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Allgemeiner Anzeiger : 27.04.1918
- Erscheinungsdatum
- 1918-04-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
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- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1918
-
Monat
1918-04
- Tag 1918-04-27
-
Monat
1918-04
-
Jahr
1918
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 27.04.1918
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?vUmä unä äer äeutWe Sieg. Ober drei Mllionm Jrm haben geschworen, sich der Einführung der Dienstpflicht zu widersetzen. Die deutschen Siege im Westen haben Eng land in eine Notlage versetzt, die nicht einmal Lloyd George zu beschönigen wagte. Gegen über der wuchtigen Sprache der Tatsachen ist selbst diesem bedenkenlosen Kriegshetzer und StimmungSmacher der Mut abhanden gekommen, die Lage Englands anders als in düstren Farben zu malen. Gleichzeitig mit der Ausdehnung der Dienstpflicht bis zum 50. und 55. Lebenssahre sollen die Iren durch gesetzlichen Zwang zum Heeresdienst herangezogen werden. Unter dem Drucke der Lage wird den Iren, die die Dienst pflicht entschieden ablehnen, die Selbstverwaltung — in Aussicht gestellt. Ob diese Zusicherung eingehalten werden wird, ist eine Frage für sich. In Irland hat man zu den britischen Ver sprechungen kein Vertrauen und verlangt des halb erst die Gewährung der Selbstregierung und dann die Entscheidung der Frage deS Heeresdienstes durch die irische Volksvertretung. Diese Forderung wird von der englischen Re gierung verweigert. Wie sich die irisch-britische Auseinander setzung auch gestalten mag, fedenfalls steht fest, daß lediglich die deutschen Siege England ge zwungen haben, Irland wenigstens grundsätzlich Zugeständnisse zu machen. Erlangen die Iren die von ihnen angestrebte Freiheit, so fällt sie ihnen als Frucht des deutschen Erfolges gegen über Großbritannien zu. Der Hinweis Lloyd Georges auf Amerika und die dort gehegten Wünsche auf Beachtung der britischen Be strebungen bezweckten die Ablenkung der Aufmerksamkeit von dem deutschen Verdienst um Irland. In Wirklichkeit ' haben die schon vor geraumer Zeit von der Washingtoner Regierung mit Rücksicht auf die Stimmung im eigenen Lande vorgebrachten Anregungen in London keinerlei Gehör ge sunden. Erst die den Briten auf französischem Boden zugesügten Schläge haben den Umschwung herbeigesührt. Gänzlich mißglückt ist Lloyd Georges Versuch, den Anschein zu erwecken, als sei England auch ohne die jetzige Notlage bereit gewesen, Irland die Selbstbestimmung einzurSumen. Er unternahm diesen Versuch, indem er im Zusammenhang mit der zuge sagten Gewährung der Selbstbestimmung an die Iren von den Kämpfen sprach, die England auf allen Kriegsschauplätzen sür das Selbst- bestimmungsrrcht der Völker führe. Wenn die Aufrichtigkeit des zunächst rein theoretischen Zugeständnisses an die Iren auf der gleichen Höhe steht wie diese Behauptung, so können die Iren sicher sein, daß sie aber mals hinterS Licht geführt werden. Denn gerade dieser Krieg hat wiederum den schlagen den Beweis erbracht, daß England niemals sür die Rechte anderer Völker eintritt, sondern sich jederzeit lediglich von Beweggründen nacktester Selbstsucht leiten läßt. Nicht immer freilich ist ihm die Marke de- uneigennützigen Freundes und Verbündeten so gründlich vom Gesicht gerissen worden wie in diesem Kriege. Es hat in Wirklichkeit nicht nur keinen Angenblick sür Recht und Freiheit anderer Völker die Waffen geführt, sondern die Unabhängigkeit und Selbst bestimmung der schwächeren Staaten in rück sichtslosester Weise unterdrückt, sie, wo es konnte, in den unmittelbaren Dienst seiner Eigensucht gezwungen oder aber zum mindesten sich über ihre Rechte hinweggesetzt und ihre Interessen schonungslos beiseite geschoben. Zeugen dessen sind Griechenland, Portugal und die neutralen Staaten und deren wachsende Schwierigkeiten infolge der gegen sie geübten Willlürregiments. Ern siegreichet England hätte in ebensolcher Weise die irischen Ansprüche unbeachtet gelassen, ja, ihre Bestrebungen wahrscheinlich mit roher Gewalt niedergeschlagen. Nur der Sieg Deutsch lands über England wird sie vor diesem Schicksal bewahren. Er wird ihnen auch dann die Freiheit bringen, wenn die jetzigen Versprechungen Eng lands sich, gleich so vielen ihrer Vor läufer, als heuchlerisch erweisen. Der Sieg Deutschlands wird Irland von der britischen Knechtschaft loSIösen, wie er die Befreiung der Der k)albkerr von lubenow. ' Sj ' Roma» von Arthur Zapp. < (Fortsetzung.) Karl Lubenow brachte neuerdings hin und wieder einen Abend bei seinem Onkel zu. Nicht selten erschien an solchen Abenden auch der RegierungSreferendar Mortimer von Lang witz. Nach seinen gelegentlichen Äußerungen schien Heinrich Lubenow von dem leichtlebigen jungen Baron keine hohe Meinung zu haben, seinen gesellschaftlichen Talenten aber ließ er nichtsdestoweniger Gerechtigkeit widerfahren. Eine Eigenschaft besonders besaß der allzeit frohgelaunte, lustige RegierungSreferendar, die ihn für Heinrich Lubenow zu einem sehr er wünschten angenehmen Gesellschafter machte. Er war ein hervorragend guter Skatspieler. ES war eine alte Klage Heinrich LubenowS, daß er selten einmal einen Skatspieler fand, mit dem eS sich lohnte zu spielen. In Mor timer von Langwitz aber hatte er endlich einen Gegner gefunden, der ihm an feiner, listiger Berechnung nichts nachgab und der ein geradezu Unglaubliches KartengedächlniS besaß. Und da «uch Karl und Frieda leidliche Kartenspieler Waren, so fand jetzt regelmäßig in der Woche Lei Heinrich Lubenow ein Skatabend statt. Leu Abend leitete jedeSmal em kleines Essen «in, bei de« Frieda und Mortimer von Lang- Witz meistens die Kosten der Unterhaltung be stritten. Heinrich Lubenow hatte immer sein stilles Vergnügen daran, wir Frieda dabei mit Völker im Osten vom russischen Joch bewirkt hat. Mit unaufhaltsamer Gewalt schreitet er fort. Täten eS nicht die außerordentlichen Er eignisse auf dem westlichen Kriegsschauplatz für sich allein, so würden die dringlichen Mahnrufe Lloyd George- in beredtester Weise künden, daß wir vor einem Wendepunkt der Völkergeschichte stehen. Veutfcber Keickstag. (Ortg.-Ber.) —ix. B - rkln, 28. April. Im Grunde war es auch am Montag wieder weit mehr eine Debatte über den „Fall Hobbing", d. h. über den zwischen dem Eisenbahnminister und der Firma Reimar Hobbing (dem Verlag der ,Nordd. Allg. Ztg.y abgeschlossenen Eisen- bahnreklame-Vertrag als über den Eisenbahn etat selbst. Nationalliberale, Fortschrittler und Zentrumsabgeordnete hatten einen Antrag ein gebracht, der die Revision deS Vertrages ver langte. Der Elsässer Haegy, wie der Sozial demokrat Quarck, von denen der eine über die elsässischen Verkehrsschwierigkeiten, der andere über die viel zu geringen Lohnauf besserungen der Eisenbahnarbeiter Klage sührte, meinten übereinstimmend, heute werde wahr scheinlich auch der Eisenbahnminister bereits einsehen, daß er an diesem Vertrag nicht gut getan habe.j Dagegen fand Graf Westarp, der ganze Kampf gegen den Berkrag habe nur agitatorische Zwecke, und der Verdacht, daß ein bestimmter Mann konservativ sei, dürfe die Gegner nicht berechtigen, wie es sm Sonnabend der Abg. Haußmann getan, von „Schiebungen" zu sprechen. Der Eisenbahnminister verteidigte den Vertrag sehr energisch. Herr Hobbing sei ein hervorragend geschickter Geschäftsmann, der eS durch aufsehenerregende Berlagswerke ver standen habe, daS Nützliche und Künstlerische mit dem geschäftlich Erfolgreichen zu verbinden, der also auch für die Eisenbahnreklame der bestgeeignetste Bewerber gewesen sei. Im übrigen handele eS sich um einen abgeschlossenen Vertrag, gegen den man politische und geschäft liche, aber keine rechtlichen Einwendungen er heben könne. Wie man sich eine Revision denke, könne er — der Minister — nicht ver stehen. Und nun kam das Satyrspiel dieser langen Debatte. Bei der Abstimmung wurde der Antrag abgelehnt, da die Fraktionen der Antrag steller, insbesondere die Fortschrittler und das Zentrum, überhaupt nicht im Saale waren und infolgedessen nur rin paar Sozialdemokraten sich sür den Antrag erhoben. Die nun folgende Debatte über den Etat des Netchseisenbahnamts ging nm den schon voriges Jahr vom Reichstag an genommenen Antrag auf Einsetzung einer Fach kommission zur Prüfung der Verein heitlichung der deutschen Staats eisenbahnen und ihre voraussichtlichen wirtschaftlichen und finanziellen Wirkungen. Ein Antrag Müller-Meintngen-Schwabach verlangte die unverzüglicheEinberufung dieser Fachkommission, die zugleich die Errichtung einer Reichsstelle sür einheitliche Verkehrsleitung als Kriegsnotstandsmaßnahme prüfen soll. Vize kanzler v. Payer gab die Erkläning ab, daß grundsätzlich die verbündeten Negierungen auf dem Standpunkt des Reichstags stünden, daß sie aber gegen die Einbeziehung der Binnen wasserstraßen in die verlangte Denkschrift sowohl wie namentlich gegen die sofortige Einberufung der Kommission lebhafteste Bedenken trügen, hauptsächlich wegen des Mangels an Personal und weil die Eisenbahnverwaltung gerade jetzt andere, noch dringlichere Aufgaben habe. Natür lich erblickten die folgenden Redner darin so etwas wie eine Verschleppung. Der Sozialdemokrat Ulrich wies darauf hin, daß die Zersplitterung des Eisenbahn betriebes gerade jetzt im Kriege zu unhaltbaren Zuständen gejührt habe und meinte, die Vor arbeiten sür die Einsetzung einer solchen Kom mission seien vielleicht schwierig, aber sie seien keinesfalls unmöglich. dem RegierungSreferendar umsprang. Ja, die ließ sich nicht die Butter vom Brot nehmen, die hatte den Mund auf dem rechten Fleck. Es war ordentlich lustig mit anzuhören, wie die beiden sich stritten und fast über jedes Thema anderer Meinung waren. Auch die Wahrnehmung, daß sich dagegen zwischen Karl und Frieda fast nie eine Meinungsverschieden heit ergab, daß die beiden immer nachsichtig und duldsam gegeneinander waren, stimmte den allen Herrn sehr zufrieden und erweckte in ihm die schönsten Hoffnungen sür die Zukunft. Er blickte deshalb auch in angenehmer Erwartung auf, als ihn einer Vormittags im Kontor sein Neffe in außergeschäftlicher Weise anredete: „Du, Onkel, ich habe michmit Frieda auS- gesprochen." „So?" Der alle Herr schmunzelte. - „DaS steut mich. Ihr seid also einig?" Der junge Mann machte ein verlegenes Gesicht, lächelte aber dann und erwiderte ent schlossen: „Ja, Onkel, Wirsind einig. Wir sind beide der Ansicht, daß wir nicht für einander passen und daß wir leider deinem und meines seligen Vaters Wunsche nicht nachkommen können." „Wa—as?" Der alte Herr riß sehr über rascht seine Augen weit auf. „Ihr paßt nicht zueinander? Wie kommt ihr denn zu dieser Entdeckung?" Karl Lubenow zuckle mit den Achseln. „Ja, daS weiß ich nicht, Onkel. Tatsache ist, daß wir uns nicht lieben." „Nicht lieben? Das soll wohl heißen, du liebst eine andere?" Avch Herr v. Breitenbach versicherte, namentlich dem Abgeordneten Dr. Müller- Meiningen gegenüber, der von dem Widersinn des deutschen Eisenbahnpartikularismus ge sprochen hatte, daß er die Einberufung der Fach kommission lebhaft begrüßen würde, daß aber die deutschen Eisenbahnverwaltungen einfach außer Stande seien, jetzt im Kriege die damit verbundene Arbeit zu leisten. Und dabei wird es wohl bleiben. Die Debatte, die zur Erledigung der Frage und des Etats des Reichseisenbahnamts führte, währte bis in dis neunte Abendstunde. Das Haus vertagt sich. Rußland und der verband- Im Pariser ,TempL' veröffentlicht Naudeau eine interessante Betrachtung über den jetzigen Stand der Dinge in Rußland. In Sachen Rußland gibt sich die Entente, wie besonder- der' Schluß zeigt, heute keinen Hoffnungen mehr hin. „Nie," heißt es da, „ist die Zukunft Rußlands geheimnisvoller, undurchdringlicher gewesen als jetzt. Das ungeheure einstige Zarenreich ist in einer ständigen Umschmelzung begriffen, die die seltsamsten Blasen treibt. Völker, die man für immer verschwunden wähnte, steigen plötzlich aus der Tiefe dieses Schmelztiegels an die Ober fläche, Kirgisen und Tataren ziehen in Schlacht ordnung auf, die kriegerischen Volksstämms des Kaukasus bekommen sich in die Haare. Der Greuel von Kiew braucht nicht besonders gedacht zu werden, denn dann müßte auch von den wild'en Kämpfen in Charkow und am Don gesprochen werden, von den erbitterten Schlachten in Finnland und in Irkutsk, von den unbeschreiblichen Pöbelaufständen, die überall im ganzen Lande wüten, von den mit Flinten und Handgranaten umziehenden Bauernbanden, der zügellosen Soldateska, den „requirierenden" Roten Garden und all den vielen Nomaden existenzen, die auf Plünderung, Raub und Mord ausgehen und ohne bestimmte Zwecke, oft nur aus reiner Furcht, die wüstesten Kämpfe liefern. In diesem Chaos gibt eS nur eine Autorität, der schreckliche, gefürchtete, tyrannische, rote Sowjet, der in manchen Teilen des Landes nur aus einer Handvoll Männern bestehend, doch überall droht, überall dieselbe Furcht einflößt, der wie ein Scherge von Irkutsk bis Pskow und von Archangelsk bis Sewastopol hinter den Bewohnern her ist. Im Namen des Proletariats wollen diese Sowjets nicht nur despotisch dem ganzen großen Rußland eine einzige Geistesrichtung einimpfen, nämlich Krieg gegen die besitzenden Klaffen zu führen und durch Bluff und Schreckensherrschaft die Bekehrung aller Andersdenkenden und Schüchternen zu erzwingen, sondern sie greifen auch direkt in die Politik all dieser so ver schiedenen Nationalitäten ein, denen sie anfäng lich die absoluteste Freiheit versprachen. Die soll ihnen auch werden, freilich nur unter der Bedingung, daß sie sich genau der vorgeschriebenen Schablone anpassen. Kurz, sowohl in den kleinsten alltäglichsten Lebensfragen, wie in den wichtigsten politischen Entschließungen, in bezug auf die Freiheit der Presse sowohl, die gänzlich unterdrückt ist, wie hinsichtlich des Selbst bestimmungsrechts der Völker, die mit Dekreten an der Strippe gehalten werden, herrschen die Maximalisten mit der Unumschränktheit von Tyrannen. Das Recht auf Freiheit hat nie mand, als wer die mit allem Überkommenen ausräumende Revolution als das allein selig machende Rezept anerkennt und die Herrschaft der Sieger zu stützen bereit ist. In Wahrheit ist auch hier nur eine neue Form der Bqrbarei entstanden, mit ein paar delivierenden Studenten an der Spitze. Zum erstenmal in der Geschichte der Welt gelangt bei einem ganzen Volke der Kommunis mus zur Geltung. Schon kennt man in Ruß land den Begriff des privaten Eigentums nicht mehr an. Und das Außerordentliche ist, daß, was immer sür unausführbar und unmöglich gehalten wurde, Tatsache ward, daß diese Utopie lebt, sich hält, sich dauernd behaupten will und alles ganz darauf einrichtet, als solle dieser Zu- Über Karl Lubenows offne, hübsche Züge flog ein jähes Erröten. Aber er überwand die Verleaenheitsanwandlung rasch und gestand mit einem etwas verlegenen Lächeln: „DaS mag wohl sein, Onkel." „So, so!" Der alte Herr konnte seine Enttäuschung und seinen Arger nicht verhehlen, während er sarkastisch fragte: „Darf man vielleicht wissen, welche Schönheit meine Frieda bei dir auSgestochen hat?" Der junge Mann trommelte etwas nervös mit der Hand auf der Schreibtischplatte und betrachtete angelegentlich seine wohlgevflegten Finger, von denen zwei mit kostbaren, modern gefaßten Ringen geschmückt waren. -„Ich weiß nicht, ob sie schöner ist als Frieda," antwortete er zögernd, fast verschämt. „Ich weiß s nur, daß sie gleich am ersten Tage, als ich sie' kennen lernte, einen tiefen Eindruck auf mich gemacht hat." Auf seinen Wangen flammte purpurne Glut und seine AuAstr strahlten die innigste Empfindung wider. „Sie hat etwas echt Mädchenhaftes, etwas Schlichtes in ihrem Wesen und doch etwas wahrhaft Vor nehmes —" „Vornehmes? Aha!" Heinrich Lubenow sah mit einem spöttischen Blick zu seinem Neffen hinüber. „Wohl eine von deinen aristokratischen Bekanntschaften?" „Du kennst sie, Onlel, eS ist Baronesse Edith von Langwitz." „Die also !" Der alte Herr lächelte in seiner sarkastischen Weise. Ein Urteil darf ich mir ja nicht erlauben, denn ich weiß ja von der jungen Lame eigentlich nichts weiter, als daß sie leicht stand der normale werden. WaS zuerst nur ein Fiebertraum schien, ist zur greisbaren Wirklichkeit geworden. Taufende von Menschen gehen darunter zugrunde, aber die, welche leben bleiben, haben sich so an diese Zustände ge wöhnt, daß sie sie sür die natürlichen halten. Wenn wir Weltmächte nun den Tatsachen inS Auge blicken, s» sehen wir neben diesem russischen Koloß, der nur noch ein nachtwandle risches Dasein führt, neben diesem hypnotisierten Riesen ohne bewaffnete Kraft, ohne Industrie, ohne irgendeine der in Jahrhunderten er wachsenden Organisationen, ein Deutschland als Nachbar, das nur zu empfänglich für alle materiellen Realitäten ist. Da muß man ge stehen, daß nie ein ähnlicher Glücksfall, nie eine größere Versuchung einem Volke ward. Soll denn wirklich Rußland entwaffnet und ohn mächtig in seinem bereits chronisch gewordenen Zustand epileptischer Anfälle die Beute deS Deutschtums werden?" politifeke Kunälckau. * Zwischen der deutschen und hollän dischen Regierung finden gegenwärtig Verhandlungen zur Erneuerung deS am 31. März abgelaufenen Wirtschaftsver trages statt. Der neu abzuschließende Ver trag hat den Austausch von deutschen Kohlen und Hölzern gegen die Lieferung von Lebens mitteln, wie Butter, Käse, Gemüse, Fette auS Holland zum Gegenstand. Neben diesen Ver handlungen herlaufend finden Beratungen einer holländischen und einer deutschen Kommission statt über den Austausch des in Holland liegenden Schiffsraums gegen Schiffe, die sich in der Gewalt der Entente befinden, die mit Ge treide nach Holland kommen sollen. * Wie verlautet, haben die bürgerlichen Fraktionen über ihre Stellungnahme zu den neuen Steuervorlagen miteinander Fühlung genommen. Das Ergebnis kann man dahin zusammenfassen, daß die Parteien die Vorlagen der Regierung als eine geeignete Grundlage für weitere Verhandlungen über die Aufbringung des nötigen Steuerbedarfes halten. Sie wünschen jedoch einen stärkeren Ausgleich zwischen der Belastung deS Besitzes und der Verbraucher, als er durch die Vorlagen der Regierung gegeben ist. * Zur Grenzberichtigung an der oberschlesischen Grenze erklärt die „Köln. Volksztg.': über die Forderung einer Grenzsicherung im Interesse unseres für die Kriegs- und Friedenswirtschaft außerordentlich wichtigen schlesischen Industriegebietes besieht volles Einvernehmen zwischen allen maßgebenden Stellen. Soweit vom militärischen Stand- punkle bestimmte Forderungen zu erheben sind, sind sie selbstverständlich Sache der militärischen Leitung. Die preußische Regierung wünscht die Grenzerweiterung aus das militärisch Not wendige zu beschränken. Der Zuwachs an polnischer Bevölkerung soll nicht allzu groß werden. Holland. * über die Friedensbewegung gibt die Regierung in der Antwort auf den Kom missionsbericht der Ersten Kammer wichtige Er klärungen ab. Sie meint, es könne nur im gegebenen Augenblick ein Schritt im Interesse des Friedens unternommen werden. Die Idee eines StaatenbundeS wird weiter eifrig verfolgt. In der Kommission wird augenblicklich der Vor schlag einer Liga zur Erzwingung des Friedens beraien. Norwegen. * Bei den letzten amerikanisch-nor- wegischenVerhandlungenhat Amerika die neue Forderung ausgestellt, die Ausfuhr des Landes solle unter die Kontrolle amerikanischer Beamten gestellt werden. Norwegen solle also ungefähr wie ein Vasallenstaat behandelt werden, mit fremden Beamten in seinen Häfen, die die Ein- und Ausfuhr kontrollieren. Man kann be greifen, daß die Stimmung gegen Amerika in Norwegen immer gereizter wird. in Ohnmacht zu fallen scheint. Vielleicht sind eS gerade ihre schwachen Nerven, die sie dir als rin Muster von Vornehmheit erscheinen lassen." Karl Lubenow runzelte die Stirn. „Ich bitte dich, Onkel Heinrich —" Der Ältere unterbrach ihn mit einer be schwichtigenden Handbevegung. ^ch will sie dir ja nicht verleiden. Bewahrer Bist du denn schon mit ihr einig?" ; Karl verneinte. „Ich Habe s ihr überhaupt noch nicht gesagt, daß ich sie liebe. Ich bin mir ja selbst erst in diesen Tagen darüber klar geworden, daß ich sie lieb.habe." „Und meinst du, daß sie dich nehmen wird?" Ein Seufzer war die Antwort. „Das scheint mir doch noch sehrMaglich," fuhr Heinrich Lubenow eifrig fort, undswenn du auch auf dein Geld pochen kannst, in ihren Augen bleibst du doch immer der Plchejer und eine Heirat mit dir wäre sür sie und sihre vornehme Sippschaft doch immer nur eine sogenannte Mes alliance. Und wenn sie vielleicht -wirklich deinen Antrag annehmen, so würden sije es ja doch mir tun, weil du eine gu!e Parties bist und weil sie vielleicht Grund haben, sich nachzeinem reichen Schwiegersohn umzusehen." p Die Glnt schoß dem jungen'Fabrikbesitzer ,noch heißer ins Gesicht und sehr hitzig entgeg nete er: „Nein, Onkel, das solltest du nicht sagen I Der Baron ist ein Kavalier vom reinsten Wasser und die Baronin erscheint mir erst reckt jedem unedlen Gedanken völlig iunfähig. Und Baronesse Edith denkt viel zu Deal, als das; sie bei einer so ernsten. wichliüenßAnaeleaenhrit
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