mann geschabt. * Präsident Wilson bat sich In einer Kundgebung an die Arbeiter gegen eine Erhöhung der Lohne ausgesprochen. * Das oberste chilenische Gericht hat die Auslieferung der deutschen Schiffe an die Entente abgelchnl. * Frankreich bat der Herabsetzung der deutschen Kohlen- sicfcrung von 4V ans 20 Millionen Tonnen zugeslimmr. * In der Nbeluvfalz ist mit französischer Unterstützung die »Freie pfälzische Republik" ausgcruien worden. Neuland. Die grössten sogenannten Kolonialvölker der Welt, die Engländer und die Franzosen, sind nur die größten Ausbentervölker. Der beste Kolonisator ist seit jeher der Deutsche gewesen. In seinem überströmenden Kraft- bewnfstsein und in seiner unermüdlichen Arbeitslust suchte er immer wieder Neuland. Davor schreckten ihn keine Hindernisse; er ging an sie im Sturme heran, wie ein edles Rennpferd, das seine Gelenke federnd schnellen lässt, wenn es ein Hindernis von ferne auch nur sieht. So gelangten in unserer Vorzeit die Westgoten und Vandalen bis nach Nordamerika. So haben die Deutschen das Riesenwerk der Kolonisierung allen Landes östlich dec Elbe bis hoch im Norden zur Narowa durchgeführt. Wo in der weiten Welt findet man englische oder französische Bauern? Nur Kaufleute und Ingenieure mit einge borenen Arbeitern. Aber der Deutsche hat in Sieben bürgen und,im Kaukasus, in Uiambara und am Kap der guten Hoffnung, in Kanada und in Brasilien und wo es sei, Land urbar gemacht, Städte gebaut, Erdteile er schlossen. Sein Volkstum ging ihm dabei vielfach in der Umgebung verloren. Uber ein Viertel der heutigen Nord amerikaner sind deutschen Geblütes, haben es aber längst vergessen. Überall wurde der Deutsche zum „Kultur dünger" für neue Welten. Und immer wieder wurde aus dem unerschöpflichen Deutschland durch furchtbare Kr ege neues Menschcnmaterial heransgepresst: verarmte, aber mutige Leute zogen in die Ferne und kolonisierten. Striche man das deutsche Volk aus der Weltgeschichte, so wäre die Entwickelung um Jahrhunderte zurückgeblieben. Noch einmal ist, in dem furchtbarsten aller bisherigen Kriege, die große Presse in Anwendung gekommen. Wir sind zusammengeguetscht worden, von einer Übermacht ein gepfercht. Unter diesem Druck guillt cs wieder hinaus: nicht nur die Lust, sondern vielfach auch der Zwang zur Auswanderung ist da. Das will ja gerade der Riesen bund unserer Feinde, die im Grunde, am allermeisten die Engländer, nur Ausbeuter sind. Sie brauchen Kultur arbeiter überall in ihrer Welt. Seit 1871 arbeiteten wir, zum erstenmal in unserer Geschichte, nur für uns selbst, hatten Plaß im eigenen Lande und in fremden Einfluß- gebietcn, und der Reichtum strömte in deutschen Händen zuiammen, in Deutschland selbst und in den Händen von Auslanddeutschen. Wurde nicht immer vom „reichen" England gesprochen? Aber 1014 hatte unser National vermögen das englische bereits übertroffen. Wir wohnten besser, wir nährten uns besser in Deutschland als in irgend einem Reiche der Welt die anderen; mit 104 Pfund Fleisch jährlich auf den Kopf der Bevölkerung, den letzten Säug ling mit in der Durchschuittsberechnung eingeschlossen, standen wir an der Spitze aller Fleischverbraucher der Erde, und mit dem Zucker und anderen Lebensmitteln stand es ähnlich, von den Genußmitteln aber war beispiels weise die deutsche Zigarre, das kann jeder welterfahrcne Reifende bestätigen, die billigste und beste. Da bäumte sieb die ganze übrige Welt der Faulenzer und Ausbeuter wider uns auf und zwang uns erneut das Joch über den Nacken, 'uni wieder das alte Deutschland der Zerrissenheit zu bekouzpien, aus dem Hunderttameude kräftiger Fäuste alljährlich exportiert wurden, die dann für Fremde sich abarbeiteten. Nun suchen mir nach Neuland, große Vortrupps sind auf dem Wege nach Argentinien in Südamerika und nach anderen Ländern, nm den zu erwartenden Strom dahin zu leiten. Denn er wird riesengroß werden. Wenn es nach dem Willen der Entente geht, wird in Deutschland über kurz oder lang nur noch Platz für vielleicht vierzig Millionen Einwohner sein. Und diese sollen zu Kulis werden. Die Engländer und Franzosen haben in allen vier fremden Erdteilen Millionen billiger 'Arbeitskräfte, vM- nicht unmittelbar vor ihren Toren, Das hat, da I wir „das Gewehr kürst Minuten zu früh an nie Wand stellten", mm der Krieg ihnen gebracht. In Dent chiaud müssen die Zinsen von Hunderten von Milliarden, und diese selbst in den nächsten Menschenaltern abgearbcitet werden. Da wird es -manchem Deutschen unter dem Brustlatz zu dumpf und zu eng. Er will hinaus wie die Väter, will Neuland jchuffeu und kultivieren. Aber wir haben ans unserer Geschichte, die eine Kette von Irrtümern und von Selbstaufopferung ist, gelernt, wir wollen für die eigenen Kinder schaffen, und diese Kinder sotten Deutsche bleiben. Dafür sind geschlossene Siedlungsgebiete nötig, die nicht durch Ozeane vom Mutterlande getrennt sind, Gebiete in europäischer Nähe, aus deueu mau immer wieder seine Kinder heimschicken kann, damit sie deutsche höhere Bildung erhalten und den geistigen Zusammenhang mit dem Lande der Väter wahren. Kein Geringerer als Hindenburg ist es gewesen, der schon während des Krieges die Notwendigkeit einer solchen Verbreitung des Deutschtums erkamste und im Osten, in den baltischen Provinzen des ehemaligen Zaren reiches, vorbereitende Gesetze znr Besiedlung des Landes 'mit deutschen Einwanderern erließ. Die von der Fremd- herrschast -befreiten viel und ungerecht verleumdeten „baltischen Barone" Kurlands und der Nachbarprovinzen, die 700 Jahre lang unter wechselnden Herren, unter Dänen und Polen und Schweden und Russen, deutsch ge blieben waren, aber immer vergeblich nach deutschem Baucrunachschub ausgeschaut hatten, weil es den deuschen Bauern in den letzte» Jahrhunderten immer nach Süden und Westen zog, nahmen den Gedanken auf. Sie ver pflichteten sich, ein Drittel ihres gesamten Besitzes zu einem lächerlich geringen Preise abzutreten, wenn deutsche Soldaten sich dort ansiedcln wollten: bei einer Anzahlung von nur 1000 Mark nud kleiner Amortisationsrente sollte jeder Malm 80 Morgen guten Landes zu eigen erhalle». Der Krieg ging uns verloren, aber die ans Kurlaich und Südlivland neu erstandene lettische Republik, die durch die deutsche „eiserne Division" und andere unserer Truppen vor dem nachdrüngenden russischen Bolschewismus gerettet wurde, brstätigte ihrerseits am 29. Dezember vorigen Jahres den Vertrag zwischen den deulschen Großgrund besitzern und den siedlungslustigen deutschen Soldaten und versprach diesen die Einbürgerung. Das passte den Engländern nicht in ihr Programm, die kein deutsches Neuland dicht au Deutschlands Grenze möge», sondern uns alle eingepfercht zu sehen wünschen, damit sie danv den Überschuß als Kulturdimger nach ihren eigenen Wünschen über die englische Erde in allen Weltteilen verbreiten können. Sie verboten der Republik statwim, die undankbar nnd bereitwillig auf die Anregung einging, die Ansiedlung der Deutschen. Nun wandten sich diese, durch eine nach Weimar entsandte Deputation von Mannschaften der eisernen Division, a» die Negierung der deutschen Republik, daß sie ihneu helfe und die lettische Negierung znr Durchführung der vertraglich übernommenen Verpflichtungen anhalke. Das Ergebnis war nieder schmetternd: mir eine gelinde Nole an die lettische Gesanbt- jchast in Berlin wurde erlassen, in Wirklichkeit ließ man diese Deutschen im Stich. Aber das sind 22 000 Mann in Waffen, mit Munition ans Jahre hinaus versehen, keine Etappen-, sondern Frontsoldaten, harte entschlossene Kolonistermaturen. Sie haben der deutschen Re gierung erklärt, wenn man sie zwänge, nach Deutschland zurückzulehreu, so kämen sie als verzweifelte Radikale zurück, als Spaüakisteu oder als Monarchisten, und mau sollte mit dem Feuer lieber nicht spielen. Aber zunächst, solange kein Zwang eiutrete, blieben sie dort und errichteten ihr neues Deutschland, in geschlossenen und militärisch organisierten Dörfern nnd anfänglich gemeinsamer Wirtschaft, bis erst alle nötigen Häuser erbaut seien und jedermann auf seinen 80 Morgen ringearbeitet; und dann kämen die Verwandten nach, die Handwerker, und dann würden die kleinen Städte be siedelt. Gegen den Teufel selbst uud die Hölle werde mau dieses deuljÄ? Neuland verteidige», denn es sei gutes stand und wert, ein neues Gesiecht zu erzeugen und zu nähren. Es ist Vorzeithauch urdeutschen Heldentums, der aus solcher Entschließung zu uns weht. Setze» diese Männer ihr Vorhaben durch, so ist das eine größere wcltgeß liche Tat, als einst die Besiedelung des Havel» it ko Weichsellandes. Selbst wenn alles andere verlorengeht: so lange uns die deutsche kolonisatorische Kraft erhalten bleibt und in deutschem Siuue arbeitet, w lauge brauchen wir die Hoffnung auf die Wiedergeburt unseres Nolles nickst anfzugeben. 0^/7/?«,//»//§. MspeN vor Ver Verfassung. Der Reichspräsident und das Wirtschaftsleben. Bei seinem Besuch in Stuttgart antwortete Reichs präsident Ebert ans eine Begrüßungsamprache vor den Mitgliedern der württembergischeu Negierung mit einer Rede, in der er u. a. aussührte: „Danach ein Wort über die wirtschastlichen Sorgen. Die Verfassung ist aufgebaut aut der Grundlage der Demo kratie. Jeder hat das Recht der freien Meinungsäuße rung und der freien politischen Betätigung, aber Freiheit ohne Zügel und Schranken ist Anarchie. Solchen Weg machen wir nicht mit. Jeder hat neben seinen Rechten im Staate auch Pflichten, nnd nachdem nun von der nach Lem freiesten Wahlrecht der Welt gewählten National versammlung die Verfassung des Reiches festgestellt worden ist, verlangen wir von jedem, mag er stehen wo er will, daß er diese Verfassung respektiert. Es wird uns auf gegeben, ihr den notwendigen Refpelt zn verschaffen. Das ! gilt auch für die Pflichten des Einzelnen gegenüber unferem ! gemeinsamen Wirtschaftsleben. Wir können nicht zulassen, daß in wahnsinniger Verblendung die Grundlagen unseres Wirtschaftslebens systematisch zerstört werden durch sinn lose Streiks. Was vom Reich geschehen kann, um die Kohlenversorguug sicherzustellen und berechtigte Ansprüche zu befriedigen, das wird geschehen mit allen möglichen Mitteln, die wir besitzen." Ltngarn und -ie Entenie. Die Politik des neuen Kabinetts. Nach Melduugeu aus Bndapest hatderungarische Minister- Präsident Friedrich an die interalliierte Militärmission in Budapest eine Zuschrift gerichtet, tu der er die Konsti tuierung der neuen Negierung mitteilt und ersucht, eine der Zuschrift beigelegte Note, die die Tatsache der Bildung der Negierung und die Ministerliste enchält, an den Präsidenten der Friedenskonferenz Clemenceau gelangen zu lassen. In der Note wird betont, daß das neue Ministerium die Sympathie und das unbedingte Vertrauen der weitaus überwiegende» Mehrheit der Nation genieße. Im Kabinett seien Klein- und Großgewerbe, Handel, die Beamtenschaft, die Klasse der Landwirte und die industrielle Arbeiterschaft vertrete». Im Interesse der Möglichkeit eines erfolg reichen Arbeitens bittet die Note Clemencecm, zu ver anlassen, daß bie in Budapest wcilcudeu Militärmissioiien sich in die innere ungarische Politik nicht einmengten oder höchstens in der Richtung, daß sie die ungarische Regierung in der Anfrechteihaltung der/Ordnung und bei der Wiederherstellung des wirtschaftliche» Gleichgewichtes uiste:»stützten. Ferner wird niitgeteilt, daß in drei bis vier Wochen die Wahle» zur Nationalversammlung ans Grund des gleichen, allgemeinen, geheime» Wahlrechtes stattfinde» würde». Zur Koiitrottierimg der Wahle» »löge Clemenceau eine Delegation nach Ungarn entsciiden, in der womöglich auch sozialdemokratische Vertreter sei» sollte». Als Ziele der »eueu Regierung werden bezeichnet: Niederbrechung des Bolschewismus, Wiederherstellung der Rechtsprechung und Verwaltung, Sicherung der ungestörten Verpflegung und Produktion, vollkommene Wiederherstellung der Sicherheit von Leben uud Eigentum, sowie der politischen Gleichberechtigung, schließlich die Vorbereitung der Wahlen zur Nationalversammlung. Die Note schliesst mit der Bitte an Clemenceau, die neue Negierimg in der Erfüllung ihrer Aufgaben rmd in ihre» Bestrebungen zur Wieder herstellung des Verfassrmgslcbens zu unterstützen. Emsichi im TmiZNielÄgsr. Herabsetzung der deutschen Koblenliefernng. Die Verhandlungen in Versailles haben, wie nun mehr amtlich mitgeteilt wird, zu einem wesentlichen Zu« gcständnis Frankreichs an Deutschland in der Frage der Kohlenlieferimgen geführt. Frankreich begnügt sich vor- länsig mit der Lieferung von 20 Millionen Tonnen deutscher Koble, anstelle der im Fricdensvcrtrag fest gesetzten 40 Millionen. Dieses Iahresguantnm soll den Liesernngen in den ersten sechs Monaten vom Beginn der deutschen Pflickstliescrimg an zugrunde gelegt werden, wenn die deutsche Förderung während dieser Zeit einem Jahresgunutum von 108 Millionen Tonnen entspricht. Wen» also Deutschland während dieses Halbjahres 54 Millionen Tonnen Kohlen fördert, so hat es in diesen sechs Monaten statt der ursprünglich festgesetzten 20 Millionen nur 10 Millionen Tonnen zn liefern. Bleibt in dieser Zeit die Förderung hinter dem Jahresdurchschnitt von 108 Millionen Tonnen zurück, so sollen in Versailles neue Verhcmdlungeu über eine weitere Herabsetzung der