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Allgemeiner Anzeiger : 07.12.1918
- Erscheinungsdatum
- 1918-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191812078
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- Zeitungen
- Saxonica
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-12
- Tag 1918-12-07
-
Monat
1918-12
-
Jahr
1918
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 07.12.1918
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Vie neuen deutschen Parteien. Die Revolution hat Mit dem alten System auch die alten Parteien zerbrochen, und neue Gebilde beginnen an ihrer Stelle empor« zuwachsen. Wenn wir von der Sozialdemo kratie absehen, so ist von den alten Namen auch nicht einer geblieben. Statt de- Zentrum? finden wir eine »Freie deutsche Volkspartei* Männer der bisherigen konservativen Fraktionen rufen ans zur Bildung einer „Deutschen Nationalen Volkspartei*, und die konservative Parteileitung erkennt von ihrem Standpunkt aus die Notwendigkeit zur Bildung einer ein heitlichen starken Rechten, wenn sie auch die Zeit für eine endgültige Programmbildung noch nicht als gekommen erachtet. Die Einigung der liberalen Parteien ist vorläufig mißlungen. Die „Deutsche demokratische Partei* wird sedoch nicht nur die ganze alte Fortschrittspartei, sondern auch wesentliche Teile der entschieden liberal gefirmten Liberalis mus in sich aufnehmen und dürste ferner der Sammelpunkt werden für alle jene liberalen Männer, die sich unter dem alten System keiner Partei anzuschließen vermochten. Der Rest der nationalliberalen Führer zusammen mit einigen versprengten Fortschrittlern versucht endlich, in einer „Deutschen Volkspartei* etwas der großen demokratischen Partei Ebenbürtiges zusammen zubringen, wodurch, wenn cS gelänge, die alte Spaltung det Liberalismus verewigt würde. überblickt man diese werdenden Gebilde, so «acht man eine sonderbare Entdeckung. Nicht weniger als drei von ihnen nennen sich „Volks partei*, und zwar sind das gerade d'-fenigen, die im wesentlichen ihre alten Pronra^me bei behalten oder lediglich der neuen Zeit etwas anpaffen wollen. Im wesentlichen wird der Kerngedanke der gleiche bleiben wie bei den alten Parteien der Zentrums, der Konservativen und der Nationalliberalen. Sehen wir uns die Programme oder doch die vorläufigen Richtlinien der neuen Parteien an, so ist — wir behalten die alten Bezeich nungen vorläufig bei — zu den neuen Grund sätzen det Zentrum? und der Konservativen wenig zu sagen. Dat Zentrum hat seine klerikale Kulturpolitik in keiner Weise ausgegeben. Sein übriges Programm enthält kaum etwas, bat nicht auch von den anderen Parteien ver treten würde, und in außenpolitischer Beziehung (Völkerbund, Abrüstung ulw) neigt es durchaus brr Linken zu. Beim Ausruf der Rechten fällt vor allem auf die Bermei- düng ieglicher Stellungnahme zur Frage Monarchie oder Republik, wie auch zur Frag« der Einzelstaaten. An Stelle dessen steht nur die Bereitwilligkeit, auf dem Boden jeder StaatSform mitzuarbeiten und als Ergänzung selbstverständlich dar neue Bekenntnis zum gleichen Wahlrecht und zur parlamentarischen Rrgierungsform. In wirtschaftlicher und sozial politischer Beziehung werden unter grundsätz licher Beibehaltung der konservativen Tendenz gewisse Zugeständnisse gemacht, wie beispiels weise mit Bezug auf die Siedlungspolitik, das KoalitionSrecht aller Arbeiter, freiheitliche Ge- «eindeveriaffung und ähnliches. Und nun zu den Liberalen. Die Deutsche demokratische Partei ist bis heut« die einzige, dis eS unternommen Hai, sofort in der Frage d«r Staatsiorm ein klares Bekenntnis zur Nevublik abzulegen und dadurch sich einen »»smven Einfluß auf die kommende Gestaltung «er Dinge zu sichern, statt sich von der Ent- WÄ»»a überraschen und nachschleppen zu lassen. HEichrrttler und Nationalliberale erschienen «mge Tage nach dem Ausbruch der Revolution, »IS die nichtsozialistischen Parteien anfingen, fich wieder auf sich selbst zu besinnen, jede mit einem eigenen Ausruf, und zunächst glaubten sie, dem Gebot der Stunde schon dadurch gerecht werden zu können, daß sie für die Wahl zur Nationalver sammlung ein taktisches Zusammengehen ver- emdarlen und die Frage der vollen Vereinigung str die zweite Linie schoben. Diese Frage aber war gerade daS, was nottat. Ihre Verant wortung war das Gebot der Stunde. Das ist der G«i>d, weshalb die Männer, die mit ihrem Uufrw, unabhängig von den alten Organisationen, bis WHnng einer demokratischen Partei ein ¬ leiteten, deS Erfolges sicher sein konnten ; und erst jetzt, als sie sahen, daß die Entwicklest über sie hinweg zu gehen drohte, rafften sich auch die Führer der alten liberalen Parteien zu Einigungsverhandlungen aui. Wenn diese nicht zum Ziele führten, so lag es daran, daß dieks Führer in Wirklichkeit auch jetzt noch nicht alle das Gebot der Stunde begriffen hatten. In Sturm unä f^ot. Berlin, Ende November 1918. DaS schwierigste Problem, das die junge deutsche Republik in ihrer inneren Politik zu löien hat, ist ohne Zweifel die Verteilung der Machtbefugnisse zwischen der Regierung und den ASR einerseits und den politi-chen Gruppen und Strömungen in Berlin sowohl als auch im Süden des Reiches andererseits. ES zeigt sich immer deutlicher, daß die Befürchtungen nicht grundlos waren, es könnte mit dem Zu sammenbruch der Kaitermacht zugleich auch die anscheinend jo festgefügte Einheit des Reiches zwammenbrechen. Die Ereignisse haben den Warnern recht gegeben. Was sich jetzt zwischen Berlin und dem Vollzugsrat auf der «inen Seite und den süddeutschen Staaten und Waß-Lothringen auf der anderen Seite voll zieht, ist in der Tat Vorbereitung der völligen Auslösung des Reiches, die unaufhaltsam ist, wenn nicht zur rechten Zeit Vorsorge getroffen wird, daß sich die Gegensätze auszugleichen ver mögen, und daß insbesondere die Ansprüche der einzelnen Staaten an der Mitregierung im Reiche durch schleunigste Einberufung der Naiionalvenammlung erfüllt werden. Es ist unleugbar, daß die Einberufung der Nationalversammlung iür das Wohlergehen deS Reiches, für den Beginn des Wiederaufbaues, für die Einheit und für den Friedensschluß mit allen Feinden gewissermaßen eine Voraus>etzung geworden ist. Allerdings verlangen untere Feinde nicht ausdrücklich (wie Bismarck 1870 von Frankreich), daß eine Nationalversammlung den kommenden Friedensfchluß ratifizier«, wohl aber verlangen sie, daß eine Regierung den Frieden schließe, die getragen wird vom Ver trauen der breitesten Massen. DaS heißt im Grunde nichts anderes, als daß die staatsrecht lichen und innerpolitischen Verhältnisse im Reiche durch eine Nationalversammlung klargestellt werden müssen, ehe die Ententestaaten daran denken, den Frieden zu unterzeichnen, ja es grwinnt immer mehr den Anschein, a!S werde auch der Abschluß eines VorsciedenS davon ab hängig gemacht, daß die Regierung der deuischen Republik konsolidiert, das heißt auf eine unan tastbare Grundlage gestellt sei. Lon süd deutscher Seite wird ja auch immer wieder darauf hingewiesen, daß man unter keinem Preis eine Trennung der Reichsteile herbeitühren wolle, aber mit ebenso großem Nachdruck fordert man, daß nicht eine kleine Gruppe von Politikern der äußersten radikalen Linken daS ganze Reich terrorisiere. Mit Recht wird darauf hingewiesen, daß die Art und Weise, in der der VollzugSrat von seiner durch die Revolution überkommenden Befugnis Gebrauch macht, Mißstimmung und Mißtrauen nicht nur in immer weiteren Kreisen deS deutschen Volkes, sondern auch bei unseren Feinden erregt. Was Frankreich anbelangt, so sieht man dort natürlich die drohende Zer splitterung des Reiches mit großem Vergnügen. Einzelne Blätter haben ja schon bei AuSbruch deS Krieges verraten, das Ziel deS Kampier sei für Frankreich die Zertrümmerung Deutsch- lands und die Schaffung eines Rheinbünde«, eines süddeutschen Staatenbunder, sowie die völlige polilitche und wirtschaftliche Abschnürung Preußens. Es ist die tiefste Tragik in unserem Zusammenbruch, daß wir nach außen hin nicht einmal so viel Krait aufbnngen können, um die heute auch von den kleinsten Völkern der Welt geforderte Selbstbestimmung auch für uns in Ampruch zu nehmen. Ganz abgesehen von ollem aber spielt unsere innere Einigkeit und Ge chlossenheit eine große Rolle bei den kommenden Fiiedensverhandlungen. Ein großer einiges Volk kann niemand vom Welthandel daueind abichnüren, kann man nicht zu wirl- ichaftlicher Versklavung verurteilen, denn 70 bis 80 Millionen Verbraucher sind iür die Welt wirtschaft aller Großstaajen ein Faktor, mit dem sie rechnen muß. Wenn wir aber den Kleinstaatergeist in uns groß werden lassen, wenn die Ten denzen der Zersplitterung in uns siegen, wird mit dem zerfallenen Reiche und den macht losen Einzelstaaten kein Feind ernsthaft rechnen. Wir stehen am Scheidewege, ob wir auf die Nationalversammlung vorläufig verzichten und damit unseren gemeinsamen Wiederaufbau un möglich machen, oder sie schleunigst einberufen und als einiges, großes Volk der Welt unfere Forderungen vorlegen wollen. N. v. — polMfebL Deutschland. * In gut unterrichteten Kreisen verstärkt sich der Eindruck, daß Foch beabsichtige, den Wassen still st and abzubrechen und die Feindseligkeiten — gegen eine nicht mehr vorhandene Armee — wieder zu beginnen. Es wird auf ganz bestimmte neue Tatsachen hingewiesen, aus denen sich diese Absicht klar ergebe. Das ganze Austreten Fochs berechtige zu der Annahme, daß er einen Vorwand suche, um den Krieg fortzuietzen. In jedem Falle wftd da? deutsche Volk gultun, auch mit solchen Möglichkeiten zu rechnen. * In Saarbrücken erklärten französische Offiziere, daß Elsaß-Lothri.ngen und das Saarrevier französisch seien und blieben, und daß von einer Volks abstimmung keine Rede sein könne. Sie iügten hinzu, daß wenn das übrige Rheinland sich für Frankreich entscheide, Frankreich alles tun werde, um seinen „berechtigten* Wünschen Verwirk lichung zu verschaffen. Ungarn. *,Pesti Naplo' erfährt, daß der Ministerrat ü er das Schicksal der deutschen Truppen in Ungarn bereits entschieden hat. Es wurde beschlossen, die Internierung der Mackensen-Armee, die 170 000 Mann zählt, schort duichzusühren. Die Deutschen haben sich hiermit einvelstanden erklärt. * Ein Budapester Blatt bringt Dußer rungen WekerleS über König Karl. Wekerle wirst dem König Unawrichtigkeit vor: „Der König versprach mir und Tisza, die md- slawische Frage im ungarischen Sinne zu löien. und beauftragte gleichzeitig Korosec hinter unserem Rücken mit der Fundierung deS süd- slawi'chen StaateS.* Wekerle behauptet ferner, daß die Ansprüche der Tschechen auf ungarisches Gebiet auf direkte Ermunterung deS Königs Karl zurückzusühren feien. Fr««Sreich. * Nach dem ,Matin' soll eine Friedens konferenz, an der Sieger und Besiegte teil- nrhmen, nicht stallfinden, da eine solche Friedenskonferenz von vornherein zum Scheitern verurteilt wär«. Deutschland werde auf der Anklagebank sitzen und keine be ratende Stimme haben. Frankreich und seine Verbündeten würden ihm den Frieden diktieren. DaS Gleich« gelte für Bulgarien und die Türkei. Die Alliierten hätten die territorial«», wirt schaftlichen und finanziellen Bedingungen festg«- stellt, Deutschland sie bereits angenommen. (?) Wen» dir Bedingungen des Waffenstillstandes ersüllt sind, würden di» Alliierten die Be dingungen veröffentlichen, unter denen sie bereit seien, den Frieden zu unterzeichne«. Mit der Unterzeichnung d«S Vorsriedensvertrages kehre ohne weiteres der FriedtnSzustand zurück. * Clemenceau hat dem neuen tschecho slowakischen Staat die Aussicht auf terri- toriale« Zuwachs auf Kosten Bayern» eröffnet. ES handelt sich um be- nächtliche Gebietsteile der Provinzen Nieder bayern und der Oberpfalz. *Der UnttrstaatSsekretär Ignace gab in der Kammer bekannt, daß die G e s a m t z a h l der alliierten Krieg Sg«fa n g enen in Deutschland 844 000 beträgt. Er sagte: In Süddeuischland befinden sich l00 000 Kriegs- geiangnie, darunter 60 000 Flanzoien und un- geiähr 40 000 Italiener. Sie wer en durch die Schweiz über Konstanz und Basel hei«« befördert werden, und zwar täglich 15 000. Di» He>mbeiörderung wird unverzüglich einietzen. Der Redner gab Vorsichtsmaßnahmen bekannt, die getroffen werden würden, damit Deutsch« land keinen Gefangenen zurückbehalte. England. *Die ,TimeS' schreiben, daß die Deuischen erneut versuchten, eine Milderung oder Einstellung der Blockade zu erzielen. Die Verbündeten dagegen beabsichtigen keines wegs, ihre Hauptwaffe zur Sicherung de? Fliedens aus der Hand zu geben, besonder? angesichts der heutigen unsicheren Lage Deutsch lands. Amerika werde während der FriedenS- verhandlungen soviel Nahrungsmittel nach Deutschland senden, wie «S die Menschlichkeit fordere und «S die Bedürfnisse der andere» Länder gestatten ; aber ehe der Frieden unter zeichnet werde, dürste die Blockade nicht ein gestellt werden. Schweiz. *Die Regierung hat den neuen bayerischen Gesandten Professor Dr. Förster nicht an erkannt und lehnt es ab, mit ihm in amt liche Verbindung zu treten. Die Regierung er klärt ferner, daß sie vor der Einberufung der bayerischen Nationalversammlung die neue bayerische Regierung nicht anerkennt. Sie wird nach wie vor den divlomatttchen Verkehr mit dem bisherigen bayerischen Gesandten in Bern, Böhm, awrechterhalten, der seiner'eits die neue bayrische Regierung ebenfalls nicht aner-kannt hat. Kpanren. *Ein« Abordnung aus Barcelona will der Regierung die Forderung nach der Selbständigkeit Kataloniens unter breiten. Wie die Blätter berichten, unttaßt di« Forderung der Katalonier folgende Hauptpunkt«: 1. Abgrenzung deS katalanischen Gebietes, daS die vier gegenwärtigen katalanischen Pro vinzen umfassen soll. 2. Übertragung der Voll- zugZaewalt auf di« regionalen Behörden und Einberufung einer konstituierenden Versamm lung in Katalonien. Die Antonomiebewegung scheint sich nur auf Katalonien zu beschränken. Amerika. *Wi« die Zeitungen an? Washington melden, reist Wilson demnächst nach Europa ab. Diele Meldungen widerlegen die Nachricht, daß Wibon bereits in den eng lischen Gewässern eingettoffen sei. Der italie nisch« und der iranzösiiche Botschafter in Wachington und die amerikanische Friedens- abordnung werden auf demselben Schiffe wie Milion nach Europa reisen. pon uncl Die Verwcudrtng der königlichen Schlösser in Potsdam beschäftigt« ui einer Sitzung den großen Rat des dortigen Nrdrfter- und Soldatenraies. Man gedenkt alle bis herigen Sehenswürdigkeiten in Potsdam zu gänglich zu erhallen, also auch die der Be sichtigung zugänglich gewesenen Schlösser. Die bisherigen sürstttchen privaten Wotznriume und die zu den Schlössern gehörenden WirtichasiS- g«bäud« sollen für öfsemttche Zwecke und sür die Wohnungssürsorge in Anspruch genommen werden. Tie Hofeqnipagen für die Arzte. Lsl städtische Fuhramt in Potsdam hat iür orn FuhrhilfSdienst die Equipagen und Pierde vo» der bisherigen Marstalloerwaltung anaeiordnr. um sie den Ärzten gegen ein noch fest,wetzenSeH Entgelt zur Verfügung zu stellen. Die frühere Kaiserin hat die Hosequipagen und Pferde dem ASR überwiesen. Deutsche Gesellschaft zur Förderung deS chemischen Unterrichts. Großiudmtticlle und Hochschullreii« Haven mtt einem Gründungs- kapital von 30 Millionen Mark eins Denticke Gesellschaft zur Förderung des chemische» llmer- richtS gegründet. Sie bezweckt die Förderung deS chemischen Hoch h lunterrichls durch Ver mittlung von Geldm >>sln iür Lehrzwecke, für HillSkräste und chemische Forschungen. Mv- glieder haben mindestens 10 000 Mart bc-- zusteuern oder mindestens 10 Jahre Ian« einen Jahresbeitrag von 1000 Maik zu leisten. In bösem Scbein. *s Arimnralroman von Heinrich L«» Gorirtzu»») 8. Am nächsten Tage beschäftigte der sensationelle Kr!«inalfall, nachdem sich di« Zeitungen seiner -«mSchtigt hatten, alle Gemüter in der Stadt »nd weit darüber hinaus. Jetzt erst zeigte sich, welches Ansehen und welche Beliebtheit der alt« Herr genossen hatte. Gleichzeitig tauchte di« Frage auf, was nun das Schicksal der blühenden Fabrik sein würde. Aber die Maß nahmen, die. wie man hörte, Hollfeld im Nuf- -rage der Erbin schon ergriffen batte, gaben darüber bereits eine umfassende Antwort. Nech am Abend des Mordtages, in später Stund«, war die Leiche aus Anordnung der Eiaatrairwaltickast zur Obduktion abaeholt »«den und Renate hatte kniend von ihrem Baler Abschied genommen. Eine merlwürdioe Faff»»» war über sie gekommen. AIS sie mit jene« rätselhaften Schrei ohnmächtig zufunmen- Srach, ließ sie Tante Pinchen, obwohl sie schon mit sich selbst zenug zu tun hotte, unter dem Beistände Hollfeld- und Annas auf ein Soia schaff«» »ns dort gelang es, sie - wieder zum M—mßssem zu brinzen. Die Tränen der Tanle «isnerltn sie, was geschehen war. Wieder sah HMeld, vi» fi« zusammenschauerte, und wieder Wr« «S oer s» schreckliche Tod de» Baie»S nicht «Lil» z» iei», an de« sie dabei dachte. Ein SWel «fischte sich Wein. Darm sprach t*. atS tziwe Ke emaS mtt sich allein abzu« I machen, zur Tante mit matter Stimme - „Ich bitte dich, sorge dasür, daß ich einige Minuten allein bleibe!* Si« gingen alle hinaus. Eben schlug «S Feierabend, und wie sonst, als wäre nicht» ge- schehen, sah man die Leute die Fabrik verlassen, nur daß sie beute zu erregten Gruppen sich zu- iammenianden. Auch Hollfeld verließ sonst um diele Stunde die Fabrik — heute aber ließ er durch Schmiedecke dem „jungen Fräulein*, wie Renale in der Fabrik zum Unterschiede von ihrer Tante genannt wurde, iagen. er befände sich noch im Kontor — iür den Fall, daß er daS Fräulein, da eS sich um die nächsten zu ergreifenden gelchSfilicben Maßregeln handele, nocb heut« abend sprechen könnte. Renate wandle sich an ihre Tante. „Holl feld schickt her,* sagte sie in ibrer ruhigen äußeren Fassung — .er hat über Geschäftliches mit mir zu sprechen. Ich möchte nicht allein mit ibm sein. Ich bitte dich also, jo lang« hier zu bleiben.* Tante Pinchen nabm sich eben ein frisches Taschentuch aus dem Wäsche spind. „So ein Ende! So ein Endel* jammerte sie, „und nicht einmal wissen, wer der Mörder ist!* Renates Gesicht nahm einen steinernen Ausdruck an. „ES wird nicht verborgen bleib-»,* sagte sie, — „dwür wird Gott iorgen.* Tann gab sie Schmiedecke den Auttrag, Herrn Holttel» zu tagen, daß sie ihn erwarte. ,Wi« du letzt bloß an iowaS denken kannst,* war: di« Taut« ei» „an- Geschäft!* deute an die vielen armen Leute, um deren Zukunft eS sich dabei handelt, an ihre Frauen und Kinder,* erwiderte Renate — „und ich bin Holtteld dankbar, daS er mich dar nicht Hai vtrgessen lassen.' Hollielü trat ei». Wohl erinnert« sein An blick mitten in ihrem Schmerz, i« den geheimen sir foliernden Gedanken wieder cm die Ab neigung, die er ibr sonst erweckte, aber die neue Ausgabe ließ sie dieses Gefühl jetzt über winden. „Es ist sehr gut von Ihnen,* begann sie, indem sie ihn zum Sitzen einlud — „daß Sie mich an die Wicht mahnen, die ich als die Erbin meine» BaterS nun habe. Sie haben an meinem Vater gewiß nicht Vie! weniger ver loren als ich selbst und deshalb werden wir unS verstehen.* Er verneigte sich fiumm. Sie sah dabei in sein Gesicht, in dem nichts als eine achtungs volle Ergebenheit und Trauer zu lesen war. Was er ihr vorzuschlagen hatte, war, daß die Firma in unveränderter Weise, weiter ge führt werden solle. Gern würde er, wenn ihm das gnädige Fräulein dasselbe Vertrauen schenken wollte wie ihr Herr Vater, auch serner- hin seine ganze Kraft damr einsetzen. Das fühle er ai» seine heil ge Pflicht — ichon im An denken an den seligen Herrn und die Wohl taten, die er von ibm empscmgen. Das alles sagte er in einer schlichten einfachen Art, ohne irgendwie seine eigenen Verdienst« um den Ver storbenen hervorleuchten zu lassen. und Renate, die sich diesem Eindruck nicht entziehen konnte, reichte ibm zum Schluffe der Unterredung un- willlüriich dw Land. t „Ich danke Ihnen,* sprach sie. Auch Tanie Pinchen gab ihm die Hand. „Herr Hollteld,* weinte sie — „Sie haben e» immer am mit meinem armen Bruder grmeint. Sie sind ei« guter Menich.* Jedenfalls, so dachte Renate, nachdem er gegangen war — und sie dachte eS zum ersten Plate — hatte ihr Vater eine tüchtige und treu« Stütz« an Holl>eld gehabt. Auch ihr wollte «r io eine Stütze sein. Vielleicht war sie bisher nickt ganz gerecht gegen ihn gewesen. Und mußte sie ihm nicht dankbar sein? Jawohl, wenigstens Gerechtigkeit wollte sie iorian gegen ihn üben. Ein neues Leben lag vor ihr. schwer und einsam — und ein zuverlässiger Beistand war ihr nötig. Am nächsten Morgen wurde, wie schon an gedeutet, in der Fabrik bekannt, daß der Geschäfts betrieb ohne Änderung iortgeftihrt werden würde, und die „Leute* brauchten sich lein» Sorgen mehr zu macken, wenn auch mancher von ihnen sich vielleicht iagen mochte, daß eS mir den guten, alten milden Zeilen, wi« man sie unter Herrn Rosenau gehabt, nun vorbei war. Am nächsten Morgen gab der Postbote sür die beiden Damen auch zwei längliche, mit dem Gencht»stempel versehene Briefe ab. E» waren die Vorladungen zu den Zeugenaus sagen. Tante Pinchen bekam einen Schreck, al» ob sie zu ihrer Hinrichtung beordert wäld«, «nd nur die Gesellschaft Renaten- gab rhc »mig» Beruhigung. Amtsrichter Braunsisch empfing di« Da««» in seinem Amtszimmer. Renate wünscht« «
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