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Attentat auf Korfanty. Während seiner Anwesenheit in Warschau war der bekannte Abgeordnete Korianty das Ziel eines Mord versuches. Ein polnischer Heißsporn schoß aus ihn, aber die Kugel ping fehl. Der Attentäter, ein Sozialist, wurde blutig geichlagen und ver haftet, aber auf Anordnung des Generals Sosnowski diesem zur Verfügung übergeben. Luftverkehr von Berlin ans. Wie das Berkehrsbureau der Handelskammer zu Berlin mitteilt, hat die Firma Luitfabrzeugbau Schütte- Lanz in Zeesen bei Königs-Wusterhausen von der Inspektion der Fliegertruppen die Geneh migung zur Eröffnung eines Luftverkehrs nach asten Teilen Deutschlands für Personen und Sachen erhalten. Für die Benutzung der Flug zeuge für dielen Verkehr ist an die genannte Firma rm tarifmäßig festgesetzter Satz per Kilo meter zu entrichten, der zwar noch etwas hoch ist, aber bei Steigrning des Verkehrs wahr scheinlich bald sinken wird. Abschaffung der Trinkgelder. In Berlin deichlossen die Angestellten rm Gastwirts-, Kaffeehaus- und Hotelgewerbe die Beseitigung der Trinkgelder und die Einführung fester Wochenlöhne zu fordern. Als Mindestsätze wurden verlangt: Für einen sprachkundigen Oberkellner 150 Mk., für Kellner 90 Mk., für Hoteidieuer 75 Mk. Der deutsche Verein sür Sanitäts- huuve in Oldenburg i. Gr. kann auf ein 25jähiiges Bestehen zurücküticken. Durch »eine Führer und Hunde wurden im Weltkriege gegen 4000 Verwundete von dem sicheren Tode gerettet. Plündernngeu in Posen und in Hohen- salza. In Polen und rn Hohcnsalza wurden von zügellosen Soldaten und Zivilisten Militär- belleidungsiuligazint und Geschäfte geplündert. In beiden Städten kam »s dabei zu erbitterten Kämplen, wobei Handgranaten und Maschinen gewehre eine Nolle spielten. In Polen wurden zwanzig Personen, zum Teil schwer, verletzt, in Hohenlalza wurden vier Plünderer stand rechtlich erschossen. Billige Pferde. Die Pferdemärkte und die Pierdeversteigerungen sind jetzt sehr gut be sucht, sowohl von Händlern als auch von Land- lemrn u!w. Trotzdem gehen die Preil« überall zurück, im Osten noch mehr als im Westen, Weil der Pierdemangel im Westen bedeutend größer ist alS im Osten, und in den Großstädten des Westens die Nachfrage nach Pferdefleisch erheblicher ist als in den östlichen Provinzen. In diesen können jetzt Pierde zu 80 Mark er standen weiden, die im Westen noch 400 bis 800 Mark kosten. Ein Kieiderhamsterlayer entdeckt. Bei der Münchener Henenkleiderladrik Baron wurde ein geheimes Lager von 80 000 Kleidungsstücken etydeckt. die hauptsächlich vom Jahre 1914 stammen. Die Überforderungen für die zurück behaltenen Waren betrugen 200 bis 650 A>. Außerdem hatte die Firma ein eigenes Lager von Bauerkleidern, die nur im Austausch gegen Lebensmittel abgegeben wurden. Österreichische Nevolutionsbriefmarken. In Österreich-Ungarn hat der Umsturz auch auf die Briefmarken eingewirkt. Die Ungarn, Tschechen, Deutschen und Italiener versehen die bisher in Gebrauch gewesenen Marken mit Überdruck, der die neuen staatsrechtlichen Ver hältnisse wiederspiegelt. In Deutsch-Österreich liest man jetzt auf den Briefmarken Deutsch- Osterreich. Raub im Schlosse der Destin«. Die frühere Berliner Hofoperniängerin Emmy Destinn, die im Laufe deS Krieges durch ihre Propaganda sür die Tschechen von sich reden machte, wurde auf ihrem Schloß bei Platz in Böhmen das Opfer eines Raubüberfalls. Es wurden ihr Juwelen im Werte von 20 000 Kronen gestohlen. Tie Kathedrale von NcimS scheint doch nicht so zerstört zu sein, wie es von sranzösischer Seite während des Krieges immer wieder be hauptet wurde. Das ergibt sich aus einem Briefe des Kathedral-Erzbstchojs von Reims, in dem erklärt wird, daß die berühmte Kirche wiederhergestellt werden könne. Furchtbare Wirkung der Grippe in Indien. Nach englischen Btäftenneldnngsn stad die Verwüstungen, die die Grippe in Indien angerichtet hat, furchtbar gewesen. 30 Millionen Menschen sollen umgekommen sein. vom Sattler zum ReklManzler. Aus EbertS Lehr- und Wanderjahren. Die Gestalt des Volksbeaustragten Friedrich Ebert tritt unter den Männern unserer neuen Reichsregieruug am eindringlichsten hervor, und wir haben ein lebhasles Interesse, Näheres über die Herkunft und Entwicklung dieser Persönlich keit zu erfahren, die als Führer der sozial demokratischen Partei während des ganzen zr einem Sattler in die Lehre geschickt. Ach E sst, die Welt war so schön um ihn. Der Schwarzwald, der Neckar, der OtlheinrichLbau, die sprühende Lebenslust der Studenten, während er unter die „Enterbten* gehörte. Zu den Aus- gestoßenen der Gesellschaft, zu den unter de« Sozialistengesetz Geächteten sühlte er sich hin- gezogen. Gierig verichlanq er die Zeitung, di» insgeheim 'zugesteckten Flugblätter und sog, immer lesend und lernend, seine Seele voll mit den Idealen der sozialistischen Weltanschauung. Plötzlich fallen die Schranken. Bismarck wird aus dem Amt gestoßen und muß, nach achl- uvddreißigjähriger Tätigkeit als preußischer Ministerpräsident, Bundes- und Reichskanzler, in wenigen Stunden das Kanzlerpalais räumen. Vie Mäankungsurkunäe «LUikelms H. Zev venelrdk» füe »N« 2ukunkf ous «U« kleckst, »a ckee Keons Preussen unck reebzincken«« 8eebk» «n ^,uk»ck>ön kks'serkron». Kuxlsicb enkbinck« !cb »Ike Lasmrso ck», D-u7sck§tt NeicöLs »nck k>eussea« so»«« »Hs 0?k>riLv», vnksrokkiHers unct Nsna- «cksftea ckse klsclas, ckss fcei-rsi-cNoa «SSI-SS un<j ck-e n-uxxen <I«e Lunckrskoqfinaears "»Luetctrr, sie ötte sts ibosm ssmsen, König unr! Obersten LsksblsbsLsm tzeltzlStsr Lüben. Ick «mnrrs von iknsn, «tsss sie Lis sur tt-E-km-nA </es Deutscken Nsicbs ösn Inbsbsrn ctrr rst.-ZcbÜeksn cs^-tr in V-^Leblsnck keifen, ctss vsusscks Volk öle ctrobencten Lefskren cle/» Snsrsbie^ (ter kiungsrsos? un<t Hamctbsccscksir ru sckütrsn. U.-I,'ua<tliev unter Onssrsr ttöckstslZ«nkZncli§sn Untsi-« sohrsft »nck bei§sc!racktsm ttsisertieben snsisZst. Lexeben LoeronLen, 6en 22. ttovembsr ISIS. Die Verzögerung der oifizlellcn Abdankung Wilhelms II. hatte bekanntlich Anlaß ju allerlei Mihveisiäudmffen, besonders im Anstande, gegeben. Es batte sich dabei namentlich um die Bestrebungen der Entente gehandelt, seine AuSüeterung von Hol land zu erzwingen. Der Kaiser bat sich deshalb unter dem 28. November entschlossen, in einer staatsrechtlich einwandfreien Urkunde aus die Krone Preußens und damit auf die deutsche Kaiserkrone zu verzichten. Wir bringen hier die Wiedergabe des interessanten Schriftstückes, das zugleich die letzte amtlich« Kundgebung deS letzten Hohen- zollern ist. Krieges eine große Rolle gespielt hat und nun in der schwersten Zeit an verantwortlichster Stelle steht. In einer Berliner Wochenschrift entwirft Johannes Flichart ein anschauliches Bild feiner Lehr- und Wanderjahre: „In Heidelberg ist er geboren. ES war in jenen Tagen, da ganz Demschland, nach dem Sieg über Frankreich, jubelnd die Fahnen aus den Häusern steckte, als das neue, imperialistische Deutsche Reich eben in Versailles erstanden war. Friedrich wuchs, ohne irgendwelche Unter brechung, in kleinbürgerlicher, beinahe prole- mrijcher Enge auf. Der Vater? Einer von den Vielzuvielen, die nur, grau in grau, ihr Leben lang zu arbeiten halten. Die Mutter? Wie alle Mütter in jenen engen Gassen und winkligen Höfen sind. Tuch um den Kopf, früh gealtert und abgearbeilet. Friedrich machte die Volksschule durch und wurde, vierzehnjährig, > Der Kaiser besteht darauf. Nicht länger kann er mehr an sich halten, die Zügel des Reiches > selbst zu ergreifen. Das Sozialistengesetz fällt f mit dem Eifernen. Die katzerlichen Februar- i Erlasse scheinen eine neue soziale Nra einzu- leiten. Ein geistiger Frühlingssturm geht durch ; die Lande. Auch Ebert wird davon erfaßt. f Nun ist die Bahn frei. Jetzt kann man für Ideale der Sozialdemokratie endlich ehrlich und offen streiten. Friedrichs Wanderjahre enden in Bremen. In der Organisation schwimmt er, mit dem srisch pulsierenden südlichen Blut, bald oben, und wird Redakteur der Bremer Bürgerzeitung. Jahre vergehen ohne sonderliche Zwilchenfälle. Er wird von der Partei bei den Wahlen zur f Bürgerschaft als Kandidat ausgestellt, wird ge wählt und rückt, bei dem zunehmenden Umfang ' des Parteibaues, allmählich auf zum Arbeiter sekretär. Fünf Jahre später ist er bereits Vor sitzender der Zentralstelle der arbeitenden Jngend Deutschlands und wird in den Vorstand der Gesamtpartei entsandt. Auch hier setzt sich der Mann mit der schwarzen Wolle auf dem Kopf und dem spießbürgerlichen Henriquatre rasch durch. Wie ein Fremdling sieht er, rein äußerlich, unter den Blond- und Bräunlingen dieies Parieikollegiums aus. Ein süddeutsch- romanischer Mi'chling? Vielleicht. Auch das Temperament könnte darauf schließen lasten: bedächtig und doch, wenn es sein muß, drauf- gängeriich. Sein Gebiet ist die Organisation, und darin leistet er nicht Alltägliches." Volksn>irtlckaf1licbes. Einschränkungen der Tageszeitungen. Ein« Verordnung über Druckpapier ichianlt ven Wochcnumfang der Tageszeitungen unter Zugrunde legung ihrer Seitenzahl und Erschemunzsait ein und verbietet die Zurücknahme und den Um tausch unverkaufter Exemplare Sie ist veranlaßt durch die augenblicklichen Kohlen- und Trausport- schwierigkcitcn, die für die nächste Zeit eine Papier- belicfcrung der Tageszeitungen in dem bisherigen Umfang als undurchführbar erscheinen lasten, und stellt lediglich eine vorübergehende Maßnahme dar. Der Abbau der NeichöbetteidungSstelle wird fortgesetzt. Wie von der Re:chsvekwwungs- stclle mitgeteilt wird, kommen in der nächsten Zeit auch die Strümpfe auf die Freiliste. Da die Heeresverwaltung ihre Woll- und BaumwolUoh- noffe d(n Fäbnten Zufuhren läßt und die Jcriig- sadlitate des Heere« an Strümpfen gleichfalls durch die KiiegswirtschaftSaktiengesellichaft dem Handel zugebiint werden, dürsten genügend Strümpte sür die Zivilbevölkerung frei werden. Die Nachricht iü ertreulich: e» fragt sich nur, ob die Strümpfe zu erschwinglichen Prellen zu baden sein weiden. Herrcktsbalte. Berlin. Wegen Ermordung und Beraubung, der Milchhändlerin Gebler standen die russischen Arbeiter Alexander Wojciechowski und Josef MalewSki vor den Geschworenen. Wojciechowski war bestrebt, di« Hauptschuld von sich adzuwälzen, indem er behauptet«, daß der Plan von Majewski auSgcgangen sei, dieser auch der Frau Gehler den Strick um den Hale geworfen und sie erdrosselt habe. Die Gefchworenen erklärten beide Angeilagte der Morde» schuldig, und der Gerichtshof verurteilte beide zum Tode. Elbing. Wegen aufsehenerregender viehdieb- üähle Holle sich der Mühlenbesitzer Leopold W. auS Kunzendorf (Kreis Marienburg), ein recht wohl habender Mann, vor der hiesigen Slrotkammer zu verantworten. W. soll in einer Nacht Anfang deS Monats Jun! 1917 dem Gutsbesitzer Hannemann in Gnojau von der Weid« die beste Milchkuh, di» 1700 bis 2000 Mark Wert besaß, gestohlen baden. Ferner l»ll W. in der Nacht zum 1. Juli dem Besitzer Echertenleib in Kunzendorf zwei Milchkühe, Gelamtwcrt 8000 Mark, von der Weide entwendet haben. W., der bisher noch unbestraft ift, war vom Schöffengericht Marienburg zu 10 Monaten GelLnguiS verurteilt worden. Auf feine Berufung hin hob die Strafkammer dieses Urleil auf und er kannte wegen des Diebstahls bei Hannemann auf sechs Monate Gefängnis, sprach den W. jedoch wegen deS zweiten Diebstahls frei, obwohl er der Tat dringend verdächlig ist. > Vermischtes. Der Visitenkartenbaum. ES ist eine alte Sitte oder, wenn man will, Unsitte vieler Touristen, sich an Stätten, wo es ihnen be sonders gut gefallen hat, zu verewigen und ihr» Amangtzbuchstaben in die Rinde eines Baumes einzuschneiden. Eine wunderliche Abart dieser Sitte findet sich im südlichen Kalifornien bei Inspiration Point. Hier steht am Endziel eines beliebten Ausfluges ein kleiner Baum, von dem jeder Ast und jeder Zweig mit Visiten karten behängt ist; der kleine Baum trägt viele Tausende dieser Karten, und man liest daraus die Adressen von Touristen aus aller Wett. Es ist ein aller Brauch, dessen Ursprung längst ver gessen ist, aber jeder, der die Stätte besucht, versäumt es nicht, den Vifilenkartenbaum um eine Karte zu bereichern, und unter den vielen vom Sturm zerzausten Blättchen Nachschau zu hallen, ob nicht in srüheren Zeiten ein Be kannter auch einmal hier war und dem alten Brauche getreu eine Karte hinterlassen hat. antz nicht ganz entziehen. Sie war ihm einen Dank schuldig — schon sür sein Taktgxsühl, daS ihn veranlaßt», auf den Vorschlag der Taitte zu schweigen und damit di» Entscheidung ihr selbst zu überlasten. „Renate, meinst du denn nicht?* wandte sich die Tante jetzt drängend au fie. Nachlhimmel leuchtete kein Stern und nur die seiften Lichter der Stadt zeigten dem ein amen Wanderer den Weg. Stundenlang halte er wieder die Maske vor dem Gesicht behalten müssen. Jetzt atmete er auf. Noch fühlte er die Berührung ihrer Hand und ein Feuer raste durch j»iue Aüern. daS Feuer einer unsinnigen Leidenschaft. Und das war »r, dieser kalte, ordentliche Geschästsmensch! Keine Wonne, sondern eine Folter war sür ihn diese Leiden schaft und das währte nun seit Jahren. Damals, als »r in das Nosenauiche Geschäft trat, war Renate ein sechsjähriges Mädchen, er hatte das Kind kaum beachtet, Jahre vergingen und er hielt es, nur von seinem Ehrgeiz erfüllt, nicht seines Blickes wert. Da kam ein Festtag in das Nosenausche Haus — der Tag, an dem Renate eingesegnet wurde. Ein weißes langes Seidenkleid umschloß ihre Heranwachsende knos pende Gestatt, an der ein Schleier herabfloß, und auf ihren braunen Flechten ruhte ein Apsel- blütenkranz. War dies das Kind, über das er nur immer hinweg gesehen hatte? Wie eine Braut sah sie aus. Von diesem Tage an ging in seinem ganzen Wesen eine Veränderung vor. Aber Renale war nicht die einzige rm Hause, der sich plötzlich seine Aufmerl'amkeit zuwandle. Es gab in diesem Harne noch einen jungen Burschen, ein aufgelesenes Arbeiterkind, ein Ge schöpf. daS gleichfalls bisker nicht für ihn auf der Welt gewesen war. Er iah sie zusammen, diese beiden. Von den andern wurden sie noch sür Kinder gehalten. Aber mit feinen eigenen geschärften Augen jah er mehr. Inzwischen war Renate sechzehn geworden, ihr Wuchs und ihre Schönheit hatten sich vorzeitig über ihre Jame hinaus entwickelt und zu der Leidenschaft, die ihr Anblick 'hm jetzt einflößte — eine Leiden- ichast, die noch dadurch wuchs, daß er sie be ständig verbergen mußte —, gesellte sich noch eine andere Qual, die Mersilch!. Wie er Renate lieRe — wenn „Liebe* das richtige Wort sür „Wenn Herr Hollfeld uns später zuweilen einen Abend dazu opfern will,* — entgegnete sie — „gewiß, so werde ich ihm dankbar daiür sein.* „Der Dank ist auf meiner Seite/ wolle er im Tone wärmster Ergebenheit. „Sie habt« »och »ine Mutter?' fragte sie plötzlich. Es war das erstemal, daß sie sich nach seinen Privaiverhällnissen erkundigte. Sie hatte ihren Valer einmal davon sprechen hören und eS war ihr, al» müßt» sie ihm mit dieser Frage eine kleine Aufmerksamkeit ermeßen. HoMeld bejahte. Er erzählte von der guten atten Frau, die ihm seinen Haushalt sührte, wie sie sein Liebstes aus der Welt sei und wie »r dem Himmel danke, daß er sie ihm bis heute «hatten. Erst 'n vorgerückter Stunde verabschiedete sich Holliew. Der Regen hafte mstgehörl, von dem trüben das wilde Verlangen in seiner bisher so uner schüttert geblixbenen Seele war — so fing er an, jetzt diesen Burschen zu hasten, und wie er ferne Liebe in seinem Innersten verstecken mußte, so auch seinen Haß. „Du bist krank l* sagte besorgt zu Hause seine Mutter. Denn zu Hause brauchte er sich nicht zu verstellen, sein» Gemütsstimmung nicht verbergen, wenn er die alte Frau auch nichts von der Uriache seines Seelenzustandcs wissen ließ. Ja, er war krank, aber nicht wie es die alle Frau in ihrer Einfalt meinte — und er herrschte sie an, st« solle sich nicht um ihn kümmern. Der Bursche kam aus de« Hause, aber er kehrte wieder zurück — in den Ferien. Er kehrte noch rin zweites, »in drittes Mal zm-ück, dann nicht mehr. „Ist dir etwas Gutes zugestoßen?' fragte eines Tages die Mutter, alS er, seine dämonische Freude hier in seinen eigenen Wänden nicht mehr zurückhaltend, heimka« und ein Glanz von seiner Freude fiel auch auf daS scheue, von Angst und Liebe erfüllte weißumrahmte Gesicht der alten Frau. Ja, es war ihm etwas Gutes zugestoßen. Der „Alte* hatte ihm den Kumme» geklagt, den er mit dem Burschen hatte, daß er ver schollen war, daß Renate wohl recht hatte, wenn sie nichts mehr von ihm wissen wollte und daß alle Verfuche, seinen Aufenthalt herauszubekommen, gescheitert wäre». Und zu dieser Klage des Atzen hatte er ein mit- fühltnvcs, betrübtes Gesicht aufsetzen müssen. Erst hier zu Hause durste er triumphieren. „Nun bist du wieder gesund,* sagte die alle Frau beglückt und fie streichelte ihm, wenn auch zaghaft genug, mit den faltigen zitternden Händen di» Wangen. Nein, gesund war er noch nicht. War auch der Busche unschädlich geworden -> waS nützte eS ihm? Sah er nicht die Veränoerung, die mit „ihr* vorgegangen war? Sah er nicht, wie sie litt — um diesen Burschen, diesen Dummkopf, der die Perle, die schon sein war, wieder aus der Hand geworfen hatte? Genug schon aber, daß sie sich von ihm losgesagt hatte. Sie war jung, die Wunde in ihr würde verharschen — und dann! Was dann? Fühlte er nicht, wenn er ihr begegnete, was zudem noch setzen genug ge schah, mit welcher Kälte sie ihn behandelte? Er durfte sich nicht täuschen — es war mehr als Kälte, es war Abneigung. Seine Träume waren Torheit, Tollheit wie zuvor. Um keinen Schritt waren sie näher in die Wirklich keit gerückt. Und dennoch! Ein Hindernis, von allen daS größte, nämlich dieser Bursche, war be seitigt. ES würde ihm schon gelingen, sich ein stolze? Mädchenherz zu erobern — jetzt, wo ihm der Weg dazu frei stand? Nur Geduld, Geduld mußte er haben — diese Tugend, aus die er sich sein Lebtaz verstanden. Renate ging in keine Gefell chasten mehr, alle Anträge wies sie ab — kam das seinem Plane nicht zugute? Er sühlte sich gestärkt, eine ueue frische Tatkraft «stillte ihn. Warten wollt» er — wie d« Vogelsteller wartet. . . 7 tLortitüuna ioiot.)