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Allgemeiner Anzeiger : 22.05.1918
- Erscheinungsdatum
- 1918-05-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
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- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191805222
- PURL
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19180522
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- Saxonica
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1918
-
Monat
1918-05
- Tag 1918-05-22
-
Monat
1918-05
-
Jahr
1918
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 22.05.1918
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Vie Donau. Nach de» Friede» von Bukarest. Die Besitzverhältniffe an der unteren Donau »erden durch den Bukarester Frieden nur teil weise endgültig geregelt. Man mutz eben be rücksichtigen, daß eS sich jetzt darum handelte, den Kriegszustand zwischen den Mittelmächten und Rumänien zu beenden, daß daneben aber noch Fragen der Lösung harren, die nur die Mittelmächte angehen und von ihnen unter sich entschieden werden müssen. Bulgarien erhält da» Stück der Dobrudscha zurück, da- ihm vor fünf Jahren durch Rumänien so schmählich entrissen wurde. Der nördliche Teil der Dobrudicha geht in das Kondominat der Verbündeten über, man kann aber an nehmen, daß es in kürzerer Zeit auch an Bul garien angegliedert weiden wird, dessen Grenze damit bis an den St.-Georgs-Arm der Donau sich ausdehnt. Wie Rumänien sich mit der Ukraine über die etwaige Erwerbung der von ihm augenblicklich besetzten Striche Bessarabiens auseinandersetzt, ist seine Angelegenheit und gehört nicht in den Rahmen des Friedens. Ihm würde damit das Gebiet zusallen, daS Rußland ihm 1878 als Dank sür die Waffen hilfe bei Plewna gewaltsam entzog. In dem Kondominatsgebiet läuft die Bahn Tschernawoda—Konstanza, die nie verlautet von einer deutsch-bulgarischen Gesellschaft gepachtet und betrieben werden soll, ebenso wie der Hafen von Konstanza. Deutschland hatte hier seine Interessen an dem Handelsweg durch Rumänien nach dem Schwarzen Meer und der Türkei wahrzunehmen. Eine Röhrenleitung führt das Petroleum auS seinen Quellenbezirken zu den grossen Tankanlagen in Konstanza, wo es in die Seeschiffe übergepumpi wird. Außer dem mündet in Konstanza das von einer deutschen Gesellschaft gebaute und betriebene Kabel Konstantinopel—Bukarest. Man wird annehmen können, daß sein Betrieb gegen die bisher vielfach vorgekommenen Scherereien durch die rumänischen Behörden gesichert werden wird. Völkerrechtlich von großer Bedeutung ist die Neuregelung der Schiffahr» auf der untern Donau. Um der russischen Willkür an dem Donaudelta ein Ende zu machen, die geradezu absichtlich die Mündungen verkommen liess, wurde durch den Pariser Frieden von 1856 die internationale Donaukommission errichtet. Auf ihre Entwicklung können wir hier nicht weiter ein gehen. Vor dem Weltkrieg bestand sie aus Vertretern der Mächte, die den Pariser Frieden unterzeichnet halten, und Rumäniens. Mit dem Sitze in Galatz besaß sie ge wisse souveräne Vollmachten bis zum Meer, übte die Polizeiausüchldort aus, erhobSchisfahrts- gebühren, sorgte sür die Stromregelung, den Unterhalt der Betonung und der Leuchttürme und führte auf ihren Schiffen eine eigene Flagge. Sie verschwindet und wird ersetzt durch die Donaumündungskommission, die nur aus Ver- irelern der Staaten besteht, die Anrainer der Donau und der europäischen Küste des Schwarzen Meeres sind. Ihre Zuständigkeit erstreckt sich auf alle Arme und Mündungen der Donau und der ihnen vorgelagerten Teile des Schwarzen Meeres. England, Frankreich, Italien scheiden damit von vornherein als Beteiligte aus, Bulgarien lritt neu hinzu, von der Ukraine und dem etwa wiederentstehenden Serbien wird nicht gesprochen. Außer dem im Pariser Frieden schon festgestellten Recht, zwei leichte Kriegsfahrzenge auf der untern Donau zu unterhalten, die jetzt Kis Braila hinaus fahren dürfen, erhalten die Unterzeichner des Bukarester Friedens die Be rechtigung, auf der Donau Kriegsschiffe zu unterhalten, die stromaufwärts bis zur obern Grenze des eignen Staatsgebiets fahren dürfen, mit dem Ufer eines andern Staats aber nur in Verbindung treten können, wenn dieser seine Zustimmung dazu gibt. Wir fassen diese Be stimmung dahin aus, daß theoretisch deutsche Kriegsschiffe das Recht besitzen, vom Meer bis an die deutsche Neichsgrenze zu fahren. In den 40er Jahren hat in Deutschland eine sehr lebhafte Bewegung dafür geherrscht, dass die Donau, die man als deutschen Strom ansah, von der Mündung bis zum Meer eine gesicherte Straße für die Verbindung mit dem Orient- darstellen sollte. Sie richtete sich in erster Linie gegen Rußland, das sich gegen den Suzerän der Donausürstenlümer, den Sultan, zum tatsächlichen Herrn der Mündungen ge macht hatte. Im Zusammenhang mit diesen Gedanken standen die Wünsche, an der untern Donau Raum sür die Ansiedlung der deutschen Auswanderer zu gewinnen, die nach Amerika zogen und so unserm Volkstum verlorengingen. Männer wie Moltke sind dafür eingetreten, die deutsche Schiffahrt und den Handel nach den Donaumündungen zu lenken, wenn auch ver geblich, und besondere Förderung wurde den Bestrebungen durch das Haus Wittelsbach zuteil. Unter ganz veränderten politischen Verhält nissen soll nun der berechtigte deutsche Drang nach dem Osten eine Erfüllung finden, welche die wirtschaftlichen Ansprüche zufriedenstellt. Das Ziel ist, eine Verbindung mit dem Schwarzen Meer herzustellen, die auch im Kriege gesichert ist und nicht abgeschnitten werden kann. Die Waffenbrüderschaft der Mittelmächte soll, wie wir überzeugt sind, auch im Frieden weiter dauern und den friedlichen Austausch der Waren fördern, auf den alle Teile angewiesen sind. Bei dem vorhandenen, in beiderseitigem wahren Interesse beruhenden guten Willen der beteiligten Staaten ist ein Erfolg sicher zu erwarten. Die in gemeinsamem Kampf um das Dasein gesäte Saat wird Früchte tragen, die allen Völkern reichen Segen bringen und das sie umschlingende Band noch fester knüpfen. Für den verständigungsfrieden. Lord Courtney os Penwith, der ver hindert war, an der FriedenSauSsprache im Oberhaus am Mittwoch ieilzu- nebmen, legt seine Stellungnahme zu dem Friedensprogramm in einem offenen Brief an den Manchester Guardian' dar. In diesem Brief beschäftigt er sich zunächst mit der Botschaft Lloyd Georges, die dieser kürzlich vom britischen Heer dem britischen Volk mitgebracht hat: Seid guten Mutes, es steht gut mit uns! Lord Courtney tritt dieser Bot schaft völlig bei, er meint aber dann, daß ein edelmütiger Kämpfer auch seinen Feind schätzen müsse. „Was auch immer das endgültige Er gebnis des Krieges sein wird, der Geschichts schreiber der Zukunft muß nicht ohne Bewegung den Wagemut, das Führertum und selbst die Erfolge des Feindes zugleich mit der ungebrochenen Elastizität und Festigkeit des Widerstandes der Alliierten niederschreiben. Wir sind unbesiegt und unbesiegt sind beide. Keine der beiden Seiten kann überwunden werden, wir können nicht geschlagen werden. Können nicht die Deutschen behaupten, daß sie dasselbe von sich bewiesen haben? Berlin ist unerreichbar. Können wir nicht zugeben, was wir alle einzeln fühlen, daß weder Mangel in Deutschland noch die Zu nahme der Hilse von Amerika die Zurücktreibung der Deutschen bis zum Rhein zum schließlichen Ergebnis haben wird? Wenn wir unsere Stellungnahme auf den grundlegenden Tat sachen der gegenwärtigen Stunde stützen, dann duldet die Frage keinen Widerspruch: Für welchen Zweck müssen wir fortfahren, die Jugend und das Mannestum Europas zu opfern, seine Zivilisation und das Christentum, wenn es eine Möglichkeit sür Versöhnung und die Überlegung gibt, die nach dem Stillstand des Kampfes folgen muß? Sollen wir sie ohne weiteres zu rückweisen? Können wir uns weigern, sie bis in ihre Tiefe zu ergründen? Müssen wir damit beginnen, jede Annäherung von vornherein als unaufrichtig zu brandmarken und jedes Angebot als eine verräterische Falle?" Lord Courtney möchte niemand wegen ver paßter Gelegenheiten in der Vergangenheit ver urteilen. Die schreckliche Verantwortung der Entscheidung müsse in dieser Beziehung auf wenigen, nein auf den wenigsten lasten. Dann fährt er fort: „Es wird gesagt werden: beweist nicht die Geschichte der letzten sechs Monate die Unaufrichtigkeit des zurückgewiesenen Entgegen kommens? Bevor wir auf diese Frage antworten, laßt uns uns selbst ein wenig inS Kreuzverhör Der k)albkerr von lubenow. 18; Roman von Arthur Zapp. nrorNetzung.! Der Referendar zog seine Augenbrauen wichtig in die Höhe. „Allerdings. Sehr hohe Ansprüche stelle ich. Meine Zukünftige muß einmal ein Ausbund aller möglichen Tugenden sei» . . ." Frieda lächelte ironisch. „So — so! Und diesen Ausbund werden Sie natürlich nie finden und deshalb werden Sie, so leid es Ihnen auch tut, doch Junggeselle bleiben müssen." „Sie irren. Ich habe den Ausbund oder richtiger mein Ideal schon gesunden." Er sah seine Nachbarin mit einem Blick an, vor dem die kecke Berlinerin ihre Augen doch für ein paar Sekunden senkte. Auch konnte sie nicht verhindern, daß flammende Röte ihr inS Gesicht stieg. Aber schnell zwang sie ihre über legene Sicherheit und heitere Keckheit wieder zurück und mit fröhlichem Lachen, das ganz unbefangen klang, frag!- sie: Wirklich? Na da wundert es mich, dass Sie Ihren Wunsch nicht zur Erfüllung bringen." „Aber das liegt doch auf der Hand, gnädiges Flüulein. Sehen Sie" — seine Stimme nahm einen bewegteren, leidenschaftlichen Klang an und seine flammenden Blicke suchten die ihren, die ihm auswichen und unstät über die Taiel hinfchweiilen — „sehen Sie, gnädiges Fräulein, ich wünschte mir ja nichts sehnlicher, als der, die ich verehre und in der ich mein Ideal ge- mnden habe, offen zu sagen: Ich liebe dich! Erhör» mich, mache mich zu dem glücklichsten aller Sterblichen! Aber darf ich denn? Was bin ich denn? Referendar I Also nichts! Solch ein Referendar ist ja das unglücklichste, be deutungsloseste Wesen der Welt. Er ist kein Student mehr und doch auch noch kein Beamler. Ein verheirateter Referendar aber wäre vollends ein Unding . . ." „Allerdings," sagte sie, „ich kann'S Ihnen nicht verdenken, wenn Sie warten, bis Sie daS Assessorexamen glücklich hinter sich haben. Machen Sie's denn noch in absehbarer Zeit?" Frieda sah ihn mit boshaftem Lächeln an. „Ich bin schon mitten in der Vorbereitung zum Examen. Im Herbst steige ich hinein," entgegnete er. Frieda griff zu ihrem Glase. „Na, da lassen Sie uns anstotzen, Herr Baron! Auf ein glückliches Examen." Sie liessen ihre Gläser aneinander klingen und tranken. Der Referendar sah seiner Nach barin mit einem langen Blick in die Augen. „Sie haben sich noch gar nicht nach meinem Ideal erkundigt, gnädiges Fräulein." Sie zuckte mit den Achseln und erwiderte anscheinend ganz unbekümmert: „Ich bin nicht neugierig." Er nickte und sagte langsam, mit Bedeutung, während sein Blick, der sie nicht loslieb, immer beredter und leidenschaftlicher wurde. „Ja, ja. Sie besitzen wirklich alle nur er denkbaren Tugenden." „Nur die nicht," entgegnete sie schlagfertig, „ruhig zuzuhöreu, wenn man mir Schmeicheleien tagen will." nehmen. Der Prozeß kann vielleicht ein wenig Licht auf die andere Seite werfen. Ist es nicht wahr, daß der Krieg, die Schlacht uns alle beherrscht hat? Wenn wir uns sür einen größeren Vorstoß vorbereiten, wenn wir Fort schritte machen, dann wird der Frisdensvorichlag zum Stillschweigen gebracht, weil der Sieg vor unseren Augen schimmert. Wenn wir zurück- geworsen oder angehalten werden, dann wird der Friedensvorschlag zum Stillschweigen ge bracht, weil er als ein Eingeständnis der Niederlage hingenommen werden könnte." In dem Briese heißt es weiter: „Genau so in Deuttchland. Die Reichstagsmehrheit, felbst die Sozialdemokraten, haben die Juli- Entschließung suspendiert, wenn nicht gar beiseite geletzt, als die Militärs Frieden durch einen Waffensieg versprachen oder zu veriprechen schienen. Die Entschließung ist niemals als ungültig erklärt worden, sie kommt allmählich wieder zur Macht, wenn der Waffensieg als ein Fehlschlag erscheint. Wir sind einander so gleich. Die Parteien in Deuttchland gleichen denen in England. Es ist Zeit sür die Weisen, die Ge wählten, die Männer des Intellekts und des Gewissens aller Klaffen, sich zu erheben und uns aus einem nutzlosen Gemetzel der Gegenwart herauszuführen." DoMilcke Kunäscbau. Deutschland. *Zu den mannigfachen Gerüchten über den Ausbau des deutsch-österreichisch- ungarischen Bündnisses schreibt die .Köln. Ztg.': Unzutreffend ist die Nachricht, daß man sich bei der Besprechung im Grossen Hauptquartier auf die sogenannte österreichisch- polnische Lösung geeinigt habe, oder daß die Vereinbarungen diele Löiung zur Folge haben Würden. Auch ist die Behauptung nicht richtig, es lei grundsätzlich beschlossen worden, daß das neue Bündnis in die Verfassungen der Verbündeten Reiche ausgenommen werde. Was die wirtschastlichen Verhandlungen betrifft, so sollen sie so geführt werden, daß ihr Er gebnis keine wirtschastskriegerische Tendenz ent hält, sondern die wirtschaftliche Verständigung mit unseren Gegnern ermöglichen kann. Für die bevorstehenden militärnchen Vereinbarungen hat man den Namen „Waffenbund" gewählt. — In Wiener politischen Kressen verlautet, daß ähnliche Abmachungen, wie zwischen Deutschland und Österreich-Ungarn, auch zwischen den Mittel mächten und Bulgarien sowie der Türkei er folgen werden. Man bringt mit dieser Er weiterung des neuen Waffeubundes die bevor stehende Reise Kaiser Karls nach Sofia und Konstantinopel, auf der er von dem Minister des Nutzeren Baron Burian begleitet wird, in Verbindung. * Zwischen der russischen und deutschen Re gierung fand über die Besetzung der Krim ein Notenwechsel statt. Im Namen der deutschen Regierung erklärte Graf Mirbach, daß Sebastopol in Abwehr des Angriffes der Schwarze-Meer-Flotte gegen Cherson und Niko lajewsk besetzt worden sei. Die deutsche Re gierung sichere jedoch der Krimbevölkerung das Recht, über ihr Schicksal selbst zu entscheiden. Tschitscherin, der Volkskommissar für aus wärtige Angelegenheiten, erwiderte dem Grafen Mirbach, daß die Feindseligkeiten nicht mit Wissen der russischen Regierung, sondern durch einige von der Schwarze-Meer-Flotte bedrängte Schiffe zum Ausbruch gekommen seien. *Jn einem holländischen Blatte wird im Anschluß an einen Bericht über die Ver handlungen der französischen Kammer in der Angelegenheit Clemenceau-Czernin behauptet, im Frühjahr 1917 habe man auf deutscher Seite die Bereitwilligkeit ausgesprochen, auf einen be deutenden Teil Lothringens zu ver zichten, wenn der Krieg dadurch sehr bald zu Ende gebracht werden könnte. Auch dieser neuen Behauptung gegenüber ist, wie halbamt lich geschrieben wird, sestzustellen, daß niemals ein derartiges deutsches Angebot gemacht worden ist. * Die Frage derZukunftLitauens ist noch immer ungeklärt. Es darf indes zurzeit „Schmeicheleien? Wer sagt Ihnen Schmeicheleien? Ich nicht . . . Ach, gnädiges Fräulein, wenn Sie wüßten, wie mir heute zumute ist." „Ich will eS nicht wissen." — „Wenn Sie wüßten," fuhr er, ohne ihren Einwurf zu beachten, mit einem leisen Vibrieren seiner Stimme fort, „wenn Sie wüßten, welche wahnsinnig kühnen, süßen Hoffnungen sich für mich an daS Assessor examen knüpften!" Sie atmete tief und flüsterte dann, während ihre Stimme ebenfalls einen bewegten Klang annahm: „Erzählen Sie mir davon, wenn Sie das Assefsorexamen glücklich bestanden haben." „Nein, nein!" wisperte er hastig, während er sich vornüberneigte, um sie besser ansehen zu können. „DaS ist noch so lange hin. Ich möchte schon heute davon sprechen. Mir ist das Herz so voll. Es muß heraus, sonst zersprengt e» mir die Brust. Mein Ideal heisst —" Sie legte schnell ihre Hand auf seinen auf dem Tische liegenden Unterarm. „Aber, so seien Sie doch still! Ihr Herr Papa redet ja eine Rede." In der Tat hatte der Baron an sein Glas geklopft. Jetzt erhob er sich, um noch kurz vor Beendigung der Tafel einen Trinkfpruch auf die Gäste auszubringen. Mortimer von Lang witz aber hörte gar nicht hin auf die wohl- gedrechselten, wohlüberlegten Sätze, die lein Vater sprach, sondern er summte, sich dem Ohre seiner Nachbarin zuneigend, in einem fort: „Die da, die Frieda!" Frieda Lubenow aber achtele anscheinend gar nicht darauf, wenigstens sah man ihren Mienen als sicher gelten, daß dre Kandidatur des Herzog von Urach tür den Herzogsthron in Litauen «ich! mehr in Frage kommt. Wie die .Dresden: Neuesten Nachrichten' aus Berlin hören, hat man sich dort an massgebender Stelle gegen at'.e Prinzenkaiididaturen in Litauen so nachdrücklich ausgesprochen, dass die Frage jetzt nur noch heisst: Entweder Personal-Union oder gar nichts. Die sächsische Regierung und der König würoen sich alio in kürzester Frist vor die Entscheidung darüber gestellt sehen, ob sie in die Perional- Union einwilligen wollen. In Berlin scheine man bereits bestimmt damit zu rechnen, daß so wohl der König als auch die sächsssche Negierung zustimmen werden. "In der Zweiten württem- bergischen Kammer erklärte Minister präsident Frhr. v. Weizsäcker, er bedaure, daß der Abg. Haussmann die Verhältnisse in Elsass- Lothringen io schwarz gemalt habe. Der Aus gang des Krieges wird Frankreichs Hoffnung auf die Reichslande illusorisch machen. Der Ministerpräsident sprach dann über die Kriegs ziele und begrüsste mit herzlichen Worten den Ausbau deS Bündnisses mit Österreich-Ungarn. Ruhland. * In MoSkau ist eS zwischen Anarchisten und Bolschewisten zu blutigen Straßenfchlachten gekommen, über deren Ausgang zuverlässige Nachrichten nicht vorliegen, da alle Verbin dungen mit Moskau unterbrochen sind. Offen bar richtet sich der Aufstand gegen die Bolsche- wiki-Herrschast in Großrußland. Wer aller unter dem Namen „Anarchisten" an diesem Kampf teilnimmt, ist noch unbekannt. Ausge fangene, aber verstümmelte FuNssprüche aus Moskau lassen die Lage der Bolschewik be drängt erscheinen. Mas Frankreich foräert. Poincars» FriedenSbedingunge». Der .Manchester Guardian' erhält jetzt von seinem Pariser Mitarbeiter einen eingehenden Bericht über den Brief Kaiser Karls. In diesem Bericht heisst es: „Die Antwort PoincareS auf den ersten Brief Kaiser Karls wurde dem Prinzen Sixtus nicht schriftlich, sondern in einer mündlichen Unterredung erteilt. Poincarö verfaßte einen Brief an Ribot, worin er die zu stellenden Forderungen erwähnt und ihm über die Unter redung berichtet. Prinz Sixt wurde beauftragt, heißt es da, dem Kaiser hinsichtlich dessen Er klärung über Elsass-Lothringen mitzuteilen, das; es für uns keine Elsaß-Lothringische Frage von 1871 gibt. WaS Frankreich fordert, ist das Elsah-Lothringen von 1814 und 17NV mit drm Saartal, also Zurückerstattung, Wiederherstellung und Vergütung. Weiter Bürgschaften auf dem linken Rheinufer." Der Korrespondent teilt ferner einige Einzel heiten über die Besprechungen im Pariser Aus schuß für auswärtige Angelegenheiten mit. Briand sagte, er rüge die Art und Weise, in der Poincarö und Ribot die österreichischen An träge behandelt hätten. Weiter rügte er, daß Clemenceau den Brief veröffentlicht habe. Cle menceau hielt eine heftige Rede, worin er aus führte, er dulde keinen Widerspruch. Er sagte: „Ihr habt gesehen, wie ich mit den Kaisern umgesprungen bin. Ihr seid ein bißchen nervös geworden, aber das macht nichts. Bleibt ruhig. Im Jahre 1917 durften wir nicht? unternehmen. In dieser Hinsicht bin ich durchaus mit Ribot einig." Frankreichs Eroberungssucht könnte nicht besser gekennzeichnet werden, als es hier ganz sachlich in einem bundesgenössifchen Blatte ge schieht. Der Präsident verlangt also nicht nur den Umstotz deS Frankfurter Friedens, sondern fordert auch den Besitz urdeutschen Gebietes für Frankreich, darunter die Hälfte der Pfalz mit Landau, Speyer und Kaiserslautern, alles Ge biete, die nur infolge brutalen Raubes auf kurze Zeit in französischen Händen waren. Und alles das nennt man im Vierverband — dasSelbsl- bestimmungsrecht der Völker. Wir aber wissen, daß unsre Feldgrauen mit ihren Leibern den Bestand der Heimat decken, und sind doppelt ihre Schuldner geworden. nicht an, daß die kecken Worte ihres Nachbars zu ihrem Bewußtsein drangen. Ihr Gesicht war mit dem Ausdruck tiefsten Interesses dem Redner zugekehrt. Eine Viertelstunde später flogen Mortimer von Langwitz und Frieda Lubenow in wildem Wirbel einer Walzers durch den Saal. Mir verzückter Miene, lallend wie ein Berauschter, flüsterte der Tänzer seiner Tänzerin ins Ohr: „Jetzt halte ich Sie, jetzt können Sie mir nickst entwischen, setzt müssen Sie mich anhören. Doch Sie wissen es ja ohnedies längst, dass Sie mein Ideal sind, Fräulein Frieda, Sie, Sie, Sie — daß ich wahnsinnig in Sie ver liebt bin. Und jetzt — ich wage eS, verzeihe mir, geliebtes Mädchen, das niedlichste, zierlichst; Ohrmuschelchen ist meinen verschmachtenden Lippen zu nahe —" Er küßte sie verstohlen auf das Ohr und er küsste ihre glühenden Wangen. Sie machte keine widerstrebende Bewegung, sondern hielt ganz still. „O, du, du, du ! stammelte er wonne trunken, „du bist so lieb, so süß! Ich habe dich unmenschlich lieb!" Mit einem schnellen Aufblicken schlug sie siir einen kurzen Moment ihre Augen zu ihm am. Sie strahlten ihn glückselig an; zwei hcli- schimmerude Tropfen hingen an den langen, dunklen Wimpern. Der Anblick brachte den Referendar vollends außer sich. „Frieda! Heissgeliebtes Mädchen!" raunte er ihr bebend zu. „Du — du Engel! Ob, wenn ich dich doch beim Schopf nehmen in r dich herzhaft Müssen täninel . . . Aber .A
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